Quest Pro im Test: Wie gut ist die neue VR-Brille wirklich?

Quest Pro im Test: Wie gut ist die neue VR-Brille wirklich?

Meta Quest Pro richtet sich an Profis und kann erstmals Mixed Reality im großen Stil zeigen. Ist der hohe Preis gerechtfertigt?

Mit der Quest Pro bringt Meta eine neue High-End-Produktreihe von VR-Brillen auf den Markt. Das Headset richtet sich an professionelle Anwender:innen, Entwickelnde und Unternehmen. Es soll zu Experimenten einladen und ist unter anderem Testfeld und Entwicklungs-Kit für die nächste Konsumenten-VR-Brille, Quest 3.

Lohnt sich die VR-Brille vielleicht trotzdem für Privatanwender:innen? Wie gut ist Meta Quest Pro? Ich habe die Quest Pro getestet und das sind meine Erkenntnisse.

Quest Pro Test in aller Kürze

Das Bild der Quest Pro ist trotz minimal gesunkener Auflösung viel besser als das der Quest 2 und von Rand zu Rand scharf und klar. Die Farben sind kräftig, das Bild hell und kontrastreich. Fliegengitter sehe ich allerdings auch hier deutlicher als sonst.

Die Mixed-Reality-Features sind eine erste, beeindruckende Iteration: Trotz schlechter Kameraauflösung schafft das Farb-Overlay samt korrekter Tiefendarstellung eine gute Übereinstimmung zwischen Durchsicht und Realität. Dazu passende MR-Demos sind teilweise überwältigend. Verzerrungen, schlechte Auflösung und nachziehende Hände/Controller verhindern aber produktives Arbeiten am Monitor.

Die selbsttrackenden Pro-Controller sind ergonomisch und präzise. Wi-Fi-Streaming über Air Link funktioniert gut, ebenso die kabelgebundene Lösung.

Die nicht austauschbare Kopfhalterung ist steif, die Befestigung am Hinterkopf hingegen angenehm gelöst. Problematisch ist die Stirnauflage, die das ganze Gewicht des trotz coolen Formfaktors schweren Headsets trägt und nach längerer Zeit unangenehm auf die Stirn drückt.

Der satte Preis von 1.800 EUR macht das Headset für Privatanwender:innen, ausgenommen Early Adopter und reiche VR-Enthusiasten, uninteressant. Im Profi-Bereich und wenn man für die XR-Zukunft entwickeln möchte, gibt es derzeit keine vergleichbar gute autarke VR-Brille.

Meta Quest Pro ist für euch geeignet, wenn …

  • ihr beruflich, etwa in der (Mixed Reality-)App-Entwicklung, damit arbeiten wollt,
  • Anwendungen für Eye- und Facetracking entwickeln möchtet,
  • ein hervorragendes, scharfes und sattes Bild wollt,
  • präzise, selbsttrackende Controller mit toller Ergonomie benötigt,
  • die bis zu diesem Punkt besten, weil besonders realistischen virtuellen Meetings abhalten möchtet,
  • voll auf Mixed-Reality-Modi oder -Erfahrungen abfahrt und
  • problemlos 1.800 EUR raushauen könnt.

Meta Quest Pro ist nicht für euch geeignet, wenn …

  • ihr ein besonders bequemes Headset sucht,
  • eine leichte und individuell anpassbare VR-Brille, etwa durch andere Kopfhalterungen, sucht,
  • höhere Auflösung als die der Quest 2 möchtet,
  • perfektes, hochaufgelöstes Passthrough-AR erwartet,
  • über zwei Stunden Akku-Laufzeit wollt,
  • und allgemein eine ausgefeilte neue Generation von VR-Brillen erwartet.

Einrichtung, Konfiguration, Akku

Quest Pro lässt sich so einfach einrichten wie Quest 2. Nutzungs- und Sicherheitshinweise begleiten die Konfiguration des eigenen VR-Bereichs – in wenigen Minuten bin ich startklar. Das Koppeln der Quest Pro mit der Oculus-App auf dem Smartphone ist mir allerdings nicht gelungen. Entweder fehlt angeblich ein Update oder ich finde die Quest Pro trotz Erfolgsmeldung nicht in der Geräteliste. Das geht viel besser.

Menüs und Einstellungen gleichen der Quest 2. Die neuen Features wie Augen- oder Gesichtstracking kann ich nach Aktivierung über das Schnellmenü an- und ausschalten, etwa um Strom zu sparen.

