Vom Walkman zur PSVR 2 - Sonys Geschichte der Immersion

Vom Walkman zur PSVR 2 - Sonys Geschichte der Immersion

Der Branchenexperte Kevin Williams befasst sich in seiner neuesten Virtual Arena-Kolumne mit der Anwendung von XR in der gesamten Unterhaltungslandschaft. Er wirft einen Blick auf die Roadmap, die Sony dazu gebracht hat, eine der innovativsten neuen VR-Brillen in einem Markt voller Innovationen auf den Markt zu bringen - und zeigt exklusiv die Schritte auf dem Weg dorthin.

Autor: Kevin Williams

In dieser neuesten MIXED-Kolumne werfen wir einen Blick auf die wahre Geschichte von Sony Consumer Electronics in der virtuellen Welt. Viele mögen denken, dass die Einführung der Playstation VR 2 im letzten Monat erst der zweite Vorstoß des Unternehmens in den Markt für immersive Headsets war. Es gibt jedoch eine lange Geschichte von Investitionen in eine persönliche Medienplattform, die zu diesem Punkt geführt hat.

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Sony Walkman: immersives Audio für unterwegs

Die Möglichkeit, Medien mobil zu konsumieren, war schon immer ein Schwerpunkt von Sony. Der Elektronikriese hat seine Entwicklungsarbeit vorangetrieben, zunächst mit einer Reihe von Personal-TV-Geräten, die den Nutzer nicht mehr nur passiv konsumieren lassen, sondern ihn in eine virtuelle Umgebung eintauchen lassen. Um die Beweggründe für diese Investition zu verstehen, muss man die Wurzeln der Entwicklung innerhalb des japanischen Unternehmens kennen, das die Unterhaltungselektronik so viele Jahre geprägt hat.

Der große Erfolg des tragbaren Kassettenabspielgeräts - verkörpert durch den "Sony Walkman" - stand am Anfang der Einführung tragbarer Mediensysteme. Er wurde auf Wunsch des Mitbegründers des Unternehmens entwickelt, um unterwegs klassische Musik hören zu können. Die Forschungs- und Entwicklungsabteilung von Sony tüftelte 1979 an einem Konzept, das später zum Kultobjekt "Walkman TPS" werden sollte. Mit diesem Konzept wurde eine Reihe tragbarer Abspielgeräte auf den Markt gebracht, von denen in 30 Jahren rund 300 Millionen Stück verkauft wurden.

A Walkman

Der Walkman von Sony | Bild: Sony / KWP

Der tragbare Medienkonsum verlagerte sich vom Audio- zum Videokonsum, und der Verkauf von tragbaren Fernsehgeräten war beim japanischen Publikum sehr beliebt. Es entstand die Idee, ein persönlicheres Medium für den Videokonsum anzubieten, ähnlich wie die Walkman-Kopfhörer für den Audiokonsum. Und so begann die Entwicklung hin zur Personal-Viewing-Technologie.

Das erste Video-Headset von Sony

1992 brachte die Sony Corporation in Japan und ein Jahr später auch in der westlichen Welt den "Sony Visortron" auf den Markt, ein sogenanntes Head-Mounted-Display (HMD). Dabei handelte es sich um ein Gerät, mit dem man qualitativ hochwertige Bilder von einem nicht stereoskopischen LCD (Flüssigkristallanzeige) betrachten kann. Es fungiert als Fernsehempfänger und vermittelt den Eindruck, man schaue "aus einem Meter Entfernung auf einen 33-Zoll-Fernseher", wie es in einem Bericht von Popular Mechanics hieß.

Die Plattform war sowohl als persönlicher Fernseher als auch als persönliche Kinoleinwand gedacht und wurde sogar von Japan Airlines den Passagieren auf Langstreckenflügen angeboten.

Sony Visortron

Sony Visortron | Bild: Sony / KWP

Sony Glasstron

Sony Glasstron | Bild: Sony / KWP

Zu dieser Zeit wurde das Konzept der virtuellen Realität (VR) zum neuen Zeitgeist. 1992 wurden die ersten Versuche mit dieser damals noch schwerfälligen und kostenintensiven Technologie unternommen. Die Technologie war zunächst auf das Labor beschränkt und hatte sich zu rudimentären Unterhaltungsanwendungen entwickelt.

Sega bietet kein gutes VR-Vorbild

Bald darauf versuchten erste Unternehmen, Heimversionen der VR-Technologie zu entwickeln, die zunächst persönliche Gamer-Viewer boten und dann versuchten, eine einfache Kopfbewegungssteuerung zu realisieren.

Diese ersten Anflüge von Verbraucherinteresse scheiterten schließlich daran, dass allzu ehrgeizige Marketingfachleute Konzepte verkauften, die mit der verfügbaren Technologie nicht realisierbar waren - wie das 1993 vorgestellte, gescheiterte "SEGA VR"-Headset.

Segas concept VR headset.

Segas Konzept einer VR-Brille. | Bild: Sega / KWP

Während andere Unternehmen versuchten, die Erfahrungen in der Displaytechnologie zu übernehmen, bündelte Sony seine Forschungs- und Entwicklungsarbeit in einer eigenen Produktlinie und brachte 1996 mit dem PLM-50 die "Sony Glasstron"-Serie auf den Markt. Der am Kopf getragene persönliche LCD-Monitor, wie er nun genannt wurde, bot eine "Personal Viewer"-Funktion.

