Virtual Reality: Weshalb sich Meta nicht vor Apple fürchten muss

Virtual Reality: Weshalb sich Meta nicht vor Apple fürchten muss

Wird Apple erste VR-Brille den Markt revolutionieren und neu definieren? Bisherige Informationen lassen Zweifel daran aufkommen.

Apple selbst hat noch nichts in Richtung VR- und AR-Hardware angekündigt. Dass das Unternehmen an entsprechenden Geräten arbeitet, ist allerdings seit Jahren bekannt. Anfang 2021 verdichteten sich die Gerüchte und seit ein paar Wochen gibt es eine regelrechte Flut von Berichten seitens gut informierter Apple-Reporter wie Mark Gurman oder dem Lieferkettenanalysten Ming-Chi Kuo.

Diesen zufolge wird Apple ein VR-Headset mit videobasierter Augmented Reality vorstellen. Den Quellen zufolge handelt es sich um ein relativ leichtes, aber teures High-End-Gerät. Genauere Informationen findet ihr in unserem Info-Artikel zu Apples VR-Brille, der die bisherigen Berichte zusammenfasst.

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Apple und VR: Eine unendliche Geschichte

Eine leichte, schöne und leistungsfähige VR-Brille zu bauen, ist keine leichte Aufgabe. Nicht mal für Apple.

Laut Gurman forscht das Unternehmen seit rund acht Jahren an XR-Brillen, ohne ein einziges Gerät auf den Markt gebracht zu haben. Klar, Apple ist nicht für Schnellschüsse bekannt. Aber dass das Unternehmen nach all den Jahren und so kurz vor dem geplanten Marktstart noch mit technischen Problemen wie Überhitzung kämpft und aus diesem Grund den Launch verschieben muss, ist kein gutes Zeichen.

Apple Emoji mit Brille und App-Spiegelung im Brillenglas

Langfristig plant Apple mit einer schlanken AR-Brille. Weil die dafür benötigte Technologie erst noch reifen muss, geht Apple den Umweg über eine VR-Brille. Die fängt die Umgebung mittels integrierter Kameras ein und reichert sie auf den Displays um digitale Elemente an. Nach dem gleichen Prinzip funktioniert Metas kommende VR-Brille Cambria sowie die Lynx R-1. | Bild: Apple

Ursprünglich hätte das unter dem Codenamen N301 entwickelte Produkt 2022 auf den Markt kommen sollen. Nun wird es laut den Quellen wahrscheinlich erst 2023.

Ebenfalls Ungutes ahnen lassen die Gerüchte zu einer grundlegenden technischen Frage: ob die VR-Brille autark läuft oder eines Zuspielers bedarf. Dass sich die Berichte in diesem Punkt widersprechen, könnte ein Hinweis darauf sein, dass Apple selbst nicht recht weiß, welcher Weg der erfolgversprechendste ist und deshalb parallel zwei ganz unterschiedliche Produkte entwickelt: Eines, das für den autarken Betrieb ausgelegt ist und eines, das für volle Leistung eines iPhone oder iMacs bedarf.

Herrscht hier kurz vor Launch noch Unentschlossenheit, würde das nicht für Apples Produkt sprechen. Doch das bleibt abzuwarten.

Meta hat einen großen Vorsprung

Apple ist bekannt dafür, spät, aber stark in einen Markt einzusteigen und neue Standards zu setzen, an denen sich die Mitbewerber messen müssen. Womöglich gelingt das Apple auch im VR- und AR-Bereich.

Die Frage ist, ob der Perfektionsdrang des Unternehmens in diesem Umfeld nicht eher hemmend und kontraproduktiv wirkt. Während Apple seit zig Jahren im Labor forscht, bringt Meta dieses Jahr schon die siebte kommerzielle VR-Brille heraus: das High-End-Gerät Cambria, das in vielerlei Hinsicht mit Apples VR-Brille konkurrieren dürfte.

Rendering von Metas Mixed-Reality-Brille Project Cambria

2022 erscheint Metas nächste VR-Brille. Mit Project Cambria testet Meta neueste VR-Technologien in einem Produkt. Die VR-Brille wird teurer als Meta Quest 2 und wird als direktes Konkurrenzprodukt zu Apples kommendem Gerät gehandelt. | Bild: Meta

Diese Markterfahrung und das von Meta in zig Jahren aufgebaute App-Ökosystem ist von unschätzbarem Wert und einer der größten Trümpfe, die Meta-Chef Mark Zuckerberg in der Hand hat.

Virtual Reality und Augmented Reality: Das sind experimentelle Technologien, deren Mainstream-Appeal und Killer-Anwendung noch gefunden werden muss. Dem alten Facebook-Motto "Move Fast and Break Things" treu, hat Meta womöglich einen Vorteil. Apple wirkt dagegen wie ein träger Riese.

