Meetings in VR: Entwickler feilen an der Telepräsenz
VR-Telepräsenz ist pandemiebedingt im Trend. Etablierte Plattformen werden laufend verbessert und neue Start-ups ziehen Investoren an. Das Angebot dürfte die Nachfrage übersteigen.
Seit 2017 arbeitet das finnische Start-up Glue Collaboration an seiner Telepräsenz-App Glue. Nun hat das Programm sein bislang größtes Update erhalten und wird auf Version 2.0 hochgestuft. Die wartet mit einer ganzen Reihe von Verbesserungen und neuen Features auf.
Das Update bringt einen neuen Avatar-Editor, mit dem sich unter anderem die Gesichtsform, die Frisur und Kleidung feinanpassen lässt. Die Avatare sind nach wie vor in einem Comic-Look gehalten, um nicht unheimlich zu wirken.
___STEADY_PAYWALL___Die virtuellen Alter Egos greifen neu auf KI-gestützte Gesichtsanimationen zurück. Die Technologie wurde vom Edinburgher Start-up Rapport entwickelt und generiert lebensechte Mimik. Hierbei wird die Tonlage der Stimme maschinell ausgewertet und ein passender Gesichtsausdruck animiert. Dadurch sollen die Avatare noch natürlicher und ausdrucksstärker wirken.
Namhafte Kunden
Das Update bringt zudem ein hübscheres und intuitiveres Interface sowie ein neues Betriebssystem, das Features wie Speech-to-Text erlaubt: VR-Nutzer können nun Worte oder Sätze ins Mikrofon sprechen, die daraufhin automatisch in Text umgewandelt werden. Diese praktische Funktion soll die physische Tastatur ersetzen.
Das neue Whiteboard steht auch Glue-Nutzern zur Verfügung, die keine VR-Brille tragen und es gibt eine Kamera, mit der sich Fotos und Videos in verschiedenen Auflösungen anfertigen lassen. Ein neuer virtueller Treffpunkt namens Mont Matiz (siehe Video unten) rundet das Update ab.
Glue richtet sich an Unternehmen. Zu den bisherigen Kunden gehört das Verlagshaus Axel Springer, das VR-Meetings in Berlin und Hamburg testete, die IT-Beratungsfirma BCG Platinion, die mit Oculus Quest-Brillen einen 50-köpfigen Hackathon in Glue veranstaltete, der IT-Dienstleiser T-Systems, der für größere Team-Meetings Telefonkonferenzen durch Glue-Meetings ersetzte und der Draht- und Kabelhersteller Maillefer, der sich in Glue mit Kunden trifft und Produkte präsentiert. Weitere Kunden sind Air France-KLM, Fazer, Microsoft und Patria.
Glue unterstützt PC-VR-Brillen, Oculus Quest (2) und klassische Monitore. Demos kann man auf der offiziellen Internetseite anfragen.
Die UN trifft sich in VR
Eine ganze neue VR-Meeting-Plattform ist Arthur. Sie war vier Jahre in Arbeit und ist ab sofort in einer offenen Beta erhältlich. Sie unterstützt VR-Brillen wie Oculus Quest 2, Monitore und demnächst auch mobile Geräte.
Die App richtet sich wie Glue an Unternehmen. Zu den Organisationen und Unternehmen, die Arthur testen, gehören die Vereinten Nationen, die französische Bank Société Générale, die Beratungsfirma PricewaterhouseCoopers und ein nicht näher genannter Automobilhersteller. Die UN soll kürzlich ein virtuelles Treffen mit 60 Teilnehmern aus 15 Ländern in Arthur abgehalten haben. Für den Datenschutz sorgt eine End-zu-End-Verschlüsselung.
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Telepräsenz-Apps ziehen Investoren an
Arthur bietet noch keine herausstechenden Features: Nutzer können ähnlich wie in vielen anderen VR-Meetings-Apps virtuelle Büros einrichten und Konferenzräume mieten, 3D-Objekte importieren, per Browser aufs Internet zugreifen, Videos und Präsentationen auf virtuellen Monitoren teilen und auf Whiteboards schreiben. Das Programm bietet die Möglichkeit, Treffen aufzuzeichnen. Noch sehr primitiv wirkt das Avatarsystem: Mund und Augen sind standardmäßig durch Sonnenbrille und Mikrofon verdeckt, weil entsprechende Animationen fehlen.
Bei der Weiterentwicklung der App helfen soll die erste Investitionsrunde: Das Start-up berichtet, 2,5 Millionen US-Dollar Risikokapital eingesammelt zu haben. Der Hauptgeldgeber ist die Investmentfirma Draper Associates.
Arthur Technologies wurde 2016 während des VR-Hypes im kalifornischen San Mateo gegründet. Das Team ist weit verstreut und nutzte die eigene Telepräsenz-App von Anfang an für Meetings. Das Unternehmen beschäftigt derzeit 34 Angestellte.
Mehr Informationen zur Arthur-App gibt es auf der offiziellen Internetseite.
VR-Konferenzen: Zoom-Ersatz oder 3D-Gimmick?
Die Corona-Pandemie machte Videokonferenzen zum Arbeitsalltag vieler Menschen. Diese Entwicklung Richtung Remote-Arbeit weckte Hoffnungen auf ein erneutes Interesse an Virtual Reality und eine Zukunft, in der VR-Meetings Zoom, Skype und Teams ersetzen würden. Virtual Reality, so der Gedanke, könne künstlich Nähe schaffen und Zusammenarbeit jenseits physikalischer Grenzen und 2D-Monitore ermöglichen.
Infolgedessen schwenkten viele VR-Start-ups auf die Entwicklung von VR-Meeting-Apps um. Mittlerweile gibt es eine Vielzahl an VR-Anwendungen für virtuelle Konferenzen und Zusammenarbeit, einer aktuellen Datenbank zufolge sind es mehr als 150.
Das Angebot dürfte die Nachfrage übersteigen: VR-Brillen sind technisch noch nicht ausgereift genug und zu unbequem und umständlich in der Nutzung, um Videokonferenzen zu verdrängen. Die pandemiebedingte Lieferknappheit dürfte ebenfalls dazu beigetragen haben, dass VR-Brillen nur in wenigen Home Offices zu finden sind.
Quellen: Venturebeat, Wired, Titelbild: Glue Collaboration
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