Feelbelt ausprobiert: Sound auf der Haut

Feelbelt ausprobiert: Sound auf der Haut

Update vom 08.07.2020

Die Kickstarterkampagne war offenbar ein voller Erfolg: Die angepeilten 20.000 Euro wurden um das dreifache übertroffen. Am Ende kamen 60.007 Euro zusammen.

Was der Feelbelt kann und wo wir bei unserem Vorabtest noch Potenzial gesehen haben, lest ihr im folgenden Original-Artikel.

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Bei einer exklusiven Vorführung durfte MIXED zwei Stunden lang mit dem Feelbelt experimentieren. Überzeugt der haptische Sound?

Wenn der Bürojob langweilig wird, was macht man dann? Genau: Ein Start-up gründen und sich selbstständig machen. Das funktioniert mit einer coolen Idee besonders gut. Wenn dann auch noch die richtigen Partner am Start sind, kann nichts mehr schiefgehen, oder?

Auch wenn alles perfekt scheint, entscheidet am Ende der Kunde, ob ein neues Produkt erfolgreich ist oder nicht. Für Feelbelt ist der heutige Tag der Startschuss in die finale Phase der Produktentwicklung und die Bewertung durch den Endkunden. Über Kickstarter (siehe Link am Ende des Artikels) will das Potsdamer Start-up seinem „Fühl-den-Sound“-Gürtel den Feinschliff verpassen und das Gadget endgültig marktreif machen.

Ich hatte die Möglichkeit, den Feelbelt recht ausführlich auszuprobieren. Das Versprechen: ein revolutionäres Sound-Gadget, das das Erleben von Sound durch die neue haptische Komponente völlig verändert. Kann der Gürtel halten, was die motivierten Gründer versprechen?

Sound auf der Haut

Wer schon einmal auf einem Konzert war, weiß, wie sich Sound anfühlt. Zumindest der Bass, der – je nach Abstand zu den Boxen – komplett durch den Körper pulsiert. Das muss sich doch auch zu Hause umsetzen und vielleicht sogar noch verbessern lassen, dachten sich die Erfinder Jens Hansen, Benjamin Heese und Felix Weiß. Sie gründeten kurzerhand Feelbelt.

Das Produkt: ein Gürtel, der anders als ähnliche Gadgets nicht nur Bass transportiert und fühlbar macht, sondern das komplette Frequenzspektrum von 1 bis 20.000 Hertz. Die Wirkung von Musik soll durch eine haptische Komponente gesteigert werden und vor allem im Gaming die Immersion verbessern. Feelebelt wird über der Kleidung um die Hüfte getragen und überträgt durch insgesamt zehn Impulsgeber verschiedene Vibrationsmuster, die durch den eingespeisten Sound erzeugt werden. Der Sound wird dabei über WiFi, Bluetooth oder ein 3,5 mm Klinkenkabel direkt in die Steuereinheit des Gürtels eingespeist.

Feelbelt wiegt weniger als 400 Gramm und lässt sich über einen elastischen Gurt an den eigenen Köperumfang anpassen. Die Steuerung soll in der finalen Version mehrere Modi beinhalten, die direkt auf den Zweck, etwa Musik, Gaming oder Filme, zugeschnitten sind. Eine App (zum Zeitpunkt der Vorführung noch nicht voll funktionsfähig) soll die Bedienung und Anpassung an die eigenen Bedürfnisse intuitiv und einfach gestalten. Beispielsweise kann die Intensität der Vibrationen stufenlos eingestellt werden. Über die WiFi-Komponente kann der Gürtel zudem jederzeit mit Updates versorgt werden.

Feelbelt ausprobiert: Komfortabel und leicht zu bedienen

Der ziemlich stylische, weiße und finale Feelbelt war nur als Anschauungsmaterial vorhanden. Ich habe den Feelbelt, wie er auf der IFA 2019 präsentiert wurde, ausprobiert, sowie den mit verbesserten Komponenten ausgestatteten Prototypen. Die digitale Platine, wie sie im finalen Produkt vorhanden sein soll und die unter anderem die App-Steuerung ermöglicht, war noch nicht dabei.