Auf dem Unternehmen lasten immens hohe Erwartungen. Weil Apple nun mal Apple ist und weil es seit der Apple Watch keine grundlegend neue Hardware-Kategorie mehr eingeführt hat. Das ist knapp sieben Jahre her.

Ein Produkt ohne Zielgruppe

Laut bisherigen Gerüchten wird Apples erste VR-Brille beeindruckende Technik bieten: zwei 4K-Displays, mehr als ein Dutzend Sensoren und die Rechenleistung von Apples eigenen Chips soll alles Bisherige in den Schatten stellen.

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Diese High-End-Technik schlägt sich im Preis nieder: Dem jüngsten Bericht zufolge wird Apples VR-Brille 2.000 US-Dollar aufwärts kosten. Damit stellt sich unweigerlich die Frage, für wen diese VR-Brille eigentlich gedacht ist.

Ob Apple den Fokus auf VR-Gaming und Unterhaltung oder Kommunikation legt oder ein Allzweckgerät plant, ist unerheblich. Normalverbraucher werden zu diesem Preis nicht zugreifen, jedenfalls nicht in Massen. Apple hin oder her.

Laut Gurman will Apple sieben bis zehn Millionen Einheiten verkaufen. Das ist unrealistisch. Wenn überhaupt, dann werden sich professionelle Anwender:innen, Entwickler:innen und Unternehmen für das Gerät interessieren – eine vergleichsweise kleine Zielgruppe.

Avatare im Metaverse sitzen um einen Tisch und betrachten einen 2D-Videocall.

Mark Zuckerbergs Metaverse-Vision wird häufig belächelt. Doch Meta steckt wahrscheinlich mehr in die Entwicklung von VR und AR als jedes andere Unternehmen, einschließlich Apple. Die Technologie könnte in zehn bis fünfzehn Jahren wesentlich weiter und wichtiger sein, als wir heute annehmen.| Bild: Meta

Apple macht seine Umsätze in erster Linie mit Endverbrauchern und hohen Margen. In der frühen Phase der VR und AR greift diese Strategie nicht: Zu experimentell und verspielt sind die Anwendungen und ohne echten Nutzen, um den Premium-Preis zu rechtfertigen.

Meta geht den anderen Weg und subventioniert die eigene Hardware aggressiv, um möglichst früh möglichst viel Hardware unter die Leute zu bringen und sich damit zeitig einen Wettbewerbsvorteil zu schaffen.

Möglich, dass Meta mit einer vergleichsweise günstigen Cambria besser fahren wird als Apple mit einer dreimal so teuren VR-Brille, die technisch nur geringfügig besser ist.

Was sind Apples Trümpfe?

Wenn Apple Akzente setzt, dann wird es in Bereichen wie Design, Komfort und Ökosystem-Integration sein. Hier dürfte es die größten Fortschritte und Überraschungen geben.

Apple hat einen großen Vorteil gegenüber Meta: Es hat das profitabelste Smartphone-Geschäft im Rücken und beherrscht dessen Wertschöpfungskette vom Betriebssystem über die eigenen Chips bis hin zum Hardware-Design.

So neu und aufregend Virtual und Augmented Reality auch sind: Das Smartphone und dessen Ökosystem wird auf absehbare Zeit das dominierende Alltagsgerät bleiben. Apple kann das iPhone weitaus eleganter in das VR- und AR-Produktportfolio integrieren als die Konkurrenz mit ihren Smartphones. Das ist ein großer Wettbewerbsvorteil.

Ein Bild der VR-Brille Oculus Quest 2 von Facebook in weißer Farbe

Die Meta Quest 2 ist die erfolgreichste VR-Brille am Markt, was sich ihrer einfachen Nutzung und ihrem günstigen Preis verdankt. Meta dürfte bislang um die zehn Millionen Geräte verkauft haben. | Bild: Meta

Anhand der bisherigen Informationen fällt es schwer, sich einen Reim auf Apples VR-Strategie zu machen. Die Masse wird das Gerät nicht ansprechen und nicht nur aus preislichen Gründen. Dafür müsste sie der Konkurrenz in Sachen Formfaktor, Technik und Apps um Jahre voraus sein und das darf bezweifelt werden.

Mit wenigen Nutzern wird es schwierig für Apple, Entwickler:innen für das eigene Ökosystem zu begeistern. Und die benötigt Apple. Sie entwickeln die Anwendungen, für die sich eine Anschaffung des Geräts überhaupt erst lohnt.

Um das Produkt aus der Nische herauszuführen, muss das Unternehmen die Integration in bestehende Apple-Ökosysteme vorantreiben und die Technik durch schnelle Iteration Jahr für Jahr verbessern. Apples größter Fehler wäre es, Meta zu unterschätzen.

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Quellen: Ian Zelbo (Bild)