Die Quest Pro hielt im Test anderthalb Stunden durch, bei wechselnden Anwendungen, überwiegend im Mixed-Reality-Modus. Über USB-C-Kabel kann die Quest Pro im Betrieb geladen werden. Wer MR und Tracking-Optionen ausschaltet, kommt auf eine Quest-2-ähnliche Laufzeit von gut zwei Stunden.

Die VR-Brille ist innerhalb von knapp zwei Stunden auf der mitgelieferten Dockingstation wieder aufgeladen.

Christian Steiner, MIXED: In der Ersteinrichtung gibt es keinen Hinweis auf die Pro-Funktionen. Keine Eye-Tracking-Kalibrierung, keine Facetracking-Einweisung. Das machte mir nochmal klar, dass ich es hier mit keinem Gaming-Gerät zu tun habe. Eine „Welcome to Quest Pro“-Demo hätte ich bei der Investition aber dennoch erwartet. Jede Beschwerde zur Akkulaufzeit finde ich unangebracht -  es kommt hier stark auf die Anwendungen an. Im direkten Vergleich zur Quest 2 mit reinem VR habe ich festgestellt, dass der Akku mindestens genauso lange hält.

Sobald aber in die Farbdurchsicht gewechselt und Mixed-Reality-Anwendungen ausprobiert werden, kann man dem Akkuverbrauch zusehen. Klar ist, dass die Passthrough-Technik in Kombination aus Infrarotkameras, Farbkamera und der KI-Magie beim Zusammensetzen aller Daten in ein stereoskopisches VR-Bild ordentlich am Akku nascht.

Quest Pro: Auflösung, Farben, Bildwiederholrate, Fliegengitter

Die Quest Pro hat mit 1.800 x 1.920 Bildpunkten pro Auge eine minimal geringere Auflösung als die Quest 2. Konkurrenz-Brille Pico 4 Enterprise bringt mit 2.60 x 2.160 mehr aufs Display.

Allerdings wirkt das Bild der Quest Pro trotzdem signifikant klarer und schärfer als das der Quest 2. Grund sind die neuen Pancake-Linsen, die Glare und God-Rays vollständig eliminieren. Die Farben sind hell und satt und die Kontraste kräftig. Schwarzwerte sind besser als bei der Quest 2, aber nicht komplett Schwarz.

Blick auf die Pancake-Linsen der Quest Pro

Die Pancake-Linsen der Quest Pro bringen ein sehr klares, sattes Bild mit. | Bild: MIXED

Die Bildwiederholrate liegt bei 72 bis maximal 90 Hertz. Wie bei der Pico 4 verstehe ich das Downgrade nicht: 90 Hz ist Goldstandard für VR und bewirkt ein flüssigeres, realistischeres und angenehmeres Bild.

Ähnlich wie bei der Pico 4 fällt mir das Fliegengitter sofort auf und klar stärker als bei der Quest 2. Allerdings ist es anders als bei der Konkurrenz homogen und ich gewöhne mich recht schnell daran. Offenbar heben die neuen Linsen und die Bildklarheit das Fliegengitter hervor.

Die Verarbeitung der Linsen ist perfekt: kein Ghosting, kein verwaschenes Bild durch interne Reflexionen. Generell macht die VR-Brille einen sehr hochwertigen Eindruck.

Christian Steiner, MIXED: Nach Monaten der Quest-2-Nutzung ist mir schon in den ersten Sekunden das fantastische Bild der Quest Pro aufgefallen. Tolle Farben auf OLED-Niveau, grandiose Schärfe und die insgesamt bessere Klarheit des Bildes durch eine Kombination aus Local-Dimming, mehr Pixel pro Zoll sowie Pancake-Optik machen den Bildeindruck für mich zu einem der aktuell besten am Markt.

Sichtfeld, Sweetspot, Augenabstand

Das Sichtfeld beträgt 106 Grad horizontal und ist damit 11 Grad größer als bei der Quest 2. Durch die flacheren Linsen wirkt das Sichtfeld zudem größer, weil ich näher am Display dran bin. Einen signifikanten Unterschied macht das in der Praxis nicht.

Viel wichtiger ist der Sweetspot: Es gibt keinen. Die Bildklarheit von Rand zu Rand bleibt durchgehend scharf – vorausgesetzt, die Quest Pro ist richtig aufgesetzt. Den richtigen Sitz kann ich über das Eye-Tracking automatisch überprüfen lassen.

