Pimax Crystal ausprobiert: Die Early-Access-VR-Brille für Bastler

Pimax Crystal ausprobiert: Die Early-Access-VR-Brille für Bastler

Ich habe die Pimax Crystal ausprobiert. Kann die chinesische Hybrid-Brille für PC-VR und Standalone VR überzeugen?

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Pimax-Brillen sind eine schwierige Angelegenheit. Die unter anderem Kickstarter-finanzierten VR-Brillen des chinesischen Herstellers hatten immer Alleinstellungsmerkmale, etwa ein sehr großes Sichtfeld von bis zu 200 Grad oder eine sehr hohe Auflösung. Dafür konnten dann wieder andere Features nicht überzeugen, etwa die Qualität der Komponenten, Verzerrungen im Bild oder diverse Versprechungen wurden gestrichen oder erst verzögert veröffentlicht.

Derzeit versucht Pimax sich an der Entwicklung von gleich zwei Eier legenden Wollmilchsäuen: Die Pimax Portal soll ein VR-Headset mit Handheld-Konsole werden und die Pimax Crystal will sowohl hochwertiges PC-VR als auch autarkes VR bieten.

Ich habe die Pimax Crystal ausprobiert und teile meine Erfahrungen mit euch.

Es handelt sich bei der Pimax Crystal – und das solltet ihr unbedingt vor einem möglichen Kauf wissen – um ein Vollpreis-Early-Access-Programm für VR-Hardware, die bei Kund:innen reift.

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Pimax Crystal: Installation und Konfiguration

Ach, PC-VR, wie habe ich dich früher mal geliebt. Und dann habe ich festgestellt, dass der Konfigurationskrieg mit Kabeln und mindestens zwei verschiedenen Softwares einfach nur ätzend ist. Klar, wer PC-VR einmal richtig eingestellt hat, kann damit viel Freude haben. Wer allerdings bei jeder Nutzung DisplayPort-Anschlüsse tauschen oder USB-Ports wechseln muss, findet das einfach nur nervig.

Nachdem ich die beiden USB-Kabel und den DisplayPort-Anschluss verbunden sowie den Pimax Client installiert habe, wird das Headset erkannt. Zumindest in 90 Prozent der Fälle. Es kommt immer wieder vor, dass nichts passiert und eine Fehlermeldung in der Pimax-Software das Headset nicht erkennt. Mehrfaches Wechseln der USB-Ports schafft Abhilfe.

VR-Brille Pimax Crystal auf Tisch mit Zubehör

Das komplette Set der Pimax Crystal, inklusive Controller, Kabel, Ersatz-Akku und Ladedock. | Bild: MIXED

Die Software beinhaltet einen Guide für die Installation. Ist Pimax Crystal verbunden, kann ich außerdem viele kleinteilige Einstellungen vornehmen, darunter meinen Augenabstand. Ein Motor im Headset verschiebt die Linsen automatisch. Eye-Tracking ist mittlerweile aktiviert und im Testprogramm funktioniert das relativ gut, allerdings klappt die automatische Einstellung des Augenabstands damit derzeit nicht. Dafür kommen sicher noch weitere Software-Updates.

Aus dem Pimax-Client heraus starte ich direkt SteamVR – was notwendig ist, denn es gibt kein Software-Menü innerhalb der VR-Brille. Alle Einstellungen oder auch ein simpler Neustart müssen über den Desktop-Client vorgenommen werden. Da es immer mal wieder Bugs gibt, etwa falsche Bodenhöhe, die mich entweder im Boden versinken lässt oder zum virtuellen Riesen macht, muss ich jedes Mal die VR-Brille abnehmen und am PC die nötigen Neustarts oder Einstellungen vornehmen. Das macht wenig Freude.

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Kann denn das Bild wenigstens entschädigen? Ja, das kann es.

Auflösung, Sichtfeld, Bildklarheit

Die Pimax Crystal bietet QLED-Displays mit MiniLED-Backlight und eine Auflösung von 2.880 mal 2.880 Bildpunkten. Die Bildwiederholrate soll bis zu 120 Hertz (160 Hz im Test-Modus) betragen und die asphärischen Linsen sollen austauschbar sein. Mein Testgerät beinhaltet Linsen mit 35 PPD (Pixel per Degree), es soll noch ein Set mit 42 PPD geben.

