Pico 4 im Test: „Gut“ geteilt durch „Schlecht“ ergibt „Okay“
Mit der VR-Brille Pico 4 greift Bytedance Metas Quest 2 erstmals frontal an. Erfolgreich?
Ihr habt es sicher schon gelesen: Der große Quest-2-Konkurrent ist da. Pico 4 schickt sich an, Meta die Mobile-VR-Krone zu entreißen. Auf Youtube ist man begeistert, die Kritiker loben - ja, aber was eigentlich, außer dem offensichtlichen? Ich habe nach meinem positiven Ersteindruck nun länger und genauer hin(ein)geschaut. Und ich bin nicht überzeugt.
Inhalt
Pico 4 Test in aller Kürze
Viele Vorteile der Pico 4 existieren nur auf dem Papier: Die höhere Auflösung und das größere Sichtfeld fallen in der Praxis kaum auf. Auffällig ist hingegen das durch Ghosting (also Spiegelungen) verunreinigte Bild durch helle Kontraste und die Löcher im Fliegengitter sowie das allgemein recht dunkle, verwaschene Bild. God-Rays sind hingegen so gut wie weg.
Der kleinere Formfaktor und das deutlich geringere Gewicht des Visors fallen wiederum positiv auf. Den daraus resultierenden Komfortgewinn macht allerdings ein suboptimaler Headstrap gleich wieder zunichte.
Tracking und die neuen VR-Controller funktionieren bestens. Der Pico-Store wächst nur sehr langsam, aber WLAN-Streaming und Streaming über USB-C-Kabel von Steam funktionieren gut genug – wenn gerade keine Bugs wie kaputte Soundübertragung dazwischenfunken.
Wem Datenschutz egal ist, wer mit dem Risiko diverser Bugs gut leben kann und wem die genannten Probleme egal sind, für den ist die Pico 4 eine gute Alternative zur Quest 2.
Pico 4 ist für euch geeignet, wenn …
- ihr eine VR-Brille mit wirklich leichter Front wollt,
- euch etwas höhere Auflösung und Sichtfeld wichtig sind,
- ihr eine verbesserte Edge-to-Edge-Clarity bevorzugt,
- ihr farbige Videodurchsicht möchtet,
- euch die neuen VR-Controller mit den veränderten Bügeln gefallen,
- ihr ordentliches bis gutes VR-Streaming wollt,
- der Preis entscheidend ist.
Pico 4 ist für euch weniger geeignet, wenn …
- ihr ein insgesamt klares, sauberes und ruhiges Bild ohne Spiegelungen benötigt,
- euch Mura (ähnlich Fliegengitter) negativ auffällt,
- Komfort für euch auch den stabilen, angenehmen Sitz des Headsets ausmacht,
- ihr Farbdurchsicht für Augmented Reality benötigt,
- euch ein großes natives Software-Angebot wichtig ist und
- ihr keine Daten nach China senden wollt.
Einrichtung, Konfiguration und Akku
- Die Einrichtung ist einfach, Benutzerkonto und WLAN können aber nicht per App konfiguriert werden. Der Akku hält etwa zwei Stunden.
Die Einrichtung der Pico 4 ist weiterhin nahezu exakt die gleiche wie bei Quest 2. Unterstützt durch Videos und Schritt-für-Schritt-Anleitungen ist die VR-Brille samt Spielbereich schnell eingerichtet. Ein Pico-Konto ist erforderlich, in das ich mich einloggen muss. Das geht unzeitgemäß nicht über die App, ebenso wenig wie die Einstellung des WLAN-Netzwerks. Immerhin: Meine Zahlungsdaten muss ich nicht auswendig wissen – die hinterlege ich in der VR Assistant-App.
