Stormland im Test: Grenzenlose Shooter-Freiheit über den Wolken

Stormland im Test: Grenzenlose Shooter-Freiheit über den Wolken

Update vom 15. November 2019:

Stormland soll nun dank einem Patch für Revive auch mit anderen VR-Brillen spielbar sein. Ein Youtube-Tutorial erklärt, wie man den Patch installiert.

https://www.youtube.com/watch?v=5rOnyApZbaU

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Update vom 14. November 2019:

Stormland ist ab sofort im Oculus Store für Oculus Rift (S) erhältlich. Das Spiel kostet 40 Euro.

Wer eine Nvidia-Grafikkarte besitzt, sollte den Geforce Game Ready Treiber 441.20 installieren. Er enthält Optimierungen für Stormland.

Die heute erschienene Spielversion soll sich beträchtlich von der Testversion unterscheiden. Einen signifikanten Unterschied bei der Performance konnte ich nicht feststellen. Der Prozessor scheint der limitierende Faktor zu sein (siehe unten).

Mit Revive funktioniert das Spiel angeblich noch nicht. Nutzer von Valve Index und Co. müssen sich gedulden und sollten vorerst von einem Kauf absehen.

Ursprünglicher Artikel vom 13. November 2019:

Kaum ein Oculus-Exklusivtitel war so lange in Entwicklung und hat so große Ambitionen wie Stormland. Kann das VR-Spiel die hohen Erwartungen erfüllen?

Facebook steckt Millionen in die Entwicklung von VR-Spielen, in der Hoffnung, Spieler weg vom Bildschirm in die Virtual Reality und ins eigene Ökosystem zu locken.

Dafür müssen diese Spiele die gleichen Qualitäten besitzen wie ihre Konsolen- oder PC-Pendants: eine große Spielwelt, eine komplexe Spielmechanik sowie reichlich Umfang. Mit kurzen, einfach gestrickten VR-Erfahrungen holt man keine Bildschirmzocker hinter dem Ofen hervor - zu Zeiten des VR-Hypes nicht und 2019 erst recht nicht.

Der vor kurzem erschienene Oculus-Exklusivtitel Asgard's Wrath sollte diesem Anspruch für das Rollenspielgenre gerecht werden, was den Kritikern zufolge auch gelang.

Nun will Stormland das Gleiche für das Looter-Shooter-Genre leisten. Doch damit nicht genug. Das VR-Spiel soll zugleich eines der größten Probleme des neuen Spielemediums lösen: die VR-Fortbewegung in digitalen Welten, insbesondere über weite Distanzen. Die soll sich natürlich anfühlen, spielerisch interessant und magenverträglich sein.

Die Frage ist nur: Erreicht Stormland all diese hochgesteckten Ziele und ist dabei auch noch ein gutes Spiel?

Willkommen im Sturmland

In Stormland schlüpft man in die Rolle des Androiden Vesper. Der friedliche Roboter wurde bei einem Angriff zerstört und vegetierte lange Zeit funktionsunfähig vor sich hin.

Eines Tages fahren seine Systeme unter mysteriösen Umständen hoch und er kommt erneut zu Bewusstsein. In der Rolle Vespers erwacht man auf einem fremden Planeten und erforscht das Basislager einer ehemaligen Roboterkolonie, um herauszufinden, was passiert ist.

Dabei trifft man schon bald auf mechanischen Kollegen, die den rätselhaften Angriff ebenfalls überlebt haben. Mit deren Hilfe verlässt man das kleine Basislager und bricht in die sogenannten Strata auf: Das sind mehrere, über der Oberfläche des Planeten schwebenden Wolkenschichten, von denen jede frei für sich erforscht werden kann.

Jedes Stratum besteht aus undurchdringlichem Gewölk mit darin schwebenden kleinen Inseln und einer eigenen Pflanzenwelt, Geologie und Wetter.

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Die KI Eco unterstützt einen über Funk bei den Missionen. BILD: Insomniac Games

Auf der Suche nach Antworten trifft man auf schwer bewaffnete, feindlich gesinnte Roboter, sogenannte Tempest, die für den Angriff auf das Basislager der Roboterkolonie verantwortlich sind. Weshalb sie den Planeten besetzen und welche Rolle die Menschen und der alles überragende turmartige Alienbau inmitten des Sturmlandes spielt, das findet man erst nach und nach und lediglich bruchstückhaft heraus.

Stormland bietet zwar eine Kampagne mit eigener Handlung, diese größeren Zusammenhänge bleiben jedoch weitgehend im Dunkeln. Der Faszination für diese mysteriöse Welt tut dies keinen Abbruch, im Gegenteil: Man ist motiviert, die Strata zu erkunden, um mehr über ihre Hintergründe zu erfahren.

