Half-Life: Alyx im Test - So muss Virtual Reality
02.09.2021
- Fazite um Oculus Quest 2 und Vive Pro 2 erweitert
- allgemeine Anpassungen und Aktualisierungen
Wir haben Half-Life: Alyx mit Oculus Quest (2) + Link, Valve Index, Rift S, Vive und Vive Pro 2 getestet. VR-Meilenstein oder glorifizierte Tech-Demo?
Half-Life hat früher die Gaming-Welt revolutioniert, sei es durch die Gravity Gun oder weil es die Grundlage für kompetitive Multiplayer-Shooter wie Counter Strike, ursprünglich eine Mod zu Half-Life, gelegt hat. Das war für normales Monitor-Gaming. Mit Half-Life: Alyx wechselt Valve in ein junges und nischiges Medium: Kann der neue Half-Life-Ableger trotz oder gerade wegen Virtual Reality neue Maßstäbe setzen?
Half-Life: Alyx ist mit allen verfügbaren VR-Brillen kompatibel. Es ist allerdings auf Valves eigene Hardware, die Valve Index und hier vor allem die Index Controller, zugeschnitten. Wir haben diesen Test neben der Index in erster Linie mit Oculus Quest (2) und Oculus Link, sowohl mit offiziellem und inoffiziellem Kabel, durchgeführt. Außerdem sagen wir euch, wie sich Alyx auf Oculus Rift S, der guten alten HTC Vive sowie der Vive Pro 2 spielt.
Hinweis: Der erste Test-Teil geht auf das Spiel selbst und die Mechaniken ein, danach folgen Tests mit den einzelnen VR-Brillen und Konfigurationen.
Inhalt
Spannende Story mit pointiertem Humor
Wir wollen nicht spoilern, also zur Story nur das Nötigste: Die Handlung spielt vor Half-Life 2. Die außerirdische Combine hat die Vorherrschaft über die Erde gefestigt und einen Überwachungsstaat etabliert. Nur der Widerstand, bestehend aus Menschen und der ebenfalls unterjochten Alienrasse Vortigaunt, lehnt sich gegen die Besatzer auf.
In Half-Life: Alyx schlüpft der Spieler in die Rolle von Alyx Vance, Tochter des Physikers Eli Vance. Eli wird zu Beginn von Combine-Soldaten festgenommen und Alyx will ihn retten. Der exzentrische Bastler Russel kommt ihr zu Hilfe und versorgt sie mit einer Waffe und Gravity Gloves, auch „Russells“ genannt. Damit lassen sich Gegenstände auch auf Entfernung heranziehen.
Russel leitet Alyx über Funk durch City 17, unter anderem durch die verseuchte und hochgefährliche Quarantäne-Zone. Die Gespräche zwischen den beiden sind hervorragend vertont, allerdings leider nur auf Englisch. Zwar gibt es deutsche Untertitel, je nach persönlichen Englisch-Kenntnissen kann es aber nerven, ständig mitlesen zu müssen.
Die Story ist nicht spektakulär oder neu, füllt aber stringent und nicht selten dramatisch die Lücke zwischen Half-Life und Half-Life 2. Der pointierte Humor in den Funkgesprächen zwischen Russel und Alyx lockert die intensive Atmosphäre immer wieder auf. Anspielungen und Anekdoten rund um die Handlung des ersten Teils holen zudem Fans der Reihe ab. Wer ohne Vorwissen ins Spiel geht, kann einige Gespräche vielleicht nicht ganz nachvollziehen. Es empfiehlt sich deshalb, vorher eine Zusammenfassung der bisherigen Half-Life-Spiele zu lesen.
City 17: Eine verschwenderisch detaillierte Kulisse
Eine gute Geschichte ist wichtig, zumal es in VR nicht allzu viele gibt. Half-Life: Alyx räumt allerdings auf zwei anderen Ebenen mit der gesamten Konkurrenz auf: World-Building und natürliche Interaktion.