Die App ist weiterhin eine Baustelle und ähnlich wie Picos Webseiten, FAQ-Links und der gesamte digitale Auftritt eher mit heißer Nadel gestrickt. Zwar kann ich jetzt auch in der App auf den Store zugreifen, laufe dort aber immer mal wieder in nicht übersetzte Bereiche mit chinesischen Schriftzeichen. Und was bedeutet bitte die Überschrift „Im Rhythmus fallen“ für Spiele wie Les Mills Bodycombat oder Oh Shape? Ein bisschen mehr Mühe könnte sich Pico schon geben - auch wenn schlechte Übersetzungen in Shops heutzutage immer häufiger die Regel zu sein scheinen.
Die Akku-Leistung liegt auf dem gleichen Niveau wie Pico Neo 3 Link oder Quest 2. Etwa zwei Stunden hält der Akku durch, dann muss geladen werden. Leider hat mir Pico nur einen britischen Stecker für das neuartige Ladegerät geliefert, deshalb kann ich zur angeblich enorm schnellen Aufladezeit nichts sagen. Mit einem normalen Ladegerät dauert es weiterhin rund anderthalb bis zwei Stunden.
Pico 4: Auflösung, Farben, Bildwiederholrate, Farbdurchsicht
- Die höhere Auflösung ist praktisch kaum sichtbar. Die Farben sind verwaschen, das Bild vergleichsweise dunkel. Das Bild hat eine ausgezeichnete generelle Edge-to-Edge-Clarity, durch Spiegelungen (Ghosting) wirkt es aber immer unscharf. God-Rays gibt es fast gar nicht mehr. Starkes Mura (ähnlich Fliegengitter) ist deutlich sichtbar und zeigt große "Löcher".
Pico 4 löst mit 2.160 x 2.160 Bildpunkten pro Auge höher auf als Pico Neo 3 Link und Quest 2. Praktisch ist der Unterschied aber kaum sichtbar. Eine etwas bessere Schriftlesbarkeit meine ich zu erkennen, wenn ich genau hinschaue. Die Farben des LC-Displays wirken im direkten Vergleich mit Quest 2 verwaschen und insgesamt dunkler. Das liegt möglicherweise an den neuen Pancake-Linsen, die deutlich größer sind, als die bisherigen Fresnellinsen und ohne die typischen Fresnel-Rillen auskommen.
Während God-Rays fast gänzlich weg sind, habe ich gerade in kontrastreichen Szenen mit hellen Elementen immer den Eindruck, als wären die Linsen schmutzig oder unscharf. Dieser von mir als unscharfes, schmieriges Bild wahrgenommene Effekt wird offenbar durch Spiegelungen der Linsenkonstruktion, also sogenanntes Ghosting, erzeugt.
Das ist besonders gut zu sehen, wenn ich eine App lade und nur das weiße Logo vor schwarzem Hintergrund zu sehen ist. Bewege ich dann den Kopf, wandert eine gespiegelte Kopie des Logos im Hintergrund mit. Das gilt auch für komplette Menüs: Wenn ich in Walkabout Mini Golf vor dem Menü-Häuschen stehe und dort in die dunklen Zwischenräume schaue und den Kopf dabei bewege, sehe ich das Auswahlmenü ebenfalls klein und gespiegelt im Hintergrund. Das könnte bei normaler Nutzung für den verschwommenen Bildeindruck sorgen.
Interessant: Wenn ich die Pico 4 ohne Brille nutze, ist die Unschärfe etwas geringer, dafür kann ich die Spiegelungen deutlicher sehen.
Es stört mich aber noch etwas anderes, erstaunliches: Das Fliegengitter ist als Mura zurück, hauptsächlich bei langsamen Kopfbewegungen. Gerade auf helleren, einfarbigen Flächen sehe ich bei jeder Kopfbewegung dieses teils feine Gitter und habe immer den Eindruck, ich schaue durch ein dünnes Tuch. Bei der Quest 2 kann ich etwas Ähnliches auch sehen, es fällt aber weniger auf, weil es ein gleichmäßiges, feines Netz ist. Das Problem bei Pico scheint ein unsauber verarbeitetes Display zu sein: Im Pixelgitter sehe ich unregelmäßig verteilte Artefakte, die wie kleine, helle, runde Löcher im "Stoff" wirken – mal nur eines, mal mehrere auf einem Haufen. Das nennt sich Mura, bezeichnet eine ungleichmäßige Farbverteilung der Pixel im Display, kann mit Fliegengitter verwechselt werden und macht das Bild bei Bewegung automatisch unruhig.
