Autonomes Fahren soll Fahrradfahren sicherer machen

Autonomes Fahren soll Fahrradfahren sicherer machen

Argo AI stellt Richtlinien für autonomes Fahren im Umgang mit Fahrrädern im Straßenverkehr vor. Worauf sollen Entwickler:innen künftig achten?

Das Start-up Argo AI veröffentlicht Standards für Entwickler:innen von autonomen Fahrsystemen. Zentraler Punkt ist der Umgang mit Fahrrädern. Die Richtlinien wurden in Kooperation mit einem US-Verband für die Sicherheit von Fahrradfahrenden im Straßenverkehr entwickelt und sollen im Idealfall als bewährte Praxis von der Branche angenommen werden.

Argo AI: Autonom unterwegs in Deutschland und den USA

Das US-Start-up Argo AI wird zum Großteil von Ford und dem deutschen Automobilkonzern Volkswagen finanziert. Es soll im kommenden Jahr eine eigene Teststrecke für autonomes Fahren am Münchner Flughafen eröffnen. Der in jüngster Vergangenheit auf dem IST Weltkongress in Hamburg vorgestellte autonom fahrende VW ID. Buzz AD ist mit Argos autonomem Fahrsystem ausgestattet.

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Das Areal des LabCampus am Flughafen München.

Das Areal des LabCampus, an dem Argo AI eine Teststrecke für autonomes Fahren errichtet, entsteht direkt am Airport München. | Bild: Flughafen München

Ab 2025 sollen die selbstfahrenden E-Kleinbusse in Hamburg den Betrieb aufnehmen. VW kündigte bereits Tests für seine Robo-Flotte an, die im Laufe des nächsten Jahres starten sollen. In den USA testet Argo seine autonomen Fahrsysteme auf öffentlichen Straßen in den US-Bundesstaaten Texas, Washington, Pennsylvania, Michigan und Kalifornien.

Autonomes Fahren könnte Straßen für Fahrradfahrer sicherer machen

Für diese Staaten veröffentlichte das Start-up in Zusammenarbeit mit der League of American Bicyclists sechs Grundsätze, die Entwickler:innen von autonomen Fahrsystemen beim Umgang mit Fahrrädern im Straßenverkehr beachten sollen. Gemeinsam wolle man die Sicherheit von sämtlichen Verkehrsteilnehmern verbessern.

Laut Ken McLeod, Geschäftsführer des Fahrradverbands, habe sich die Sicherheit für Verkehrsteilnehmer:innen außerhalb von Fahrzeugen in den letzten zehn Jahren deutlich verschlechtert. Autonomes Fahren könne diesen tödlichen Trend allerdings umkehren, wenn entsprechende Standards bei der Programmierung der Software eingehalten werden.

Nach Angaben der National Highway Traffic Safety Association (NHTSA) ist die Zahl der Verkehrstoten unter Radfahrenden im Jahr 2020 gegenüber dem Vorjahr um fünf Prozent gestiegen. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) schätzt, dass jährlich weltweit etwa 41000 Fahrradfahrende bei Verkehrsunfällen ums Leben kommen.

Autonomes Fahren: Das sind Argos Richtlinien für sicheres Radfahren

Im Folgenden haben wir die wichtigsten Punkte aus Argos sechs Richtlinien übersetzt und zusammengefasst. Die komplette Ausführung in englischer Sprache findet ihr auf der Webseite von Argo AI.

Nummer 1: Radfahrende sollten eine eigenständige Objektklasse sein

Radfahrende unterscheiden sich in ihrem Verhalten maßgeblich von Fußgängern, E-Scootern oder anderen Verkehrsteilnehmern. Autonome Fahrsysteme sollten durch eine Vielzahl an Fahrradbildern trainiert werden, die sie in abweichenden Positionen und Ausrichtungen zeigen. Blickwinkel, Fahrtgeschwindigkeit, Formen, Arten und Größen sowie Merkmale verschiedener Fahrer:innen sollten ebenfalls berücksichtigt werden.

Nummer 2: Typisches Verhalten von Radfahrern sollte erwartet werden

Damit autonome Fahrsysteme ideal auf Radfahrende reagieren können, ist ein fortgeschrittenes Verständnis ihrer potenziellen Bewegungsmuster notwendig. Dazu zählen Spurwechsel, das Umfahren von Stoppschildern, schnelle Seitwärtsbewegungen, Absteigen und Weiterschieben, oder abruptes Ausweichen vor Hindernissen. Ein Fahrsystem sollte deshalb spezialisierte, fahrradspezifische Bewegungsvorhersagemodelle verwenden.

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Nummer 3: Radverkehrsinfrastruktur und lokale Gesetze sollten kartiert werden

Die von autonomen Fahrsystemen verwendeten HD-Karten sollen Details über die Radverkehrsinfrastruktur enthalten und die lokalen staatlichen Radverkehrsgesetze beachten. Das Wissen um die Fahrradinfrastruktur hilft dem System bei der Vorhersage möglicher fahrradspezifischer Bewegungen, beim Einhalten des Sicherheitsabstandes und bei der Beachtung von Fahrradspuren.

Nummer 4: Ein autonomes Fahrsystem sollte einheitlich und verständlich agieren

Die Absichten eines autonom fahrenden Vehikels sollten für andere Verkehrsteilnehmer:innen stets klar erkennbar sein. Beim Überholen von oder Fahren hinter Radfahrenden sollte das System vorsichtig unter angemessener Geschwindigkeit und unter Einhaltung der Sicherheitsabstände agieren – auch, um auf mögliche Stürze reagieren zu können. Überholen sollte das Fahrzeug nur dann, wenn es diese Bedingungen während des gesamten Manövers einhalten kann.

Zudem ist es stets erforderlich, dass das Fahrzeug klare Hinweise auf seine Absichten gibt, wie etwa das Blinken beim Anpassen der Fahrzeugposition in der Spur oder als Vorbereitung eines Überholmanövers. Vermindern Radfahrende den Sicherheitsabstand zum Fahrzeug, etwa beim Spurwechsel oder während eines Ausweichmanövers, sollte das Fahrzeug möglichst wenig Maßnahmen ergreifen, die den Sicherheitsabstand noch weiter verringern.

Nummer 5: Bereiten Sie ihr System auf unsichere Situationen vor und bremsen Sie proaktiv

Verkehrsteilnehmer:innen handeln gelegentlich unvorhersehbar. Ein autonomes Fahrsystem sollte deshalb Ungewissheit über die Absichten oder Geschwindigkeiten von Fahrrädern einkalkulieren. Dies gilt etwa dann, wenn ein Radfahrer auf gleicher Spur in die entgegengesetzte Richtung fährt. Bei Unsicherheit sollte das System die Geschwindigkeit verringern und nach Möglichkeit den Abstand vergrößern.

Nummer 6: Radfahrszenarien sollten kontinuierlich getestet werden

Entwickler:innen von selbstfahrenden Technologien sollten sich zu virtuellen und physischen Tests ihrer Systeme verpflichten. Dabei sollte die Sicherheit von Radfahrenden in sämtlichen Phasen der Entwicklung besonders berücksichtigt werden.

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