Von Beginn an überzeugen Umgebungen und Levels durch geradezu verschwenderischen Detailgrad. In den Außenlevels wird der Spieler mit fantastischen Ausblicken über Teile von City 17 belohnt. Häuser, Ruinen, das über der Stadt schwebende Security-Hub der Combine-Besatzer, patrouillierende Soldaten, verängstigt durch die Stadt huschende Bürger: Die Stadt lebt!
Stadtpanoramen gehen in düstere, von Alien-Flora überwucherte Flure über. Hektisch-panische Momente, in denen ich mich der jeweiligen Bedrohung stellen muss, wechseln mit cleveren 3D-Puzzles ab, etwa der Entschärfung eines minengespickten Lagerraums.
Horror ohne Terror
Das unangenehme Geräusch, wenn eine Heilstation den Alienwurm zerquetscht, Knarzen von Holzdielen, klickende und schnatternde Rufe der Headcrabs und Zombies bis hin zu simplen Geräuschen wie dem beiläufigen Klopfen des Pistolenlaufs an Tür oder Fenster – all das sorgt für eine dichte Atmosphäre. Insbesondere die letzten beiden der insgesamt elf Kapitel muss man gesehen und erlebt haben.
Trotz der gruseligen, teils beängstigenden Situationen, etwa wenn ich mich im Licht einer Taschenlampe durch eine stockdunkle Fabrikhalle tasten muss, hat Valve es nicht übertrieben: Zwar erschrecke ich mich, wenn Headcrabs aus Lüftungsschächten oder Klos poltern, ich sehe die Bedrohung aber bei einigermaßen vorsichtiger Spielweise kommen. So bleibt der Horror gefühlt beherrschbar.
VR-Interaktion auf ganz neuem Level
Die gelungene Atmosphäre wird durch eine auf Hochglanz polierte und nahezu perfekt durchdachte Interaktivität ergänzt: Nahezu alles kann angefasst, aufgehoben, gedreht, betrachtet und benutzt werden. Vom Filzstift, mit dem ich auf ein Fenster male, über Flaschen mit lesbarem Etikett, verstellbaren Antennen auf Dächern bis hin zu mit Zeigefinger oder Waffe bedienbaren Knöpfen von Aufzügen oder Maschinen – in Half-Life: Alyx ist (fast) alles interaktiv.
Aber hohe Interaktivität gab es doch auch schon in anderen Spielen? Durchaus, nur selten so intuitiv und realistisch. Gezielt eine Polymer-Ressource (wird für Waffen-Upgrades benötigt) aus einem engen Fach einer Weinkiste klauben? Funktioniert perfekt. Regale mit einem Wisch leerräumen? Fühlt sich gut an. Eine Fensterscheibe zerschlagen und dann mit der Waffe die Splitter aus dem Rahmen drücken, damit sich Alyx beim Durchklettern nicht verletzt? Filmreif umgesetzt!
Die perfektionierte Bedienung zeigt sich auch an den jeweiligen Levelgrenzen: Meine virtuellen Hände legen sich exakt auf die rauen Wände eines düsteren Wartungstunnels oder um die Ecke eines Türpfostens, wenn ich vorsichtig um die Ecke lugen will. Schubladen zu- oder Türen aufschieben, ohne zugreifen zu müssen? Sowohl mit Handfläche, Handrücken oder Waffe möglich.
Half-Life: Alyx – intuitiv und natürlich
Genau in diesem Realismus liegt die besondere Stärke von Half-Life: Alyx. Interaktion fühlt sich so richtig an, dass ich oft den Controller in meiner Hand vergesse. Ich greife mir eine Kiste und kippe sie mit natürlichen Bewegungen aus, schiebe mit dem Zeigefinger Dosen, Stifte und anderes Zeug auseinander, um die Schrotpatronen freizulegen und sie dann mit einer ebenso realistischen Greifbewegung einzusammeln.