Die Bildwiederholrate ist auf 72 Hz eingestellt, wie es damals bei der ersten Quest üblich war. 90 Hz müssen in den Einstellungen aktiviert werden. Auch Meta geht diesen Schritt mit der Quest Pro – für mich unverständlich, denn eine höhere Bildwiederholrate sorgt für ein flüssigeres Bild und ist damit deutlich angenehmer. Lange Zeit galt 90 Hz als Goldstandard für VR-Brillen, auch um Motion Sickness vorzubeugen. Ich bin kein Fan davon, diese Standards, etwa für längere Batteriedauer, aufzugeben.
Die Farbdurchsicht ist ein Schritt in die richtige Richtung, mehr aber nicht. Die Größenverhältnisse und die Tiefensicht passen überhaupt nicht. Je näher ein Objekt der Kamera kommt, desto riesiger wird es. Außerdem verändern Verzerrungen und Wölbungen das Bild ständig. Wer einen empfindlichen Magen hat, dem könnte beim Versuch, mit Farbdurchsicht herumzulaufen, schnell übel werden. In meinem Selbstversuch konnte ich unfallfrei durch die Wohnung und die Treppe rauf und runter laufen. Allerdings musste ich aufgrund der schwer einschätzbaren Abstände genau aufpassen.
Text ist in der Nähe lesbar und die Bedienung meines PCs mit der VR-Brille auf der Nase klappte gut genug, um beispielsweise an der Link-Software Einstellungen vorzunehmen. Eine Mixed-Reality-Brille für gutes Passthough-AR wird die Pico 4 aber so schnell nicht werden.
Sichtfeld, Sweetspot und Augenabstand
- Das Sichtfeld wirkt durch die verringerte Distanz der Linsen zu den Augen größer - praktisch ist das aber kaum objektiv wahrnehmbar. Der Sweetspot und die Bildklarheit zu den Rändern hin sind hervorragend. Der IPD lässt sich zwischen 58 und 72 mm stufenlos einstellen.
Ein Vorteil der neuen Pancake-Linsen ist das scheinbar (!) größere Sichtfeld. Damit meine ich gar nicht mal die sieben oder zehn Grad, die Pico 4 offiziell mehr auf die Linse bringen will als die Vorgängerbrille oder die Quest 2. Durch die flachen und sehr großen Linsen befinden sich meine Augen sehr viel näher am Display als früher. Dadurch fühlt sich das Sichtfeld auf den ersten Blick deutlich größer an. Das fällt positiv auf – wie ihr unschwer an meiner Pico 4 Preview erkennen könnt.
Im direkten Vergleich mit der Quest 2 in einer exakt gleichen VR-Szene wird bei genauem Hinsehen aber klar: Das etwas größere Sichtfeld ist kaum wahrnehmbar. Das ist auch der Grund, warum ich Zahlendiskussionen bei Auflösungen oder Sichtfeldern, die verhältnismäßig nahe beieinander liegen, für Marketing-Gewäsch und Zeitverschwendung halte: In der Praxis, machen 250 Pixel oder fünf Grad mehr keinen signifikanten Unterschied.
Ausgezeichnet ist die Bildklarheit in der Mitte, der sogenannte Sweetspot. Noch besser ist die Bildklarheit zu den Rändern hin, die sogenannte Edge-to-Edge-Clarity: Während bei Quest 2 früh eine gewisse Verschwommenheit einsetzt, kann ich bei Pico 4 mit den Augen sehr weit zu den Rändern hin schauen, ohne dass das Bild deutlich an Klarheit verliert. Das ist aus meiner Sicht der größten Vorteil der neuen VR-Brille.
