Virtual Reality: Eine ganze Welt in einem Raum

Virtual Reality: Eine ganze Welt in einem Raum

Mittlerweile ist HTC Vive im Vorverkauf, die Auslieferung wird im April folgen. Dann räumen VR-Enthusiasten weltweit ihre Zimmer frei, um das erweiterte Tracking der Vive-Brille auszunutzen. Entwickler von VR-Erfahrungen stehen jetzt vor der Aufgabe: Wie packt man eine ganze Welt in einen kleinen Raum?

Denn das Problem ist folgendes: Der Trackingbereich von Vive (bis zu 25m²) nimmt zwar viel Platz im eigenen Wohnzimmer ein, aber relativ wenig in der virtuellen Welt. Ein Abschnitt am Strand, eine kleine Bar, vielleicht ein Kino, ein Vorgarten oder das Deck eines Schiffs - solche Orte bekommt man gut in ein paar Quadratmetern unter. Aber was ist, wenn der VR-Nutzer mehr von der virtuellen Welt sehen will als nur diesen kleinen Ausschnitt? Dann braucht es alternative Bewegungskonzepte, die dem virtuellen Besucher das Gefühl geben, trotz eingeschränktem Bewegungsradius große Distanzen zurücklegen zu können. Entwickler tüfteln an verschiedenen Möglichkeiten für die Fortbewegung in Virtual Reality.

Bewegungskonzepte für "Room-Scale-VR"

Der virtuelle Raum passt in den realen Raum

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Das ist die offensichtlichste und einfachste Möglichkeit, den Nutzer in die virtuelle Realität zu beamen. Der virtuelle Raum wird so skaliert, dass er exakt in den realen Raum passt. Das funktioniert besonders gut bei kleinen oder eher abstrakten virtuellen Umgebungen, wie beispielsweise bei Googles Mal- und Zeichnen-App Tilt Brush. Hier zeichnet der virtuelle Künstler einfach in einer schwarzen Umgebung oder wahlweise vor abstrakten Hintergründen. Auch die Horror-App "A Chair in a Room" hat diese Art der Fortbewegung perfektioniert.

Der Aufzug

Bei diesem Konzept hat der virtuelle Raum zusätzlich einen Teleportationsmechanismus integriert, mit dem sich der VR-Nutzer zwischen verschiedenen Räumen bewegen kann. Das kann beispielsweise ein Aufzug in einer Ecke des Raums sein.

Der VR-Nutzer tritt ein, die Tür schließt sich, der Aufzug bewegt sich, die Tür öffnet sich wieder und gibt den Blick auf einen neuen Raum frei. Es muss nicht unbedingt ein Aufzug sein, im Prinzip funktioniert jede kapselähnliche Konstruktion, die für einen kurzen Moment die Sicht auf die virtuelle Umgebung versperrt. Das hilft dabei, Ladezeiten zu kaschieren und dem VR-Nutzer ein realistisches Reisegefühl zu geben. Öffnet sich die Tür im Rücken des Nutzers, dreht er sich automatisch herum und hat die Trackingfläche wieder frei begehbar vor sich.

Portale

Portale können als Fortbewegungsmittel innerhalb des gleichen Raums dienen. Wenn der VR-Nutzer an den Rand des Trackingbereichs stößt, kann er über diesen hinaus ein Portal platzieren, durch das er an eine andere Stelle im gleichen Raum transportiert wird. Am neuen Platz angekommen, hat er dann wieder die gewohnte Bewegungsfreiheit, bis er erneut an die Grenze des Trackingbereichs stößt und das nächste Portal platzieren muss.

Mit diesem Bewegungskonzept lassen sich größere, zusammenhängende Flächen - beispielsweise ein Großraumbüro oder eine Wüste - glaubhaft durchqueren, ohne dass der VR-Nutzer permanent durch viele kleine, zusammenhangslose Räume geschleust werden muss.

