VR-Brillen-Verkäufe: Zahlen und Hintergründe
Wer ist Platzhirsch im VR-Brillen-Markt? Welche VR-Brillen haben sich bislang wie oft verkauft? Hier findet ihr die verfügbaren Daten.
Der Grundstein für VR-Brillen wurde schon 1838 durch die Forschung des britischen Physikers Charles Wheatstone gelegt (siehe auch: Geschichte der Virtual Reality). Seine Erkenntnis: Das Gehirn kann die Einzelbilder eines jeden Auges zu einem dreidimensionalen Objekt verarbeiten. Wheatstones hölzernes, mit Spiegeln ausgerüstetes Stereoskop machte damals das räumliche Sehen möglich. Die von ihm gezeichneten stereoskopischen Bilder hatten plötzlich wie von Zauberhand eine räumliche Tiefe.
Die Nachfolger dieses Stereoskops sind die heutigen VR-Brillen: kleine Supercomputer vor dem Gesicht entführen Nutzende in dreidimensionale Welten. Virtual Reality verspricht nicht weniger als eine Revolution unserer Freizeit und Arbeitswelt – und natürlich hohe Umsätze für die den Markt dominierenden Unternehmen.
___STEADY_PAYWALL___In diesem Zusammenhang ist die Frage spannend: Welches Unternehmen hat die meisten VR-Brillen verkauft und wie könnte sich der Markt entwickeln? Wir haben nachgefragt und verfügbare Informationen recherchiert.
Dieser Artikel wird in regelmäßigen Abständen mit neuen Zahlen aktualisiert. Wenn ihr diesbezüglich weitere Links oder Quellen kennt, kommentiert gern oder schickt uns eine E-Mail an hallo(at)mixed.de.
Verkaufszahlen für VR-Brillen: Eine Mauer des Schweigens
Die meisten Hersteller halten sich mit der Veröffentlichung ihrer Verkaufszahlen bedeckt. Zum einen, weil sie ihren Investor:innen nur gute Zahlen vorlegen wollen und Virtual Reality weiterhin eine Nischentechnologie ist. Investor:innen könnten sich von wenig spektakulären Ergebnissen abschrecken lassen und ihre Unterstützung für langfristig angelegte Ziele zurückziehen.
Zum anderen bedeuten höhere Headset-Verkaufszahlen nicht unbedingt höhere Nutzendenzahlen. Viele VR-Brillen werden nicht selten aus Neugier gekauft und verstauben nach einer Probierphase im Schrank. Das generiert keine stetigen Einnahmen durch VR-Spiele und andere Inhalte, was Investor:innen ebenfalls nicht gern hören.
Dementsprechend ist es wenig überraschend, dass alle Hersteller sämtliche Anfragen ignorierten. Geantwortet haben uns stattdessen etwa die Marktanalyst:innen von IDC. Ihre Daten liegen MIXED vor.
Wir haben die Daten der Analyst:innen, weitere Schätzungen und verschiedene Aussagen aus der Branche in einer Gesamtübersicht zusammengeführt. Die Zahlen sind zwar fast alle inoffiziell, aber sie vermitteln trotzdem einen Eindruck davon, wie sich der Markt tatsächlich entwickelt.
VR-Brillen auf dem Markt: Die verfügbaren Zahlen
Zu den ersten richtigen VR-Brillen zählen 2013 die Oculus Rift DK1 und 2014 die Oculus DK2. Laut Jack MacCauley, damaliger Chef-Entwickler bei Oculus VR, verkauft Oculus 70.000 und 150.000 Einheiten der Brillen.
Auftritt Google Cardboard. Vom Start im Juni 2014 bis November 2019 gehen laut Google mindestens 15 Millionen faltbare Headsets über die Ladentische. Der Pappkamerad von Google bedient sich der Technologie von Wheatstones Stereoskop und ist offenbar eine Erfolgsstory: Schnell das Smartphone in das wenige Euro teure Google Cardboard schieben und schon schauen Menschen weltweit millionenfach auf Youtube VR-Videos.
Namhafte Firmen und Online-Zeitungen produzieren 360°-Inhalte und fördern damit erstmals VR (Beispiele: 1 | 2). Im Rahmen solcher Aktionen werden allerdings auch viele Cardboards verschenkt, was zu einer Verzerrung der Statistik führt.
