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Hier sind 10 Metaverse-Definitionen, sucht euch eine aus

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3. September 2022:

  • Sieben Kernmerkmale des Metaverse von Matthew Ball ergänzt.

Das Metaverse kommt. Doch was erwartet uns da eigentlich? Unternehmen und Expert:innen erklären, wie sie sich die Fusion von digitaler und realer Welt vorstellen.

Auf Facebooks und dann später Metas XR-Konferenz Connect 2021 enthüllte Mark Zuckerberg seine Vision vom Metaverse. Es sei die nächste Evolution der sozialen Verbindung. Sein Unternehmen will das Metaversum zum Leben erwecken und geht dabei All-in – inklusive Namensänderung: Facebook heißt jetzt Meta und soll sich zum „Social Technology“-Unternehmen wandeln.

Immersive Technologien wie Augmented Reality und Virtual Reality (Guide) werden dabei eine große Rolle spielen. Doch was ist eigentlich das Metaverse? Wir haben euch einige Definitionen und Sichtweisen zusammengesucht.

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Metas Metaverse-Definition und viele weitere Gedanken zum Metaverse findet ihr in unserem MIXED.de Podcast #258.

Das „Xverse“ wird ein erstaunlicher Auswuchs des Internets

Rony Abovitz ist Gründer war CEO eines der einst meist gehypten XR-Unternehmen im Silicon Valley: Magic Leap. Er stellt sich das Metaverse, oder wie er es nennt, „Xverse“, als einen "wilden, organischen und erstaunlichen Auswuchs des Internets" vor.

Magic_Leap_1

Die Magic Leap 1 (ehemals Magic Leap One Creator Edition) kam 2018 auf den Markt. | Bild: Magic Leap

Abovitz glaubt, dass kein Unternehmen das Metaverse kontrollieren werde oder sollte, es aber viele versuchen werden. Ihm zufolge werde es alte Teile geben, die dem heutigen Web gleichen würden. Gleichzeitig werde das Metaverse aber neue Knotenpunkte und Fähigkeiten haben, die etwa der Oasis aus Ready Player One sehr nahekämen.

Im Xverse werde es außerdem Abstufungen von Empfindungsfähigkeit und Autonomie geben: „Wir werden das Entstehen von synthetischem Leben und eine Vielzahl von erstaunlichen Welten zu erforschen haben. Der Aufbau einer Welt wird etwas werden, das jeder tun kann, und die Menschen werden in der Lage sein, mit unglaublicher Geschwindigkeit Teile ihres äußeren und inneren Lebens über den ganzen Planeten zu teilen.“

Augmented Reality wird ein normaler Bestandteil des täglichen Lebens

Yat Siu ist Co-Gründer und Executive Chairman des Gaming- und Blockchain-Unternehmens Animoca Brands. Er sieht Augmented Reality künftig als eine Art Gateway zwischen der virtuellen und der realen Welt. Die Wirklichkeit werde sich auf einem Spektrum bewegen, das von der physischen bis hin zur virtuellen Realität reiche.

„Ein erheblicher Teil unserer Zeit wird zwischen diesen beiden Extremen verbracht, und zwar in einer Form von erweiterter Realität. Augmented Reality wird ein normaler Bestandteil des täglichen Lebens sein“, glaubt Siu. Diese Facetten der Realität werden ihm zufolge jedoch nicht miteinander konkurrieren, sondern sich gegenseitig verstärken.

Eine Frau steht im Raum und betrachtet ein Hologramm eines Hotels

Augmented Reality integriert die digitale Welt orts- und objektbezogen in die Realität. | Bild: Magic Leap

„Diese neuen Technologien werden ein grundlegendes Umdenken erfordern. Heute sehen wir beispielsweise AR als eine Verbindung zu einer virtuellen Welt, vielleicht als eine Möglichkeit, der physischen Welt zu entkommen oder sie zu verbessern. Künftig wird AR jedoch als Weg zurück in die reale Welt dienen und es den Nutzern ermöglichen, Pausen in der virtuellen Welt einzulegen – vielleicht um etwas zu essen oder Sport zu treiben – ohne die Verbindung völlig zu verlieren“, so Yat Siu.

Auch Niantic-Chef John Hanke und Produkt-Marketing-Managerin Carolina Argguelles Navas von Snap sehen Augmented Reality als entscheidende Metaverse-Technologie: Das Metaverse ist für sie die reale Welt mit digitalen Elementen statt einer vollständigen Virtual Reality.

"Wir glauben, dass AR – oder Computer, die die Welt um uns herum überlagern – einen leichteren Weg zur Massenanwendung hat, aber auch besser für die Welt sein wird als eine vollständig virtuelle Welt", sagt Navas.

Der Pokémon-Go-Millionär Hanke beschreibt sein Metaverse als "verbesserte Realität", als eine "Welt voller Magie, Geschichten und Funktionalität an der Schnittstelle zwischen der digitalen und der physischen Welt". Es könne Menschen dazu anregen, mehr mit der physischen Welt zu interagieren und etwa Sport zu treiben.

