Half-Life: Alyx - Drei Dinge, die ich über Virtual Reality lernte
Der Hype um Half-Life: Alyx hat sich gelegt. Es ist Zeit, ein Fazit zu ziehen. Die folgenden drei Erkenntnisse hatte ich nach dem Durchspielen von Half-Life: Alyx.
Achtung: Dieser Artikel enthält Spoiler.
Inhalt
Half-Life: Alyx ist nicht das "beste VR-Spiel"
Half-Life: Alyx macht viele Dinge besser als bisherige VR-Spiele, aber nicht radikal anders oder neu. Für mich braucht ein VR-Spiel mehr, um sich diesen Titel zu verdienen: Es muss neue Wege beschreiten.
___STEADY_PAYWALL___Half-Life: Alyx tut das nicht. Es ist ein beeindruckendes Resümee der vergangenen vier Jahre VR-Spielentwicklung, aber kein Fingerzeig in die Zukunft des VR-Spielemediums. Rein spielmechanisch ist Valves Spiel erstaunlich konventionell - zumindest für VR-Verhältnisse.
Klar: Nach Half-Life: Alyx werden einem viele VR-Spiele, die einen ähnlichen hohen Komplexitätsgrad haben, altbacken und umständlich vorkommen in der Art, wie sie sich bedienen. Valve hat viel getestet und poliert, um die Interaktionen so flüssig und natürlich hinzubekommen. Davon dürften viele Entwickler lernen.
Aber es gibt nach wie vor VR-Spiele, die in Teilen an Half-Life: Alyx heranreichen oder die es übertreffen: Resident Evil 7 bietet als Horrorspiel eine noch intensivere Erfahrung, Lone Echo hat schönere Handinteraktionen und eine stärkere Charakterbindung und Astro Bot sprüht geradezu vor spielmechanischem Witz. Nur um ein paar Beispiele zu nennen.
Es würde schlimm um Virtual Reality als Spielemedium stehen, wenn Half-Life: Alyx ganz allein den Beweis erbringen müsste, dass Virtual Reality es wert ist, sich eine VR-Brille zuzulegen oder wenn es alle bisherigen VR-Spiele obsolet machte. Das ist zum Glück nicht der Fall.
Der Ego-Shooter ist nicht das Leitgenre der VR
Der Ego-Shooter hatte eine große Bedeutung für Videospiele. Er popularisierte schon früh die dritte Dimension, trieb die Erzählkunst des Mediums voran und gehört heute noch zu den erfolgreichsten Genres.
Virtual Reality scheint wie gemacht dazu, den Ego-Shooter auf die nächste Stufe zu heben: Schließlich steht man jetzt zum ersten Mal inmitten der Spielwelt und hält die Schießprügel selbst in der Hand. Die Abstraktion von Bildschirm, Gamepad, Maus und Tastatur - sie sind überwunden.
So erstaunt es umso mehr, dass es noch kein VR-Spiel gibt, in dem die Spielmechanik des Ego-Shooters und das Medium Virtual Reality nahtlos ineinandergreifen. Half-Life: Alyx hätte dieses Spiel sein können, ist es aber nicht.
Schaute man jemandem beim Spielen zu und wüsste nicht, dass es Half-Life: Alyx ist, man könnte meinen, man habe einen Walking Simulator mit Rätsel- und Shooter-Einsprengseln vor sich.
Die Half-Life-Reihe stand nie für schnelle und hemmungslose Ballerei à la Doom oder Quake. Aber mich hat beim Durchspielen gewundert, wie lange es dauert, bis man in den ersten Kampf mit Combine-Soldaten verstrickt wird. Aber auch später sind Feuergefechte erstaunlich selten.
In Half-Life: Alyx spielt der bewaffnete Kampf eine noch untergeordnere Rolle als in früheren Half-Life-Spielen und dieser Umstand hat sich wohl ganz natürlich aus Valves Versuch ergeben, das bestmögliche Half-Life-Spiel für Virtual Reality zu entwickeln. Was heißt: Es besteht aus 80 Prozent Erkundung. Funktionierte die VR-Ballerei besser, hätte ihr Valve sicher mehr Platz eingeräumt.
Ich sehe darin ein Indiz dafür, dass der kampfbetonte Ego-Shooter und Virtual Reality kein perfektes Paar sind.
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Vielleicht verrät Half-Life: Alyx in dieser Hinsicht doch etwas über die Zukunft der VR-Spiele: Dass das Leitgenre der Virtual Reality nicht der schnöde Ego-Shooter sein wird, sondern eine Weiterentwicklung desselben, die in der Erkundung und Interaktion mit einer Spielwelt aufgeht.
Aus Half-Life: Alyx werden mir nicht die Feuergefechte in Erinnerung bleiben. Es sind die Schauplätze, die ich durchquert habe und die Figuren, denen ich begegnet bin: die stillgelegte U-Bahn, der architektonische Prunk von City 17, das von außerirdischen Lebensformen durchwucherte Hotel, Russell, Jeff und meine erste Begegnung mit dem G-Man.
VR-Fortbewegung ist und bleibt ein Kompromiss
Wer Half-Life: Alyx durchgespielt hat, weiß: Gegen Ende nehmen die bewaffneten Kämpfe zu.
Hier merkt man schnell, wie ermüdend das klassische Ego-Shooter-Paradigma ist, wenn man es in die Virtual Reality überführt: zum einen, weil man sich viel bewegt, zum anderen, weil man sich nicht so viel und so frei bewegen kann, wie man es eigentlich möchte, da der Spielbereich begrenzt ist. Das dürfte auch der Grund sein, weshalb der Kampf eine eher untergeordnete Rolle spielt.
Das größte "Problem" des Spielemediums Virtual Reality, die Fortbewegung, kann auch Valves Spiel nicht lösen, weil es sich um eine grundlegende Einschränkung der Technologie handelt. Egal, ob man sich fließend oder per Teleportation bewegt: Man spielt in zwei Welten gleichzeitig, der digitalen und physischen, und ist in keiner ganz heimisch.
Damit kann man leben. Erst eine Hirnschnittstelle, wie man sie aus dem Kinofilm Matrix kennt, könnte hier Abhilfe schaffen. Doch die dürfte Science-Fiction bleiben.
Ihr wollt mehr über Valves VR-Spiel erfahren? Dann schaut in unseren Half-Life: Alyx Info-Guide. Die Eindrücke der MIXED-Redaktion zum Spiel findet ihr im Artikel Half-Life: Alyx im Test: So muss Virtual Reality.
Über Half-Life: Alyx haben wir uns außerdem in MIXEDCAST-Folge #189 (ohne Spoiler) und #191 (mit Spoiler) unterhalten.
Titelbild: Valve
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- Half-Life: Alyx: Diese Spielmechaniken bietet nur Virtual Reality
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