Valve hat die Bewegungsabläufe so authentisch gestaltet, wie wenig andere VR-Spiele zuvor. Dazu gehört das Auswerfen des Magazins aus der Pistole per Knopfdruck, der Griff über die Schulter, um ein frisches Magazin zu greifen und es in einer fließenden Bewegung in den Griff der Waffe zu laden. Kurz am Schlitten ziehen und weiter feuern.
Das Waffen-Handling ist eine Klasse für sich. Die Waffen zittern nicht, sind perfekt an die Controller angepasst und reagieren in meinen virtuellen Händen auf Kollision. Ich kann damit herumfliegende Gegenstände abwehren oder ablenken, halb offene Schubladen aufziehen, Gegenstände auf einem Schreibtisch herumschieben und ganz cool Buttons drücken.
Mental und physisch fordernd
Vom Stress einer Kampfsituation gegen Headcrabs oder Combine-Soldaten befreien mich gut durchdachte Gameplay-Mechaniken nicht. Im Gegenteil: Das Muskelgedächtnis muss auf die neuen Bewegungsabläufe trainiert werden. Ich klicke nicht schnöde mit der Maus oder hämmere auf eine Taste. Stattdessen muss ein fließender Nachlade-Ablauf einstudiert werden, damit ich nicht etwa vergesse, das leere Magazin auszuwerfen, bevor ich ein neues einführen will.
Springen dabei Headcrabs um mich herum, muss ich gleichzeitig durch Schritte zur Seite oder Ducken ausweichen. Half-Life: Alyx ist nicht nur mental fordernd, auch physisch stehe ich unter Anspannung und muss mich – je nach verfügbarer Spielfläche – viel bewegen.
Mal bücke ich mich nach einem Magazin, mal entferne ich ein Brett auf Kopfhöhe und werfe es neben mich, dann wieder gehe ich hinter einem Fass in Deckung. Oder ich suche einen mit Rohren, Schrott und alten Möbeln vollgestopften Kellerraum nach Headcrabs und Kletten (engl. Barnacles) an der Decke ab, die unachtsame Passanten an ihren herabhängenden Zungen in den Tod ziehen.
Der heimliche Star: Die Gravity Gloves
Das innovativste Element in Half-Life: Alyx ist ein inhaltliches: Die Gravity Gloves sind Handschuhe, mit denen ich Gegenstände über größere Distanzen an mich heranziehe. Mit der Hand visiere ich das Ziel an, bis es leicht orange aufleuchtet, greife zu und durch einen Ruck fliegt der Gegenstand zu mir. Ich muss ihn nur noch rechtzeitig aus der Luft greifen.
Das ist besonders nützlich, um an Polymere oder Magazine an schwer erreichbaren Stellen zu kommen. Oder wenn ich einem Combine-Soldaten eine Granate vom Munitionsgürtel reiße und sie ihm scharf gemacht direkt wieder zurückwerfe.
Beinahe VR-Perfektion – aber doch nicht ganz ohne Macken
Nach vier oder fünf Stunden Half-Life: Alyx am Stück fühle ich mich ausgepowert. Dieses VR-Spiel ist intensiv, adrenalingeladen, gruselig, spannend und anstrengend zugleich. Das ist virtuelle Realität.
Die technische Umsetzung hat großen Anteil an dieser Intensität: Sehr gute NPCs und Monster, grafisch hochanspruchsvolles Leveldesign, saubere Interaktionen und Animationen sowie viele Komforteinstellungen für VR-Fortbewegung überzeugen mich. „Blink“-Teleportation (kurzer schwarzer Bildschirm beim Teleport), „Shift“-Teleportation (stark verkürzte Laufanimation), flüssige Fortbewegung, Snap-Turning und viele Optionen mehr lassen auch Spieler mit empfindlichen Mägen ein bekömmliches Bewegungsmuster finden.
