Vuze Kamera im Test: Bezahlbare 360-Grad-Kamera mit tollem 3D-Effekt

Vuze Kamera im Test: Bezahlbare 360-Grad-Kamera mit tollem 3D-Effekt

Mit der 360-Grad 3D-Kamera Vuze stellt sich der Hersteller Humaneyes Technologies einer Herkulesaufgabe: Sie soll Videos in vollen 360-Grad und stereoskopischem 3D filmen und dabei auch noch einfach zu bedienen, kompakt und günstig sein. Gelingt das?

Der große Unterschied zwischen Vuze und anderen kompakten 360-Grad-Kameras ist der stereoskopische 3D-Effekt. Dem Hersteller gelang das Kunststück, insgesamt acht Linsen samt Sony-Bildsensoren in das flache, kompakte und schön gestaltete Gehäuse zu integrieren.

Mit diesen acht Linsen filmt Vuze in jede Richtung doppelt, wobei sich die Bildausschnitte zweier Linsen immer leicht überlagern. Auf Basis dieser Überlagerung wird der 3D-Effekt berechnet, der dem Bild deutlich mehr Tiefe und dem Zuschauer so ein besseres Präsenzgefühl verleiht.

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Einfache Handhabung

Die Einzelbilder der acht Linsen werden über eine vom Hersteller kostenlos zur Verfügung gestellte PC-Software (derzeit nur für Windows) automatisch zusammengeführt. Auch der 3D-Effekt wird automatisiert berechnet.

Was das Gerät nicht kann: die Videos direkt auf der Kamera oder via Smartphone-App berechnen. Der zusätzliche Arbeitsschritt über einen Rechner ist notwendig. Der Arbeitsprozess ist aber gut dokumentiert und die Software einfach und mit wenigen Mausklicks bedienbar.

Die Kamera an sich ist ebenfalls leicht zu bedienen. Ein Knopf am Gehäuse startet und stoppt die Aufnahmen – das war es schon. Ergänzend kann man Vuze über Wifi mit einer Smartphone-App fernsteuern, die aber nur als Beta-Version verfügbar und noch nicht ausgereift ist.

Humaneyes bietet auf der eigenen Webseite eine umfangreiche FAQ und Anleitungen an. Außerdem reagierte der Support bei einer Testanfrage flott und antwortete konkret.

Lohnt sich der Aufpreis für den 3D-Effekt?

Mit einem Preis von knapp 1.000 Euro ist Vuze im Vergleich zu anderen 2D-360-Kompaktkameras rund dreimal teurer. Der Aufpreis ist allein auf den 3D-Effekt zurückzuführen. Lohnt er sich? Für mich ist die Antwort eindeutig: Ja.

Die Darstellung in stereoskopischem 3D bietet im Vergleich zu monoskopisch gefilmten Videos so viel mehr Tiefenwirkung, dass das Versprechen eines Mittendrin-Gefühls oder gar der Telepräsenz viel eher eingelöst werden kann.

Während 3D auf der herkömmlichen Leinwand oder am TV nur ein nettes Gimmick ist, wird es in der VR-Brille zum signifikanten Upgrade. Je nach Motiv und Szene können die 3D-Bilder das Gehirn viel besser täuschen als flache 360-Videotapeten.

Ordentliche Bildqualität

Abseits vom 3D-Effekt bieten die 4K-Videos der Vuze eine ähnliche Bildqualität wie die erste Gear-360-Kamera aus 2016 (und eine bessere Qualität als der schlechtere Nachfolger). Bei einer guten Ausleuchtung der Umgebung entstehen scharfe und klare 3D-Aufnahmen. Bei schlechtem Licht hingegen fällt die Kamera stark ab, das Bild verliert an Schärfe und ist krisselig.

Sehr nahe Objekte bis zu einem Abstand von circa zwei bis drei Meter werden detailliert dargestellt mit klaren Konturen. Weiter entfernte Objekte und die distanzierte Umgebung sind recht unscharf und matschig, so wie es bei 360-Aufnahmen derzeit noch typisch ist.