Die Konkurrenz schläft nicht. 2014 schnappt sich Facebook das Start-up Oculus VR und bastelt an einer neuen Oculus Rift. Laut SuperData verkauft sie sich in den folgenden Jahren rund 550.000 Mal.
Ende 2015 bringt der koreanische Elektronik-Riese Samsung die Gear VR in die Läden. Das Headset funktioniert ebenfalls zusammen mit dem Smartphone. Weltweit gibt es in den Samsung Stores kleine VR-Ecken mit den VR-Brillen zum Ausprobieren und auch dafür wird fleißig VR-Content produziert. Bis 2016 verkauft sich Samsung Gear VR rund 5 Millionen Mal. Allerdings werden hier auch viele Geräte, etwa im Rahmen von Werbeaktionen, verschenkt.
HTC gehört ebenfalls zu den Unternehmen, die mit den Verkaufszahlen hinter dem Berg halten. Die HTC Vive verkauft sich im ersten Jahr nach dem Start im Jahr 2016 schätzungsweise rund 140.000 Mal. Zuerst wird von einem Flop gesprochen, doch das Profi-Headset ist eben kein Smartphone: Ein leistungsstarker PC wird für die kabelgebundene VR-Brille benötigt.
Deshalb sind die ersten Kund:innen in der Forschungslandschaft und der Industrie zu finden. Doch die Zahlen werden besser und im Privatsektor schlagen viele Gamer:innen zu: Statista zufolge verkauft HTC die Vive und die Vive Pro zwischen 2017 und 2019 1,9 Millionen Mal.
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Im Oktober 2016 schickt Sony Playstation VR ins Rennen. Andrew House, damals Chef der interaktiven Sparte von Sony, spricht von übertroffenen Erwartungen: Im Dezember 2017 knackt Playstation VR die Marke von 2 Millionen. Bis heute sind laut Sony und den US-Analysten von IDC 5,5 Millionen Headset-Konsolen weltweit verkauft worden.
„Go, Quest“: Facebooks Aufholjagd
Microsoft mischt mit Windows Mixed Reality ebenfalls im VR-Markt mit. Verschiedene Headsets werden unter diesem Begriff verkauft, etwa Lenovo Explorer oder Samsung Odyssey. Insgesamt werden 2017 und 2018 rund 450.000 Exemplare verkauft.
2018 setzt Facebook mit der Oculus Go neue Akzente. Um die Oculus Go zu nutzen, ist weder ein starker PC noch ein Smartphone oder eine Konsole nötig. Das Standalone-Headset bringt nach dem Start VR-Gaming in eine breitere Öffentlichkeit und verkauft sich laut den US-Analysten von SuperData zwei Millionen Mal.
Steam-Mutter Valve betritt 2019 mit der Valve Index, einer kabelgebundenen PC-VR-Brille, die Bühne. Schätzungen zufolge schlagen rund 150.000 Kund:innen zu. Als Valve ankündigt, das eigene VR-Spiel Half-Life: Alyx kostenlos mit der VR-Brille zu liefern, steigt die Nachfrage. Die knapp 1.000 Euro teure Valve Index ist Anfang 2020 mit einem Schlag in 31 Ländern ausverkauft. Durch die Corona-Pandemie kommt die Produktion des Headsets später nahezu zum Erliegen. Aktuelle Verkaufszahlen sind leider nicht zu bekommen und Berechnungen mithilfe von Steam-Nutzungszahlen höchst spekulativ.
2019 ist zweifellos auch das Jahr, in dem vollwertige VR-Brillen für alle Menschen, unabhängig von Zusatzhardware, greifbar wird. Die Oculus (jetzt Meta) Quest als Standalone-Headset ohne Kabel und Hochleistungsrechner, mit attraktiven VR-Spielen und einem lebendigen Ökosystem rund um Facebook, war schnell ausverkauft. Deutlich leistungsfähiger und im Gegensatz zur Go mit vollen Six Degrees of Freedom (6DOF) ging die autarke VR-Brille 2019 weltweit 1,1 Millionen Mal über die Ladentheke.
