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Next-Gen-VR-Brillen: Mehr Fokus, bitte!

Next-Gen-VR-Brillen: Mehr Fokus, bitte!

Die nächste Generation VR-Brillen ist da. Aber sie sind nicht perfekt und bei den Käufern von Premium-Headsets macht sich Enttäuschung breit.

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Als Meta im Oktober 2022 seine Quest Pro auf den Markt brachte, setzte es mit Pancake-Linsen, Mini-LEDs zur Verbesserung der Display-Qualität, Farbdurchsicht sowie Augen- und Gesichtserkennung neue Standards. Diese Fortschritte waren aber auch mit Kompromissen verbunden.

Die meisten VR-Brillen der nächsten Generation zielen darauf ab, ähnlichen Spezifikationen zu entsprechen und gleichzeitig erschwingliche Preise für einen hoffentlich wachsenden Kundenkreis zu ermöglichen.

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Playstation VR 2 von Sony und Vive XR Elite von HTC sind bereits erhältlich. Mindestens sieben weitere VR-Brillen werden 2023 auf den Markt kommen. Es stellt sich aber die Frage, ob eines davon die Probleme lösen wird, die mit den neuesten XR-Technologien ans Licht gekommen sind.

Unbequeme Wahrheiten

Komfort ist seit den ersten VR-Brillen problematisch. Seit Jahren akzeptieren wir, dass nur ein oder zwei Stunden in Virtual Reality erträglich sind, es sei denn, man hat eine Toleranz gegenüber Motion Sickness, verschiedenen visuellen Fehlern sowie dem Anpressdruck von VR-Headsets im Gesicht.

Das muss sich ändern, und die neue Generation von VR-Brillen hätte endlich einen Unterschied machen können. Bislang ist das aber noch nicht der Fall.

Meta scheint mit dem Design der Quest Pro recht zufrieden zu sein und schreibt der XR-Brille "Premium-Komfort" zu, sodass ich länger in VR bleiben könne. Das einzigartige Design beseitige jeglichen Druck auf das Gesicht, da der Visor vor den Augen schwebt. In der Theorie klingt das großartig.

In der Praxis beklagen viele Nutzende jedoch erheblichen Druck auf die Stirn, der nach etwa einer Stunde schmerzhaft werden kann. Das vordere Polster ist klein, fest und so gewölbt, dass es sich nicht einfach an verschiedene Stirn-Formen anpasst – meine eingeschlossen.

Die Konkurrenz hat ebenfalls Fortschritte gemacht: Das Gewicht der Pico 4 wurde reduziert, was den Druck auf das Gesicht verringert. Aber starre Gesichtspolster und ein instabiles, nicht austauschbares Kopfband, machen dieses Design weniger komfortabel als frühere Modelle.

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Wenn man sie trägt, drückt die Stirn direkt auf das weniger komfortable Innenleben der PSVR 2. | Bild: MIXED

Sonys Playstation VR 2 verbessert die visuelle Qualität erheblich, aber ähnlich wie bei der Quest Pro verursacht das PSVR 2-Stirnpolster bei manchen Menschen schmerzhafte Druckstellen auf der Stirn.

Anstatt universelle Lösungen zu finden, sind die neuesten Entwürfe von Meta, Pico und Sony nicht für alle Nutzer:innen geeignet.

Bequemere Lösungen

Die Hoffnung stirbt zuletzt: Vive XR Elite beeindruckte erste Tester:innen mit einem komfortablen und einzigartig anpassbaren Design.

Der hintere Teil der XR-Brille kann abgenommen und durch Bügel ersetzt werden, wodurch das Headset einen ultraleichten, brillenähnlichen Formfaktor erhält. Wer das MR Face Gasket der Vive XR Elite verwendet, bekommt zudem die offene Bauweise und die Übersicht der Quest Pro.

A trade show visitor tries out the new forehead pad of the Vive XR Elite VR headset with a surprised look on his face.