Feelbelt von innen mit Gaming-PC im Hintergrund
Über zehn Impulsgeber überträgt der Feelbelt Sound auf die Haut des Trägers, etwa beim Gaming. BILD: Feelbelt

Der Feelbelt ist komfortabel und verhältnismäßig leicht. Je nachdem, wie eng man ihn einstellt, fällt er nach einiger Zeit vom reinen Tragegefühl her kaum auf. Zumindest wenn man ihn wie vorgesehen um die Hüfte trägt. Der Gürtel ist dabei erstaunlich schmal, ich hatte ein deutlich breiteres Produkt erwartet.

Der Feelbelt wird über Klinke mit dem Ausgabegerät verbunden, ein externer Kopfhörer wird ebenfalls über Klinke und auch an den Gürtel angeschlossen. Meine erste Demo besteht aus einer generischen Achterbahnfahrt in VR mit der Oculus Quest (Test). Das charakteristische Rattern der Achterbahnwagen überträgt sich sehr genau auf den Gürtel: Die Vibrationen vermitteln das passende Gefühl zu dem, was ich höre und sehe.

Beat Saber & Feelbelt: Das perfekte Paar?

Das haut mich aber noch nicht um. Außerdem stört mich hier und da die komplette Ausgabe aller Sounds, etwa im Menü. Jeglicher Sound wird über den Gürtel übertragen, was hin und wieder befremdlich wirkt.

Im nächsten Versuch ist Beat Saber (Test) dran. Davon verspreche ich mir eigentlich noch den besten Effekt, schließlich sind die treibenden Beats des VR-Spiels wie gemacht für solche haptischen Zusatzerfahrungen.

Feelbelt um die Hüfte einer Frau
Auch bei Fitness-Anwendungen kann der Feelbelt getragen werden. Fitness und Musik verbindet das VR-Spiel Beat Saber beispielsweise bestens. BILD: Feelbelt

Das Erlebnis enttäuscht nicht, kann mich aber auch noch nicht total begeistern. Gerade in musikalisch klar differenzierten Phasen hat der Feelbelt seine Stärken. Die verschiedenen Frequenzen lassen sich dann gut unterscheiden und tragen zu einem guten Gesamtgefühl bei. Zur Musik kommt das satte Gefühl von Bässen und Höhen, mein Körper wird also noch mehr in das Geschehen involviert.

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Zu wenig Wumms, zu markante Höhen-Vibrationen

Allerdings zeigen sich noch einige Schwächen. Die Übertragung des Prototypen ist abhängig von der Ausgabelautstärke der Quelle, beispielsweise vom Smartphone, dem PC oder der Quest. Gerade beim Beat Sabern auf der Quest wünsche ich mir mehr Power, noch viel mehr Wumms. Das Pulsieren der Bässe geht in der Bewegung und der Konzentration beim Zersäbeln der Blöcke teilweise unter. Gerade hier hätte ich gern die wummernde Disco-Box gespürt.

Handy mit Feelbelt App und App-Store-Logos
Die Feelbelt-App lässt die Intensität der Vibrationen stufenlos anpassen. BILD: Feelbelt

Gleichzeitig sind die Höhen-Vibrationen in einigen Fällen zu markant und treten ab und zu so stark in den Vordergrund, dass sie den Rest der Frequenz-Übertragungen völlig überdecken. Zumindest wenn ich im stärksten von drei Modi spiele. Schalte ich runter, nimmt aber auch die Bass-Intensität ab. Hier sehe ich noch Potenzial für Feintuning.

Die digitale Steuerung soll da einiges ändern. Laut des Mitgründers Felix Weiß sei auch mehr Power grundsätzlich kein Problem, allerdings sorge diese dann für einen höheren Akku-Verbrauch. Bei normaler Nutzung wird die Akku-Dauer derzeit mit rund sechs Stunden angegeben.

Starker Feelbelt: Doch noch der Wow-Effekt

Zwei Vorführungen mit Musik und einem kurzen Videoclip eines Autorennens sorgten dann doch noch für den von mir erwarteten Wow-Effekt. Die vorbeirasenden Rennwagen sind super spürbar, auch die Position wird vom Gürtel exakt wiedergegeben, wenn sie von links nach rechts durch das Bild flitzen. Ich kann nicht nur hören, von wo der Sound kommt, ich spüre es auch. Besonders cool: Fehlzündungen werden so exakt übertragen, als säße ich direkt im Wagen.