Das Metaverse ist eine neue Ära der Datenverarbeitung fürs Ambient Computing

Tyler Ishida von Sony Electronics glaubt an eine Verschmelzung der Realitäten: „Dank der Auflösung und Qualität der heutigen Technologie kann das Metaverse für die Teilnehmer so real erscheinen wie das echte Leben.“ Ihm zufolge deute alles auf ein intensiveres Unterhaltungserlebnis hin, das alle Sinne anspreche.

Er könne sich vorstellen, dass die Unterhaltungsaspekte des Metaversums die Hauptantriebskraft würden. Aber es gebe auch viele andere Anwendungsmöglichkeiten wie Bildung, Forschung, Industrie, IT und Sicherheit.

Timoni West, Ressortleiterin VR und AR bei Unity, sieht das Metaverse mehr als eine neue Ära der Datenverarbeitung. Computer würden zunehmend weltgewandter.

„Sie können Gesichter, Stimmen, Hände, relative und absolute Positionen und Geschwindigkeiten erkennen und auf diese Daten auf sinnvolle Weise reagieren“, erklärt West. Diese kontextbewussten Computer seien der Weg zum Ambient Computing, bei dem der Computer vom Vorder- in den Hintergrund rücke. Auch Google spricht im Kontext des Metaverse von Ambient Computing.

Das Metaverse: Ein Fest für alle Sinne?

Für die XR-Forscherin Dr. Helen Papagiannis ist es vorwiegend wichtig, unsere Denkweise anzupassen. Für sie ist das visuelle 3D-Element nur ein Aspekt: „Es ist wichtig, dass wir nicht nur darüber nachdenken, wie es aussieht, sondern auch, wie es sich anfühlt, wie es klingt, wie es riecht und sogar wie es schmeckt.“

Es werde möglich sein, das Metaverse mit all unseren Sinnen und unserem ganzen Wesen zu erleben. Unsere Sinne könnten auf alternative Weise eingesetzt werden, die im Gegensatz zu dem stünde, was wir in der physischen Realität erleben. Dies eröffne ein neues Tor an Möglichkeiten, sogar die Schaffung neuer Sinne für Empfindungen, die in der echten Welt nicht möglich seien.

Kein Metaverse ohne Künstliche Intelligenz

Für Ebays KI-Chef Nitzan Mekel-Bobrov ist klar, dass es kein Metaverse ohne Künstliche Intelligenz geben wird: „Wie Kohlenstoff für die organische Welt wird KI sowohl die Matrix sein, die die notwendige strukturelle Unterstützung bietet, als auch das Material, aus dem die digitale Repräsentation hergestellt wird“, so Mekel-Bobrov.

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KI werde die Form des Metaversums prägen, vorrangig an der physisch-digitalen Schnittstelle. Das betreffe etwa die Übersetzung menschlicher Handlungen in digitale Eingaben wie Sprache, Augenbewegungen, Handgesten, Fortbewegung. Hier hätten KI-Unternehmen und -Forscher bereits enorme Fortschritte gemacht haben.

Das Metaverse als neues Internet

Microsofts Metaverse-Definition fokussiert sich (noch) auf die Business-Welt: Microsoft-Chef Satya Nadella bezeichnet das Metaverse als neue Plattform für eine Zeit, in der digitale und reale Welt immer näher zusammenrücken.

Diese Plattform ermögliche es, die echte Welt in die virtuelle Umgebung einzubetten oder vice versa, digitale Elemente in die reale Welt zu integrieren. Das Wichtigste sei es, dass man seine "Menschlichkeit" mitbringe und auswählen könne, auf welche Art man das Metaverse erleben wolle und mit wem, so Nadella.

Ähnlich wie Meta sieht Microsoft das Metaverse als eine neue Vision des Internets, das etwa durch Avatare zu einem physisch erfahrbaren digitalen Ort wird, mit dem man ähnlich wie mit der realen Welt interagieren kann. "Das ist keine Vision mehr. Man kann sich mit anderen Menschen in einem Videospiel treffen und ein Konzert erleben", erklärt Microsoft.

Ein digitaler Zwilling der Welt mit "gigantischem Wirtschaftspotenzial"

Nvidia-Chef Jensen Huang sieht das Metaverse – seine Firma nennt es "Omniverse" – als "ein Overlay der physischen Welt", das viele verschiedene Bereiche wie Social, Gaming und die Industrie miteinander verschmelzen wird.

Es sei das verbindende Element zwischen vielen Werkzeugen und Endgeräten mit einem Fokus auf digitale Güter und Projekte. VR, AR und KI sollen dabei eine wesentliche Rolle für Zugang, Konstruktion und Verwaltung der Digitalwelt spielen.

„Ich bin mir ziemlich sicher, dass das Omniverse und das Metaverse eine neue Wirtschaft bilden werden, die größer ist als unsere heutige Wirtschaft“, sagt Huang.

