Resident Evil Village VR im Test: Schrecklich oder schaurig?
Liefert Resident Evil 8 wieder Top-Qualität in VR? Ich habe die komplette Kampagne auf der Playstation VR 2 getestet.
Nach dem atemberaubend schönen Horizon Call of the Mountain versorgt auch Capcom die Playstation VR 2 mit großen Produktionen. Nicht nur für die Neuauflage von Resident Evil 4 ist ein VR-Modus ohne Aufpreis geplant.
Resident Evil Village (also Teil 8) hat bereits zum Start der VR-Brille einen kostenlosen DLC erhalten, der den kompletten Story-Modus in VR spielbar macht. Euren bisherigen PS5-Spielstand dürft ihr leider nicht verwenden und auch der Arcade-Modus "Mercenaries" wird nicht unterstützt.
Der Test zeigt trotzdem, dass die Kampagne in der virtuellen Realität fesselnder ist als je zuvor!
Inhalt
Resident Evil Village: Review in aller Kürze
Resident Evil Village übertrifft bei Umfang, Spieltiefe und Detailreichtum fast jedes andere VR-Abenteuer. Die Suche nach der verschwundenen Tochter führt in einer motivierenden Mischung aus Action, Rätseln, Verstecken und Erkunden in eine wahnwitzige rumänische Albtraumwelt.
Gelegentlich macht sich an holprigen Übergängen oder Schnittstellenfehlern bemerkbar, dass das Spiel nicht für VR entwickelt wurde. Die Immersion ist dank der atemberaubenden Kulisse dennoch großartig und bemerkenswert gut auf die Möglichkeiten der PSVR 2 abgestimmt. Vor allem die Vibration des Headsets macht Schusswechsel und wilde Bosskämpfe noch intensiver.
Resident Evil Village ist für mich geeignet, wenn …
- ich ein umfang- und abwechslungsreiches VR-Abenteuer suche,
- die nach Horizon zweitschönste VR-Kulisse erleben möchte und
- die haptischen Effekte der PSVR 2 voll auskosten möchte.
Resident Evil Village ist für mich weniger geeignet, wenn…
- mich Anpassungsfehler wie die fehlende Kollisonsabfrage mancher Objekte stören,
- ich eine halbwegs stringente Geschichte suche und
- mich zu viel Geballer in einem Horrorspiel stört.
Eine wilder VR-Horrortrip
Resident Evil Village macht von Anfang an klar, dass es sich um einen wilden Horrortrip handelt. Eigentlich wollte Ethan Winters nach dem Umzug mit seiner Frau Mia und Baby Rose die Geschehnisse des Vorgängers vergessen.
Doch die Familienidylle im rumänischen Heim währt nicht lange. Schon nach wenigen Minuten wird Ethans Tochter entführt. Der verletzte Protagonist muss sich zwangsläufig auf die Suche nach dem hilflosen Kind machen.
Auf der Spurensuche lauern unzählige Schrecken. Während der Flucht vor zotteligen bewaffneten Werwölfen landet Ethan in Kellern voller Leichen, schleicht sich durch das Schloss der Vampirlady Dimitrescu und erkundet in halb offenen Levels abgelegene Pfade.
Bewaffnete Kämpfe und kleine Inventar-Rätsel mit Kultgegenständen wurden schön integriert. Mal suche ich Hinweise auf die passende Kombination beweglicher Steinplatten, anderswo hievt ein Wagenheber einen Traktor aus dem Weg.
Die Story ist mir hingegen zu verworren. Hier wird einfach zu viel durcheinandergewürfelt: Vom Blutdurst der Vampirtöchter über zuckende Killerpuppen bis zu Maschinenwesen will vieles nicht so recht zusammenpassen. Auch Ethans unfreiwillig komischer Lieblingsfluch "Mist!" erinnert mich eher an Bernd das Brot als an die grausame Situation.
Resident Evil 8: Mehr Immersion dank VR
Über die Ungereimtheiten in der Geschichte kann ich letztlich hinwegsehen, weil mich das Spiel in VR noch mehr fesselt als auf dem Fernseher. Während ich mich vorher oft etwas eingeengt fühlte, gibt mir die VR-Umsetzung ein neues Gefühl von Freiheit.
