Vive XR Elite ausprobiert: Erstmals echt Elite - aber für wen?

Vive XR Elite ausprobiert: Erstmals echt Elite - aber für wen?

Was die XR-Brille Vive XR Elite sein soll, ist sie nicht. Warum das eine gute Nachricht ist, erkläre ich im Bericht.

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Meine Geschichte mit HTC ist die einer alten, innigen Liebe, in der sich die Liebenden über die Jahre auseinandergelebt haben. Die HTC Vive hat einen besonderen Platz in meinem Herzen – sie hat mich in die Virtual Reality eingeführt und davon überzeugt, dass VR eine Zukunft hat.

Doch dann ging HTC andere Wege, mehr in Richtung Business, versuchte sich an Pro-Versionen, die mich immer weniger überzeugten, oder einer Cosmos-Plattform, die sie auch direkt ins Weltall hätten schießen können. Vive Flow hat mich hauptsächlich genervt.

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Nun startet HTC mit der Vive XR Elite neu durch und will damit wieder in den Consumer-Markt einsteigen. Ich habe die XR-Brille ausprobiert und würde eher sagen: Das wird wohl nichts.

Aber: Das ist auch sehr gut so. Lasst mich diesen scheinbaren Widerspruch auflösen.

Disclaimer: Alles, was jetzt folgt, ist ein Eindruck, der sich aus rund 30 Minuten Anspielzeit ergibt. Für ein abschließendes Urteil muss dieser Eindruck durch einen ausführlichen Test verifiziert werden.

HTC Vive XR Elite: Datenblatt

Die Spezifikationen der Vive XR Elite sind schon eine Weile bekannt. Ihr könnt sie im verlinkten Artikel sowie im folgenden Datenblatt nachlesen.

HTC Vive XR Elite: Leicht, komfortabel und modular

„Wow, ist dieses Headset klein! Und so leicht!“ Meine ersten Gedanken, als ich die Vive XR Elite erstmals in die Hand nehme, drehen sich um den Formfaktor. Ich erinnere mich noch gut an das Gewicht des Quest Pro, das sich im (Muskelgedächtnis-)Vergleich plötzlich wie ein Ziegelstein anfühlt.

Auch auf dem Kopf ist der Unterschied zu herkömmlichen VR-Brillen deutlich zu spüren - sie fühlt sich sogar leichter an als die Pico 4, obwohl sie auf dem Papier mit rund 600 Gramm in der gleichen Gewichtsklasse liegt. Bei der Vive XR Elite ist allerdings der hintere Teil mit dem Akku schwerer: Nehme ich den Akku ab und setze spezielle Brillenbügel auf, wiegt die Brille nur noch rund 270 Gramm.

HTC Vive XR Elite von oben gesehen.

Klein, schmal, leicht, modular: Vive XR Elite. | Bild: HTC

Der Anpressdruck auf das Gesicht bleibt erhalten, da es kein Kopfband gibt, das über meinen Schädel führt. Die XR-Brille muss fest sitzen und das erreiche ich nur durch Anpressdruck. Wie sich das auf Dauer auswirkt, muss ich noch testen. Während meiner Anspielzeit ist das jedoch kein Problem: Die Vive XR Elite ist mindestens für kürzere und mittlere Nutzungszeiten sehr komfortabel.

Die bereits angesprochene Modularität finde ich großartig: Der Akku kann per Hot-Swap-Mechanismus im Betrieb ausgetauscht werden. Ich kann auch den kompletten hinteren Teil abnehmen, Brillenbügel anbringen und den „Rest“ der XR-Brille an einen Zuspieler anschließen, etwa einen Laptop.

Die mitgelieferten Brillenbügel fand ich allerdings nicht bequem: Sie klemmen zu sehr am Kopf, die Kontaktflächen sind bei mir zu klein und dadurch unangenehm. Das hängt natürlich von der Kopfform ab, aber HTC hat offensichtlich mit deutlich kleineren Schädeln gerechnet. Immerhin lassen sich dafür Lösungen finden, etwa über Dritthersteller oder einen 3D-Drucker.

Auch die Gesichtsmaske ist leicht austauschbar. Möglicherweise wird es hier Varianten geben, die den Anpressdruck noch weiter verringern.

Brillenlos unter der Brille, scharfes Bild, sauberes Tracking

HTC übernimmt bei der Vive XR Elite die für mich größte Stärke der Vive Flow: An jeder Linse befindet sich ein Dioptrienrad, an dem ich meine Sehschärfe einstelle. Schon kann ich die XR-Brille ohne Nasenfahrrad tragen. Das funktioniert super.

Die Pancake-Linsen liefern ein gutes und scharfes Bild, der Sweetspot erscheint ausreichend groß, die Klarheit zu den Seiten (Edge-to-edge-Clarity) ist ebenfalls gut. Warum nur gut? Weil mir für eine genauere Betrachtung Zeit und Apps fehlen, um Vergleiche für eine exakte Bewertung anstellen zu können.

Schwebende HTC Vive XR Elite, von hinten, mit Blick auf die Linsen und Dioptrien-Einstellnung.

Die Pancake-Linsen liefern ein gutes Bild, Sehschärfeeinstellung per Einstellrad ist eingebaut. | Bild: HTC

Im aufgeräumten HTC-Menü (man muss nicht stumpf von Meta klauen, ByteDance!) habe ich anfangs den Eindruck, dass die Display-Konstruktion leichte Spiegelungen oder Ghosting zeigt. Wenn dem so ist, ist dieser Effekt aber weit entfernt vom Ghosting der Pico 4. In einem ausführlichen Test muss das noch überprüft werden. Fakt ist: Nach wenigen Minuten vergesse oder sehe ich das nicht mehr – Thema erst einmal durch.