Das US-Magazin Forbes sieht durch die Quest eine Verschiebung der VR-Headset-Anwendungen aus dem Forschungsbereich sowie dem Hardcore-Gaming hin zur breiten Masse. Konsolen- und Spielegigant Nintendo stößt mit dem Labo VR Kit auf den Markt – mehr als eine Million Einheiten werden weltweit verkauft.
Virtual Reality: Kampf um Marktanteile
Tatsächlich ist Meta, ehemals Facebook, mit der Quest 2 in den vergangenen zwei Jahren zum Platzhirsch aufgestiegen. Mehr als 13 Millionen Headsets verkauft Meta seit dem dritten Quartal 2021. Das geht aus einer Auswertung der Analyst:innen von IDC hervor, die MIXED vorliegt. Andrew Bosworth von Meta sagt, die Quest 2 sei öfter verkauft worden als alle anderen Oculus-Headsets zusammen. Insgesamt sollen sogar 17,2 Millionen Quest 2-Brillen bis zum 3. Quartal 2022 verkauft worden sein.
Das ist mehr als das Zehnfache dessen, was die Rivalen von ByteDance bislang verbuchen können. ByteDance ist nicht nur TikTok-Mutterkonzern, sondern hat 2021 den VR-Brillen-Hersteller Pico Interactive übernommen. Bei ByteDance stehen laut IDC rund 875.000 verkaufte VR-Brillen auf der Haben-Seite. Die neue VR-Brille Pico 4 hat laut der Marktforschungsfirma Sandalwood Advisors innerhalb der ersten 18 Tage nach Markteinführung 46.000 Geräte in China verkauft. Weitere Zahlen liegen uns derzeit nicht vor.
Neben ByteDance ist seit 2015 ein weiterer chinesischer Hersteller namens DPVR mit Sitz in Shanghai aktiv – aber vornehmlich nur in China und dem asiatischen Markt. Laut IDC und DPVR verkauften sie bislang über 450.000 VR-Brillen.
Ausblick: Alte Hasen mit neuen Modellen
Momentan beherrscht Meta rund 86 Prozent des globalen VR-Brillen-Marktes. Doch nicht nur die chinesische Konkurrenz könnte das langfristig ändern. Sony startet im Februar 2023 mit der Playstation VR 2. Laut Bloomberg peilt Sony die Verkaufsmarke von rund zwei Millionen Headsets im Jahr 2023 an. Das klingt zunächst nicht sonderlich viel, allerdings gehen die Expert:innen von Insider Intelligence davon aus, dass Sony zwar einen kleinen, aber lukrativen Markt anstrebt.
Weitere etablierte VR-Brillen-Hersteller wollen im nächsten Jahr neue XR-Brillen auf den Markt bringen. HTC stellte die Vive XR Elite auf der CES 2023 vor. Valve plant Gerüchten zufolge mit Valve Deckard eine eigene autarke VR-Brille. Und über Apple gibt es seit Jahren wiederkehrende Gerüchte über ein XR-Headset, die sich derzeit verdichten: Angeblich wird 2023 das XR-Jahr für Apple.
Die Hardware-Verkäufe allein beantworten aber nicht die offene Frage nach der regelmäßigen Nutzung: Ohne Inhalte bleibt das Wachstum der Branche überschaubar und die Adaption in der Breite schwierig. Der Vorsprung Metas bei den Verkaufszahlen ist auch aus diesem Grund bedeutend, weil viele Studios direkt für die Quest-Plattform produzieren, schließlich ist dort das größte Publikum zu finden. Wie stark dieser „Lock-in“-Effekt für Content-Produzent:innen ist und wie leicht es sein wird, Inhalte für andere Systeme zu portieren, wird ein entscheidender Faktor für die künftige Marktführerschaft im VR-Brillen-Markt sein.
Die britische Analyse-Firma Omdia ging davon aus, dass Meta bis Ende 2022 insgesamt 20 Millionen Headsets verkauft. Trotzdem bleiben die Analyst:innen skeptisch, was das langfristige Wachstum von VR angeht: Bis 2027 sollen „nur“ 72 Millionen Konsument:innen eine VR-Brille nutzen. Und auch Gartner rechnet erst nach 2029 mit einer erwachsenen Form eines Metaverse, für das VR- und AR-Brillen, Inhalte und deren Interoperabilität entscheidend sind.
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