Eine zweckmäßige Kampagne

Die Story-Kampagne ist einfach gestrickt und besteht aus einer Aneinanderreihung relativ simpler Missionen nach dem Muster: Gehe nach X, sammle Y, zerstöre Z.

Storytechnisch gibt sich Stormland keine große Mühe, sodass die Kampagne eher wie ein fünf Stunden dauerndes Tutorial für das darauf folgende Endlosspiel wirkt. In dieser sogenannten "zyklischen Welt" werden Spieler frei von Story-Restriktionen mit immer neuen Landschaften und Herausforderungen konfrontiert, die spielmechanisch allerdings nur wenig Neues bieten. Auch hier heißt es wieder: Gehe nach X, sammle Y, zerstöre Z, mit dem Ziel, neue Fähigkeiten zu lernen und immer mächtiger zu werden.

Dass die Kampagne enttäuscht, daran ändern auch die hervorragend animierten, sehr menschlich wirkenden Androidenfreunde nichts. Man verbringt einfach zu wenig Zeit mit ihnen, als dass einem an deren Schicksal viel liegen würde.

Dass es durchaus anders geht, hat der Oculus-Exklusivtitel Lone Echo (Test) schon vor mehr als zwei Jahren bewiesen. Hier fieberte ich wesentlich mehr mit den Charakteren mit, aber der Schwerpunkt war hier auch ein vollkommen anderer.

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Die Roboterfreunde sind lebensecht animiert. BILD: Insomniac Games

Die Neuerfindung des Spielinterfaces

Schwache Story-Kampagne hin oder her: Die Entwickler haben gut daran getan, VR-Spieler ohne Eile und Schritt für Schritt in Stormlands Spielmechanik einzuführen. Denn eines muss man Stormland lassen: Was spielmechanische Komplexität betrifft, steht der Titel Monitorspielen in nichts nach.

Beim Actionspiel Stormland kommt hinzu, dass man all das, was man zuvor auf einem Bildschirm und mittels Tasten und Knöpfe tat, in der Virtual Reality und mit 3D-Controllern tut. Das verändert die Spielerfahrung grundlegend.

Mittels Maus und Tastatur oder Gamepad mit diversen Waffen hantieren, Granaten werfen, auf Gegner zielen und dabei abwechselnd laufen, klettern und gezielt durch die Lüfte gleiten ist eine Sache. All das durch Hand-, Arm- und Körperbewegungen zu machen, eine vollkommen andere.

Virtual Reality kann an sich schon überwältigen und das nicht unbedingt im positiven Sinne. Schließlich befindet man sich in der Spielwelt und schaut nicht nur durch ein Fenster in diese hinein.

Muss man dazu auch noch seinen Körper bewegen, erhält die Spielerfahrung eine neue Dimension: Durch die stärkere Einbindung des Körpers gibt es kognitiv weitaus mehr zu verarbeiten, was den einen oder anderen VR-Spieler zu Beginn überfordern könnte.

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Die Stormland-Kampagne nimmt sich klugerweise viel Zeit, um Spieler in das VR-Interface und die Interaktionen einzuführen. Das folgende Video veranschaulicht die unterschiedlichen Kampftechniken in Stormland.

Stormland spielen will gelernt sein

Stormland kann zwar im Sitzen gespielt werden, dabei kann es jedoch leicht passieren, dass man sich beim Hantieren mit Waffen und Gegenständen verheddert und unbeabsichtigte Aktionen ausführt. Im Stehen passiert das seltener, außerdem ist das Spiel so wesentlich immersiver. Zum Beispiel, wenn man eine Felswand hochklettert und dabei seinen Roboterleib über dem Abgrund baumeln sieht.

Zugegeben: Selbst nach sieben oder acht Stunden habe ich den Dreh noch nicht ganz raus, was eher an meiner (fehlenden) Körperkoordination als am Spiel liegen dürfte. Man darf gespannt sein, was schnellere und hoch motivierte Spieler mit Stormland anstellen.

So oder so gilt, dass VR-Zocken keine Selbstverständlichkeit ist und gelernt sein will. Das gilt allgemein und ganz besonders im Falle von Stormland, das in Sachen Fortbewegung und Interaktion so viel Freiheit wie kein anderes VR-Spiel bietet. Für Virtual Reality als Spielemedium ist das eine gute Nachricht, auch wenn die Eingewöhnung Zeit beansprucht.