Hat Half-Life: Alyx gar keine Schwachstellen? Neben fehlender deutscher Vertonung fehlte mir vor allem eine valide Nahkampfoption. Wenn ich mal wieder panisch das Nachladen vergeige, würde ich gern alternativ dem Zombie mit der Faust heimleuchten. Explosionen, etwa von Granaten, hätten etwas mehr „grafischen Wumms“ vertragen können – sie wirken vergleichsweise lasch. Selten gibt es Grafik- und Animationsfehler, beispielsweise lassen sich die Medizinspritzen durch die Hand stecken – einer der wenigen Schnitzer der sonst feinen Kollisionsabfrage.
Half-Life: Alyx Test mit Oculus Quest (2) und Oculus Link
Oculus Link mit offiziellem Kabel
Autor: Benjamin Danneberg
System: i7-4770K, GTX 1080 Ti, 32 GB RAM
Kabel: Offizielles Oculus Link-Kabel
Spielfläche: 2,5m x 2,2m
Oculus Quest
Ich habe Half-Life: Alyx mit der Oculus Quest (Test) und Oculus Link (alle Infos) gespielt. Eine Schnellanleitung für den Start von Half-Life: Alyx mit der Quest findet ihr im verlinkten Artikel. Mit dem offiziellen Hochleistungsglasfaserkabel hatte ich über die komplette Spielzeit keine Probleme. Besonders erstaunlich: Das Tracking funktioniert durchgehend präzise. Kein Zittern, keine Ungenauigkeiten, kein Nachziehen, kein Input-Lag. Half-Life: Alyx mit Quest und Link spielt sich wie mit einer nativen PC-VR-Brille.
Auch Sessions von bis zu fünf Stunden am Stück liefen butterweich. Die Grafikeinstellungen stehen bei mir allerdings „nur“ auf „Hoch“, auf „Ultrahoch“ ruckelt es dann doch. In puncto Grafikpracht habe ich nichts vermisst, obwohl ein größeres Sichtfeld durchaus wünschenswert wäre. Super: Durch das OLED-Display ist Schwarz auch wirklich Schwarz und die vielen dunklen Levelabschnitte können ihre Grusel-Wirkung voll entfalten. Motion Sickness verspürte ich trotz flüssiger Bewegung mit Shift-Teleportation nie, allerdings bin ich auch recht geübt in VR-Spielen.
Manchmal machte der Griff über die rechte Schulter Probleme, wenn ich nachladen wollte. Mehrfach griff ich dabei ins Leere. Ob das am Tracking lag oder am softwareseitigen Verhältnis von Blickrichtung und Controller-Position, kann ich allerdings nicht sagen. Das Phänomen trat in 19 Stunden Spielzeit selten genug auf, um nicht weiter zu stören. Außerdem fiel mir auf, dass der virtuelle Boden ab und zu nicht exakt mit dem tatsächlichen Fußboden übereinstimmte. In der Regel ließen sich aber trotzdem Gegenstände aufheben, zur Not mit den Gravity Gloves.
Der größte Nachteil der Oculus Quest ist der mangelnde Komfort. Nach längerer Zeit beginnt die VR-Brille stark im Gesicht zu drücken und ab und an musste ich deshalb für Entlastung von Wangenknochen und Stirn sorgen.
Hinweis: Die Oculus Quest wurde eingestellt.
Oculus Quest 2
Mit der Oculus Quest 2 (Test) und Link-Kabel ist Half-Life: Alyx noch eindrucksvoller. Die bereits genannten Vorteile der Quest gelten hier auch, zusätzlich gibt es eine höhere Auflösung und deutlich besseren Tragekomfort. Es dauert viel länger, bis sich die Quest 2 unangenehm bemerkbar macht. Außerdem habe ich den Eindruck, dass das Tracking noch einen Tick stabiler geworden ist. Etwas schlechter kommen dunkle Bereiche im Spiel zur Geltung, was durch den Wechsel zu einem LC-Display bedingt ist.
