Was der Second Life-Erfinder über den Metaverse-Hype denkt
Der Second Life-Erfinder Philip Rosedale wünscht Meta bei seiner Metaverse-Mission alles Schlechte – und sieht generell geringe Erfolgsaussichten.
Eigentlich sollte man ja meinen, dass Philipp Rosedales Herz vor Freude gerade Hochsprungrekorde sprengt und er zu einem einzigen großen "Ich habe es euch doch gesagt!" ansetzt. Immerhin proklamierte er schon 2007, der Second Life-Höhenflug ging gerade in den Sinkflug über, das 3D-Web mit Metaverse-Zukunft.
"Das 3D-Web wird sich schnell durchsetzen und jeder wird einen Avatar haben", sagte Rosedale seinerzeit. Das könnte auch ein aktuelles Zitat von Meta-Chef Mark Zuckerberg sein. Damals kam es anders, als Rosedale es prognostizierte. Und heute?
___STEADY_PAYWALL___Rosedale ist jetzt Metaverse-Skeptiker
In Interviews äußert sich Rosedale zum aktuellen Metaverse-Hype – und sieht im Grunde keine Erfolgsaussichten. "Die Leute wollen nicht den ganzen Tag mit einer VR-Brille als Cartoon-Avatar herumlaufen", sagt Rosedale.
Es sei "außerordentlich schwierig, normale Menschen bei der Arbeit" von dieser Idee zu überzeugen, insbesondere wegen der fehlenden Mimik der Avatare. "Es ist sehr stressig für die Leute, das zu tun, und die meisten von ihnen wollen das nicht", sagt Rosedale.
Metaverse-Publikum vermutet er vornehmlich bei Menschen, die im realen Leben weniger Möglichkeiten haben, sich auszuleben oder Kontakte zu knüpfen.
"Wenn du ein komfortables Leben in New York City führst und jung und gesund bist, wirst du dich wahrscheinlich dafür entscheiden, dort zu leben. Wenn ich dir das Leben eines Avatars anbiete, wirst du es nur selten nutzen", sagt Rosedale. "Wenn du hingegen auf dem Land lebst und kaum soziale Kontakte hast, behindert bist oder in einer autoritären Umgebung lebst, in der du dich nicht frei äußern kannst, dann kann dein Avatar zu deiner Hauptidentität werden."
Das aktuelle große Interesse an der Idee führt Rosedale auf die Corona-Pandemie zurück und die Tatsache, dass sich durch sie das Leben teils stärker ins Netz verlagert hat, sowie auf Metas Versuch, sich neu zu erfinden.
Zu Metas Chancen auf einen möglichen Durchbruch beim Metaverse-Projekt sagt Rosedale: "Hoffentlich haben sie keine." Es sei immer noch nicht klar, weshalb Menschen das Metaverse besuchen und darin viel Zeit verbringen sollten. Schon bei Second Life habe er sich bei diesem Aspekt verschätzt.
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Rosedales zweiter Metaverse-Versuch scheiterte ebenfalls
Einen kleinen Hoffnungsschimmer lässt Rosedale aktuellen Metaverse-Enthusiast:innen dennoch: Irgendwann sei das Metaverse wohl möglich, aber der Weg sei lang mit beträchtlichen Herausforderungen, insbesondere bei komfortabler Kommunikationstechnologie.
"Ich denke, was wir gelernt haben [mit Second Life] - und mit einer gewissen Traurigkeit, angesichts der Arbeit, die ich getan habe, stimme ich zu - ist, dass es [das Metaverse] nicht für alle etwas ist und vielleicht niemals für alle etwas sein wird", sagt Rosedale.
Dazu muss man wissen, dass Second Life nicht Rosedales einziger Metaverse-Versuch war: Mit seinem Start-up High Fidelity versuchte Rosedale vor einigen Jahren ein Metaverse-Comeback mit VR-Brillen.
"Eines Tages gehen wir in VR in die Schule, besuchen Veranstaltungen, haben einfach eine gute Zeit zusammen oder bauen gemeinsam neue Welten", sagte Rosedale Mitte 2018 nach einer erfolgreichen Finanzierungsrunde.
Einige Monate später war dann Schluss mit High Fidelity. Statt vieler Millionen Nutzer:innen konnte Rosedale nur wenige Zehntausende für seine Metaverse-Vision gewinnen.
Schuld an diesem Scheitern war für Rosedale, daran ließ er keine Zweifel, die VR-Brille als solche: Der "Mäusesarg vor dem Gesicht" würde bestenfalls in der Gaming-Nische überleben oder für Anwendungen in Unternehmen. Die Verkaufszahlen der Geräte lägen weit unter den Erwartungen.
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