Google hatte einen Quest-Killer, aber ließ Chance ungenutzt
Google soll vor Facebook eine autarke VR-Brille ähnlich Oculus/Meta Quest entwickelt haben, doch das Projekt versandete.
Während Meta mit Quest 2 Erfolge im VR-Bereich feiert, gab Google eigene VR-Hardware schon vor Jahren auf. 2019 stoppte der Konzern den Verkauf der Smartphone-VR-Brille Daydream View und mit dem Ende der Software-Unterstützung seitens Android war das Ende von Googles Daydream-VR-Plattform 2020 besiegelt.
Googles VR- und AR-Chef Clay Bavor machte nach dem Daydream-Aus deutlich, dass sich das Unternehmen stärker auf Software und Dienste fokussieren wolle. Bei der Hardware werde man wieder ans Reißbrett gehen und an den Bausteinen arbeiten, aus denen irgendwann eine interessante Hardware entstehen könne.
___STEADY_PAYWALL___Googles plötzlicher AR-Schwenk
2020 tauchte ein Bericht auf, der Einblick in Googles damalige VR- und AR-Interna gab. Demnach hat Apple den Konzern 2017 völlig überrascht, wodurch Google die Prioritäten über Nacht von Virtual Reality auf Augmented Reality verlagerte.
Auslöser war laut Bericht die Vorstellung von Apples AR-Schnittstelle ARKit. Google habe unter Hochdruck die Arbeit an einem Android-Pendant aufgenommen und darüber viele VR-Projekte aufgegeben, heißt es in dem Bericht, der sich auf interne Quellen beruft. Die überstürzte Neuausrichtung habe viele Angestellte frustriert und manche Führungskräfte seien zu Facebook gewechselt.
Im Frühjahr 2018 startete Google die letzte VR-Hardware-Initiative. Damals kam die Lenovo Mirage Solo (Test) auf den Markt, eine autarke VR-Brille, die Google mit dem chinesischen Hersteller zusammen entwickelte und die auf Googles VR-Plattform Daydream setzte. Das Fehlen räumlich erfasster Controller verhinderte den Erfolg des Geräts und als Facebook ein Jahr später die Oculus Quest in den Handel brachte, war es schon zu spät.
Quest-Konkurrenz war in Entwicklung
Laut einem Bericht des Industrie-Leakers Alex Heath arbeitet Google seit Kurzem wieder an einer VR-Hardware: Project Iris soll eine VR-Brille mit videobasiertem AR-Modus werden.
Meta bringt mit Cambria dieses Jahr ein Gerät nach gleichem Bauprinzip auf den Markt und auch Apple könnte Berichten zufolge 2022 ebenfalls ein erstes Video-AR-Headset vorstellen, das schon Jahre in Entwicklung ist. Google sieht sich offenbar erneut unter Zugzwang, auf die Pläne der Konkurrenz zu reagieren und eine eigene Lösung zu entwickeln.
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Im Podcast des Techmagazins The Verge verrät Heath, was er sonst noch aus unternehmensnahen Quellen erfuhr. Demnach habe Clay Bavors Daydream-Team vor Jahren eine Quest-ähnliche VR-Brille entwickelt – bevor die Oculus Quest überhaupt angekündigt wurde.
"Ich meine nicht die [VR-Brille], in die man sein Telefon steckt, sondern kabellose Standalone-VR. Sie hatten einen wirklich guten Prototyp, aber haben ihn nie ausgeliefert, weil sie durch ARKit abgelenkt wurden", sagt Heath im Podcast (ab circa 37:00).
Google fehlt es an Durchhaltewillen
Der Google-Bericht aus 2020 liefert einen möglichen Hinweis auf das Projekt. So heißt es, dass Bavors Team begonnen habe, ein Premium-VR-Headset mit Codenamen Dawn zu entwickeln. Könnte es sich hierbei um die autarke VR-Brille gehandelt haben, deren Entwicklung nach der strategischen Neuausrichtung der Abteilung auf der Strecke blieb?
Ironischerweise setzt Facebook für Oculus Quest und deren Nachfolgerin, die Meta Quest 2, auf eine modifizierte Version von Googles Android-Betriebssystem sowie Chips, die für Android-Smartphones entwickelt wurden. Google hätte also alle wichtigen Bausteine für eine Quest-Konkurrenz gehabt. Doch offenbar fehlte es am Willen, das Projekt mit aller dafür nötigen Konsequenz voranzutreiben und ein Produkt auf den Markt zu bringen. Google hätte für einen anhaltenden VR-Erfolg auch groß in Inhalte investieren müssen, was nicht zum Konzern passt.
Möglich, dass Teile der Forschung und Entwicklung dieser VR-Brille nun in Project Iris fließen und dem Video-AR-Headset zugutekommen. Das Projekt befindet sich laut Heaths Quellen noch im Anfangsstadium, als Release-Zeitraum ist 2024 angesetzt.
Der Journalist selbst sagt, dass er dem Vorhaben mit einer "gesunden Portion Skepsis" begegne. Der Grund liegt nahe: Google ist nicht gerade für seinen langen Atem bekannt, gerade, wenn es um riskante oder schwierige Projekte geht. Googles großer VR-Friedhof kann davon ganze Symphonien singen.
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