3D und VR: Canon zeigt spannende neue Objektive und Kameras

3D und VR: Canon zeigt spannende neue Objektive und Kameras

Canon zeigt auf der CES 2024 Neuheiten rund um VR und 3D. Unser Experte Daniel Pohl stellt die Neuheiten im Detail vor. 

Canon hat bereits mit dem professionellen 5.2mm VR180 Dual Fisheye Objektiv einen soliden Stand bei der VR-Content-Erzeugung. Nun hat die Firma auf der CES 2024 weitere Produkte für den 3D-VR-Bereich gezeigt. Ich berichte, um welche spannenden, neuen Objektive bzw. Kameras es dabei geht und gebe meine Einschätzung zur Relevanz für VR, den Anwendungsbereichen und ob sich die Neuheiten insgesamt lohnen.

Canons bisherige Ausrüstungen für VR180-3D

Fast zwei Jahre lang konnte man Canons 5.2mm VR180 Dual Fisheye Objektiv zum stolzen Preis von über 2000 € nur in Verbindung mit den Kameragehäusen EOS R5 (Amazon) und R5 C nutzen. Vor kurzem hat Canon den Support für ein etwas günstigeres Kameragehäuse per Firmware-Upgrade freigeschaltet.

Das weitere Gehäuse EOS R6 Mark II (Amazon) schneidet jedoch im Test der R6 Mark II mit Canon 5.2mm-Objektiv nicht so gut ab. Die Kostenersparnisse sind teuer erkauft durch Eintausch der Bildqualität beim immersiven Erleben in Virtual Reality.

Canons Neuheiten auf der CES 2024

In diesem Artikel gehe ich auf die drei gezeigten Ausstellungsstücke ein: Consumer 180/360 Foldable, 5.2mm Objektiv für APS-C und ein neues, kurzwinkliges 3D-Objektiv.

Canons Consumer 180-3D / 360-2D Foldable Prototyp

Das erste Modell kennen wir schon. Dabei handelt es sich um Canons Prototyp der klappbaren 180-3D / 360-2D Kamera (mind. 8K Foto, 8K @ 30 fps Video). Als kleinere Kamera für den Konsumentenmarkt schätze ich auf einen Preis von unter 1.000 €. Der Zeitpunkt des Erscheinens im Handel bleibt weiterhin unklar.

Allerdings ist dies das dritte Mal, dass Canon diesen Prototypen zeigt, teilweise in neueren Ausführungen. Das lässt darauf hoffen, dass der Release nicht mehr lange auf sich warten lässt. Bedarf ist definitiv vorhanden. Der gefühlte Vorgänger, die Insta360 EVO (6K Foto, 6K Video), wird bei Ebay mittlerweile zum zwei- bis dreifachen Preis des originalen Verkaufspreises gehandelt, da es sonst keine Alternativen gibt.

Canons klappbarer Kameraprototyp auf der CES 2024. | Bild: Hugh Hou

Wie man auf den aktuellen Bildern sieht, hat die Kamera an der Seite zwei Knöpfe. Auf der Rückseite befindet sich ein weiterer Knopf und ein kleines Display. Das Display wirkt, als könnte es derzeit im aktuellen Prototyp lediglich Graustufen anzeigen. Wir erhoffen uns hier mindestens die Möglichkeit einer Echtzeit-Approximation einer Wasserwaage, die gerade bei der Aufnahme von VR180-3D notwendig ist. Nur so kann man bestmöglich ungewollte Rotationen vermeiden, die beim Betrachten in Virtual Reality zu einem Konflikt der Headset-Orientierung und der Kameraausrichtung führen. Das kann etwa zu Motion Sickness führen.

Interessant ist, dass in der aufgeklappten Kamera hinten bereits das CE-Zeichen zu sehen ist. Die EU erläutert zu CE: „Das CE-Zeichen ist ein Hinweis darauf, dass ein Produkt vom Hersteller geprüft wurde und dass es alle EU-weiten Anforderungen an Sicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz erfüllt.“ Das könnte beim Prototyp exemplarisch für die spätere Position aufgedruckt worden sein. Ich glaube allerdings nicht, dass Canon es riskieren würde, mit einem nicht-genehmigten, offiziellen Zeichen auf einer öffentlichen Messe aufzutreten. Somit könnte das ein weiterer Hinweis auf einen bevorstehenden Release sein.