Farben und Helligkeit erscheinen mir im (Erinnerungs-)Vergleich zur Quest Pro etwas schwächer, was aber auch daran liegen kann, dass ich in einem eher gemütlich beleuchteten Raum und meistens im Mixed-Reality-Modus spiele.

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Das Tracking der Focus-3-Controller ist über jeden Zweifel erhaben. Ich kann keine Aussetzer feststellen. Überraschung: Auch das Handtracking in einer XR-App überzeugt auf den ersten Blick.

Ist die Vive XR Elite das beste aktuelle Mixed-Reality-Headset?

Damit komme ich zur AR-Durchsicht. Eine einzelne RGB-Kamera bringt das Umgebungsbild ins Headset – also 2D-Sicht. Keine Chance gegen Quest Pro, oder?

Überraschenderweise überzeugt das Passthrough. Im Gegensatz zu Quest Pro muss keine Farbe über ein monoskopisches Bild gelegt werden: Die Durchsicht zeigt den physischen Raum farblich korrekt an. Auch Verzerrungen sind kaum vorhanden – erst wenn ich mit der Hand oder anderen Gegenständen etwa handbreit vor die Linse komme, verzerrt sich das Bild: Hand und Gegenstände werden riesig.

Schwebende HTC Vive XR Elite im

Die AR-Durchsicht wird durch die einzelne RGB-Kamera in der Mitte der Front möglich. | Bild: HTC

Dennoch habe ich den Eindruck, dass es deutlich weniger Verzerrungen gibt als selbst bei der Quest Pro. Einen an Übelkeit grenzenden Fischaugeneffekt wie bei der Pico 4 nehme ich überhaupt nicht wahr. Stattdessen ist das Bild scharf und deutlich klarer als bei der Quest Pro: Ich kann mein Smartphone und meine Smartwatch (in gewissem Abstand) problemlos ablesen. Entwickler:innen werden das lieben.

Bleibt aber noch das Problem der mangelnden Tiefenkorrektheit. Der Tiefensensor ist in meiner Testsession nicht aktiv. Ich bin gespannt, ob es einen Unterschied macht, wenn er in den nächsten Wochen über Software-Updates eingeschaltet wird. Ohne tiefenkorrekte Darstellung greife ich nämlich ständig daneben.

Mixed-Reality-Anwendungen funktionieren trotzdem gut. Ich probiere verschiedene Spiele aus, etwa einen Bullet-Hell-Raumschiff-Shooter. Oder ich tippe in einem Geschicklichkeitsspiel schnell unterschiedliche Flächen an. Hier muss ich allerdings die Flächen teilweise recht nachdrücklich mit der Controller-Hand berühren, damit es zählt.

Alle Mixed-Reality-Anwendungen, die im freien Raum und ohne physische Ankerpunkte funktionieren, sind mit der Vive XR Elite kein Problem. Alle anderen benötigen manuelle Markierungen, wie bei der Quest Pro, die auch keine Objekte im physischen Raum automatisch erkennt. Allerdings frage ich mich, wie sich die fehlende Tiefenkorrektheit auf markierte Objekte wie Wände oder Möbel auswirkt. Wahrscheinlich wird der Tiefensensor für eine deckungsgleiche Darstellung benötigt – aber das müssen wir abwarten.

Vive XR Elite: Endlich ein echtes Elite-Headset von HTC

Ich bin mir sicher: Die Vive XR Elite ist das beste Headset, das HTC in den vergangenen vier Jahren gebaut hat.

Aber das, was es sein soll, nämlich ein VR-Headset für den Konsumentenmarkt, ist es nicht. Ich habe HTC gefragt, warum sie mit einem Preis von satten 1.400 Euro auf den B2C-Markt zielen. Antwort: Wir haben in den letzten Jahren primär B2B-Headsets gemacht, jetzt war die Zeit reif für B2C.

Es ist witzig und passt perfekt zu HTCs eigenwilligem Marketing, dass sie mit dieser XR-Brille gerade nicht die anvisierten Konsument:innen abholen werden, sondern stattdessen ein hervorragendes Headset für Business-Anwendungen geschaffen haben. Warum ist das so?

Für B2B ist es perfekt, weil

  • es modular ist,
  • in eine Aktentasche passt,
  • das vielleicht beste aktuelle MR-Bild hat (wenn auch nicht tiefenkorrekt),
  • ein gutes Bild liefert,
  • superleicht ist und
  • einen viel besseren Ruf bezüglich Datensicherheit und Business-Support hat als Meta und Bytedance.

Es ist nicht für B2C geeignet, weil

  • es dafür viel zu teuer ist,
  • weil HTC mit dem Quest Store nicht mithalten kann,
  • weil mit Quest 3 eine schwer zu schlagende Konkurrenz vor der Tür steht
  • und weil für passionierte Spieler:innen und enttäuschte PC-VR-Freund:innen die Playstation VR 2 wahrscheinlich die wichtigste VR-Spieleplattform der nächsten Jahre wird.

HTC scheint mit der Vive XR Elite ein Ass im Ärmel zu haben, das sie im Business-Markt für VR und XR weit vor die Konkurrenz katapultieren kann. Wenn sie konzentriert die Software verbessern, den Tiefensensor geschickt für Tiefenkorrektheit nutzen und die Vive XR Elite wie die Focus 3 für MGM-Systeme wie Microsoft Intune verfügbar machen, dann sehe ich auf die Vive-Business-Unit noch viel bessere Zeiten zukommen, als bisher schon.

Vive XR Elite bestellen

Alle Infos zur Vive XR Elite findet ihr im verlinkten Artikel.