Taxen

Die Trackingfläche ist in der virtuellen Umgebung nicht statisch, sondern kann bewegt werden. Beispielsweise steht der Nutzer auf einer schwebenden Plattform, mit der er durch den Raum fliegen kann. Die Plattform entspricht dabei der Größe der trackbaren Fläche, sodass sich der VR-Nutzer direkt auf der Plattform wiederum frei bewegen kann. So können größere Distanzen schnell überwunden werden, ohne dass der Nutzer nur auf eine Cockpit-Ansicht beschränkt wird.

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Allerdings ist bei diesem Konzept die Gefahr der Motion Sickness deutlich größer als bei anderen Bewegungskonzepten. Motion Sickness tritt besonders dann auf, wenn die visuelle und körperliche Wahrnehmung von Bewegung nicht übereinstimmen. Entwickler müssen besonders mit der Beschleunigung einer solchen Plattform experimentieren, um sicherzustellen, dass die VR-Erfahrung stets komfortabel ist. Das Vive-Spiel "Hover Junkers" arbeitet mit diesem Konzept und die Entwickler investierten laut eigenen Angaben Wochen, nur um Beschleunigung und Bewegung der Plattform zu optimieren.

Der "Gott-Raum"

Der VR-Nutzer ist in Virtual Reality übergroß und sieht die gesamte virtuelle Welt als Miniaturausgabe vor sich. Er kann um sie herumlaufen und sich hineinlehnen, um Details zu begutachten. Zusätzlich können Entwickler mit einer Zoom-Funktion arbeiten. Der VR-Nutzer kann einzelne Teile der Welt vergrößern und so die miniaturisierte Umgebung in eine normalgroße Version und wieder zurückverwandeln. Im Prinzip ist auch das ein Teleportationsmechanismus, der vom VR-Nutzer aber kleinteiliger und bewusster gesteuert werden kann.

Alice im Wunderland

Jeder virtuelle Raum ist mit dem nächsten über Portale verbunden, durch die sich der Nutzer eigenständig bewegen muss - so ähnlich wie der Hasenbau bei Alice im Wunderland. Natürlich muss es nicht das Zuhause von Hasen sein, im Prinzip ist jedes schlauchähnliche Konstrukt geeignet. Denn innerhalb dieser Schläuche können Entwickler den VR-Nutzer mit einfachen visuellen Tricks desorientieren, sodass dieser das Gefühl dafür verliert, an welcher Stelle er sich im realen Raum befindet. Dadurch bewegt sich der VR-Brillenträger im Kreis, obwohl er davon überzeugt ist, sich fortlaufend in die gleiche Richtung zu bewegen.

Ein ähnlicher Trick kann auch in Räumen funktionieren, wenn beispielsweise die Position einer Tür im Rücken des VR-Nutzers verändert wird. Menschen sind zwar sehr gut darin, auf unmittelbare Veränderungen in ihrem Blickfeld zu reagieren, aber wenn sich Dinge außerhalb des Blickfelds verändern, bleibt das häufig unbemerkt. Wir können uns schlecht daran erinnern, an welcher exakten Position ein Gegenstand oder ein Ausgang ist.

So können beispielsweise Türen und Ausgänge unbemerkt im Rücken des VR-Nutzers in einem 90-Grad-Winkel verschoben werden. In einem wissenschaftlichen Experiment konnte nur eine von 77 Testpersonen einen Unterschied feststellen. Alle anderen Testpersonen marschierten durch die versetzte Tür wieder nach draußen als wäre nichts passiert.

Beim Redirected Walking können Nutzer in Virtual Reality im Kreis geschickt werden. Quelle: Suma et al. 2010

Die Tür wird im Rücken des VR-Nutzers neu platziert, ohne, dass dieser etwas davon mitbekommt. So bewegt er sich im Kreis. Quelle: Suma et al. 2010

| FEATURED IMAGE: Valve