Das 5.2mm-Objektiv für APS-C

Das bisher erhältliche 5.2mm Dual Fisheye Lens Objektiv von Canon funktioniert ausschließlich mit Kameragehäusen mit Full-Frame-Sensoren (36.0 x 24.0mm). Der vorgestellte Prototyp des neuen 5.2mm-Objektivs ist dagegen so konstruiert, dass er mit Kameragehäusen mit APS-C Bildsensor (22.2 x 14.8 mm) funktioniert.

Der Prototyp des neuen Dual Fisheye Objektivs von Canon für APS-C Kameragehäuse. | Bild: Hugh Hou

Was ist der Unterschied? In den meisten Fällen sind Gehäuse mit Full-Frame-Sensoren im Vergleich mit APS-C teurer, größer und schwerer. Durch den größeren Sensor kann mehr Licht aufgenommen werden, was normalerweise zu rauschfreieren Bildern führt.

Die APS-C-Sensoren sind dennoch hochwertige Sensoren, deren Bildfläche oft deutlich größer ist als gängige Kompaktkameras und erst recht Smartphone-Kameras.

Die Unterschiede in der Sensorgröße zwischen Canon Full-Frame und APS-C. | Bild: Daniel Pohl

Aufgrund des kleineren APS-C Sensors ist es auch möglich entsprechend kleinere Objektive dafür zu bauen. Das sehen wir auch sofort an dem neuen Prototyp: Während die Breite des Objektivs wegen der Annäherung der Linsen an den menschlichen Augenabstand gleich geblieben scheint, so ist dieses Objektiv weniger tief. Damit ist es erwartungsgemäß etwas leichter und hoffentlich auch günstiger herzustellen.

Das originale 5.2mm-Objektiv für Full-Frame hat die „L“-Benennung für „Luxus“, mit der Canon besonders hochwertige und hochpreisige Objektive signiert. Dabei werden oft wertigere und damit aber auch schwerere und teurere Materialien verwendet. Oft sind diese Objektive wasserabweisend und haben im Falle des aktuellen 5.2mm eine spezielle Schicht, die interne Linsenreflexionen (Lens Flares) reduziert. In dem Bereich ist zu dem neuen APS-C Objektiv noch nichts bekannt. Jedoch könnte ein bewusster Schritt außerhalb des „L“-Bereichs gemacht werden, der das Objektiv deutlich preisgünstiger, vielleicht sogar im Bereich des halben Preises ansiedelt. Das würde sicherlich bei der weiteren Durchdringung von VR180 im Prosumer-Bereich helfen.

Wie sieht es mit Canons aktuellen APS-C Kameragehäuse im Vergleich zu den Full-Frame-Varianten für das 5.2mm-Objektiv aus und der damit möglichen Auflösungen zur Aufnahme von VR180-Medien? Canon selbst zeigt das Objektiv an ein APS-C Kameragehäuse EOS R7 (Amazon) montiert.

Die folgende Tabelle zeigt die Unterschiede:

EOS R5 EOS R5 C EOS R6 Mark II EOS R7
Sensor Full-Frame Full-Frame Full-Frame APS-C
Erscheinungsdatum 07 / 2020 03 / 2022 11 / 2022 06 / 2022
Megapixel Sensor 45 45 24 32
Fotoauflösung equirect 8192×4096 8192×4096 6144×3072 6960×3480
Videoauflösung equirect 8192×4096 @ 30 fps 8192×4096 @ 60 fps 4096×2048 @ 60 fps 4096×2048 @ 60 fps
Preis 3.399€ 4.290€ 2.649€ 1.295€

Wie mein Test zur EOS R6 Mark II mit dem 5.2mm-Objektiv bereits gezeigt hat, war die Kostenersparnis gegenüber der R5 bei den Bildqualitätsreduzierungen nicht lohnenswert. Jetzt, mit der EOS R7, werden die Karten jedoch neu gemischt. Die R7 ist deutlich günstiger und hat zudem weiterhin eine höhere Auflösung als die R6 Mark II, wenn auch nicht so hoch wie bei der R5.

