Half-Life: Alyx - Ein Jahr später
Half-Life: Alyx hat gezeigt, dass Triple-A und VR zusammenpassen – und dass Valves nächster Titel dringend Mods und Multiplayer braucht.
Achtung: Der Artikel enthält leichte Spoiler!
Vor einem Jahr erschien Half-Life: Alyx (Test). Zeit für eine persönliche Retrospektive und ein Ausblick auf die Zukunft.
___STEADY_PAYWALL___Die Kurzfassung: Half-Life: Alyx ist ein Meisterwerk, kein VR-Spiel hat mich seitdem so lange am Stück unter den Gesichtscomputer gelockt. Doch ohne Mods und Multiplayer entfaltet Half-Life: Alyx nicht die erhoffte Sogwirkung für VR. Das mysteriöse „Citadel“ und ein Herr Garry müssen es richten.
Inhalt
Half-Life: Alyx ist mein Spiel des Jahres 2020
Half-Life: Alyx hat gezeigt wie gut VR-Spiele sein können und ist für mich das beste Spiel des Jahres 2020 – unabhängig von der jeweiligen Plattform. Der Titel brachte nach wenigen Stunden Gefühle zurück, die ich schon lange vergessen hatte: Ein echtes Interesse für Spielwelt und Geschichte, Überraschung und Freude am Spieldesign, Spaß an der Erkundung der Spielmechaniken und sogar am Puzzeln.
Diese Bandbreite an Gefühlen zeichnet für mich Half-Life aus und ich bin Valve dankbar, dass sie mich mit Alyx wieder daran erinnert haben.
Valve hat mit Half-Life: Alyx außerdem etwas geschafft, das ich vorher nicht für möglich gehalten hatte: Ein Prequel, das gleichzeitig ein fantastisches Sequel für den Cliffhanger-Overkill Half-Life 2: Episode 2 ist.
Zugegeben: Alyx tauscht den einen Cliffhanger einfach durch einen anderen aus – aber statt Verzweiflung steht am Ende der Wunsch weiterzumachen und endlich wieder mit dem Meister der Brechstangen loszuziehen.
State of VR: Kleine Perlen statt Markenmittelmaß
Seitdem ist es jedoch wieder still geworden um Valve: Es ist kein neues Half-Life in Sicht. Echte Konkurrenz gibt es auch nicht: Medal of Honor: Above and Beyond (Test) und The Walking Dead: Onslaught (Test) boten leider nur große Namen mit spielerischem Mittelmaß. Star Wars: Squadrons (Test) war recht gut, blieb aber insgesamt auch eingeschränkt. Die einzigen großen Alternativen bleiben wohl vorerst The Walking Dead: Saints & Sinners (Test) und Boneworks (Test).
Ein Jahr später sind es vor allem kleine, innovative Multiplayer-Titel wie Phasmophobia (Test), Gorilla Tag oder Pavlov VR die mich dazu bringen, meine Valve Index (Test) länger aufzusetzen. Dabei wird mir klar: Valve hat mit Alyx zwar ein Meisterwerk geschaffen, verzichtete jedoch auf eine der größten Stärken der Half-Life-Reihe.
Half-Life = Mod-Life
Meine erste und auf Jahre letzte Half-Life-Erfahrung hatte ich als kleiner Mensch mit der entschärften Half-Life-Demo - statt auf Marines ballerte ich auf Roboter. Wenig überzeugt wandte ich mich anderen Titeln zu.
Dennoch bestimmte Half-Life jahrelang mein Gaming-Leben: Counter-Strike, Day of Defeat, Team Fortress, Ricochet, Battle Grounds, Firearms oder Scientist Hunt – ich verbrachte unzählige Stunden mit Half-Life-Mods, deren Nachfolger noch heute zahlreiche Fans haben.
Half-Life 2 war der erste Titel der Reihe, den ich durchspielte, gefolgt von Episode 1 und 2. Auch hier versenkte ich zahlreiche Stunden in diverse Mods, darunter den Meta-Titel Garry’s Mod. Half-Life 1 habe ich erst später nachgeholt.
Mit der Ankündigung von Half-Life: Alyx und dem vorsichtigen Versprechen für Mod-Unterstützung malte ich mir eine Half-Life-Zukunft aus, in der alte und neue Modding-Teams ihre besten Ideen in der virtuellen Welt umsetzen: Scheiben werfen mit Ricochet in VR? Unsichtbare Monster in The Hidden VR jagen? Bajonettangriff in Battle Grounds 4? Prophunt in VR? Nur her damit.