Der Augenabstand wird von der VR-Brille nach aktiviertem Eye-Tracking fast korrekt ausgemessen – bei mir fehlten anderthalb Millimeter zum vom Optiker gemessenen Abstand. Dann muss ich allerdings mit den Fingern von unten zwischen Gesicht und Headset die Linsen manuell verschieben. Das ist nicht elegant und auch nicht komfortabel, funktioniert aber.

Christian Steiner, MIXEDEs brauchte ein wenig, bis ich das Headset bequem auf dem Kopf hatte. Gedanken um einen Sweetspot brauche ich mir dabei glücklicherweise nicht machen: Der ist für mich als Nicht-Brillenträger komfortabel groß. Ich trage Quest Pro sehr nah an den Augen und habe dadurch ein tolles großes Sichtfeld und durch die offene Bauform zu den Rändern hin nicht das Gefühl „eingeengt“ zu sein.

Enttäuscht war ich vom Einstellen des Augenabstands. Das Eye-Tracking „misst“ zwar den Augenabstand und zeigt einem den „optimalen“ Abstand an, ich muss aber selbst von unten in das Headset an die Linsen greifen, um den Abstand manuell zu verschieben. Premium geht anders. Hinzu kommt, dass der angezeigte Augenabstand durch das Eye-Tracking nie genau mit meinem beim Optiker ermittelten Augenabstand übereinstimmte.

Quest Pro: Eye-Tracking und Face-Tracking

Ich hätte erwartet, dass das Eye-Tracking bei der Einrichtung bereits angeschaltet ist, um den Augenabstand zu messen. Stattdessen darf ich erst nach Aktivierung in den Einstellungen kalibrieren. Ob das aus Datenschutzgründen so ist (siehe dazu den Abschnitt „Datenschutz“) oder einfach nicht durchdacht wurde, kann ich an dieser Stelle nicht sagen. Es erscheint mir allerdings wenig sinnvoll.

Die Kalibrierung funktioniert gut. In der Praxis, etwa in Horizon Workrooms oder in einem Meeting in VR, klappt das Augentracking bestens: Blickrichtung und Blinzeln werden überwiegend präzise verfolgt und übertragen.

Gleiches gilt für das Gesichtstracking. Nachdem ich es im Menü eingeschaltet habe, werden Lippen und diverse Bewegungen der unteren Gesichtshälfte einigermaßen gut übertragen. Je expliziter die Bewegungen, desto besser die Übertragung. Bei normalem Sprechverhalten werden die Lippenbewegungen auf dem Avatar allerdings relativ schwach angezeigt.

Das Gesichtstracking sorgt zwar für eine realistischere virtuelle Präsenz, die Übertragung muss aber noch besser werden – schließlich will niemand in einem VR-Gespräch seine Gesichtsmuskeln betont überstrapazieren, damit der eigene Avatar sichtbar mitmacht.

Sowohl für Eye- als auch Facetracking existieren noch keine sinnvollen Anwendungen. Etwas in Workrooms herumexperimentieren und Interaktionen mit Avataren in Meetingräumen oder der Home-Umgebung – das geht zwar gut, ist aber auch alles zu diesem Zeitpunkt.

Christian Steiner, MIXED: Zu beiden Funktionen gibt es keine Demo oder anständige Funktionsprüfung. Erst in Metas eigener Meeting-App Workrooms komme ich erstmals in den Genuss, meinem Avatar in einem winzig kleinen Spiegel beim Grimassen schneiden und Zwinkern zuzuschauen.

Während das Eye-Tracking solide funktioniert, ist das Facetracking nicht sonderlich expressiv: Übertriebene Mimik wird klar erkennbar dargestellt - aber so spreche ich in einer normalen Konversation nicht. Sobald Lippen und Mimik "normal" sind, bringt mein Avatar nicht mehr als einen nuschelnden Mund hervor.

Was mich zu der Frage bringt: Ist da noch Luft nach oben, etwa durch Updates? Oder ist derzeit einfach nicht mehr möglich?

Quest Pro: Passthrough & AR (Mixed Reality)

Die Farbdurchsicht samt korrekter Tiefendarstellung ist eines von zwei Top-Features der XR-Brille. Normale Bewegung im realen Raum ist problemlos möglich, das Bild passt zudem fast perfekt zum peripheren Sichtfeld an den Rändern der halb offenen XR-Brille. Anders als bei der Farbdurchsicht der Pico 4 kann ich ohne größere Vorsicht ganz normal in der Wohnung herumlaufen, Treppen steigen und Dinge erledigen.