Leider kann die Kamera die hohe Auflösung nur bei Fotos mit 7K ausspielen. Damit schlägt sie bei der Anzahl der Pixel, der resultierenden Schärfe und dem besseren Rauschverhalten dank größerem Sensor locker alle bisher dagewesenen Consumer-Cameras wie Insta360 EVO, Lenovo Mirage Camera und Vuze XR. Damit spielt sie für Fotos in der Liga mit der Kickstarter-VR180-Kamera Calf (8K Foto, 6K Video), wobei die Calf Kamera im Gegensatz zu den Canon-Kameragehäusen keinerlei Wasserwaage oder nachträgliche Horizontkorrektur bietet.

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Die Videos der EOS R7 sind bedauerlicherweise weiterhin, wie auch bei der R6 Mark II, nur in 4K. Wie beim Test der R6 Mark II bereits erwähnt, halte ich 4K für VR180 nicht zielführend und kann daher im Bereich Video nur davon abraten. Gleichwohl: Wer hauptsächlich VR180-3D-Fotos erstellen möchte, findet hier ein preislich sehr interessantes Angebot, mit dem immerhin hochqualitative 7K 180°-3D Fotos erstellt werden können.

Die größte Konkurrenz zur EOS R7 mit der Dual Fisheye Lens liefert Canon selbst mit der klappbaren 180/360 Kamera. Die Vorteile der R7 gegenüber der klappbaren Kamera liegen in dem großen Farbdisplay für eine ausgezeichnete Vorschau der Bilder. Die Wasserwaage zum Ausrichten ist vorhanden. Dieses wichtige Feature ist bei dem Klappmodell bisher nicht bestätigt ist und gegebenenfalls nicht vorhanden.

Auch die Sensorgröße von APS-C wird mutmaßlich größer sein als der Sensor der Klappkamera, was bei Aufnahmen mit weniger Lichteinfall bessere Ergebnisse liefern dürfte. Bei der klappbaren Kamera werden jedoch mindestens 8K-Fotos erwartet, gegenüber den 7K-Fotos der R7.

Ein Schalter an dem Prototyp für das 5.2mm Dual Fisheye Objektiv für APS-C. | Bild: Hugh Hou

Bei genauem Hinsehen stelle ich noch einen Unterschied zu dem bisherigen 5.2mm-Objektiv fest. Links befindet sich ein Schalter, der derzeit noch ohne Beschriftung auskommt. Das bisherige 5.2mm-Objektiv verfügt lediglich über manuellen Fokus.

Das ist nicht so hinderlich, wie es zuerst erscheinen mag. Bei einer normalen Städtetour für Sightseeing stellt man das Objektiv oft auf einen Bereich scharf, der weiter in der Entfernung liegt. Daher kann man die Einstellung etwas länger nutzen, bis man für nähere Aufnahmen wieder umstellt. Leider verstellt sich der große Fokusring des 5.2mm-Objektivs oft bei mir, wenn ich die Kamera aus der Kameratasche hole. Daher ist meine Vermutung, dass der Schalter eine der beiden Funktionen bieten wird:

  • Autofokus ein/aus: dies wäre sicherlich ein interessantes Upgrade, auch wenn es nicht so dringend wie bei manch anderen 2D-Objektiven benötigt werden würde
  • Fokus Lock ein/aus: das Verhindern des unabsichtlichen Drehens am manuellen Fokusring wäre ebenso eine Erleichterung bei der Benutzung

Das kurzwinklige 3D-Objektiv

Nachdem der Hype um „Spatial Video“ und „Spatial Photo“ dank Apples neuer Funktionalität im iPhone 15 Pro befeuert wurde, bekommt derzeit auch das kurzwinklige 3D-Format wieder mehr Beachtung. Im Unterschied zu VR180-3D kann man hier nicht die gesamte Halbkugel stereoskopisch mit Kopfbewegungen betrachten, sondern fokussiert auf einen kleineren Bereich, der analog zu einer 3D-Kinoleinwand dargestellt wird. Die Einschränkungen im Sichtbereich führen jedoch zu einer höheren Auflösung pro Grad Sichtfeld und damit auch potenziell zu schärferen Bildern.