Sei es das vorsichtige Kriechen durch versteckte Gänge oder der Einsatz von Schrotflinte und Scharfschützengewehr: All das vermittelt das Gefühl, die finstere Welt persönlich zu erkunden. Selbst wenn mir in einer Zwischensequenz ein überraschter Dorfbewohner seine Flinte ins Gesicht hält, kommt das deutlich bedrohlicher rüber als auf dem flachen Bildschirm.
Beim Anvisieren mit Schusswaffen hat sich Capcom eine coole, optionale Neuerung ausgedacht: Stabilisiere ich die Waffe mit der zweiten Hand, zielt sie automatisch im passenden Winkel in Richtung Feind. Taumelt etwa ein modriger Schwertkrieger in der Burg auf mich zu, muss ich den Zielpunkt nur noch exakt vor seinen Kopf bewegen, anstatt auch noch Kimme und Korn passend auszurichten.
Falls euch das zu stark in die Handhabung eingreift, könnt ihr diese Hilfe deaktivieren – oder gleich den allgemeinen Schwierigkeitsgrad anpassen. Die Kämpfe gegen überraschend auftauchende Monster sind in jedem Fall richtig unterhaltsam. Zwischen alten Möbelstücken ist es nicht immer leicht, plötzliche Bewegungen aus allen Richtungen im Auge zu behalten.
Zum Glück hilft die räumliche Abmischung ein wenig bei der Ortung, selbst wenn manch ein modriger Zeitgenosse etwas zu nah klingt. Das haptische Feedback im Headset hat mir dabei immer wieder Gänsehaut beschert. Vor allem die Durchschlagskraft streuender Flintenschüsse wirkt gleich spürbar imposanter, wenn der "Wumms" auch als Vibration am Haupt spürbar wird.
Nahkampf spielt hier nach wie vor nur die zweite Geige. Aufdringliche Angreifer lassen sich nicht so schön wegstoßen wie in The Walking Dead: Saints & Sinners - Chapter 2: Retribution. Im Gegenzug haben die Entwickler einen Block mit gekreuzten Armen sowie Faustschläge eingebaut. Beides hält bissige Bestien aber nur kurz auf Distanz.
Stärken und Schwächen bei der VR-Anpassung
Das reicht aus, um per Bewegungssteuerung Patronen in den Lauf zu fummeln, den Schlitten zurückzuziehen und mehr. Nach einer kurzen Ausweichbewegung befreie ich einen Werwolf von seinem Zottelkopf oder hole eine Vampirfledermaus aus der Luft – ein herrlich makabres Gefühl!
Die händische Waffenbedienung bietet insgesamt einen schönen Mix aus Anspruch und Zugänglichkeit.
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Schade, dass Capcom nicht allen Aspekten der VR-Umsetzung so viel Aufmerksamkeit gönnt. Zu den Schwachpunkten gehören einige der Story-Sequenzen. In manchen Momenten mit wilden Kamerabewegungen wechselt die Regie kurz zur virtuellen Kinoleinwand. Der Übergang wirkt dabei reichlich abrupt.
Auch an anderer Stelle hat die Anpassung an VR-Bedürfnisse ihre Tücken. Meine Arme sind etwa bei genauerem Hinsehen nur körperlose Stummel, die in Zwischensequenzen ein Eigenleben entwickeln. Im Spiel ragen sie munter in Objekte hinein. Durch viele Kommoden und Wände kann ich einfach ohne die in VR übliche Kollisionsabfrage hindurchgreifen.
Nach Horizon Call of the Mountain kommt es mir zudem seltsam vor, dass ich mit so wenigen Objekten interagieren kann. Während es im ursprünglichen Spieldesign Sinn ergibt, dass Schätze nur in einigen zerstörbaren Vitrinen warten, stört das in VR das Präsenzgefühl.
Die Inventar-Umsetzung hingegen ist weitgehend gelungen. Nach kurzer Eingewöhnung erreiche ich problemlos die Slots an Schultern, Hüftgurt und im aufklappbaren Mantel.
Versteckspiel im Puppenhaus
Die Untersuchung von Fundstücken ist hingegen etwas umständlich. Statt sie in die Hand zu nehmen, drehe ich sie mit einem Cursor, um etwa einen versteckten Schraubenzieher im Schlüsselbund freizulegen. Auch die Sortierung des Inventars ist dadurch etwas unpraktisch.