Kleinere Verzerrungen und Wölbungen im Bild treten ebenfalls immer wieder auf. Außerdem legt die RGB-Kamera die Farbe nur über das monochrome Stereobild der Trackingkameras. Das fällt primär in der Nähe und bei schnelleren Bewegungen auf, wenn das Farb-Overlay nicht hinterherkommt.

Die Auflösung der Kameras ist zu niedrig, das Bild je nach Lichtverhältnissen stark körnig. Text durch die VR-Brille auf Bildschirmen zu lesen ist gerade so möglich, aber kaum produktiv über länger Zeit. Das eliminiert leider auch einen der theoretisch besten Use Cases: Ein virtuelles Multimonitor-Set-up in Verbindung mit realen Monitoren oder einem Laptop sind möglich, aber durch die schlechte Auflösung der Durchsicht noch nicht zu gebrauchen.

Ob Metas eigene Software oder Third-Party-Programme wie Immersed: Die Quest Pro überzeugt mich trotzdem davon, dass virtuelle Monitore im realen Raum via Brille die Zukunft der Produktivität sind – sobald Technik und Komfort gut genug sind.

Das Mixed-Reality-Konzept überzeugt mich auch in Demos und Spielen: In „The World Beyond“ hüpft ein knuffiges kleines Alien in meinem Büro herum. Habe ich Wände und Möbel eingezeichnet (das geht aufgrund des gestrichenen Tiefensensors nicht automatisch), läuft das kleine Ding um Schreibtisch, Couch und Schrank herum wie ein echtes Haustier. Zusätzlich kann ich meine Wände auflösen und zu Portalen machen, die die eingeschränkte Bude in eine riesige, offene Welt mit Wiesen und Bäumen und Himmel verwandelt – in Farbe ist das überwältigend und rangiert auf der gleichen Stufe, wie der Wow-Effekt meiner ersten VR-Experience.

Außerdem liebe ich den MR-Modus von Spielen wie Blaston, Cubism oder Puzzling Places. Mit einer bezahlbaren XR-Brille, etwa eine Quest 3 oder vielleicht Pico 5, könnte ich mit Familie und Freunden auf dem Wohnzimmertisch das Tabletop Demeo spielen. Prinzipiell ist das schon mit der Quest Pro möglich, denn die digitalen Objekte und Texte sind scharf und klar, während die Farbdurchsicht für Umgebung und Menschen ausreicht. Eine Reihe ausgezeichneter Mixed-Reality-Apps für Quest Pro und Quest 2 stellen wir euch im verlinkten Artikel vor.

Auch der soziale Aspekt ist beeindruckend: Als Kollege Christian mich in der Meta-Home-Umgebung besucht, schwebt er als Avatar in meinem Büro herum. Unsere Konversation war durch die Tatsache, dass sie für mich in meiner realen Umgebung stattfand, das bislang überzeugendste virtuelle Meeting.

Trotz dieser Erfahrungen ist die Technik noch ganz am Anfang: Kamera beziehungsweise Bildübertragung in den Videostream lassen zu wünschen übrig. Hände oder Controller ziehen virtuell ziemlich stark nach. Das ist nicht so schlimm, dass ich damit nicht arbeiten kann, benötigt aber noch Verbesserung. Quest Pro bringt keinesfalls die von vielen Personen erwartete perfekte Mixed Reality – es ist die erste Iteration.

Christian Steiner, MIXED: Überbelichtete Bereiche bei starkem Sonnenschein, ISO-Körnung bei schlechtem Licht. Nach wie vor leichtes „Wobbeln“ an den Schnittkanten der verschiedenen Kamerabilder. Ich war anfangs enttäuscht, hatte ich doch deutlich mehr erwartet.

Während längerer Nutzung wurde mir aber klar, welche technologische Leistung hier vollbracht wird. Das Bild hat eine so gut funktionierenden räumliche Darstellung, dass ich beim Tragen der Brille im Passthrough-Modus und ohne die seitlichen Lichtblocker nach wenigen Minuten absichtlich vergessen kann, überhaupt eine Brille auf dem Kopf zu haben. Mich hat sehr beeindruckt, wie gut die offene Bauform dafür sorgt, dass mein peripheres Sichtfeld der Umgebung mit dem Passthrough-Modus verschmilzt. Ich kann mich sicher durch meine Wohnung bewegen, ohne Probleme Objekte greifen und dass mein Arm, wenn ich ihn aus dem peripheren Sichtfeld in das digitale Bild schiebe, nahezu fehlerfrei dargestellt wird, ist phänomenal.

