Hubris im Test: VR-Shooter-Perle oder Grafikblender?

Hubris im Test: VR-Shooter-Perle oder Grafikblender?

Ist Hubris das Indie-Crysis der VR-Shooter? Im Test überprüfen wir, ob die Schießereien in idyllischer Kulisse auch spielerisch überzeugen.

Der Virtual-Reality-Shooter Hubris soll endlich wieder die grafischen Möglichkeiten moderner VR-PCs ausreizen. Nach einer Notlandung auf einem lebensfeindlichen Planeten begebt ihr euch auf die Suche nach einer verschollenen Agentin. Auf dem weitgehend linearen Pfad zerlegt ihr Aliens und mutierte Astronauten mit eurem Multifunktions-Blaster.

Zusätzlich müsst auch Puzzle-, Plattform-, Kletter- und Schwimmsequenzen meistern, um an Ressourcen für die Verbesserung eurer Schusswaffe zu gelangen. In der Demo des VR-Spiels gestaltete sich all das noch ziemlich holprig. Ob die Vollversion mehr zu bieten hat als hübsche Panoramen, überprüfe ich im Test.

Hubris-Review in aller Kürze

Hubris wirkt rundum uninspiriert – von monotonen Schießereien mit unpraktischen Waffen bis hin zur holprigen Handhabung beim Klettern und Craften. Nur die hübsche Aussicht und eine gelungene Schwimmsteuerung bescherten mir einige schöne VR-Erlebnisse.

Primär getestet: PC-VR (Valve Index)

Hubris ist für mich geeignet, wenn …

  • ich einen klassischen linearen VR-Shooter mit Story-Modus suche,
  • eine Vorliebe für hübsch beleuchtete Planeten-Panoramen habe und
  • die teure Grafikkarte endlich mal wieder durchgepustet werden soll.

Hubris ist weniger für mich geeignet, wenn …

  • ich Wert auf inspiriertes Spieldesign mit eigenen Ideen oder Mechaniken lege,
  • eine hakelige Bedienung stört und
  • fordernde, dynamische Kämpfe suche.

Das Indie-Crysis für PC-VR?

Der Erfolg der Meta Quest (2) hat auch in der PC-VR-Welt deutliche Spuren hinterlassen: Spiele wie Ultrawings 2 verkaufen sich auf dem mobilen System rund zehnmal so oft. Kein Wunder also, dass hochgerüstete VR-Rechner dieses Jahr kaum noch grafisch aufwendige Umsetzungen bekamen.

Cyborn aus dem belgischen Antwerpen will Abhilfe schaffen. Der erste große Virtual-Reality-Shooter des Studios heißt Hubris, konzentriert sich zunächst voll auf PC-VR und soll Spielende endlich wieder in malerische Kulissen versetzen. Erst 2023 sind Umsetzungen für weitere Plattformen wie Quest 2 und Playstation VR 2 geplant. Bislang arbeitete das Indie-Studio primär an Filmanimationen, 3D-Scanning und kleineren Apps.

Der zerklüftete Planet im System der Zwillingsplaneten bietet bei meiner Ankunft tatsächlich ein tolles Panorama. Seine idyllisch spiegelnden Seen werden eingerahmt von pittoresken eckigen Steinsäulen. Am Horizont thronen gigantische Terraforming-Maschinen, die den eigentlich lebensfeindlichen Himmelskörper langsam in eine bewohnbare Welt verwandeln.

Vorerst wird allerdings nichts aus dem planetaren Traum für menschliche Siedler: Nach einem Überfall und mehreren mysteriösen Toden, steht ein Großteil des abgeriegelten Raumhafens unter Quarantäne. Für die Durchquerung muss ich also einige Tricks anwenden.

Als frisch rekrutierter Agent der sogenannten "Order of Objectivity" versuche ich zudem, das Geheimnis um die verschollene Agentin Cyanha zu lüften.

Auf dem Weg zu ihr wehre ich mich mit Schusswaffen gegen die angriffslustige Tierwelt und offenbar mutierte "Uron"-Invasoren. Dass mich die hüpfenden Alien-Flöhe nur mit simplen Standard-Routinen angreifen, hatte ich erwartet. Doch auch die Gegner in Schutzanzügen erweisen sich nicht gerade als Intelligenzbestien und schlagen sich kaum mal in Deckung.