Das Stitching ist verbesserungswürdig

Bei 360-Grad-Videos müssen die Aufnahmen der einzelnen Linsen zu einem 360-Bild vernäht werden – das sogenannte "Stitching". Dabei kann es zu Bildfehlern kommen, wenn die Nahtstellen nicht exakt aufeinander abgestimmt sind.

Zum Beispiel wird ein Teil des Bildes verschluckt oder zwei Hälften überlappen sich. Bei Objekten, die sich um die Kamera herumbewegen oder ihr zu nahe kommen, sieht man an den Übergängen zwischen den Linsen deutliche Verzerreffekte.

Unter diesen Bildfehlern leiden auch viele Aufnahmen der Vuze-Kamera. Gerade bei den Videos der seitlich positionierten Kameras sieht man teils sehr starke Nahtstellen bei nahen und auch noch weiter entfernten Objekten.

Laut Humaneyes soll man keine Objekte filmen, die der Kamera näher als 150 cm kommen, um allzu auffällige Nahtstellen zu vermeiden. Das schränkt die Auswahl der Motive ein.

Das Unternehmen weiß um diese Schwachstelle und arbeitet an Software-Updates für die Kamera und die PC-Software, um die Stitching-Ergebnisse zu verbessern.

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Umso wichtiger ist es, dass man die Limits der Vuze schon berücksichtigt, bevor man auf den Rec-Knopf drückt. Die gravierendsten Bildfehler lassen sich durch eine geschickte Kamerapositionierung vor dem Dreh vermeiden.

Beispielsweise sollte man darauf achten, dass das Hauptmotiv einer Szene immer direkt von zwei der nach vorne gerichteten Doppelkameras gefilmt wird, während die Eck-Kameras die Peripherie aufzeichnen.

Optisch macht Vuze was her und ist sehr portabel. Bild: Humaneyes Technologies

Optisch macht Vuze was her und ist sehr portabel. Bild: Humaneyes Technologies

Bessere Optionen für versierte Anwender

Fortgeschrittene und Profis haben die Möglichkeit, die acht Videostreams einzeln auszulesen und mit einem hochwertigen Schnittprogramm wie Premiere selbst zusammenzuführen.

Geht man nach den Aufnahmen aus dem offiziellen YouTube-Kanal, sind so durchaus Videos möglich, bei denen die Nahtstellen fast gar nicht mehr auffallen. Die Videos im Kanal dürften nachbearbeitet sein, denn nach meiner Erfahrung bekommt man derart fehlerfreie Aufnahmen nicht mit den Bordmitteln der Vuze hin. Ich hatte in jedem Video, das ich für meinen Test filmte, deutlich sichtbare Nähte, die stärker auffielen als bei Samsungs Gear 360.

Für Enthusiasten ist es gut, dass es die Möglichkeit zur manuellen Optimierung gibt. Allerdings steigt so der Arbeits- und Zeitaufwand bei der Produktion enorm. Für Einsteiger, die nicht viel Zeit investieren wollen oder die sich nicht auskennen, ist diese Methode eher ungeeignet.

Ein Fotomodus fehlt noch

Leider bietet Vuze noch keinen richtigen Fotomodus. Zwar kann man 360-Bilder knipsen, das sind aber nur Einzelbilder aus Videos, die als .jpg abgelegt werden. Die Qualität übertrifft entsprechend nicht die der Videos und hinkt deutlich hinter den 360-Fotos der Gear 360 (2016) hinterher. Diese "Videofotos" können nur über die Smartphone-App angefertigt werden.

Humaneyes arbeitet an einem nativen Fotomodus, der via Firmware-Update nachgereicht wird und dann eine höhere Bildqualität als das bisherige Verfahren bieten soll. Wann das Feature kommt und wie groß der Qualitätssprung ist, konnte das Unternehmen noch nicht beantworten.

Vuze zeichnet auch Ton auf: Vier Mikrofone erfassen die Umgebung in 360-Grad-Audio auf vier einzelnen Tonspuren. Der Ton ist gut genug für Umgebungsgeräusche und verständliche Sprache. Wer wirklich hochwertige Moderationen oder gar Musik aufzeichnen möchte, braucht eine bessere, externe Lösung.

