Microsoft zeigt Haptik-Controller für VR und AR
Ein neuer Haptik-Controller von Microsoft simuliert physikalische Kräfte in VR mit einem Hebel. Wie realistisch fühlt sich das Greifen von virtuellen Objekten mit "PIVOT" an?
Microsofts prototypischer XR-Controller "PIVOT" wird am Handgelenk getragen und soll die Interaktion mit Objekten in VR und AR realistischer machen: Ein Hebel bewegt einen kugelförmigen Controller in die Hand und wieder heraus. So simuliert der Controller haptische Empfindungen wie Zug oder Druck. Ein System mit Vor- und Nachteilen, wie eine erste Benutzerstudie zeigt.
Diese Technik steckt in PIVOT
Das Team hinter PIVOT besteht aus Forschern der Universitäten Potsdam und Stanford, der ETH Zürich und Microsoft Research. Präsentiert wurde der Haptik-Controller im Rahmen des ACM Symposium on User Interface Software and Technology 2020.
___STEADY_PAYWALL___PIVOT besteht aus zwei Controllern, die am Handgelenk befestigt werden. Im Ruhezustand liegt der Steuerungshebel mit seinem kugelförmigen Griff am Unterarm an. Somit könnten beispielsweise Maus und Tastatur in einer Augmented-Reality-Anwendung bedient werden, ohne PIVOT vorher abnehmen zu müssen. Durch eine Handgeste bewegt sich der Kugelgriff bei Bedarf in die Handfläche.
In der Kugel sind Berührungs- und Bewegungssensoren verbaut, ein Schwingspulen-Aktuator, der vibrotaktiles Feedback gibt sowie ein Trigger-Button. Ein Servomotor hebt und senkt den Hebel, Batterie und Steuerungsplatine befinden sich in der Handgelenksbefestigung.
Die Sensoren erkennen, wenn die Kugel in der Handfläche liegt, und stoppen den Motor automatisch. Mit der Kugel in der Hand sollen die Handgelenke problemlos seitlich und nach oben oder unten bewegt werden können. Laut den Entwicklern ist der Steuerungs-Hebel abnehmbar und könnte beispelsweise durch andere VR-Controller ausgetauscht werden.
Haptisches Feedback beim Äpfel pflücken
Die Forscher präsentieren PIVOT am Beispiel einer VR-Camping-Umgebung: In der Virtual Reality (Guide) ist der Spieler im Begriff, einen Apfel zu pflücken. Je näher seine virtuelle Hand dem Apfel kommt, desto weiter neigt sich der Hebel. Umfasst der Spieler den Apfel mit seiner Hand, legt der Hebel den kugelförmigen Griff synchron zum virtuellen Apfel in die Handfläche des Spielers.
Während des Pflückens zieht der Hebel die Kugel aus der Handfläche zurück und simuliert dadurch den Widerstand und die Biegung des Astes, an dem der Apfel hängt. Löst sich der Apfel schließlich vom Ast, sendet PIVOT Vibrationen aus, die Kugel federt zurück und kreiert so das Gefühl eines leichten Aufpralls. Wirft der Spieler den Apfel in den Korb, löst sich der Griff in der gleichen Geschwindigkeit wie der Apfel in VR.
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Ein weiteres Beispiel zeigt, wie der Spieler einen Apfel von einer Hand in die andere fallen lässt und sich die PIVOT-Hebel synchron dazu bewegen. Auch das beidhändige Tragen eines Weidenkorbs, also dessen Gewicht und die Dehnung der Henkel, simuliert PIVOT. Beim Aneinanderschlagen von Feuersteinen oder beim Holzhacken spürt der Spieler den jeweiligen Aufprall. Mit Handgesten können beispielsweise Gegenstände aus einem Inventar hervorgeholt werden.
Benutzerstudie zeigt, wie echt sich PIVOT anfühlt
In einer Benutzerstudie testeten die Forscher die Qualität der Haptik-Simulation. Dabei standen Greif- und Gewichtsempfinden sowie das Fangen und Werfen von Objekten in unterschiedlichen Geschwindigkeiten und Richtungen im Mittelpunkt. Die insgesamt zwölf Probanden empfanden die Simulation besonders realistisch, wenn VR-Objekte in Größe und Form dem PIVOT-Controller ähnelten.
Um das Gewichtsempfinden zu ermitteln, mussten die Teilnehmer drei verschiedene Kugeln in einer virtuellen Umgebung ihrer Schwere nach einordnen. Der PIVOT-Hebel simulierte durch Druck Objekte im Gewicht von 90, 200 und 300 Gramm. Je leichter das Objekt, desto besser konnten die Teilnehmer es einschätzen. Bei der 90-Gramm-Kugel lag die Erfolgsquote bei 91 Prozent.
Besonders in Sachen Design sehen die Forscher Verbesserungspotenzial. Der PIVOT-Controller sei zwar robust und passe sich dem Arm des Trägers an, um Kollisionen mit realen Objekten zu vermeiden. Jedoch könne es zu einem "betäubenden Gefühl" im Arm kommen, wenn der Controller über einen längeren Zeitraum genutzt wird. Das sei bei herkömmlichen VR- und AR-Controllern nicht der Fall. Eine Weiterentwicklung von PIVOT müsse deshalb leichter werden.
Bei extremen Handrotationen lande der Griff nicht immer genau in der Handfläche. Das gleiche das System aus, indem das virtuelle Objekt ebenfalls nicht den Weg in die Hand findet. Weitere motorisierte Gelenke würden bei der Haptiksimulation helfen, gleichzeitig allerdings die Komplexität und somit auch die Kosten für das System erhöhen. Ob und wann der PIVOT-Prototyp zu einem ausgeriften Haptik-Controller für jedermann werden könnte, geht aus der Studie nicht hervor.
Quelle & Titelbild: Microsoft Research
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