Kaum Herausforderung im VR-Shooter

Im Gegenzug rücken sie immerhin stetig vor und überraschen mich so auch mal von der Seite, wenn ich in einer scheinbar sicheren Ecke kauere. Insgesamt setzen die Gegner in Hubris aber viel zu zaghaft nach: Selbst fette Drohnen stellen auf dem höchsten Schwierigkeitsgrad keine echte Bedrohung dar. Gelegentlich wird die Monotonie von Geschützen aufgebrochen, an die ich mich über die Flanke heranschleiche.

Ein Hubris-Spielender zielt zwischen Felsnadeln auf eine Drohne

Selbst zwischen verwinkelten Felsnadeln kommt nicht die Spannung eines Farpoint auf. | Bild: Cyborn / MIXED

Auch das Waffenarsenal erweist sich als Enttäuschung. Der Flintenschuss meiner aufrüstbaren Multifunktions-Kanone hat selbst im Nahkampf eine zu geringe Reichweite. Dem Einsatz als Maschinenpistole wiederum mangelt es an Durchschlagskraft. Letztlich verwende ich meistens einfach die Standard-Pistole, die sich wie die übrigen Varianten ein wenig in den Statuswerten aufmotzen lässt.

Hubris ist aber nicht nur ein Shooter. Es vermischt die Schießereien mit zahlreichen Hüpf- und Klettertouren, bei denen sich der Erfahrungsmangel des Teams deutlich bemerkbar macht. Selbst wenn ich eine steinerne Plattform noch rechtzeitig erwische, greifen die virtuellen Hände oft nicht verlässlich nach der Kante. Das Ergebnis: Ich stürze immer wieder in den Abgrund.

Beim Erklimmen von Seilen oder Gerüsten im Minenkomplex gerate ich mit dem Kopf oft durch die Kulisse außerhalb der Karte, was in einer Schwarzblende oder einem erneuten Fall in die Tiefe endet.

Falls ihr die Möglichkeit habt, solltet ihr möglichst nicht mit den Index-Controllern spielen. Die feinfühligeren Sticks von Metas Touch-Controllern machen den Balanceakt spürbar einfacher und erträglicher, sodass ich während des Abenteuers von der Valve Index zur Rift S umstieg.

Intuitive Tauchgänge

Deutlich gelungener wirkt die Schwimmsteuerung. Mit intuitiven Armbewegungen durchquere ich idyllische Seen oder tauche sogar in einen gefluteten Reaktor. In Letzterem tausche ich einige Sicherungen aus und fliehe rechtzeitig wieder, damit mich gigantische Rotoren nicht zerschreddern.

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Die aufgerüstete Harpune schießt unter Wasser um die Ecke auf einen Tintenfisch.

Die aufgerüstete Harpune gehört zu den spaßigeren Waffen: Ihr ferngelenktes Projektil lässt sich gezielt in Tintenfische steuern. | Bild: Cyborn / MIXED

Manchmal kommt es also zu stimmungsvollen Momenten. Das gilt auch für Erkundungstouren am Rande der linearen Levels. Wage ich den Balanceakt über ein Rohrsystem in eine Kammer am Rande, belohnen mich rare Ressourcen für meinen Entdeckergeist.

Schade jedoch, dass sich das darauffolgende Crafting am 3D-Drucker unbefriedigend gestaltet. Das Entladen verschiedener Ressourcen dauert gefühlt eine Ewigkeit, zumal sich die Belohnung in Grenzen hält. Immer wieder schließt sich das Inventar automatisch, das hier deutlich unpraktischer umgesetzt ist als etwa in Into The Radius oder The Walking Dead: Saints & Sinners - Chapter 2: Retribution.

Wie bereits erwähnt, bieten verbesserte Waffen kaum einen Vorteil. Immerhin etwas unterhaltsamer ist die Fertigung von Heilmitteln oder Batterien für kleine Umgebungsrätsel. Sie helfen unter anderem weiter, wenn ich eine verletzte Begleiterin an schwebenden Minen vorbeischleuse.

Bewegliche Kräne und Container werden ebenfalls nützlich, wenn gefährliche Passagen blockiert werden müssen. Maschinen-Puzzles erfordern hier aber längst nicht so komplexe Lösungen wie im Adventure-Klassiker Lone Echo 2.

Klassischer Story-Shooter mit durchwachsener Präsentation

Die Story um den geheimnisvollen Angriff plätschert während der rund fünf Spielstunden ruhig vor sich hin. Spannung kann die Erzählung zwar nicht aufbauen, dank der passablen englischen Vertonung fühle ich mich auf dem planetaren Trip aber immerhin nicht einsam. So begegne ich Helfern wie dem Terraforming-Experten DuWack, der mich auf der Suche nach Cyanha begleitet.

Zwei Begleiter ruhen sich im Loft vor der Planetenkulisse aus.