Fazit: In dieser Preisklasse ohne Alternative

Wer 3D und 360-Grad filmen und dafür keine tausende Euro in eine Highend-Kamera investieren möchte, kommt an Vuze nicht vorbei. Aufgrund dieses klaren Alleinstellungsmerkmals geht auch der Preis in Ordnung – immerhin sind in dem flachen Gehäuse acht Linsen samt Sensoren und vier Mikrofone verbaut.

Zum Vergleich: Samsungs Gear 360 hat in der 2017er-Neuauflage nur mehr einen Sensor und zwei Linsen integriert. Natürlich ist das Gerät in der Produktion entsprechend günstiger.

Vuze richtet sich in erster Linie an VR- und 360-Grad-Enthusiasten, die den 3D-Effekt zu schätzen wissen und im Zweifelsfall nicht davor zurückschrecken, händisch ein Schnittprogramm zu bedienen und selbst die ein oder andere hässliche Nahtstelle zu glätten.

Das ist auch notwendig, wenn man durchgängig gute Aufnahmen produzieren möchte. Käufer, die jetzt zuschlagen, sollten sich nicht darauf verlassen, dass es beim automatischen Nähen noch einen großen Durchbruch gibt, auch wenn Humaneyes an dem Verfahren arbeitet.

Die Kamera ist hübsch gestaltet, vermittelt ein wertiges Gefühl und ist einfach zu bedienen. Sie eignet sich gut für den Hobby-Gebrauch und für semiprofessionelle 3D 360-Produktionen, beispielsweise in Redaktionen.

Wer keinen Wert auf den stereoskopischen Tiefeneffekt legt, ist mit Samsungs Gear 360 besser bedient - wohlgemerkt mit der ersten Version aus 2016. Das Gerät kann 360-Aufnahmen direkt am Smartphone verarbeiten, hat weniger Probleme mit dem Stitching (nur zwei statt acht Linsen) und ist deutlich günstiger.

Letzte Aktualisierung am 29.03.2024 / Affiliate Links / Bilder von der Amazon Product Advertising API / Preis inkl. MwSt., zzgl. Versandkosten

Die 2017er-Version von Samsungs Gear 360 ist handlicher und kann Live-Streaming. Dafür ist die Bildqualität von Fotos deutlich schlechter.

Gear 360 (2017): Test und Vergleich mit Gear 360 (2016)

Datenblatt Vuze

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Linsen 8 x Linsen mit Sichtfeld 180 x 120, Vollsphäre
Sensoren 8 x Sony IMX408 Sensoren, Auflösung 1920 x 1080 Pixel
Prozessor 2 x Ambarella A9 Videoprozessor
Videoauflösung UHD 4K, 3.840 x 3.840 Pixel in Stereo 3D (3840 x 1920 pro Auge), MP4 mit H.264 Kompression
Fotoauflösung UHD 4K, 3.840 x 3.840 Pixel Stereo 3D (3840 x 1920 pro Auge), JPG
ISO 100 bis 1600
Bildwiederholrate 30 FPS
Video Bitrate 80 bis 120 mbps
Audio Raumklang mit 4 MEMS 48 Hz Mikrofonen auf vier separaten Tracks
IP Bewertung IP64, geschützt gegen Staub und Spritzwasser
Umgebungstemperatur 0 – 40 Grad Celsius
Feuchtigkeit Bis 95 % RH
Bewegungsensoren IMU: Beschleunigungsmesser, Gyroskop, Kompass
Wi-Fi IEEE 802.11b/g/n 2.4 GHZ
USB port USB 2.0
Akku Interner Li-ionen-Akku, 3,700 mAh (3.8V), hält circa zwei Stunden
Speicher Austauschbare Micro-SD-Karte (Min: UHS-1).
Maße Circa 120 x 120 x 30 mm
Gewicht Circa 450 Gramm
Farben Rot, Gelb, Blau, Schwarz
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| Featured Image: Humaneyes Technologies