VR-Entwickler: "Facebook zieht uns über den Tisch"
Facebook zieht das VR-Ökosystem beinahe im Alleingang groß - und hat es so in der Hand. Das hat Nachteile.
Wie Facebook-Chef Mark Zuckerberg mit VR und AR plant, steht in einer internen E-Mail aus dem Juni 2015: Die neuen Technologien sollen möglichst schnell das Smartphone-Zeitalter beenden, in dem Facebook nur als App in den Ökosystemen anderer existiert.
Das Ziel: In der nächsten Generation Computer will Zuckerberg das Ökosystem von der Hard- bis zur Software nach Apples Vorbild vollständig in der Hand haben.
___STEADY_PAYWALL___Gerade eben erst kündigte Facebook eine Facebook-Account-Pflicht für das bislang parallel existierende Oculus-Netzwerk an. Überraschend an der Ankündigung ist nur, dass sie manchen Oculus-Nutzer überrascht.
Facebook kauft sich ein Ökosystem
Dass der Aufbau eines neuen Computer-Ökosystems teuer wird, war dem Facebook-Chef damals schon bewusst: "Ein paar Milliarden US-Dollar sind viel Geld, aber wir können uns das leisten", schrieb Zuckerberg in seiner E-Mail an Manager-Kollegen.
Das ist bei aller berechtigter Facebook-Kritik nämlich die andere Seite der Medaille: Ohne den Mega-Konzern Facebook mit seinem beinahe nicht versiegenden Geldstrom würde das VR-Ökosystem in seiner heutigen Form nicht existieren.
Ein Beispiel: Für das traditionsreiche Tech-Unternehmen HTC erweisen sich die schwer verkäuflichen VR-Brillen nach anfänglichem Hype als Stolperfalle in eine mögliche Unternehmenspleite.
Bigscreen-CEO klagt über Facebooks Geschäftsgebaren
Diesen Gedanken sollte man im Hinterkopf behalten, wenn man sich die Fundamentalkritik an Facebook von Darshan Shankar zu Gemüte führt.
Shankar entwickelte 2015 die App Bigscreen VR, die sich auf gemeinsames Filme schauen in VR spezialisiert hat, vorzugsweise im VR-Kino (Test). Bigscreen verdient am Filmverleih.
Oder auch nicht: Bei Twitter übt Shankar harte Kritik an Facebooks Geschäftsgebaren, angestachelt durch die Auseinandersetzung zwischen Epic Games und Apple über das Vertriebsmodell des Über-Spiels Fortnite.
Als Oculus-Plattformbetreiber beanspruche Facebook von jeder Filmleihe 30 Prozent des Umsatzes. Sein Unternehmen müsse jedoch an die Filmstudios schon 60 bis 80 Prozent Umsatzbeteiligung zahlen. Man muss kein ausgebuffter Business-Experte sein, um zu verstehen: Das geht sich nicht aus.
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"Wir verlieren mehr als einen US-Dollar für jeden US-Dollar, den wir verdienen", schreibt Shankar. Er beklagt Marktverzerrung, weil Facebook diese zusätzliche Finanzbelastung für den eigenen VR-Filmverleih nicht habe.
"Jeder VR-Entwickler hat Angst, über Facebook zu sprechen"
Shankar gibt an, dass er die 30-Prozent-Abgabe mit Facebook habe verhandeln wollen. Ohne Erfolg. Auch eine Filmleihe außerhalb des Oculus Stores sei nicht möglich. Facebooks Antwort: Findet ein besseres Geschäftsmodell.
"Facebook hat so ein Monopol auf die Filmleihe in VR. Leider interessiert das niemanden. Wir fragen seit Jahren nach Hilfe", schreibt Shankar.
Der Bigscreen-Gründer reist noch weiter zurück in die Vergangenheit: Als er die Beta-Version von Bigscreen VR vor rund fünf Jahren ankündigte, habe Facebook bei ihm angeklopft und ihm ein Übernahmeangebot unterbreitet.
"Sie sagten mir, ich solle mich ihnen anschließen, weil sie das gleiche bauen und uns zerstören würden", schreibt Shankar. Er kenne viele ähnliche Geschichten und könne eine Liste teilen von VR-Entwicklern, die von Facebook "mit den Füßen getreten wurden".
"Jeder VR-Entwickler hat Angst davor, über Facebook zu sprechen, weil wir befürchten, dass Facebook uns mehr schadet und das Überleben noch schwieriger macht", schreibt Shankar.
Sein Dilemma: Ohne Facebook würde sein Job wahrscheinlich gar nicht (mehr) existieren.
Weiterlesen über Facebooks Vision für VR und AR:
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