Meta Quest 2: Arbeiten in VR macht (noch) keinen Spaß - Studie
Laut einer ersten Studie senkt das Arbeiten in der Virtual Reality die Produktivität, fördert Migräne und Angstzustände. Das immersive Büro hat dennoch Potenzial.
Forschende der Universitäten Coburg, Cambridge und Primorska sowie Microsoft Research vergleichen das Arbeiten in der Virtual Reality mit dem Alltag in einer realen Arbeitsumgebung. Das Team untersucht dabei Auswirkungen auf die physische und psychische Konstitution der Menschen. Eine erste Studie stellt dem immersiven Büro ein schwaches Zeugnis aus.
Inhalt
Studie: Eine komplette Arbeitswoche der Virtual Reality
Für die Studie sollten elf Männer und sieben Frauen eine Woche lang in einer VR-Umgebung ihren gewohnten Büroarbeiten nachgehen. Je ein Mann und eine Frau stiegen allerdings schon am ersten Tag aus dem Experiment aus. Sie klagten über Migräne, Übelkeit und Angstzustände in der VR-Umgebung.
___STEADY_PAYWALL___Um einen Vergleich herstellen zu können, startete die erste Hälfte der verbliebenen Probanden das Experiment in der Virtual Reality. Die andere Hälfte begann ihre Arbeit zeitgleich am Desktop-Rechner. Danach wurde getauscht. Jeder Proband absolvierte an jeweils fünf aufeinander folgenden Arbeitstagen ein Arbeitspensum von je acht Stunden mit einer 45-minütigen Mittagspause.
Vergleich: Meta Quest 2 vs. Office-PC
Für die VR-Umgebung kam die mobile VR-Brille Meta Quest 2 zum Einsatz. Sämtliche Komforteinstellungen wurden an die individuellen Bedürfnisse der Teilnehmenden angepasst, eine Einführung in die Funktionsweise der VR-Brille gab es ebenfalls. Den physischen Arbeitsplatz stattete das Forschungsteam mit herkömmlichen Office-PCs und Curved-Monitoren aus.
In der VR-Umgebung sahen die Probanden einen virtuellen Curved-Monitor in ähnlicher Größe. Beide Umgebungen nutzten die gleiche Tastatur mit Touchpad. Die Teilnehmenden wurden bewusst nicht mit einem High-End VR-System ausgestattet. Die Forschenden wollten eine vergleichbare Situation zwischen VR-Umgebung und Arbeit mit einem gängigen physischen Desktop-Setup für Büro-Anwendungen herstellen.
Vor Arbeitsbeginn und anschließend im Zwei-Stunden-Rhythmus füllten die Teilnehmenden Fragebögen aus. Darin gaben sie ihre subjektiven Einschätzungen zur Aufgabenlast, Benutzerfreundlichkeit des Systems, der wahrgenommenen Produktivität und dem Workflow, Frustration oder dem allgemeinen Wohlbefinden ab.
Studie: Arbeit in VR führt zu beunruhigendem Maß an Unwohlsein
Im Schnitt empfanden die Probanden die Arbeitsbelastung in VR höher, obwohl sich Art und Umfang der Tätigkeiten in beiden Umgebungen nicht unterschieden. Benutzerfreundlichkeit, Workflow und wahrgenommene Produktivität schnitten in der physischen Umgebung ebenfalls besser ab.
Die Arbeit in VR sorgte bei den Teilnehmer:innen für deutlich mehr Frustmomente, Angstzustände und Unwohlsein sowie stärkere visuelle Ermüdung. Insgesamt stellten die Forschenden ein „beunruhigendes Maß an Simulator-Krankheit und unterdurchschnittliche Bewertungen der Benutzerfreundlichkeit“ fest.
Arbeitsalltag in VR: Eigentlich einfache Tätigkeiten werden mühsam
Angst unter der VR-Brille machte den Teilnehmenden vorwiegend der Umstand, dass sie die Präsenz anderer Personen im physischen Raum nicht mehr wahrnehmen konnten.