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Fehler gibt es natürlich noch genug und es ist längst nicht perfekt. Dennoch zeigt Meta hier eindrucksvoll, in welche Richtung es geht. Ich sehe hier das Potenzial, aber eben noch kein fertiges 3D-Farbdurchsicht. Wer geglaubt hat, mit der ersten Iteration schon eine fertige, alltagstaugliches Technologie zu erhalten, hat den Zweck der XR-Brille nicht verstanden.

Quest Pro: Tragekomfort

Der Tragekomfort der Quest Pro rangiert zwischen gut und mangelhaft, mit Tendenz zu letzterem. Meta hat eine starre, nicht austauschbare Halo-Kopfhalterung entworfen, mit einer Stirn-Auflage oberhalb des Visors, ähnlich Playstation VR.

Am Hinterkopf befindet sich eine Gummihalterung ähnlich der des Elite-Straps für die Quest 2, allerdings ohne Lücken und aus weichem Gummi.

Hintere Kopfhalterung der Quest Pro

Die hintere Kopfhalterung der Quest Pro ist recht weich und passt sich dem Hinterkopf an. | Bild: MIXED

Während die Hinterkopfhalterung, an der sich auch die Batterie befindet, für mich optimal funktioniert, ist die „Stirnplatte“ für meine hohe Stirn zu schmal und vor allem zu schlecht gepolstert.

Da die Quest Pro vorn sonst keine Fixpunkte hat, ist der Druck auf die Stirn nicht zuletzt durch das Gewicht, das mit 722 Gramm trotz des schmaleren Formfaktors schwerer ist als Quest 2, so hoch, dass es spätestens nach einer Stunde unangenehm wird und Druckstellen hinterlässt.

Blick von hinten über die Halo Kopfhalterung auf die Stirnauflage der Quest Pro.

Die Stirnauflage der Quest Pro ist der einzige Fixpunkt auf der Kopfvorderseite. Da die Auflage recht dünn und schmal ist, kann sie für Personen mit hoher Stirn auf längere Zeit unangenehm werden. | Bild: MIXED

Löse ich das Einstellrad am Hinterkopf, kann ich Druck wegnehmen und dann ist die Quest Pro eine Weile sehr komfortabel. Das geht aber nur bis zu einem gewissen Grad, schließlich darf das Headset nicht zu locker sitzen. Wenn ich viel nach oben schaue, sorgt das Gewicht der VR-Brille aber auch so für unangenehmen Druck auf die Stirn.

Brillengestelle passen locker unter die seitlich und unten offene MR-Brille. Wer sich abschotten will, kann rechts und links Lichtblocker magnetisch anklippen, was erstaunlich gut funktioniert. Vollen Lichtschutz gibt es noch nicht, der soll bald für rund 50 EUR nachgekauft werden können. Ich finde das angesichts des Preises der Quest Pro völlig daneben, für ein Stück billiges Gummi so viel Geld zu fordern.

Blick auf die Quest Pro Linsen mit seitlichem Lichtblocker

Die seitlichen, magnetisch anklippbaren Lichtblocker schirmen die Linsen der Quest Pro ab und sorgen für mehr Fokus auf VR. Ein kompletter Lichtschutz muss zusätzlich gekauft werden. | Bild: MIXED

Christian Steiner, MIXED: Ausgerechnet hier hat Meta meiner Meinung nach versagt. Die Stirnhalterung drückt bei mir nach etwa einer Stunde deutlich spürbar auf die Stirn. Lockere ich die Halterung, rutscht die Brille für meinen Geschmack zu leicht vor dem Gesicht hin und her. So muss ich die Quest Pro wie einen Schraubstock an Stirn und Hinterkopf klemmen.

Auch finde ich die fest angebrachten Polsterungen an der Stirn eine Katastrophe. Ist das Stirncover einmal abgenutzt, kann es offenbar nicht ausgetauscht werden. Nach ein paar Monaten intensiver Nutzung wird das Stirncover speckig und zerfranst sein, ohne dass ich es ändern kann. Bei so einem teuren Gerät ein No-Go! 

Handtracking und VR-Controller

Handtracking funktioniert mindestens gleich gut wie bei Quest 2, es ist aber weiterhin nicht perfekt – wahrscheinlich kommen dieselben Kameras für das Tracking zum Einsatz.