Ich habe die Pimax 8K X, die mit 3840 x 2160 Pixel pro Auge die gleiche Auflösung bringt, aber aufgrund des extremen Sichtfelds von 200 Grad Verzerrungen zu den Rändern hin sowie Artefakte aufweist. Im Vergleich gefällt mir das Bild der Pimax Crystal deutlich besser, auch wenn das Sichtfeld kleiner ist. Offiziell wird es mit 125 Grad (horizontal) angegeben, die 42 PPD-Linsen sollen bis zu 140 Grad ermöglichen. Die große Stärke der Pimax Crystal ist allerdings das klare Bild, das dem Namen der VR-Brille wirklich alle Ehre macht.

Blick auf die asphärischen Linsen der VR-Brille Pimax Crystal

Die asphärischen Glas-Linsen der Pimax Crystal bieten ein tolles, klares Bild. | Bild: MIXED

Das Bild ist sehr scharf, klar und bleibt es auch bis zu den Rändern. Es gibt keine Verzerrungen, die Schwarzwerte sind top, God-Rays gibt es nicht und selten sehe ich minimales Glare (der Strahlenkranz um helle Objekte, etwa weiße Schrift auf dunklem Hintergrund). Auch gibt es keinerlei internen Reflexionen.

Um das beste Bild zu erreichen, muss allerdings auch der PC mithalten können. Pimax empfiehlt eine RTX 3080 oder besser für die beste Erfahrung mit der VR-Brille. Das kann ich bestätigen: Mit einer RTX 3080 kann ich das scharfe Bild bei guter Performance genießen.

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Pimax Crystal: Inside-Out-Tracking und Komfort

Pimax Crystal verwendet für die Nachverfolgung des Headsets und der Pimax-Controller Inside-Out-Tracking. Das funktioniert mittlerweile gut. Das Headset-Tracking macht keine Probleme, die Controller leiden jedoch unter einer leichten Verzögerung und ziehen etwas nach. Insgesamt kommt die Inside-Out-Tracking-Qualität bis jetzt nicht an die der Quest 2 heran.

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Pimax Crystal ist nicht mehr so breit wie die früheren Pimax-Brillen, aber trotzdem sehr wuchtig. Das Gewicht beträgt mit dem austauschbaren Akku am Hinterkopf satte 1150 Gramm, was sich nach einiger Tragezeit in Nackenschmerzen bemerkbar machen kann. Gesichtspolster und die Kopfhalterung am Hinterkopf sind für meine Kopfform (ebenso wie bei Pico 4 oder Vive XR Elite) ungeeignet.

Akku und Backplate der VR-Brille Pimax Crystal

Die Hinterkopfhalterung ist gerade so mit etwas Schaumstoff versehen - Polsterung ist etwas anderes. | Bild: MIXED

Die fast ungepolsterte Platte am Hinterkopf kann nur durch ordentlichen Anpressdruck an Ort und Stelle gehalten werden. Meine Brille passt gerade so in die VR-Brille, die Gläser liegen fast auf den Linsen. Das Standard-Gesichtspolster ist zu dünn und schließt rechts und links nicht sauber ab, was Licht einlässt. Wer mehr Komfort will, muss dickere Polster zukaufen.

Fun Fact: Der dünne Plastikrand unterhalb der Augen, auf dem das Gesichtspolster klebt, ist lichtdurchlässig, was zu zwei permanenten Lichtstreifen unter den Augen führt – obwohl es dort keine Lücke zwischen Gesicht und Brille gibt. Ich frage mich, wieso das niemandem bei der Produktion aufgefallen ist.

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Unterseite des Visors der Pimax Crystal mit Markierung

Dieses Plastikstück ist lichtdurchlässig. Warum? | Bild: MIXED

Der Akku wird auch für den PC-VR-Einsatz benötigt. Ohne lässt sich das Headset nicht starten. Das bedeutet auch, dass nach etwa drei Stunden Spielzeit Schluss ist und ihr den Akku aufladen oder den zweiten Akku per mittlerweile funktionierender Hot-Swap-Funktion austauschen müsst. Die Standalone-Funktion, also die Nutzung der Pimax Crystal als autarke VR-Brille, funktioniert bisher nicht. Pimax hat mir gegenüber gesagt, dass sie hoffen, die Funktion im vierten Quartal 2023 freischalten zu können.