Ein optionales kleines Stirnpolster verwandelt das Vive XR Elite in ein offenes Headset im Stil des Quest Pro oder Lynx R-1. | Bild: HTC Vive

Einen anderen, interessanten Ansatz verfolgt Bigscreen VR. Der Hersteller schneidet seine Beyond-VR-Brille für jeden Nutzenden individuell zu. Der Displayabstand ist auf den Augenabstand (IPD) voreingestellt und die maßgefertigte Gesichtsmaske passt sich den individuellen Konturen des Gesichts an.

Erste Tests im Vorfeld der Veröffentlichung besagen, dass das superleichte, individuell angepasste Beyond-Headset schmerzfrei und langfristig genutzt werden kann.

A man putting on Bigscreen Beyond VR headset.

Ein Mann setzt die Bigscreen Beyond VR-Brille auf. | Bild: Bigscreen, Inc.

Allerdings ist der Zugang zu einem iPhone mit FaceID Voraussetzung für den notwendigen Scan des eigenen Gesichts. Ich kann zwar stattdessen auch unterschiedliche Gesichtspolster kaufen, aber die Nutzung der Beyond-VR-Brille ist dann immer noch auf Personen mit ähnlichem Augenabstand beschränkt.

Modulare Designs mit austauschbaren Kopfbändern und -polstern könnten generell dazu beitragen, den Komfort für Nutzende zu verbessern. Eine Einheitsgröße für alle funktioniert jedenfalls nicht.

Zu viele Funktionen und ungenutztes Potenzial

Hersteller überladen ihre VR- oder XR-Brillen mit fortschrittlichen Funktionen, die dann jedoch kaum genutzt werden. Studios investieren nicht viel in Technologien, die nur eine kleine Teilmenge möglicher Kund:innen erreichen.

Die Quest Pro ist ein anschauliches Beispiel dafür. Sie bringt Augen- und Gesichtserkennung mit, die aber fast ausschließlich für Avatare verwendet wird. In Anbetracht des mangelnden Interesses an Horizon Worlds und Horizon Workrooms hätten sich viele Nutzer:innen vielleicht eher einen niedrigeren Preis gewünscht.

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Eye-Tracking kann zwar Foveated Rendering ermöglichen oder als Eingabehilfe dienen, aber nur wenige Entwickelnde machen sich die Mühe, da diese Technologie bei der deutlich weiter verbreiteten Quest 2 gar nicht erst vorhanden ist.

Quest Pro unterstützt zwar Mixed Reality mit Farbdurchsicht, aber Quest-2-Benutzer:innen haben nur einen niedrig auflösenden, monochromen Passthrough-Modus. Pico 4 und die Vive XR Elite verfügen über ähnliche Features, und mit der Quest 3 könnte im Herbst eine preisgünstige Option kommen. Doch bis dahin unterstützen nur vergleichsweise wenige VR-Spiele und VR-Apps Mixed Reality.

Herstellerunterstützung und modulares Design

Im Gegensatz zum verschenkten Potenzial der Quest Pro, ist Eye-Tracking bei der Playstation VR 2 essenzieller Bestandteil. Da es sich um eine Standardfunktion handelt, die nicht auf spezielle Hardware begrenzt ist, werden Studios das Eye-Tracking voraussichtlich oft nutzen. Sony hat die PSVR 2 bereits mit VR-Spielen auf den Markt gebracht, die Foveated Rendering und Eye-Tracking für bessere grafische Darstellung und verbesserte Bedienung einsetzen, etwa Horizon Call of the Mountain.

HTC hingegen will später in diesem Jahr für die Vive XR Elite modulares Augen- und Gesichtstracking-Zubehör anbieten. Da es sich hierbei nicht um eine Standardfunktion handelt, wird sie von vielen Apps möglicherweise ebenfalls nicht unterstützt. Allerdings hat HTC dadurch bei der Markteinführung der neuen VR-Brille keine unnötigen Kosten verursacht. Wer diese Funktionen wünscht, kann sie sich also optional besorgen.

Fokus ist der Schlüssel

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass es in den vergangenen Monaten faszinierende Entwicklungen in der VR-Technologie gegeben hat, aber das perfekte Headset bleibt schwer zu finden. Es braucht mehr Fokus auf den Anwendungsbereich und die Benutzenden.