Auf technischer Ebene bemängelten die Teilnehmenden etwa die geringe periphere Sicht in der Meta Quest 2. Das Tracking der Tastatur sei ebenfalls verbesserungswürdig und wurde zusammen mit der geringen Auflösung der Quest 2 als Grund für die verminderte Produktivität angegeben. Außerdem kritisierten viele Teilnehmende den Tragekomfort der VR-Brille. Sie sei zu schwer und der Druck auf das Gesicht sei unangenehm.
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Eigentlich einfache Tätigkeiten wurden in der VR-Umgebung als mühsam empfunden. Einige Teilnehmer:innen störten sich daran, die VR-Brille beim Essen oder Trinken abnehmen zu müssen, weil sie Angst hatten, etwas zu verschütten. Sie vermissten auch die Möglichkeit, kurz etwas auf Papier zu notieren.
Arbeiten in VR hat auch positive Seiten
Laut dem Forschungspapier gebe es allerdings Anzeichen dafür, dass negative Ersteindrücke und anfängliches Unwohlsein überwunden werden können. Das gesteigerte Müdigkeitsgefühl in VR könne etwa damit zusammen hängen, dass die Probanden in ihrem normalen Alltag nicht so viele Stunden am Stück ununterbrochen arbeiteten.
Fünf Teilnehmer:innen gaben nach Ende des Experiments an, dass sie sich im Laufe der Zeit an das Tragen der VR-Brille gewöhnt hätten, zwei davon vergaßen sie schließlich. Neun Personen befanden die Isolation in der Virtual Reality als positiv, da sie die Konzentration auf die Aufgabe erleichtere und Ablenkungen aus der Umgebung vermeide.
Vier der Teilnehmer:innen erwähnten ausdrücklich, die VR-Brille versuchsweise in ihrem normalen Arbeitsalltag integrieren zu wollen. Insgesamt bevorzugten allerdings nur drei Teilnehmende die VR-Umgebung.
Immersives Arbeiten: Potenzial längst nicht ausgeschöpft
Vielen der aufgezählten Mängel dürfte sich Meta bereits bewusst sein. Zudem ist die Technologie immer noch in einem frühen Stadium und viele Funktionen der Meta Quest 2 nur ein erster Ausblick darauf, was künftig möglich sein wird.
Metas VR-Büro soll etwa weit mehr sein, als ein einzelner virtueller Monitor. Schon 2020 zeigte Meta eine frühe Version des „Infinite Office“, in der auch per Handtracking mehrere virtuelle Bildschirme genutzt werden (siehe Video oben). Mit dem Passthrough-Modus bleibt zudem die reale Umgebung im Sichtfeld der Nutzenden.
In der bereits angekündigten VR-Brille Cambria (Infos) wird Meta viele aus der Quest 2 gewonnene Erfahrungen verwenden, um Komfort und Nutzungserlebnis zu verbessern. Office-Anwendungen stehen dabei weit oben auf der Prioritätenliste. Laut Meta-Chef Mark Zuckerberg soll Cambria eines Tages Laptops ersetzen und die klassische Arbeitsumgebung verändern. Auch die Apple-Brille soll das Mac-Display digital erweitern können, also wahrscheinlich der Produktivität dienen.
In den kommenden Jahren wird sich im Bereich des immersiven Arbeitens also noch viel tun. Das sieht wohl auch das Forschungsteam so. Die Studie soll laut den Wissenschaftler:innen eine Grundlage für weitere Forschungsarbeiten schaffen. Sie zeige primär aktuelle Unzulänglichkeiten und Möglichkeiten zur Verbesserung der Arbeitserfahrung in VR auf und ist damit eher als eine Bestandsaufnahme zu sehen statt als Fundamentalkritik. Zudem gibt es andere, hochwertigere VR-Brillen am Markt - interessant wäre eine Vergleichsstudie mit alternativer Hardware.
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