Beim rundlichen Händler Duke lassen sich Schätze, Geld oder erlegte Tiere gegen diverse Upgrades für Waffen, Taschen und Widerstandskraft eintauschen. Das motiviert zum gemütlichen Abklappern der Nebenpfade.
Eine schöne Abwechslung sind auch die Momente, in denen sich Ethan vor der hünenhaften Lady Dimitrescu versteckt – oder in einem Haus voller Horror-Puppen. Letzteres ist eine kurze, aber schöne Anspielung an Horrortitel wie Alien Isolation oder Konamis legendäre Horrorspieldemo P.T. (Silent Hills).
Auf dem wahnhaften Trip durch das Anwesen der Puppenmacherin krabble ich etwa unter ein Bett, um einem glibbrigen Verfolger zu entfliehen. Inventargegenstände wie künstliche Augäpfel oder eine versteckte Pinzette spielen hier eine größere Rolle als im actionreichen Rest des Spiels.
Apropos Action: Die bombastischen, gut ausbalancierten Bosskämpfe gehören zum Besten, was ich bisher im VR-Bereich erlebt habe. Ich will nicht zu viel verraten, aber macht euch darauf gefasst, von gigantischen Monstern durch die halbe Szenerie gezerrt zu werden. Die Vibration am Kopf macht die Tortur dabei sogar noch eindrucksvoller.
Resident Evil Village VR: Fast schon fotorealistisch
Auch die extrem detailreichen Kulissen haben mich immer wieder in Erstaunen versetzt. Viele kleine Ornamente und realistische Spiegelungen auf glatten Oberflächen lassen die Kulissen fast fotorealistisch erscheinen. Das gilt vor allem für die kleineren Räume im Haus der Puppenmacherin.
Selbst das prachtvolle Half-Life: Alyx sieht danach erstaunlich statisch und detailarm aus, sogar auf Ultra-Einstellungen. Nur im Vergleich mit Horizon muss sich "Resi" geschlagen geben: In Sonys Vorzeigetitel profitieren Panoramen und feine Holzoberflächen von einer noch höheren Auflösung, die das Bild ruhiger erscheinen lässt.
Auch der für Virtual Reality ungewöhnliche OLED-Bildschirm der PSVR 2 macht sich in Resident Evil Village bemerkbar. Einerseits profitiert die Atmosphäre massiv vom tiefen Schwarzwert, andererseits wird in finsteren Momenten bei mir die ungleichmäßige Ausleuchtung des Bildschirms sichtbar (Mura-Effekt).
Tricks für den Komfort
Der Komfort präsentiert sich hier fast durchweg vorbildlich. Mein Magen zeigte sich selbst in Zwischensequenzen kaum beeindruckt. Empfindliche Naturen dürfen solch hektische Passagen übrigens überspringen. Weiterhin gibt es zahlreiche Einstellmöglichkeiten, die von schrittweisem Drehen bis hin zur Ausrichtung nach dem Kopf oder einer Hand reichen.
Ein echtes Highlight ist die Vignette am Bildrand mit ihrem weichen Übergang. Sie schließt sich bei schnellen Bewegungen fast wie ein echtes Auge: In kritischen Momenten verengt sich vor allem am oberen und unteren Rand das Bild, was sich sehr natürlich anfühlt und Übelkeit effektiv vermeidet. Die Fortbewegung per Teleport fehlt hingegen.
Resident Evil 8 in VR Test-Fazit: Ein echtes Highlight
Alles in allem ist der VR-Modus von Resident Evil Village ein echtes Highlight im Launch-Line-up der PSVR 2. Auch wenn nicht alle Aspekte ideal umgesetzt wurden, hat mich kaum ein VR-Spiel so lange motiviert.
Mit rund 14 Stunden Spielzeit und überraschend hübschen Kulissen bringt das Spiel echte AAA-Atmosphäre in Virtual Reality. Nur Gran Turismo 7 dürfte mich noch deutlich länger beschäftigen.
Eine Umsetzung von Resident Evil Village für andere VR-Plattformen ist derzeit nicht geplant. Alternativ gibt es aber bereits Mods verschiedener Serienteile für PC-VR-Brillen. Ein offizielles VR-Remake von Resident Evil 4 ist für Quest 2 erhältlich. Resident Evil 7 erhielt bereits auf der ersten PSVR einen kostenlosen VR-Modus: Dort könnt ihr sogar frei zwischen VR- und TV-Modus wechseln. In Resident Evil Village ist das nicht möglich.
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