Entwickler des umstrittenen Analysetools "Ghostline" beziehen Stellung

Entwickler des umstrittenen Analysetools

Update vom 17. März 2017:

Der Artikel von Road to VR über das Analysetool Ghostline hat auf Reddit eine Kontroverse ausgelöst. Als Reaktion darauf veröffentlichten die Entwickler Aldin Dynamics auf Reddit und bei Steam eine Stellungnahme.

In der Stellungnahme heißt es, dass Ghostline nicht sämtliche Aktionen der Spieler aufzeichne, sondern nur für wenige Sekunden an bestimmten Stellen, die für die Spielmechanik relevant sind. Sie schreiben weiterhin, dass die erhobenen Daten lediglich der Verbesserung der Software dient.

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Zeitgleich hat Aldin Dynamics ein Update für Waltz of the Wizard herausgebracht. Startet man das Spiel, wird man in der Einführung neu vor die Wahl gestellt, ob man an der Datenerhebung teilnehmen möchte oder nicht. Damit sorgt Aldin Dynamics für das nötige Maß an Transparenz.

Aldin Dynamics kontaktierte VRODO und bat darum, den Artikel zu Ghostline um folgende Stellungnahme zu ergänzen:

[blockquote right="pull-right" cite="Aldin Dynamics"]Aldin would like to clarify that the networked version of Ghostline only occasionally samples motion data from a portion of users, and only in few second clips at strategic places where developers need to ensure that game mechanics are functioning as intended. Another version of Ghostline can be used to collect everything during local testing efforts, but this is only a local tool and only used for local testing purposes during product development and quality assurance.[/blockquote]

In der E-Mail heißt es weiter, dass der Titel des VRODO-Artikels (siehe unten) etwas suggeriere, das nicht der Wahrheit spricht: Aldin Dynamics könne nicht sämtliche Aktivitäten der Nutzer aufzeichnen. Eine vollständige Aufzeichnung ist Aldin Dynamics zufolge nur mit der Version für lokale Computer möglich.

Ursprünglicher Artikel vom 10. März 2017: Diese Entwickler sehen alles, was ihr in ihrer VR-Erfahrung macht

"Waltz of the Wizard" ist eine der beliebtesten VR-Erfahrungen für HTC Vive. Darin schlüpft man in die Rolle eines Hexers und kreiert mit Hilfe verschiedenster Zutaten Zauber, die man direkt in und an seiner Umgebung ausprobieren kann. Was viele nicht wissen: Die kostenlose VR-App ist nur eine Testumgebung für das eigentliche Produkt der Entwickler. Mit "Ghostline", das im Hintergrund mitläuft, lassen sich sämtliche Aktionen des Nutzers aufzeichnen, nachträglich visualisieren und statistisch auswerten.

Wie das US-Blog Road to VR berichtet, haben die Entwickler Aldin Dynamics einige Daten zum Nutzerverhalten in Waltz of the Wizard veröffentlicht, die mit Hilfe von Ghostline gewonnen wurden. Laut den Statistiken hätten 87 Prozent der Nutzer ihre HTC Vive für raumfüllendes Tracking eingerichtet. Diese hätten insgesamt 72 Prozent mehr Zeit in Waltz of the Wizard verbracht als Nutzer, die nur im Stehen gezaubert haben.

Spieler in China, in den USA und in Kanada hätten im Durchschnitt die größte Trackingfläche zur Verfügung. China führt mit einer Fläche von 5,9 Quadratmeter, während Japaner im Durchschnitt nur eine Fläche von 4,4 Quadratmeter nutzen.

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Darüber hinaus sammelt Ghostline umfangreiche Daten zur Fortbewegung im physischen Raum, zur Handhabung der Controller und zur Bewegung des Kopfes. So fanden die Entwickler beispielsweise heraus, dass Anwender, die raumfüllendes Tracking nutzen, sich 18 Prozent mehr umschauen als solche, die an Ort und Stelle stehen.

Die Spielsitzung eines einzelnen Nutzers kann von Ghostline nachträglich aus der Perspektive des Spielers oder eines Beobachters wiedergegeben werden. Im letzteren Fall erscheint der Spieler als eine Art Geist, der mit einer halbtransparenten Umgebung interagiert. Maske und Handschuhe stehen für die Elemente, die räumlich erfasst werden.

Die Anwendung zeigt das Missbrauchspotenzial von Virtual Reality

Die Daten werden anonym erhoben, können also keinen Individuen zugeordnet werden. Dennoch zeigt die Technologie, in welchem Umfang Daten zum Nutzerverhalten gesammelt werden können. Stanfords langjähriger VR-Forscher Jeremy Bailenson hat nachgewiesen, dass sich anhand von Bewegungsdaten virtuelle Fingerabdrücke erstellen lassen, die auf einzelne Nutzerprofile zurückgeführt werden können. Auf deren Basis lässt sich dann auch zukünftiges Verhalten prognostizieren.

In den Datenschutzbestimmungen von Oculus Rift räumen sich Oculus VR und Facebook fast jede erdenkliche Freiheit ein, um Informationen zu erheben. Dazu zählen erstmals auch physische Daten wie Körpergröße oder Bewegungsmuster, die über die beigelegte Trackingkamera erhoben werden könnten. Der wahrscheinlichste Einsatzzweck ist zielgerichtete und personalisierte Werbung.

Im April 2015 wollte der US-Senator Al Franken in einem Brief von Oculus VR wissen, wie die Facebook-Tochter die gesammelten Daten zukünftig verwenden will. “Ich möchte mehr Informationen über Oculus’ Virtual-Reality-Technologie, namentlich Rift, und wie Oculus VR persönliche Nutzerdaten sammelt, speichert und teilt”, schreibt Franken. Oculus VR antwortete, dass die erhobenen Daten dazu dienten, die Oculus-Dienste und VR-Apps zu verbessern.

Genau das hat auch Aldin Dynamics im Sinn. Es möchte die Software an Entwickler lizenzieren, die damit Daten zum Nutzerverhalten erheben, um ihre Anwendungen zu verbessern. "Eine VR-Erfahrung steht und fällt mit den kleinsten Details. Aus diesem Grund ist es wichtig, die Nutzererfahrung auszuwerten und damit sicherzustellen, dass der Inhalt das gewünschte Ziel erreicht", sagen die Entwickler gegenüber Road to VR.

Mehr zur Funktionsweise von Ghostline findet man in diesem Artikel von Polygon. Waltz of the Wizard ist kostenlos bei Steam erhältlich.

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