Davon abgesehen ist mit Half-Life: Alyx für mich der Beweis erbracht, dass es keine VR-Brille mit einem besseren Preis-Leistungs-Verhältnis gibt. Der Wechsel zwischen autarkem Headset und voll funktionstüchtiger PC-VR-Brille ist ein Argument, das andere VR-Brillen immer noch nicht schlagen können.
- MIXED.de ohne Werbebanner
- Zugriff auf mehr als 9.000 Artikel
- Kündigung jederzeit online möglich
Für Half-Life: Alyx ist sie bestens geeignet, nicht zuletzt auch deshalb, weil die Touch Controller wunderbar mit dem Spiel harmonieren. Wer zudem Oculus Quest-2-Zubehör wie AMVR-Griffschutz und Handstraps besitzt, muss die Controller nicht dauernd festhalten und kann diese VR-Erfahrung damit noch einmal deutlich verbessern.
Alle Informationen zur Meta Quest 2 findet ihr in im verlinkten Test.
Oculus Link mit inoffiziellem Kabel
Autor: Josef Erl
System: Ryzen 7 3800 X, RTX 2070S, 16 GB RAM
Kabel: ANKER Powerline-Kabel (USB-C zu USB 3.0, 3 Meter lang)
Spielfläche: 2,5 m × 3 m
Im ersten Spieldrittel kam es zwei, drei Mal zu starken Rucklern. Während des Treffens mit Russel beispielsweise, begann das Bild so stark zu zittern, dass ich beinahe aufgehört hätte. Später im Spiel kam es nochmal fast zum Crash. Kurzes Bildzittern begegnete mir öfter in einer Stärke zwischen sehr leicht und kaum wahrnehmbar. Nachdem ich die Leistungseinstellungen auf „Ultrahoch“ stellte, stabilisierte sich die Performance merkwürdigerweise deutlich.
Bei Interaktionen mit den Touch-Controllern gab es kaum Ungenauigkeiten. Lagen zwei Objekte mal in einem ungünstigen Winkel zueinander, hatte ich Probleme, den richtigen Gegenstand anzuvisieren. Nach etwas Übung sitzen die Bewegungsabläufe mit den „Russells“ aber perfekt und gehen geschmeidig von der Hand. Das müssen sie auch, denn besonders der Nachladevorgang dauert eine Weile. In hektischen Gefechten mit mehreren Gegnern muss jeder Handgriff sitzen.
Fazit zum Spiel: Half-Life: Alyx schickt mich in eine Welt, die ich nicht so schnell vergessen werde. Die Balance zwischen physikalischen Rätseln, ruhigen Passagen mit Gruseleinlagen und gehöriger Action ist nahezu perfekt. Die dichte Atmosphäre zieht mich schon während des Einstiegs in ihren Bann, wenn mir von Alyx' Balkon die volle Pracht dieser gleichzeitig deprimierenden und faszinierenden Stadt zu Füßen liegt. Dort oben verjage ich noch Tauben mit Cola-Dosen. Später schieße ich mir Headcrabs aus dem Gesicht und halte Zombies in beklemmend engen Korridoren auf Abstand. Eine spannende Story und perfekt dosierter Humor – allen voran der grandiose Russel – machen Half Life: Alyx endgültig zum VR-Blockbuster.
Zu inoffiziellen Kabellösungen und ihren Risiken lest auch unseren Oculus Link Info-Guide.
Letzte Aktualisierung am 2024-12-22 / Affiliate Links / Bilder von der Amazon Product Advertising API / Preis inkl. MwSt., zzgl. Versandkosten
Half-Life: Alyx Test mit Valve Index
Autor: Maximilian Schreiner
System: i7 6700K, GTX 1080, 16 GB RAM
Spielfläche: 2m x 2m
Die detailreiche Welt von Half-Life: Alyx wirkt mit Index viel stärker als mit einem Headset wie der Vive und es macht Spaß, die Details zu erkunden. Das leicht erhöhte Sichtfeld lässt mich zudem stärker eintauchen. Die Bildqualität ist klar und bietet realistische Farbe mit guten Kontrasten.