Die neuen Pro-Controller sind das zweite Top-Feature der Quest Pro. Die Controller tracken sich über Kameras selbst – haben also keinen Trackingring mehr – und sind kompakter als die Touch-Controller. Sie werden jetzt überall nachverfolgt, auch hinter dem Körper. Tracking-Aussetzer aufgrund der Position sind Geschichte.

Auch wenn sich die Quest Pro nicht an Gamer:innen richtet: In Beat Saber zeigen sich die Vorteile der neuen Controller. Auch in höheren Schwierigkeitsgraden und bei schnellen seitlichen Bewegungen bleibt das Tracking stabil. Im Test schnitt ich signifikant besser ab als üblich. Beat Saber-Fans könnten sich die teure Investition von 300 EUR für die Pro-Controller überlegen – sie sollen ab Dezember 2022 mit der Quest 2 kompatibel sein.

VR-Controller Pico 4, Quest 2 und Quest Pro nebeneinander auf einem Tisch

Vergleichsansicht der VR-Controller von links nach rechts: Pico 4, Quest 2, Quest Pro. | Bild: MIXED

Das Kameratracking hat auch Nachteile: Es kann ein paar Sekunden dauern, bis die Controller einsatzfähig sind. Außerdem kommt es bei Problemen mit Apps manchmal zum Abbruch des Trackings – dann müssen die Controller neu gestartet werden. In einem Fall bin ich etwa in der MR-Demo „The World Beyond“ aus der Guardian-Begrenzung herausgegangen, was zum Absturz der App und des Controller-Trackings führte.

Laut Meta kommt eine neue Feedback-Technologie namens TruTouch zum Einsatz. Anders als bei den Touch-Controllern, die doch meistens eher eine Art Vibrationsbrei zustande bringen, sind die haptischen Impulse der Pro-Controller besser definiert und verhältnismäßig stark.

Die fest verbauten Akkus der Pro-Controller halten etwa sechs Stunden. Sie können über die Dockingstation oder ein spezielles, mitgeliefertes Kabel geladen werden.

Christian Steiner, MIXED: Handtracking erweckt für mich den Eindruck, als arbeite es auf Quest-2-Niveau. Gut, aber nicht gut genug, als dass ich es zukünftig nutzen würde.

Die neuen Controller fühlen sich absolut hochwertig an. Sie sind etwas schwerer als die Touch-Controller, liegen aber auch bei längeren Sessions hervorragend in meinen Händen. Die Controller mit eigenen Tracking-Kameras und Snapdragon-Prozessor auszustatten, damit sie sich eigenständig im Raum orientieren, ist eine tolle Idee. Studios und Agenturen können mit dem größeren Trackingvolumen deutlich natürlichere Anwendungen entwickeln. Im Gamingbereich mag das weniger auffallen, da das Spieldesign an die Technologie angepasst werden kann und in der Vergangenheit auch mit Tricks suggeriert wurde, man könne hinter dem Rücken arbeiten (etwa beim Ziehen von Pfeilen oder Greifen eines Schildes). Ob die Controller überhaupt im Gaming eine Rolle spielen werden, bleibt abzuwarten. Schließlich müssen VR-Spiele ja auf verschiedene Eingabegeräte und Plattformen optimiert werden - ob da nur für Pro-Controller-Besitzer:innen besondere Nutzungsszenarien möglich gemacht werden?

Für die B2B-Welt und hier gerade im VR-Trainingssektor gibt es aber viele der Realität nachempfundene Aktionen, die nicht im Sichtbereich der Trackingkameras ablaufen und bisher mit abstrakten UI-Integrationen umgesetzt werden mussten. Das ist jetzt nicht mehr nötig.

Sound, Software & Quest Store

Der Sound kommt über integrierte Lautsprecher und klingt etwas besser als bei der Quest 2. Auf beiden Seiten der Kopfhalterung gibt es jeweils einen Klinkenstecker – wer vollen Soundgenuss will, kann Kopfhörer anschließen. Die Mikrofon-Lösung ist gut, Stimme wird klar und sauber übertragen, allerdings übersteuert das Mikrofon manchmal.