Der von mir gewählte Musik-Titel „Vocal“ (Pet Shop Boys) kann dann endgültig das glückliche Nerd-Grinsen in mein Gesicht zaubern. Die starken, sich langsam aufbauenden Elektrobässe werden fantastisch differenziert übertragen, die langsam zunehmende Beatstruktur kann ich wunderbar fühlen. Vor allem dann, wenn ich mir den Feelbelt, anders als vorgesehen, um die Brust schnalle, statt um die Hüfte. So wirkt die Musik noch viel besser, fast wie im Konzert.

Auch ein zweiter Beat-Saber-Versuch mit der Positionierung des Gürtels um die Brust wirkt überzeugender. Allerdings rutscht der Gürtel durch Atmung und Bewegung. Zu eng will ich ihn an dieser Stelle auch nicht schnallen, um nicht zu viel Spannung auf das Gadget zu legen.

Zaubern & Ballern: Haptische Immersion im Gaming

Im nächsten Versuch habe ich den Feelbelt an meinen PC angeschlossen und eine Runde Elder Scrolls Online gespielt. Auch hier zeigt sich das bereits angesprochene Differenzierungsproblem: Feelbelt überträgt sämtliche Geräusche, selbst das Zirpen von Grillen. Je nach Höhe der Umgebungsgeräusche ist dann wieder diese hohe Vibration zu fühlen, die mich aus der Immersion reißt und meinen Fokus darauf lenkt, also vom Spiel abzieht.

Zwei Personen halten jeweils verschiedene Versionen des Feelbelt
In der Produktion des Feelbelt wurden verschiedene Versionen und Varianten getestet. BILD: Feelbelt

Dann aber hat der Gürtel wieder seine Stärken, etwa wenn ich meine Nachtklinge mit Zaubern stärke: Die Sprüche kann ich fühlen und auch wenn ich dem nächsten Feind die Klingen in den Wanst ramme, wird die Sounduntermalung sehr umfassend über Feelbelt auf meine Haut übertragen. Ich fühle mich ein bisschen mehr mittendrin und das ist schon ziemlich cool.

Abschließend geht es zurück in VR. Ein paar Zombies in Arizona Sunshine (Test) müssen dran glauben. Sehr cool: Die bassigen Frequenzen der Stimme des englischen Sprechers sind gut fühlbar, fast so, als würde ich selber sprechen. Das Abfeuern der Waffe bietet ebenfalls das erhoffte, satte und haptische Feedback.

Ausprobiert-Fazit zum Feelbelt: Cooles Gadget mit Potenzial

Natürlich reichen zwei Stunden mit verschiedenen kurzen Anspielmöglichkeiten kaum aus, um ein fundiertes Urteil zu fällen. Ein Langzeittest muss zeigen, ob der Feelbelt etwas ist, was ich gern und vor allem häufig tragen möchte. Habe ich einen dauerhaften Mehrwert oder ist es nur eine technische Spielerei, ein Nice-to-Have-Gadget, das auf Partys entstaubt wird?

Beim Ausprobieren hatte ich durchaus mehrfach das Gefühl, einen solchen Gürtel gern öfter beim Zocken oder Musik hören tragen zu wollen. Gerade wenn ich Musik mit Kopfhörern genießen muss, weil ich die Nachbarn nicht mit meinem Subwoofer aus dem Bett schubsen will, wäre so ein „Fühl den Bass“-Gürtel eine schöne Sache. Und auch in VR kann es zu mehr Immersion führen, weil eine weitere, eine haptische Komponente hinzukommt.

Dafür muss aber dauerhaft eine klare differenzierte Frequenz-Übertragung sichergestellt werden. Dann ist der Feelbelt richtig stark. Sobald es aber Soundbrei gibt, gibt’s auch Vibrationsbrei oder manchmal eben Vibrationen, die mich aus der Immersion reißen und mich auf das damit verbundene Gefühl zwingen – dass unterstützt nicht, das nervt. Hier lässt sich aber sicher noch einiges an Feintuning machen, nicht zuletzt auch direkt durch die App.

Insgesamt empfand ich den Feelbelt nicht immer überwältigend, vielmehr scheint er mir eher eine gute Unterstützung für mehr Immersion. Mit mehr Power und einigen Drehungen an diversen Stellschrauben dürfte das Gerät eine empfehlenswerte, coole Neuheit werden – und längst nicht nur für Technik-Nerds geeignet sein.

Hier geht es zur Kickstarter-Kampagne von Feelbelt