Zeit zum Durchatmen im luftigen Loft. | Bild: Cyborn / MIXED

Meine Pilotin Lucia nimmt ständig per Drohne Kontakt zu mir auf. Hier und da kommentiert sie Funde, etwa seltsam entstellte Gegner, oder sie gibt mir Hinweise zur Lösung von Rätseln.

Die technische Umsetzung erweist sich als zweischneidiges Schwert. Einerseits zaubert die Unreal Engine idyllische Landschaften aus dem Grafikchip. Die geometrischen Felsformationen dürften vor allen Fans von Canyons oder der Sächsischen Schweiz begeistern. Dazwischen lädt der hübsch spiegelnde Wellengang der Tümpel zu Tauchgängen ein. Auch das im eigene Hause durchgeführte Motion-Capturing der Zwischensequenzen kann sich sehen lassen.

Im Gegensatz dazu stehen die karg eingerichtete Innenräume der Stationen, deren eckige Versatzstücke sich oft wiederholen. Auch Gegner in Anzügen oder attackierende Tintenfische besitzen schlichte Charaktermodelle, gerade im Vergleich zu Half-Life: Alyx oder den gigantischen Spinnen in Farpoint.

Obwohl die Kulisse nicht durchweg überzeugt, erweist sich das Spiel als ziemlich hardwarehungrig. Meine GeForce RTX 2080 Ti stemmte die höchste Einstellung zwar problemlos, allerdings nur mit der alten Rift S und ohne Supersampling. Mit nur 80 Hertz Bildwiederholrate und einer niedrigen Auflösung von 1.280 mal 1.440 Bildpunkten ist sie berühmt dafür, auch anspruchsvolle Spiele flüssig zum Laufen zu bringen.

Ein Mittelklasse-PC ist Pflicht

Beim Einsatz der Valve Index hingegen musste ich die interne Spiel-Auflösung deutlich herunterregeln, was in einem unschärferen Bild resultierte. Die Deaktivierung diverser Effekte half der Performance dagegen kaum. Ärgerlich waren auch einige Abstürze, dank derer ich nervige Sprungpassagen gleich mehrmals angehen musste.

Der Spielende schießt um die Ecke auf einen Gegner an der Spitze einer Leiter.

Kuckuck: Verwinkelte Räume schaffen immerhin etwas Abwechslung. | Bild: Cyborn / MIXED

Erfreulich ist übrigens der hohe Komfort des Weltraumabenteuers. Mein Magen reagiert normalerweise ziemlich empfindlich auf Sprungsequenzen (siehe auch unseren Artikel zu Motion Sickness). In Hubris störten sie mich überhaupt nicht.

Auf Wunsch könnt ihr Komforteinstellungen wie eine Vignette, Drehwinkel für optionales Snap-Turn oder eine Ausrichtung nach dem Kopf beziehungsweise der Hand einstellen. Eine Teleport-Steuerung steht nicht zur Verfügung. Empfindliche Naturen dürfen aber immerhin die Laufgeschwindigkeit verringern.

Hubris Review-Fazit: Shooter-Blender mit wenigen Glanzpunkten

Zusammengefasst ist Hubris eher ein Grafikblender. Unter freiem Himmel ergeben sich hübsche Panoramen, die endlich wieder die Grafikkarte in Wallung bringen. Die monotonen Feuergefechte gegen völlig stupide Gegner konnten mich jedoch kaum fordern.

Auf lange Sicht gingen mir die Sprungpassagen zwar nicht so sehr auf die Nerven wie in der Demo, trotzdem wirkt vieles unausgereift. Ob nun das fehlerhafte Klettern, die unpraktischen Waffen oder das umständliche Crafting: All das funktioniert hier nicht so flüssig wie bei der Konkurrenz und schafft ein träges Spielgefühl.

Hubris' größtes Problem ist aber der Mangel an Ideen und Persönlichkeit. Lies Beneath hat einen coolen Comic-Stil, Stormland eine fließende Fortbewegung, Farpoint knifflige Riesenspinnen und Fracked eine temporeiche Deckungsmechanik. Im Vergleich dazu wirkt Hubris wie ein uninspirierter Standard-Shooter. Selbst das unausgegorene Bonelab hat mich dieses Jahr besser unterhalten, da es coolere Physikspielereien zu bieten hat.

Hubris könnt ihr hier kaufen:

Unterstützte Geräte Plattform Preis
PC-VR-Brillen Steam 39,99 Euro
PC-VR-Brillen Rift Store 39,99 Euro
PC-VR-Brillen Viveport 39,99 Euro