Schon die ersten Sekunden des Spiels machen deutlich, warum Valve so viel Wert auf die Lautsprecherlösung der Index gelegt hat: Das Intro dröhnt bassig und beeindruckend, das Combine-Gunship rauscht donnernd über mich hinweg. Wer nicht auf der Index spielt, sollte gute Kopfhörer nutzen – bei diesem absolut großartigen Sounddesign ein Muss. Streichhölzer, Pillendosen, Health-Würmer – alles macht Geräusche und Immersion durch Sound ist ein wichtiger Faktor in Half-Life: Alyx.
Eine weitere Erkenntnis für mich: Ich habe meine bisher intensivsten VR-Sessions am Stück (etwa 7 Stunden an einem Tag, in drei Abschnitten von etwas über 2 Stunden) in City 17 verbracht. Dabei fällt besonders auf, wie bequem eine gut eingestellte Index auf dem Kopf sitzt.
Ein weiterer Vorteil sind die Index-Controller: Sie tracken beispielsweise, wie fest ich zudrücke. So kann ich etwa herumliegende Getränkedosen zerquetschen oder Xen-Granaten durch Druck scharf machen. Gegenstände greifen und werfen funktioniert dank Straps und Fingersensoren intuitiv und macht den Umgang mit manchen Puzzles sowie den Granaten leicht. Beispielsweise fühlt es sich ganz natürlich an, eine Xen-Granate aus ihrem Host zu schnappen. Die Index-Controller kommen sich außerdem beim Nachladen der Waffen nicht gegenseitig in die Quere.
Fazit zum Spiel: Valve gibt sich bei den VR-Spielmechaniken zwar recht konservativ, legt aber ein derart gut aussehendes, klingendes und toll erzähltes Half-Life-Spiel mit Gänsehaut-Ende hin, dass Alyx für mich klar die VR-Krone bekommt. Half-Life: Alyx ist ein Pflichttitel für jeden VR-Spieler und jeden Half-Life-Fan.
Half-Life: Alyx Test mit Oculus Rift S
Autor: Tomislav Bezmalinovic
System: Ryzen 5 3600, GTX 1080 Ti, 16 GB RAM
Spielfläche: 1,5m x 1,5m
Half-Life: Alyx spielt sich einwandfrei mit Oculus Rift S. Das LC-Display zeigt ein scharfes und schönes Bild, das Tracking ist solide und die Kopfhalterung ist bequem genug, dass ich auch ein oder zwei Stunden am Stück spielen kann, ohne dass die VR-Brille drückt.
Die nach oben gerichteten Trackingringe der Touch-Controller können beim Nachladen der Pistole stören, wenn ich den Schlitten zu weit vorn greife. Oculus Touch bietet anders als die Index-Controller kein vollständiges Fingertracking. Beim Werfen der Granaten hätte ich mir gewünscht, die Hände öffnen zu können (Oculus Touch bietet nur über Zubehör Handstraps). Die Controller liegen ansonsten gut in der Hand und lassen die zahlreichen Handinteraktionen relativ natürlich erscheinen.
Etwas unglücklich belegt ist die Taste für den Waffenwechsel. Hierfür muss ich den rechten Analogstick drücken. Da kann es im Eifer des Gefechts passieren, dass ich mich unabsichtlich drehe.