Meinen Augenabstand (IPD) gebe ich im entsprechenden Dialog ein, dann werden die Linsen automatisch eingestellt. Unterstützt wird offiziell ein stufenloser IPD von 62 bis 72 mm. Theoretisch kann ich sogar bis 58 mm heruntergehen, aber dann laufe ich Gefahr, dass die per Motor verstellbaren Linsen meine Nase einklemmen. Ein entsprechender Warnhinweis wird eingeblendet.
Pico 4: Tragekomfort
- Der Visor der Pico 4 ist etwa 40 Prozent leichter als die VR-Brillenfront der Quest 2. Das wird aber durch die schlechte Sitz-Stabilität der Kopfhalterung wieder zunichtegemacht.
Ich habe es in meinen bisherigen Tests der Pico Neo 3 Link und Pico Neo 3 Pro ebenfalls kritisiert: Die Pico-VR-Brillen lassen beim Komfort zu wünschen übrig. Für die Pico 4 gilt das noch mehr, ich würde sogar so weit gehen und sagen, es ist die unkomfortabelste VR-Brille, die Pico bisher gebaut hat.
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Der Grund liegt aus meiner Perspektive im Tunnelblick der Hersteller. Während die 40 Prozent geringere Last durch die neuen Pancake-Linsen am Visor, also der Frontpartie der Brille, für spürbar weniger Belastung, etwa auf den Wangenknochen, sorgen, wird die Sitz-Stabilität völlig ignoriert. Das gilt auch für Meta – der Standard-Strap der Quest 2 ist eine Zumutung und man benötigt den Elite-Strap oder vergleichbares Zubehör, damit sie vernünftig passt.
Statt aus den eigenen Erfahrungen und aus Metas Fehlern sowie Erfolgen zu lernen, setzt Pico 4 auf eine nicht austauschbare Halo-Kopfhalterung aus Plastik. Das Problem ist einmal mehr die Platte am Hinterkopf, die sich unterschiedlichen Hinterkopf-Formen nicht anpassen kann. Während sich die Elite-Strap-Kopfhalterung der Quest 2 durch den breiten Gummiring an jede Kopfform anpasst und damit sicheren Halt bietet, kann ich mir die Pico 4 über das Einstellrad nur an den Kopf klemmen.
Selbst dann sitzt sie nicht stabil. Schnelle Kopfbewegungen nach rechts und links sorgen für kurze seitliche Zusatzbewegungen des Headsets, weil es nur zwei Fixpunkte gibt: Hinterkopf (je nach Kopfform eine schmale Auflagefläche) und Stirn (eine etwa zwei Zentimeter breite Fläche oberhalb der Augenbrauen). Das sorgt sowohl für ein wackliges Bild bei schnellen Bewegungen, es presst mir aber auch das Blut aus der Stirn. Das empfinde ich als sehr unangenehm.
Auch wenn meine Brille perfekt unter die Pico 4 passt, schließt die recht steife Gesichtsmaske rechts und links an den Brillenbügeln nicht sauber ab und lässt Licht durch. Dadurch habe ich gerade in dunklen VR-Szenen störende Lichtreflexionen von außerhalb auf den Linsen.
Möglicherweise lassen sich einige der gerade genannten Kritikpunkte durch Austausch der Gesichtsmaske mit einem weicheren und insgesamt besser das Gesicht umschließenden Maskenaufbau verbessern.
(Hand)Tracking und VR-Controller
- Das Tracking der VR-Brille und der VR-Controller ist ausgezeichnet. Handtracking ist derzeit nicht der Rede wert.
Das Tracking ist auch diesmal hervorragend gelungen und ich kann kaum Unterschiede zu Quest 2 feststellen. Auch bei schnellen Bewegungen in VR-Spielen werden die Controller präzise verfolgt.