Bei der Software ist Meta weiter das Maß aller Dinge, zumindest was das allgemeine Angebot und die Funktionalität angeht. Bugs und Aussetzer erlaubt sich die Software immer wieder bei den mit Passthrough verbunden Funktionen. Außerdem gibt es Konflikte zwischen der manuellen Einzeichnung des eigenen Raums (Wände, Tisch etc.) und der Produktivapp-Beta Horizon Workrooms. Habe ich in meinem Zimmer bereits einen virtuellen Tisch eingezeichnet, hängt sich Workrooms direkt zu Beginn bei der Konfiguration des Tisches auf.

Für Eye- und Facetracking existieren noch keine sinnvollen Anwendungen. Das ist vielleicht das stärkste Indiz dafür, dass es sich bei der Quest Pro vor allem um ein Dev-Kit handelt, das die neuen Technologien erst ausloten und Entwickler:innen ermöglichen soll, entsprechende Apps zu entwickeln, die dann für Quest 3 oder andere VR-Brillen zur Verfügung stehen.

Das Quest-Store-Angebot ist das derzeit größte Angebot auf dem Markt, zumindest wenn ich von der Standardbibliothek ausgehe. Für Unternehmen ist nicht viel dabei, auch in der Store-Kategorie zur Quest Pro nicht. Das bestätigt erneut den Eindruck, dass es sich in erster Linie um ein Dev-Kit handelt, dass in Unternehmen dann seinen Platz hat, wenn diese dafür ihre eigenen Anwendungen entwickeln.

Christian Steiner, MIXED: Viel zu selten wird mit der gute Sound der Quest Pro erwähnt. Die integrierten Lautsprecher in Ohrnähe sorgen für ein stimmungsvolles Klangbild in den meisten Anwendungen. Stimmen werden klar übertragen, Soundkulissen in Apps umgeben mich gleichmäßig und diverse VR-Spiele kann ich in für mich angenehmer Soundqualität spielen.

Software zum Testen der Quest-Pro-Features suche ich leider noch vergebens. Es gibt im neuen Quest Store, der bald auch für Quest 2 kommt, zwar eine eigene Quest-Pro-Kategorie, aber die ist leichter zu überschauen als von mir erwartet. Außerdem bietet sie mehr Spiele, als mir für ein Business-Headset wie Quest Pro lieb wäre. Wo ist ein „First Steps Quest Pro?“ Wo eine Anwendung mit nahezu fotorealistischem Avatar, an dem ich einen besseren Eindruck von Facetracking erhalte? Der Software-Launch von Quest Pro hätte unspektakulärer nicht sein können.

Wireless und kabelgebundenes PC-Streaming

Im Test hatte Air Link mit Quest Pro keine Probleme. Auch die Kabelverbindung funktioniert schnell und einwandfrei. SteamVR oder Inhalte aus dem Rift-Store lassen sich wie gewohnt streamen.

Quest Pro: Datenschutz

Der Zwang zum Facebook-Account ist Geschichte: Ich benötige „nur noch“ einen Meta-Account für den Betrieb einer Quest-Brille. Für die Nutzung verschiedener Apps von Meta Platform Technologies kann ein zusätzliches Meta-Horizon-Konto notwendig sein.

Meta erfasst und verarbeitet Daten auf der Quest Pro genauso wie auf den anderen Quest-Geräten. Dazu gehören neben Interaktionsdaten auch Daten über Hand-, Augen- und Gesichtstracking. Entsprechende Datenschutz-Vereinbarungen werden bei Aktivierung dieser Features in der VR-Brille eingeblendet und müssen akzeptiert werden. Rohbild-Daten verbleiben laut Metas Datenschutzrichtlinien auf dem Gerät. Das gilt auch für Bilddaten von der Umgebung bei der Verwendung von Mixed-Reality-Funktionen, Audio- und Fitnessdaten.

Ferner erhebt Meta technische Daten bei der Nutzung der VR-Brille, sowie Daten von Partnern und Dritten, etwa App-Anbietern. Meta verwendet die Daten unter anderem, um personalisierte kommerzielle Inhalte zu senden, personalisierte Vorschläge für Inhalte bereitzustellen und um Werbeanzeigen, Angebote und gesponserte Inhalte in MPT-Produkten anzuzeigen.

Jedem Nutzenden von Metas Services muss klar sein, dass Datenerhebung ein Kernbestandteil des Geschäftsmodells von Meta ist. Anhand dieser Daten wird etwa personalisierte Werbung ausgespielt. Die Daten werden also von einem US-amerikanischen Konzern für wirtschaftliche Zwecke verwertet. Wer das nicht möchte, darf keine Quest-Geräte und Meta-Services verwenden.