Menschen würden in Zukunft einen großen Teil ihrer Zeit in dieser virtuellen Arbeits- und Lebenswelt verbringen. „Wir werden dort eine Menge Arbeit verrichten und dort ebenfalls eine Menge Roboter haben, die Arbeit für uns verrichten. Und die Ergebnisse teilen wir miteinander“, prognostiziert Huang.

Das Metaverse als räumliches, allgegenwärtiges Internet

Der Chiphersteller Qualcomm rüstet mit seinen Prozessoren die Metaverse-Zugangsgeräte aus – Smartphones, Tech-Brillen und mehr. Hugo Swart ist XR-Abteilungsleiter bei Qualcomm. Er sieht das Metaverse als ein "allgegenwärtiges räumliches Internet mit personalisierten digitalen Erfahrungen, das die physische und die virtuelle Welt umspannt und in dem alles und jeder nahtlos kommunizieren und interagieren kann."

Der Zugang zum Metaverse sei mit jeder Art Computer möglich: "Im Metaversum können unbegrenzt viele Nutzer und Unternehmen eine Vielzahl von Gemeinschaften, Alltagserfahrungen und wirtschaftlichen Aktivitäten in 2D und 3D erkunden, erstellen, Kontakte knüpfen und daran teilnehmen."

Das Metaverse ist kein Ort – es ist ein Zeitpunkt

Eine interessante Definition außer der Reihe bietet der Tech-Gründer und frühere Twitch-Manager Shaan Puri an: Er versteht das Metaverse nicht als virtuellen Ort. Stattdessen beschreibe der Begriff einen bestimmten Zeitpunkt, ähnlich wie die Singularität für den Moment steht, ab dem Künstliche Intelligenz die menschliche Intelligenz uneinholbar hinter sich lässt.

"Das Metaversum ist der Moment, in dem unser digitales Leben mehr wert ist als unser physisches Leben", schreibt Puri.

Diese graduelle Entwicklung finde in den nächsten zehn bis 20 Jahren statt. Die Aufmerksamkeit fokussiere sich zunehmend aufs Digitale statt auf die reale Welt: "Wir werden von 50 Prozent Aufmerksamkeit auf Bildschirmen zu mehr als 90 Prozent übergehen. Das ist der Zeitpunkt, an dem das Metaversum beginnt. Denn in diesem Moment wird unser virtuelles Leben wichtiger werden als unser reales Leben."

"Alles wird digital. Deine Freunde, dein Job, deine Identität", schreibt Puri.

Sieben Kernmerkmale des Metaverse

Matthew Ball gilt als führender Metaverse-Theoretiker, der mit seinen Online-Essays und Zeitungsartikeln unter anderem Mark Zuckerbergs Metaverse-Vision beeinflusste. "Jeder, der versucht, etwas über das Metaverse zu lernen, sollte Balls neunteilige Artikel über die verschiedenen Aspekte des Metaverse lesen. Ich kann sie alle sehr empfehlen", sagte Metas CEO.

Im Juli 2022 erschien Balls Standardwerk "The Metaverse: And How it Will Revolutionize Everything", in dem er seine Thesen aktualisierte und erweiterte. Am 23. Oktober folgt die deutsche Übersetzung (Amazon-Link) im Vahlen-Verlag.

Ball verzichtet auf eine enge Definition des Metaverse und nennt stattdessen sieben Kernmerkmale, die man in seinem Aufsatz "The Metaverse: What It Is, Where to Find it, and Who Will Build It" von Anfang 2020 nachlesen kann:

  1. Persistenz: Das Metaverse geht immer weiter, statt zurückgesetzt, pausiert oder beendet zu werden.
  2. Synchronizität und Live-Charakter: Das Metaverse wird eine "lebendige Erfahrung", die für alle konsistent und in Echtzeit existiert.
  3. Grenzenlose Zahl gleichzeitiger Nutzer:innen und individuelle Präsenz: Jede und jeder kann Teil des Metaverse sein und gemeinsam, gleichzeitig und mit individueller Handlungsfähigkeit an Ereignissen teilnehmen.
  4. Eine voll funktionsfähige Ökonomie: Einzelpersonen und Unternehmen werden im Metaverse arbeiten, Dinge besitzen, verkaufen und investieren können.
  5. Eine Erfahrung, die digitale und physische Welten umfasst.
  6. Eine nie dagewesene Interoperabilität, die es Nutzer:innen erlaubt, Daten, digitale Gegenstände und Inhalte von einer Plattform zur nächsten Plattform zu bewegen.
  7. Erfahrungen und Inhalte aus einer Vielzahl Quellen: Unternehmen, lose organisierten Gruppierungen und Individuuen.

Was das Metaverse laut Matthew Ball gerade nicht ist, hat der Autor ebenfalls beschrieben.

Quellen: Fast Company, Linkedin, Twitter