Kritik am Facebook Metaverse: "Menschen fürchten das Zuckerverse"

Kritik am Facebook Metaverse:

Facebook will zum Metaverse-Unternehmen werden. Doch wollen die Menschen ein Facebook Metaverse? Der bekannte Marketing-Forscher Scott Galloway ist nicht davon überzeugt. Auch andere Forschende mahnen zur Vorsicht.

Im Sommer enthüllte Facebook-Chef Mark Zuckerberg seine noch etwas unscharfe Metaverse Vision: Eine Nachfolgetechnologie zum mobilen Internet soll es werden, die über viele Geräte zugänglich ist und die über VR und AR an Räumlichkeit und Begegnung gewinnt im Vergleich zum aktuellen Internet.

Schon in fünf Jahren will Facebook die Transformation zum Metaverse-Unternehmen abgeschlossen haben. Erst kürzlich installierte Zuckerberg dafür seinen langjährigen Freund Andrew Bosworth als Facebooks neuen Technologiechef. Bosworth leitet derzeit noch die XR-Abteilung und ist auf Hardware fokussiert.

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Facebook muss unabhängig werden

Bekannt ist, dass Facebook das Smartphone-Zeitalter möglichst schnell abmoderieren und in eine neue Technologiephase starten will, in der sich der Werbekonzern aus der Hardware- und App-Umklammerung durch Apple und Google befreit.

Wie schnell sich die beiden großen Tech-Rivalen in Facebooks Ökosystem einmischen können, sieht man an Apples gerade eingeführter Restriktion bezüglich personalisierter Werbung. Sie wirkt sich unmittelbar auf Facebooks Umsätze aus. Für Facebook ist diese Abhängigkeit ein unternehmerisches Risiko – der Konzern will die gesamte Wertschöpfungskette kontrollieren.

Angst vor dem „Zuckerverse“?

Marketing-Professor Scott Galloway von der New Yorker Universität, der in seinem Bestseller „The Four“ die Strategien der Techriesen Amazon, Facebook, Apple und Google untersucht, sieht Zuckerberg entsprechend als Treiber der Metaverse-Idee – und fällt ein kritisches Urteil.

„Dass er beschlossen hat, dass der einzige Weg, unsere Aufmerksamkeit zu erhöhen, darin besteht, zum Universum zu werden, ist eines dieser Probleme, die, wenn man sich zurücklehnt und zu lange darüber nachdenkt, zu nichts Gutem führen können“, sagt Galloway dem Guardian.

Die Leute hätten keine Angst vor dem Metaverse, aber vor dem „Zuckerverse“ – das sei ein Ergebnis von Facebooks starker Dominanz in Social Media. „Es gibt mehr Menschen, die ihre Informationen von Facebook beziehen als Menschen auf der südlichen Hemisphäre plus Indien“, sagt Galloway.

Galloway ist seit Jahren Kritiker von Facebooks Virtual Reality-Strategie, bezeichnete VR 2018 gar als „größte Lüge der Technologiegeschichte“.

Das Metaverse könnte Facebooks Daten-Dominanz untermauern

Andere vom Guardian befragte Forschende beschreiben Risiken wie mangelnde Gleichberechtigung, wenn nicht alle Menschen Zugang zum Metaverse haben, oder Facebooks zunehmende Daten-Dominanz, wenn Menschen noch mehr Zeit in Facebook-Apps verbringen.

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Facebook launcht mit Horizon Workrooms einen ersten Metaverse-Baustein für die Arbeitswelt. | Bild: Facebook

„Für mich ist das einfach ein weiterer Schritt in der Monetarisierung von Daten zugunsten von Facebook und anderen großen Plattformen, die den Menschen als lustig, aufregend, hilfreich für die Produktivität bei der Arbeit und so weiter verkauft werden“, sagt Robin Mansell, Professorin für neue Medien und das Internet an der London School of Economics and Political Science.

Sie fordert, basierend auf den Erlebnissen rund um Social Media, das Regierungen beim Metaverse frühzeitig eingreifen und etwa Transparenz und Datenschutz verlangen.

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Facebooks Metaverse-Kampagnen in Washington laufen an

Derzeit schwärmen Facebook-Angestellte aus und sollen in den Köpfen der Entwickler:innen und Politiker:innen den Weg bereiten für Facebooks Metaverse-Idee. Laut der Washington Post ist Facebooks Metaverse-Lobbying in Washington bereits in vollem Gange. Zuckerberg soll diese Aufgaben PR-Chef Nick Clegg, ehemaliger britischer Vize-Premierminister, und COO Sheryl Sandberg überlassen.

Nick Clegg Bosworth soll etwa auf dem Washingtoner Atlantic Ideen-Festival, das Facebook mitbezahlt, einen Vortrag mit dem Titel „Reise in das Metaverse“ halten. Weitere Treffen mit verschiedenen Gruppen zu Themen wie Standards und Protokollen für die kommende virtuelle Welt sollen bereits laufen.

„Es geht nicht um den guten Ruf. Es ist grundlegend. Wir sprechen jetzt mit politischen Entscheidungsträgern, Akademikern, Partnern und anderen Experten, weil wir es [das Metaverse] verantwortungsvoll tun wollen“, sagt Facebook-Sprecher Kevin McAlister der Washington Post.

Anders urteilt Joan Donovan, Forschungsdirektorin des Shorenstein Center on Media, Politics and Public Policy an der Harvard Universität: Die Metaverse-Kampagne sei darauf ausgerichtet, den Regulierungsbehörden und potenziellen Problemen mit den neuen Technologien zuvorzukommen.

Weiterlesen über Facebooks Metaverse-Strategie:

Quellen: The Guardian, Washington Post