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Die Kämpfe werden erst in höheren Schwierigkeitsgraden interessant. BILD: Insomniac Games

Eine stetig sich wandelnde und doch gleichbleibende Welt

Hat man die Kampagne abgeschlossen, wird das Sturmland zyklisch. Im Endlosspiel werden die drei Stormland-Strata jede Woche von neuem prozedural generiert. Dabei werden Inseln, Gegner, Gegenstände und Aufgaben neu kreiert und in den drei frei erkundbaren Welten verteilt. Das sorgt zumindest in der Theorie für hohen Wiederspielwert.

In diesem Spielmodus tut man das Gleiche wie in der Kampagne, nur frei von Story-Einschränkungen: Man schließt Missionen ab, erledigt massenweise Roboter und sammelt Ressourcen, um seinen Androidenkörper und dessen Fähigkeiten stetig weiter auf- und hochzurüsten.

Wer während einer Woche alle drei Strata sowie die oberste Schaltzentrale der Tempest unter seine Kontrolle gebracht hat, schaltet für die nächste Woche und bis zu zweimal hintereinander noch stärkere Gegner frei. Auf diese Weise will Stormland Spieler über Wochen hinweg beschäftigen.

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In Stormland kann man auf unkomplizierte Weise einen Freund ins Spiel holen. BILD: Insomniac Games

Die Nachteile eines solchen Spieldesigns und prozeduraler Generierung im Allgemeinen sind offensichtlich: Die Aufgaben und Landschaften wiederholen sich und verlieren so schnell an Reiz. Stormland bietet theoretisch zwar ständig etwas Neues zum Erkunden, eine von Hand gestaltete Welt samt einzigartiger Quests wie bei Skyrim VR (Test) darf man jedoch nicht erwarten.

Stormland liefert stattdessen Ware vom Fließband, die nur Spieler mit ausgeprägtem Jäger-und-Sammler-Instinkt länger bei der Stange halten dürfte.

Da hilft es, dass man Stormland zu zweit spielen kann. Den Koop-Modus schaltet man noch in der Kampagne frei, sodass man auch einen großen Teil der Geschichte mit einem Freund zusammen erleben kann.

Surfen, Fliegen, Klettern

Eine große VR-Spielwelt bringt einem nichts, wenn es keine Möglichkeit gibt, Distanzen auf kurzweilige und magenschonende Art zu überbrücken. Hierzu erfand Isomniac Games die VR-Fortbewegungsart "Slipstreaming".

Die Stormland-Strata bestehen hauptsächlich aus Gewölk, in denen lauter kleine Inseln sitzen. Um von Insel zu Insel zu gelangen, gleitet man mit ausgestreckten Armen in hoher Geschwindigkeit über die sanddünenartige Wolkendecken.

Aktiviert man die Schubdüsen, erscheinen im Gewölk kreisförmige Energieverstärker. Gleitet man über diese hinweg, erhält man einen Geschwindigskeitsschub. Mit den Armen gibt man die Bewegungsrichtung vor und versucht, wie in einem Rennspiel, so viele Turbos wie möglich mitzunehmen. Dieses Wolkenreiten macht unheimlich Spaß.

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Dank Slipstreaming wird man zum halsbrecherischen Wolkenreiter. BILD: Insomniac Games

Ebenfalls gut umgesetzt ist die Fortbewegung in der Luft. Vesper hat kein Jetpack und kann sich nicht aus eigener Kraft in die Höhe befördern, seine Schubdüsen reichen jedoch für kunstvolle Fluggleitmanöver aus. Auch hier navigiert man mit etwas Übung sehr kunstvoll mit den eigenen Armen durch die Lüfte oder landet selbst aus größer Höhe punktgenau auf dem Boden.

Auch Vespers Kletterkünste sind nicht zu verachten. Der Android kann sich mit beiden Händen mittels eines Traktorstrahls an Objekten festhalten, hochziehen oder durch eine schwungvolle Bewegung meterhohe vertikale Wände hochbefördern. Diese Art von Fortbewegung kennt man von Lone Echo, nur dass sie hier für weitaus waghalsigere Manöver eingesetzt wird.

Stormland bietet in Sachen Fortbewegung so viel Flexibilität wie kein anderes VR-Spiel. Schlecht wurde mir dabei nicht. Spieler mit empfindlichen Mägen sollten Stormland vorsichtshalber zuerst bei einem Freund ausprobieren oder im Spielmenü den digitalen Tunnelblick aktivieren. Ausprobieren konnte ich diese Vorsichtsmaßnahme nicht, da sie in meiner Testversion noch nicht funktionierte. Wichtig: Teleportation wird nicht unterstützt.

