Meta öffnet Horizon Worlds für Kinder - Kalkül mit Risiko

Einem Bericht zufolge will Meta eine jüngere Zielgruppe für Horizon Worlds erschließen. Mit einer Teenie-Flut auf der Metaverse-Plattform tut sich Meta keinen Gefallen.
Meta läuft das Publikum weg. Zumindest in Horizon Worlds. Das Proto-Metaverse sollte eigentlich der zentrale soziale Treffpunkt in Virtual Reality werden. Eine neue Form von Social Media mit mehr räumlicher Präsenz in dreidimensionalen virtuellen Welten.
Laut dem Wall Street Journal (WSJ) peilte Meta bis Ende 2022 rund 500.000 aktive Nutzer:innen an. Die Realität sah allerdings anders aus: Es wurden weniger als 200.000, was zu einer Kurskorrektur führte. Meta halbierte das Nutzerzahlenziel kurzerhand.
Meta macht es offiziell: Teenies sind willkommen
Fortnite, Roblox und Minecraft als Vorbilder
Mit Konkurrenten dürfte Aul erfolgreiche Plattformen wie Fortnite oder Roblox meinen. Allein Fortnite zählt mehr als 350 Millionen Spielende. In Roblox tummeln sich täglich mehr als 30 Millionen Nutzer:innen (Stand 2021), 67 Prozent davon sind jünger als 16.
Von diesen Zahlen ist Horizon Worlds weit entfernt. Mit der neuen Ausrichtung könnte sich das allerdings ändern. Zumindest in der Theorie.
Horizon Worlds könnte bald alle Jugendlichen erreichen
Mit dem Abbau der Alters-Schranke und der geplanten 2D-Version könnten die Nutzerzahlen explodieren. Bislang kann Horizon Worlds nur über die VR-Brillen Meta Quest 2 oder Quest Pro erreicht werden. Erst kürzlich kündigte Meta aber erneut die „baldige“ Veröffentlichung eines Horizon Worlds ohne VR an.
Die Social-App soll künftig auch über Browser an PC oder Laptop sowie mobil auf Smartphones oder Tablets erreichbar sein. Damit würde Meta allein in Deutschland theoretisch fast alle Teenager erreichen.
Statistiken zufolge hatten 2021 hierzulande 95 Prozent aller 13- bis 15-Jährigen ein Smartphone. Bei den 16- bis 18-Jährigen sind es sogar 96 Prozent. Heute dürften diese Zahlen tendenziell eher noch höher ausfallen.
Horizon für alle: Aber wollen wir das?
Gemessen an diesen Zahlen könnte die Strategie den Durchbruch für Horizon Worlds bedeuten. Die Praxis sieht allerdings anders aus. Horizon Worlds verliert nicht zufällig Nutzer:innen. Die App wird häufig als langweilig beschrieben. Es gebe kaum spaßige Inhalte und das Design sei größtenteils einfallslos.
Im Oktober letzten Jahres drang erstmals interne Kritik an Horizon Worlds an die Öffentlichkeit, die diesen Eindruck unterstreicht. The Verge berichtete damals von einem Memo, in dem Metas Metaverse Vice President Vishal Shah die Qualität des eigenen Produkts anzweifelte.
Shah kritisierte zudem Mitarbeitende, die Horizon Worlds selbst nicht nutzen würden. „Warum ist das so? Warum lieben wir das Produkt, das wir entwickelt haben, nicht so sehr, dass wir es ständig benutzen? Die einfache Wahrheit ist: Wenn wir es nicht lieben, wie können wir dann erwarten, dass unsere Nutzer es lieben?“, so Shah.
Der Blick auf die Kommentare von Nutzenden, die interne Kritik Metas auf das eigene Produkt und die sinkende Nutzerzahl insgesamt, zeichnet für mich folgendes Bild: Die Öffnung von Horizon Worlds für Teenager ist ein verzweifelter Versuch, nicht völlig in der Bedeutungslosigkeit zu versinken und Nutzerzahlen um jeden Preis hochzutreiben. Wären die VR-Welten ordentlich gefüllt, würde Meta diesen riskanten Schritt nicht gehen.
Minderjährige auf Horizon Worlds: Ein Risiko für Metas Image
Horizon Worlds kämpft schon jetzt mit Belästigung und Toxizität. Weibliche Avatare werden häufig sexualisiert und gegen ihren Willen virtuell angefasst oder verbal angemacht. Strömen nun (noch mehr) Minderjährige in diese nicht immer freundliche Umgebung, muss Meta deutlich mehr tun, um toxische Nutzende aus den Welten zu verbannen. Dabei gilt kompetente Community-Moderation nicht gerade als Metas Paradedisziplin.
Ein Experiment legte gravierende Moderationsprobleme offen und zeigte, dass Meta-Moderator:innen langsam oder gar nicht auf problematisches Verhalten reagieren. Zuletzt kündigte Meta geschlossene Mitgliederbereiche für Horizon Worlds an. Hier sollen private Bücherzirkel oder Spiele mit Freunden und Familie abgehalten werden.
Tatsächlich dürfte Meta mit den privaten Räumen allerdings versuchen, die Last der Moderation auf die Nutzenden zu verteilen. Gruppenleiter:innen sollen Moderationsaufgaben übernehmen oder an andere Community-Mitglieder abgeben. Meta-Moderator:innen würden in geschlossenen Räumen also nicht mehr zwingend gebraucht.
„Jede Community entwickelt im Laufe der Zeit ihre eigenen Normen, Umgangsformen und sozialen Regeln, um eine einzigartige Kultur zu schaffen“ schreibt Meta dazu auf dem eigenen Blog. Im Klartext: Tür zu, wegschauen und Gruppen ihre Probleme selbst regeln lassen. Ob dadurch automatisch eine sicherere Umgebung entsteht, darf bezweifelt werden.
Horizon Worlds: Deutschland, du kommst hier nicht rein
Hierzulande ist Horizon Worlds noch immer nicht erreichbar. Die Metaverse-Plattform bleibt vorerst Nutzer:innen aus den USA, Kanada und einigen wenigen europäischen Ländern vorbehalten. Auch diese Strategie wirkt von außen betrachtet planlos. Warum öffnet Meta die Horizon-Pforten nicht erst für mehr Länder, anstatt die Altersbegrenzung aufzuheben?
Mit dem Verkaufsstart der Meta Quest in Deutschland, galt es als sehr wahrscheinlich, dass Horizon Worlds bald folgen würde. Bis jetzt gibt es keine offiziellen Launch-Pläne seitens Meta. Vielleicht ist das auch gut so.
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