Einzig die neuen VR-Controller haben ein kleineres Manko durch die neuen Trackingbügel, die über den Daumen zum Ende des VR-Controllers hin verlaufen. Diese Bügel können manchmal leicht verdeckt werden, etwa wenn ich meine Hände mit den Controllern einfach hängen lasse. Dann liegt ein großer Teil des Bügels sehr nah am Körper an und wird dadurch blockiert. Das Tracking setzt dann aus, die VR-Controller fangen an zu „schwimmen“. Glücklicherweise kommt das relativ selten vor.
Der Vorteil der neuen Bügel ist auch eher spezifisch: Beim Nachladen in VR-Spielen wie Half-Life: Alyx oder The Walking Dead: Saints & Sinners kommen sich die Trackingringe nicht mehr in die Quere. Auf der anderen Seiten können die Controller für Spieler:innen mit größeren Händen bei Beat Saber (nur über SteamVR verfügbar) unangenehm sein: Der kleine Finger kann zwischen Griff und Bügel klemmen, wenn die VR-Controller bei schnellen Bewegungen hochrutschen.
Die Controller selbst liegen gut in der Hand, Analogstick, Trigger und Knöpfe erreiche ich problemlos. Perfekt: Es gibt auf dem rechten Controller eine eigene Taste für Screenshots und Videoaufnahme.
Handtracking gibt es zwar, aber nur, wenn ich den geheimen Zugang zu den Entwicklereinstellungen finde. Unter Einstellungen muss ich zum Reiter „Allgemein“ navigieren und dort siebenmal mit dem Trigger auf den Punkt „Software-Version“ klicken. Dann erscheint das Entwicklermenü und ich kann Handtracking einschalten. Derzeit unterstützen keine Apps das Pico-Handtracking und auch im Menü ist es noch ausbaufähig: Teilweise ist es ungenau, die Handbewegungen werden oft unsauber interpretiert und müssen mehrfach wiederholt werden. Letztlich bedeutet das außerhalb vom Pico-Marketing: Handtracking für Pico 4 gibt es derzeit nicht.
Sound, Software und Pico Store
- Der integrierte Sound ist ordentlich. Einen Klinkenanschluss für Kopfhörer gibt es nicht. Die Mikrofon-Lösung ist schlecht. Das Angebot im Pico Store wächst nur langsam.
Pico 4 besitzt keinen Klinkenstecker für Kopfhörer. Die Lautsprecher sind integriert, deren Klang ist meistens gut. Soundgenuss kommt damit aber nicht auf und manchmal scheinen sie zu übersteuern. Die Dual-Mikrofone sind hingegen schlecht: In einem Test mit Kollegen wurde die Übertragung als „unangenehm“ beschrieben, als würde ich von weit weg durch ein altes Telefon sprechen.
Bei der Software ist die (freundlich ausgedrückt) von Meta inspirierte Oberfläche weitgehend unverändert. Wer Quest 2 kennt, findet sich im Pico-Menü zurecht. Das funktioniert auch alles sehr gut und stabil, ich lief bisher in keine Bugs. Im Pico Store gibt es derzeit ungefähr 230 VR-Spiele und VR-Apps. Eine Liste findet ihr hinter dem Link. Über die Zeit werden weitere Apps hinzukommen. Trotzdem liegt das Angebot weit hinter dem des Quest-Stores. Bleibt an dieser Stelle die Hoffnung auf gutes Streaming über Kabel oder WLAN.
Pico 4: Wireless und kabelgebundenes SteamVR-Streaming
- Wireless Streaming funktioniert überraschend gut, teilweise sogar in der „HD“-Einstellung. Einen DisplayPort-Anschluss gibt es nicht mehr. Stattdessen kann einwandfrei per USB-Kabel gestreamt werden.