Grafische Pracht, die ihren Preis hat

Grafisch ist Stormland eine Wucht und das bis dato wahrscheinlich schönste VR-Spiel auf dem Markt. Egal ob aus der Nähe oder in Fernsicht: Die außerirdische Flora, die flüssig animierten, detaillierten Roboter und die sich weit erstreckende Wolken- und Insellandschaft laden immer wieder zum Innehalten und Staunen ein. Man merkt der Spielwelt an, dass sie von A bis Z für den Blick durch eine VR-Brille gestaltet wurde.

Stormlands grafische Pracht kommt jedoch nicht umsonst. Auf meinem Computer (Intel i5-3570K @ 4,2 Ghz, Nvidia GTX 1080 Ti, 16 GB Ram, Crucial MX500 SSD) läuft Stormland selbst auf mittleren Einstellungen nur mittelmäßig. Besonders bei Kämpfen bricht die Bildwiederholrate ein, was den Spielspaß beträchtlich trübt.

Das liegt möglicherweise an meiner betagten CPU. Insomniac empfiehlt einen Intel i7-8700 (Amazon-Link) oder höher und schreibt, dass das Spiel vor Erscheinen noch CPU-seitig optimiert werden müsste. Für den Zweifelsfall empfehle ich, mit dem Kauf noch abzuwarten, bis Nutzerberichte Klarheit schaffen oder Insomniac nachbessert.

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Stormlands Welt sieht atemberaubend aus unter der VR-Brille. BILD: Insomniac

Test-Fazit zu Stormland: Mission erfüllt, aber das VR-Abenteuer geht weiter

Wenn Sony und Oculus Millionen in hochwertige Exklusivtitel stecken und man diese zum ersten Mal in die Hände bekommt, ist das oft ein wenig so, als würde man ein paar Jahre in die Zukunft blicken. In eine Zukunft, in der VR-Spiele Monitortiteln in nichts nachstehen. Dieses Gefühl hatte ich auch bei Stormland.

Was die Produktionsqualität betrifft, gibt es nur sehr wenige VR-Spiele, die Stormland das Wasser reichen können. Nur: Ein VR-Meisterwerk ist es deshalb noch lange nicht.

Insomniac hat die VR-Messlatte in vielerlei Hinsicht höher gelegt: Stormland bietet ein beispiellos großes Bewegungsrepertoire, berauschend schöne Wolkenwelten, raffinierte Kampftechniken sowie Inhalte, die motivierte Spieler über Wochen beschäftigen sollten.

Aber das spielmechanische Gerüst, das im Wesentlichen aus Jagen und Sammeln besteht, wirkt formelhaft und wurde von zahlreichen Bildschirmspielen auf gleichen Niveau oder besser umgesetzt. Wäre Stormland ein herkömmliches Konsolen- oder PC-Spiel, würde man ihm wahrscheinlich nur wenig Beachtung schenken.

Allerdings ist das auch ein schiefer Vergleich. Denn Stormland will nichts anderes, als bewährte Spielmechaniken auf neue Art in der Virtual Reality erlebbar machen. Und das nicht bloß verlustfrei, sondern um die einzigartigen Stärken dieses Mediums bereichert. Das ist Stormland gelungen.

Insomniac Games hat seine Hausaufgaben gemacht und bewiesen, dass VR-Shooter mit viel Bewegungsfreiheit, großer Spielwelt und komplexer Spielmechanik funktionieren. Auf diesem Wissen und Insomniacs Design und Techniken aufbauend, können kommende Titel diese Formel erweitern und vertiefen, bis eines Tages ein wirkliches VR-Meisterwerk erscheint und Videospiele an sich dank Virtual Reality neu definiert.

Stormland ist für etwas für euch, wenn...

  • ihr das Looter-Shooter-Genre liebt,
  • ihr intensive und spielerisch anspruchsvolle VR-Spiele mögt,
  • und ihr von einem Spiel zwanzig bis dreißig Stunden Unterhaltung erwartet.

Stormland ist nichts für euch, wenn...

  • ihr repetitive Spielmechaniken hasst,
  • ihr VR nur auf der Couch spielen wollt,
  • und ihr einen eher schwächeren Rechner besitzt.

Stormland bekommt ihr ab 14. November 2019 hier:

Übrigens: Mit Oculus Link könnt ihr Stormland vielleicht bald schon mit der Oculus Quest spielen. Lest dazu unseren Oculus Link Info-Guide.

Letzte Aktualisierung am 28.04.2024 / Affiliate Links / Bilder von der Amazon Product Advertising API / Preis inkl. MwSt., zzgl. Versandkosten

Titelbild: Oculus

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