Der Linsenabstand beim iPhone 15 Pro ist sehr gering und eine ganz andere Kategorie als die 6,3 cm des durchschnittlichen menschlichen Augenabstands. Es wird gemutmaßt, dass Apple beim Speichern der „Spatial Videos“ einige Anpassungen vornimmt, wodurch das Video einen besseren Tiefeneindruck vermittelt als man erwarten würde.

Ein neues 3D-Objektiv für kurzwinklige 3D-Aufnahmen von Canon für Kameragehäuse mit APS-C Sensor. | Bild: Hugh Hou

Bei dem dritten Prototyp von Canon, einem neuen Objektiv, sehen wir auch einen geringen Abstand zwischen den beiden Linsen. Es erinnert etwas an eine der alten Loreo 3D-Makro-Linsen, die im Jahr 2007 auf den Markt kamen.

Altes Loreo 3D Makro-Objektiv aus dem Jahr 2007 für Spiegelreflexkameras. | Bild: Loreo

Ob es bei diesem Canon-Objektiv auch speziell um Makro geht oder ob man hier ähnlich wie zum iPhone kurzwinklig aufnimmt und in der Nachbearbeitung mehr Tiefeneffekt einfügt, ist bisher nicht klar. Generell kann der 3D-Makrobereich ein spannendes Feld für Fotografen sein. Stereoskopische Aufnahmen von Insekten oder Blumen können einen gigantisch wirkenden Eindruck bei Betrachter:innen hinterlassen.

Dieser Prototyp des Objektivs wurde ebenfalls an der APS-C Kamera EOS R7 gezeigt. Ob es auch eine Variante für Kameragehäuse mit Full-Frame-Sensoren geben wird, ist noch unklar.

Apropos Full-Frame: Die Gerüchteküche hatte vor einigen Monaten noch von dem mutmaßlich in Q1 / 2024 erscheinenden Nachfolger der aktuellen R5, der R5 Mark II gesprochen. Mittlerweile sind die Prognosen bei CanonRumors zurückhaltender. Es wird nun davon ausgegangen, dass dieses neue Kameragehäuse erst nach den Olympischen Spielen im Juli 2024 erscheinen soll.

Während hier also Geduld angesagt ist, kann man trotzdem auf einige Neuigkeiten bei der nächsten Kameramesse CP+ hoffen. Die startet in Canons Heimatland in Japan am 22. Februar 2024.

Fazit zu Canons 3D- und VR-Neuheiten

Mit drei Prototypen in Entwicklung im Bereich von regulärem 3D und 180°-3D fährt Canon einen erfreulichen Kurs für Besitzer:innen von VR-Brillen, die gerne immersive Medien erstellen und betrachten. Ich finde es lobenswert, dass Canon einen riskanteren Weg einschlägt, vor dem viele andere etablierte Kamerahersteller zurückschrecken.

Vermutlich hat Canon auch daraus gelernt, dass sie in der Vergangenheit beim Aufkommen der Smartphone-Kameras eher verhalten reagiert haben, was zum praktischen Aussterben Kompaktkamera-Sparte führte. Dieses Mal sind sie vorn mit dabei und ich hoffe, die gezeigten Prototypen bald selbst ausprobieren zu können.

Artikelbild: Hugh Hou

Unser Gastautor Daniel Pohl ist CEO und Gründer der Firma immerVR GmbH. Dort beschäftigt sich Daniel täglich mit den Neuerungen im Bereich immersiver Medien, meistens im Bereich der VR180 Stereofotografie. Mit seiner App immerGallery kann man immersive Fotogalerien, hinterlegt mit Voice-overs und Hintergrundmusik in verschiedenen VR-Formaten auf den Meta Quest-Brillen erleben.