Die Pimax Crystal macht insgesamt einen robusteren, stabileren Eindruck als die bisherigen Pimax-Headsets, die sich immer wie billige Plastikkartons anfühlten. Leider sind die Controller alles andere als hochwertig: Sie sind aus billigem Plastik und hätten ohne die eingebaute Batterie so gut wie gar kein Gewicht. Jeglicher Haptik-Wiederstand bei Trigger- und Griff-Taste fehlt, was das Spielgefühl nicht verbessert.

VR-Spiele, SteamVR-Tracking und Sound

Ich habe die üblichen VR-Spiele ausprobiert, etwa Half-Life: Alyx, Eleven Table Tennis, Project Cars 2 und weitere. Generell habe ich bei schnelleren Interaktionen den Eindruck, dass die VR-Controller etwas schwammig sind, ohne jedoch unpräzise zu sein. Am besten funktioniert die VR-Brille in Cockpit-Spielen: Fahre ich Rennen in Project Cars 2, dann spielt das scharfe Bild seine Stärken voll aus und eventuelle Tracking-Probleme fallen nicht auf.

Wer trotzdem die schwere Crystal-Brille für interaktionslastige VR-Spiele nutzen will und bereits SteamVR-Basisstationen und passende Controller (etwa Valve Index) besitzt, kann die teure Lighthouse-Faceplate dazu kaufen. Dann nutzt Pimax Crystal ganz klassisch das präzise SteamVR-Tracking.

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VR-Brile Pimax Crystal von der Seite auf einem Tisch

Die Ohrhörer der Pimax Crystal bringen ordentlichen Sound, können aber nicht näher an die Ohren herangeführt werden. | Bild: MIXED

Der Sound aus den Over-Ear-Kopfhörern (ähnlich denen der Valve Index) ist in Ordnung. Die Ohrhörer lassen sich aber nur in der Höhe verstellen, nicht näher an die Ohren bringen. Sie schweben so mehrere Zentimeter neben dem Kopf, was das Audio-Erlebnis beeinträchtigt, wenn man sich voll auf eine VR-Erfahrung einlassen will. Die Over-Ears können abgeschraubt werden und ihr könnt stattdessen Kopfhörer über Klinke verwenden.

Pimax Crystal Ausprobiert-Fazit: Tolles Bild, viel Konfigurationsaufwand

Hast du Angst vor Bastel-VR? Bezahlst du nicht gern Geld für Beta-Tests? Dann ist Pimax Crystal definitiv nichts für dich. Auch wenn Pimax in den vergangenen Monaten kontinuierlich Updates und Lösungen liefert, so ist diese VR-Brille nicht fertig.

Ist es wirklich eine gute Idee gewesen, PC-VR und Standalone in ein superschweres Headset zu pfropfen? Die Start-Titel für den Standalone-Modus der Pimax Crystal sind jedenfalls bekannt und sprechen für sich:

  • Hitstream
  • X-Fitness
  • Pierhead Arcade 2
  • David Slade Mysteries: Case Files
  • Labyrinth Trap VR
  • Voxel Fly Z Show
  • Frog & Froggie
  • First Person Tennis
  • Whirligig VR Media Player
  • OpenBrush

Außerdem müsst ihr gern frickeln und basteln und konfigurieren und damit leben, dass Einstellungen nicht unter der VR-Brille, sondern nur über die Desktop-App vorgenommen werden können. Dazu kommt die SteamVR-Konfiguration und das Kabelmanagement sowie diverse, immer wieder auftretende Bugs in Spielen, etwa das Problem mit der Bodenhöhe.

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Ihr habt damit Erfahrung und kommt damit klar, dass die Crystal auch zum Preis von 1.500 Euro noch "Work in Progress" ist? Dann könnt ihr die Crystal ausprobieren und ein wirklich beeindruckendes Bild genießen. Für Sim-Spieler mit starkem Nacken und starken Nerven ist sie eine Alternative.

Wer das Geld locker hat, höheren Komfort sucht und nicht gerade auf einen Standalone-Modus scharf ist, kann sich hingegen die Varjo Aero genauer ansehen.

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