Quest Pro Test-Fazit: Faszinierende, unausgereifte Technik bietet Ausblick auf die Zukunft

Um die Frage nach dem Nutzen für Privatanwender:innen gleich vorwegzunehmen: 1.800 EUR sind ein Ausschlusskriterium für den Privatgebrauch. Dafür gibt es noch nicht genug sinnvolle Anwendungen. Für reiche VR-Enthusiasten und sogenannte „Early Adopter“ ist sie aber eine interessante XR-Brille.

Das Bild ist dank neuer Displaytechnik und Pancake-Linsen auch ohne höhere Auflösung besser als das der Quest 2 und der Pico 4. Es gibt kein Ghosting, keine Glares, keine God-Rays – nur ein von Rand zu Rand scharfes Bild. Die Farbdurchsicht ist aufgrund der korrekten Tiefendarstellung beeindruckend. Das macht spannende MR-Konzepte möglich, die das große Potenzial der Technik demonstrieren.

Das ist aber auch schon der Nachteil der Quest Pro: Durch die geringe Auflösung der Kameras und das Farb-Overlay bleibt es beim Potenzial, insbesondere was Produktivität angeht. Arbeit am und um den physischen Monitor ist bei der niedrigen Kamera-Auflösung und der eingeschränkten Akkulaufzeit nicht möglich. Für MR-Modi von VR-Spielen sieht das freilich anders aus – hier hat Quest Pro durch das Color-Passthrough einen Vorteil gegenüber den Quest-2-Versionen.

Augen- und Gesichtstracking sind nett, mehr nicht. Es müssen sich erst noch sinnvolle Anwendungsbereiche finden.

Die Pro-Controller machen einen Unterschied: Sie sind kompakter und tracken zuverlässig – wenn sie nicht durch Software-Probleme abstürzen, was selten vorkommt. Damit und mit dem guten haptischen Feedback sind sie auch eine teure, aber ausgezeichnete Alternative für die Touch-Controller (ab Dezember 2022 mit Quest 2 kompatibel).

Die Quest Pro geht vom Formfaktor in Richtung Ski-Brille, weg vom bisher kastigen Gesichtscomputer. Trotzdem ist sie schwerer als die Quest 2. Ich finde die Kopfhalterung sowohl gut als auch schlecht. Während es hinten komfortabel ist, drückt die Auflagefläche auf der Stirn unangenehm. Für künftige VR-Brillen für den Privateinsatz empfehle ich Meta dringend, wie bei der Quest 2 auf austauschbare Kopfhalterungen zu setzen.

Abgesehen vom Komfort und den verwendeten Kameras basieren die meisten Unzulänglichkeiten der Quest Pro auf Software-Problemen, etwa Bugs und Performance-Probleme. Die Erfahrung mit Meta-Software lässt vermuten, dass hier in den nächsten Monaten signifikante Verbesserungen zu erwarten sind.

Auf den ersten Blick scheint die Quest Pro unspektakulärer als erwartet. Bei näherer Betrachtung erschließen sich zwar signifikante Fortschritte, die erstmals die Vision vom Metaverse demonstrierbar machen. Für den Alltag ist das bei einem Preis von 1.800 EUR nicht ausreichend.

Meta Quest Pro ist in erster Linie ein Dev-Kit mit viel Potenzial, das erst noch durch diverse Updates sowie neue Anwendungen erschlossen werden muss.

Christian Steiner, MIXED: Aktuell richtet sich Quest Pro an Agenturen und Studios, die mit dem neuen Farb-Passthrough erste MR-Anwendungen entwickeln und damit experimentieren wollen. Das könnte hauptsächlich im Hinblick auf die Quest 3 geschehen.

Große Teams mit Kapazitäten für die Entwicklung eigener MR-Anwendungen sollten bereits eine Handvoll Geräte haben. Privatanwender lassen meiner Ansicht nach besser die Finger von der Quest Pro. Der Preisunterschied zwischen Quest Pro und einer stark subventionierten Quest 2 ist durch die verbesserte Optik, lückenlos selbsttrackende Controller und Zubehör wie die Ladestation nicht gerechtfertigt.

Quest Pro könnt ihr hier kaufen

Meta Quest Pro aus Deutschland bestellen

Meta Quest Pro wird in Deutschland noch nicht verkauft, ihr bekommt sie aber problemlos über Amazon Frankreich. Tipp: Rechtsklick auf die Webseite und “Übersetzen” wählen.

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