Mit der Pico Link Software auf dem eigenen PC und der VR-Streaming-App auf der Pico 4 kann ich auf SteamVR zugreifen – vorausgesetzt, ich habe einen WiFi-6-fähigen Router oder Access Point richtig konfiguriert. Es gibt die Einstellungen „Glatt“, „SD“ und „HD“. Bei „Glatt“ wird wohl vorwiegend auf die Performance geachtet. Das funktioniert gut und ruckelfrei, allerdings ist die Grafik entsprechend matschig. „HD“ sieht hingegen gut aus und läuft je nach Anwendung erstaunlich flüssig.
In Half-Life: Alyx testete ich die ersten 10 Minuten ruckelfrei, Beat Saber auf Expert ruckelte hingegen ständig. Sound kam bei mir nur als Rauschen und Dröhnen an – auch per Link-Kabel. Im Gegentest funktionierte bei Meta Link und Air Link auch der Sound einwandfrei. Das könnte ein Bug sein, denn bei Kollegen funktionierte auch der Sound beim VR-Streaming mit Pico 4.
Einen DisplayPort-Anschluss, bislang das Alleinstellungsmerkmal von Pico-Brillen, gibt es nicht mehr. Über die USB-C-Buchse kann ich aber ein Kabel über USB 3.0 an meinen PC anschließen. Das ist exakt die gleiche Streaming-Variante, die auch Meta Link für Quest 2 nutzt. Ich habe das offizielle Kabel von Meta verwendet und es lief perfekt.
Pico 4 Test-Fazit: Noch keine runde VR-Brille
Hardware-Enthusiasten feiern die Pancake-Linsen und das eingesparte Gewicht an der VR-Brillen-Front. Allerdings sorgen kontrastreiche Stellen für Ghosting auf den Linsen: Das Bild ist selten klar und ruhig. Die Farben wirken dunkel und verwaschen und bei den Displays hat Pico geschlampt: Mura sorgt für ein sichtbares Pixelgitter mit ungleichmäßig verteilten, großen „Löchern“, was den Bildeindruck vor allem bei Bewegung noch unruhiger macht.
Die Farbdurchsicht der Pico 4 reicht noch längst nicht, um damit etwas Sinnvolles anzufangen. Wer auf Komfort Wert legt, dem wird das eingesparte Gewicht gefallen – allerdings bleibt die unbequeme Kopfhalterung aus meiner Sicht eine der größten Schwächen der Pico-Headsets.
Und was sagt die Software-Fraktion? Der Store bietet noch nicht den gleichen Umfang wie der Quest-Store, aber das WLAN- sowie Kabel-Streaming funktioniert (abgesehen von meinem Soundproblem) erstaunlich gut. Vorausgesetzt ihr habt keine Soundprobleme, dann dürfte diese VR-Brille interessant sein – falls euch die Hardware-Probleme nicht schrecken.
Und dann müssen wir erneut über Datenschutz reden. In den Datenschutzvereinbarungen steht klipp und klar, dass Pico alle gesammelten Daten mit Partnern teilt. Es ist keinesfalls abwegig anzunehmen, dass die Mutterfirma Bytedance, die mit Tiktok Daten im Westen sammelt und diese auch nach China schickt, vor den VR-Daten keinen Halt macht. Wer Meta wegen Datenschutzbedenken meidet, kann Pico also nicht als Alternative sehen.
Das Gesamtpaket überzeugt mich nicht: Neben einigen ausgezeichneten Features gibt es zu viele Ecken und Kanten, zu viele Dinge, über dich ich hinwegsehen müsste. Ein Mix aus guten und schlechten Dingen ergibt nur Mittelmaß.
Pico 4 könnt ihr hier kaufen
Die Pico 4 kostet 429 EUR (128 GB) oder 499 EUR (256 GB). Alle Infos findet ihr in unserem Pico 4 Test. Die Pico 4 Enterprise (256 GB) kostet 1.069 EUR.
Pico 4 Datenblatt
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