Half-Life: Alyx ist hervorragend optimiert. Auf meinem System läuft es in den meisten Szenen – sogar mit einer Supersampling-Rate von 1.5 oder höher – absolut flüssig. Durch das Renderverfahren wirkt das Bild eine ganze Ecke weicher und harmonischer und die Welt noch lebensechter. Oculus Rift S hat wie die meisten neueren VR-Brillen ein LC-Display verbaut, weshalb die Schwarzwerte schlechter als bei Original-Rift, HTC Vive Pro oder Oculus Quest sind. So verlieren die vielen dunklen Szenen in Half-Life: Alyx etwas Atmosphäre.
Da Oculus Rift S eine geringere Auflösung und Bildwiederholrate bietet als VR-Brillen wie Valve Index und HTC Vive Cosmos (Infos), fallen die VR-Systemanforderungen moderater aus. Wer auch klanglich voll in die Virtual Reality eintauchen will, muss Kopfhörer anschließen. Die integrierten Lautsprecher der Oculus Rift S sind dafür einfach zu schwach.
Fazit zum Spiel: Half-Life: Alyx ist der vorläufige Höhepunkt aus vier Jahren VR-Spielentwicklung. Valve erfindet den VR-Shooter nicht neu, aber schlägt fast alle bisherigen VR-Spiele locker. Half-Life: Alyx ist ein nahezu perfektes VR-Spiel geworden, das sich wunderschön spielt – was viel heißt an diesem vergleichsweise frühen Punkt in der Entwicklung des Mediums.
Erstaunlich ist, dass der Titel kaum Spielmechaniken bietet, die man nicht schon in anderen VR-Spielen in ähnlicher Form gesehen hat. Half-Life: Alyx ist ein eindrucksvolles Resümee, aber kein Fingerzeig in die Zukunft des VR-Spielemediums. In den nächsten Jahren wird sich zeigen, ob die Formsprache des VR-Shooters schon gereift ist oder noch Überraschungen bereithält.
Half-Life: Alyx Test mit HTC Vive und Vive Pro 2
Autor: Benjamin Danneberg
System: i7-4770K, GTX 1080 Ti, 32 GB RAM
Zubehör: Deluxe Audio Strap (Test)
Spielfläche: 2,5m x 2,2m
HTC Vive
Das SteamVR-Tracking ist über alle Zweifel erhaben und funktioniert perfekt. Die Bildqualität hat im Vergleich zur Quest ein deutliches Fliegengitter und ist weniger scharf. Man gewöhnt sich allerdings aufgrund der tollen Spielpräsentation daran. Der Sound über die Ohrhörer des bequemen Deluxe Audio Straps ist hervorragend.
Größtes Manko sind die Vive-Controller – und das gilt damit auch für alle anderen HTC-VR-Brillen, die diese Controller verwenden, etwa Vive Cosmos Elite (Testberichte). Sie sind klobig und kommen sich ständig in die Quere, beispielsweise beim Nachladen. Außerdem gibt es kein Zubehör, um die Vive Controller an den Händen zu befestigen – ich muss sie die gesamte Zeit im festen Griff behalten. Das Touchpad ist weniger intuitiv zu bedienen als ein Analogstick.
Das Ausprobieren von Half-Life: Alyx mit der HTC Vive hat mir zwei Dinge gezeigt: Die gute alte Vive hat endgültig ausgedient und durchdachte Controller wie die Index Controller oder Oculus Touch mit Handstrap-Zubehör sind besonders wichtig für eine gute VR-Zeit.
HTC Vive Pro 2
Das Tracking ist natürlich auch hier großartig und präzise. Dazu kommt eine hervorragende Bildschärfe, zumindest wenn ich Verzerrungen und den sehr schmalen horizontalen Sweetspot ignoriere. Die Vor- und Nachteile der VR-Brille habe ich im Vive Pro 2 Test ausführlich erläutert.
Wer sich mit dem neuen Display, den heftigen Glare-Effekten und dem „abgeschnittenen“ vertikalen Sichtfeld anfreunden kann, wird seine Freude an der hohen Auflösung haben. Die enorme Detailfülle des Spiels lässt sich mit einem besonders scharfen Bild natürlich noch viel besser genießen.