Doch Half-Life: Alyx bietet keine vollwertige Mod-Unterstützung. Stattdessen können Modder eigene Level erstellen oder einzelne Waffen austauschen. Doch die Spielmechaniken bleiben gleich, egal ob in City 17 oder in einem Combine-verseuchten Rapture. Der Steam-Workshop ist voller qualitativ hochwertiger neuer Abenteuer, doch fundamentale Eingriffe in Spielsysteme oder Multiplayer-Unterstützung? Fehlanzeige.
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Mods multiplizieren die Halbwertszeit
Modding-Support ist seit Jahrzehnten ein entscheidender Faktor, der über die Langlebigkeit einer Marke entscheidet. Noch heute erscheinen neue Erweiterungen für Doom 1 oder Morrowind und kleine Mod-Teams pflegen auf Steam Half-Life-Mods, die täglich gerade mal 50 Spieler haben.
Manche Publisher sehen Mod-Support als Bedrohung ihres Geschäftsmodells – schließlich lassen sich die gleichen drei Karten mit einem leichten Facelifting jedes Jahr deutlich besser verkaufen, wenn es keine kostenlosen Alternativen gibt.
Valve dagegen hat das Potenzial der Modding-Community vor langer Zeit erkannt und lebt prächtig von den Vollversionen ehemaliger Mods, etwa Counter Strike, DOTA, Team Fortress, Portal oder Day of Defeat und dem Verkauf von Waffenskins oder lustigen Hüten aus der Community.
Dass es noch keine vollwertigen Modding-Werkzeuge gibt, hat daher wohl einen einfachen Grund: Sie sind noch nicht fertig.
Valves „Citadel“ könnte das Multiplayer-Erbe antreten
Vollwertige Modding-Werkzeuge wird Valve erst veröffentlichen, wenn alle notwendigen Funktionen in der neuen Source-2-Engine verbaut sind. So enthält die Version auf der Half-Life: Alyx basiert beispielsweise noch kein funktionierendes Wasser, wie man es aus Half-Life 2 kennt.
Die globale Corona-Pandemie hat auch bei Valve zu Veränderungen geführt und den Entwicklungsprozess der Engine verlangsamt.
Meine Hoffnung liegt daher auf Valves mysteriösem VR-Spiel mit dem Codenamen „Citadel“. Valve scheint einen asymmetrischen Multiplayer-Titel zu planen, der VR- und Flat-Gamer gegeneinander antreten lässt.
Ein Titel mit nativer VR-Unterstützung und Crossplay-Multiplayer klingt nach einem perfekten Kandidaten, um das Half-Life Modding-Erbe fortzuführen – auch wenn die Mods am Ende absolut nichts mehr mit Half-Life zu tun haben.
Half-Life: Alyx und die Zukunft von Garry Newman
Immer noch skeptisch? Für mich ist es keine Frage ob, sondern wann Valve die Modszene auf die Source-2-Engine loslässt. Denn Valve hat bereits einer Mod-Legende vollen Zugang zur Engine gewährt: Garry Newman.
Newman ist der Entwickler von Garry’s Mod und dem Survival-Erfolg Rust. Mittlerweile arbeitet er und sein Facepunch-Studio an s&box, einem direkten Nachfolger von Garry’s Mod. Ursprünglich mit der Unreal Engine 4 entwickelt, wechselte Facepunch nach der Veröffentlichung von Half-Life: Alyx mit Unterstützung von Valve auf die Source-2-Engine.
Die Entwicklungsfortschritte könnt ihr im s&box-Blog verfolgen. Multiplayer, Script-Unterstützung, und Physiksysteme sind bereits implementiert. Newman plant dank Source-2 mit einer nativen VR-Unterstützung zum Release irgendwann 2021.
Half-Lifes Erbe wird weiterleben – entweder in Citadel mit Valves Modding-Werkzeugen oder in Garrys neuem Sandkasten. Dort wird Valves Meisterwerk eine neue Generation inspirieren und völlig neue Spielerfahrungen hervorbringen. Das ist auch in Valves Interesse, denn irgendwo da draußen wartet das nächste Counter-Strike, das nächste Team Fortress oder das nächste DOTA.
Titelbild: Valve
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