Als Meta die Quest Pro als Produktivitäts-Headset auf den Markt brachte, hätte es etwa die Hardware vom ersten Tag an mit professionellen Apps und spezieller Systemsoftware unterstützen sollen. Stattdessen läuft auf der Quest Pro die gleiche Software wie auf der Quest 2.

Pico 4 fühlte sich wie eine Antwort auf Metas aktuelle VR-Brillen an, aber es fehlt bis heute eine umfassende Pico-App-Bibliothek sowie die globale Markteinführung, um mehr Entwickler:innen anzuziehen.

Sonys PSVR 2 erhielt hervorragende Kritiken, sowohl für die Hardware als auch für die Spiele. Trotz individueller Beschwerden über Komfort oder Bewegungsunschärfe ist die VR-Brille die beste Option für Konsolenspieler:innen. Der Fokus auf Zugänglichkeit und spezifische Details (etwa das angesprochene Eye-Tracking in Verbindung mit Foveated Rendering) hat sich hier ausgezahlt.

Bigscreen VR möchte die ultimative PC-VR-Lösung für seine Streaming-Software Bigscreen Beta entwickeln und hat eine bemerkenswert kleine, leichte VR-Brille mit ultrahochauflösenden Display entworfen. Das einzigartige, maßgeschneiderte Design könnte Bigscreen Beyond auch in puncto Komfort an die Spitze bringen.

Dieser exakte Fokus auf den Einsatzbereich und die Bedürfnisse der Nutzenden sollte das Ziel eines jeden Herstellers sein. Kenne deine Zielgruppe genau und entwickle für sie.

Welche kommenden VR-Brillen werden überzeugen?

Pimax bringt gleich zwei neue VR-Brillen auf den Markt gebracht. Die Pimax Crystal will mit einer Standalone-Option und hohen Spezifikationen an die Spitze - leidet aber neben der Unzuverlässigkeit des Herstellers unter anderem an vergleichsweise hohem Gewicht.

Pimax Portal verfolgt einen anderen Ansatz als preisgünstiges, hybrides Handheld mit einem VR-Modus. Aber wie viele Spiele werden in jedem Formfaktor funktionieren?

Pimax announces new details about the high-end Pimax Crystal mobile VR headset. The originally announced version is improved and the price is reduced.

Die mobile High-End VR Brille Pimax Crystal. | Bild: Pimax

Lynx R1 fokussiert sich hingegen voll auf Mixed Reality. Dank des hochklappbaren Visiers kann ich das Headset jederzeit auf dem Kopf behalten. Hand-Tracking als Standardeingabemethode ist eine mutige Entscheidung, aber wird die XR-Brille auch genug Apps bieten, um den Kauf zu rechtfertigen?

Die wichtigste Entwicklung für VR könnte Apples XR-Brille in diesem Jahr sein. Mehr als viele andere Hersteller versteht Apple, wie wichtig es ist, sich einerseits auf die Hardware zu fokussieren, sie aber andererseits auch mit einem robusten Ökosystem zu unterstützen.

Das Apple-Headset wird wahrscheinlich ein auf die Funktionen direkt zugeschnittenes, eigenes Betriebssystem mitbringen. Es wird sicherlich einige beeindruckende Apps im XR App Store haben. Und die VR-Brille wird – das zeigt die Erfahrung mit anderer Apple-Hardware – nahtlos mit anderen Apple-Geräten zusammenarbeiten.

Apple-Reporter Mark Gurman ist sich dennoch sicher: 2023 wird das Jahr der Apple Reality sein. | Bild: Midjourney, initiiert von MIXED

Ein fokussierter Ansatz mit solider Unterstützung für Hardware-Funktionen, genügend Spiele und Apps, um den Kauf zu rechtfertigen und ein modulares Design für zusätzliche Flexibilität und Komfort ist die Formel für den Erfolg einer VR-Brille.

Die nächste Generation von VR-Brillen sollte so viele dieser Kriterien wie möglich erfüllen, um auf dem zunehmend überfüllten Markt für hochwertige VR-Brillen erfolgreich zu sein.

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