Allerdings sind die alten Vive-Knüppel auch hier ein „Downer“: Es macht keine Freude mit den Uralt-Controllern zu spielen, sie kommen sich bei Interaktionen, in denen beide Hände nah beieinander sind (etwa Nachladen, was ich ständig tue), in die Quere. Wenn die Bedienung immer wieder nervt, macht auch ein klareres Bild bald keine Freude mehr.
Durch Koppeln der Index-Controller kann dieses Problem gelöst werden – allerdings kann ich dann auch gleich eine Index nehmen. Der grafische Unterschied ist für meine Begriffe nicht so gewaltig, dass sich die Vive Pro 2 lohnt.
Test-Fazit zu Half-Life: Alyx
Valve hat mit Half-Life: Alyx das überzeugendste VR-Spiel dieser VR-Generation abgeliefert und angefangen bei der hervorragenden grafischen Gestaltung bis zur intuitiven Natürlichkeit der Interaktionen neue Maßstäbe gesetzt.
Auch nach Spielsessions von vier bis fünf Stunden am Stück, unangenehmem Drücken der VR-Brille oder trockener Kehle kann ich mich nur schwer von dieser überzeugenden Parallelwelt lösen. Von Beginn bis Ende sind Tempo, Spannung und Abwechslung perfekt ausbalanciert und halten mich ohne Mühe und ohne Zeitgefühl in der VR. Allein den Autoloading-Animationen von Pistole und Shotgun kann ich stundenlang zusehen. Löffel, die in heiße Flüssigkeit getaucht selbst heiß werden, ein komplett spielbares Piano, Knöpfe, die mit Finger oder Pistolenlauf gedrückt werden, Husten in sporenverseuchter Luft oder dass ich mir alle möglichen Sachen, vom Helm über den Eimer bis zum Leitkegel auf den Kopf setzen kann – diese Details machen City 17 in VR so glaubwürdig.
Besonders dankbar bin ich Valve dafür, dass sie das gruselige und teilweise beängstigende Spiel nicht mit billig-fiesen Jump Scares verunstaltet haben – auch wenn mich aus einem Müllcontainer purzelnde Headcrabs ziemlich erschrecken. Ich habe immer das Gefühl, mehr oder weniger Herr der Lage zu sein, selbst wenn es mich vorzüglich gruselt. Das ist exzellentes VR-Spieldesign.
Für mich ist Half-Life: Alyx die mit einigem Abstand beste Erfahrung dieser noch verhältnismäßig jungen VR-Generation. Darauf wird hoffentlich künftig weiter aufgebaut.
Ihr solltet Half-Life: Alyx spielen, wenn ihr …
- das beste VR-Spiel bisher erleben wollt,
- großartige, hochdetaillierte Levelgestaltung sehen möchtet,
- auf umfassende, intuitive und natürliche VR-Interaktionen Wert legt,
- eine tolle Story mögt und
- euch immer schon mal Headcrabs aus dem Gesicht ballern wolltet.
Ihr solltet Half-Life: Alyx nicht spielen, wenn ihr …
- … es gibt keinen Grund, es nicht zu spielen, es sei denn, ihr hasst VR – und auch dann solltet ihr es spielen, es könnte euch nämlich vom Gegenteil überzeugen.
Half-Life: Alyx könnt ihr hier kaufen:
Unterstützte Geräte | Plattform | Preis |
---|---|---|
Valve Index, HTC Vive (Pro), Oculus Quest (via Oculus Link), Oculus Rift (S), Windows MR | Steam | 49,99 Euro |
Hinweis: Links auf Online-Shops in Artikeln können sogenannte Affiliate-Links sein. Wenn ihr über diesen Link einkauft, erhält MIXED.de vom Anbieter eine Provision. Für euch verändert sich der Preis nicht.