Nach einer zweiten Version führten Innovation und neue Technologien 1998 zum "Sony PLM A55" und dann zur "Sony Glasstron Lite"-Serie. Der schlanke und kompakte persönliche LCD-Monitor bot dem Benutzer einen wahrgenommenen 52-Zoll-Bildschirm vor sich. Das System konnte mit den neuesten DVD-Playern und Heimkino-Geräten von Sony verbunden werden. Zu diesem Zeitpunkt wurde der personalisierte Viewer als Ergänzung zu PC- und Videospielsystemen in den Bereich der interaktiven Unterhaltung eingeführt.

Sony Glasstron PLM-50

Sony Glasstron PLM-50 | Bild: Sony / KWP

Sony Glasstron PLM-S700E

Sony Glasstron PLM-S700E | Bild: Sony / KWP

Die ersten Tech-Brillen für Unternehmen

Mit der Einführung des neuen "Sony LDI-100B" im Jahr 1999 war Sony in der Lage, ein stereoskopisches 3D-Videosystem mit einer neuen Reihe von LCD-Panels anzubieten - und nun konnten neben Konsumenten auch Geschäftskunden von dieser Anwendung profitieren.

Das Anzeigesystem wurde zunehmend in der medizinischen Visualisierung und sogar in Design- und Architekturanwendungen eingesetzt. Gleichzeitig fand das System seinen Weg in internationale Technologielabore. In der aufkommenden Virtual-Reality-Visualisierungsszene wurde es mit einer rudimentären Tracking-Technologie kombiniert.

Die Sony Personal Viewer wurden von Wissenschafts- und Forschungsgruppen dazu genutzt, selbstgebaute VR-Installationen zu erstellen und zu betreiben. Sie boten eine kostengünstigere (und leichtere) HMD-Lösung als die damals teuren kommerziellen VR-Displays.

Die Forschungs- und Entwicklungsabteilung von Sony war sich dessen bewusst. Dennoch war man sich nicht sicher, ob man VR unterstützen sollte. Das Management zog es vor, den Einsatz für Simulationen und Schulungen zu unterstützen, wie es bei den Headsets der LDI- und PUD-Reihe der Fall war. Die 2002 vermarktete Serie "Sony PUD-J5A" ermöglichte auch, eine Playstation 2 anzuschließen, um den virtuellen Raum zu nutzen.

Sony LDI-100B

Sony LDI-100B | Bild: Sony / KWP

Sony PUD-J5A

Sony PUD-J5A | Bild: Sony / KWP

Durch kontinuierliche Innovation und technologischen Fortschritt würde Sony den größten Schritt in Richtung einer wirklich immersiven Fernsehplattform machen. Auch wenn es schwierig war, die Pläne für das Konzept des "Sony Personal 3D Viewer" im Jahr 2011 zu verwirklichen.

Sony nähert sich VR

Die innovative OLED-Technologie und das kompakte Design waren verlockend, der hohe Preis und die begrenzten Inhalte jedoch nicht. Mit großem Aufwand wurde das Konzept als "Sony HMZ-T1"-Serie (mit einem gefühlten 150-Zoll-Bildschirm vor dem Nutzer) auf den Markt gebracht. Im Jahr 2012 folgte der "Sony HMZ-T2".

Damals sahen die Verantwortlichen bei Sony die Headset-Technologie vor allem als Möglichkeit, dem Nutzer sein eigenes "privates Kino" zu bieten - der Konsument wählt seine Lieblingsfilme aus. Diese Anwendung macht auch heute noch einen Teil der Attraktivität von VR-Headsets aus, die sich VR-Anwendungen wie das "Bigscreen Virtual Cinema" zunutze machen.

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Sony HMZ-T1

Sony HMZ-T1 | Bild: Sony / KWP

Sony HMZ-T2

Sony HMZ-T2 | Bild: Sony / KWP

Das Sony HMZ 2012 geht jedoch über den persönlichen 3D-Viewer hinaus: Die Forschungs- und Entwicklungsabteilung von Sony arbeitete mit mehreren Industriepartnern zusammen, um die Anwendung dieser Technologie als Viewer für virtuelle Welten zu erforschen und eine frühe Anwendung der Passthrough-Technologie zu integrieren.

Sony in Japan stellte daraufhin den "Sony HMZ-T2 Prototype-SR" vor, der mit einer Kamera ausgestattet war, die Videos auf das Display des Headsets übertrug und die ersten fortgeschrittenen Mixed-Reality-Erfahrungen ermöglichte. Damals handelte es sich noch um einen Prototyp, aber das Konzept öffnete Sony die Tür zur eigenen VR-Zukunft.

Sony HMZ-T2 Prototype-SR

Sony HMZ-T2 Prototyp-SR | Bild: Sony / KWP

2013 gab es noch einen Personal Viewer 'Sony HMZ-T3W', der auch eine kommerzielle/medizinische Version unterstützte, aber die Welt hatte sich verändert. Zu diesem Zeitpunkt waren schon alle Augen auf VR gerichtet. Der Versuch, 2015 die "Sony SmartEyeGlass"-Plattform auf den Markt zu bringen, die der AR-basierten Smart Glasses-Technologie folgte und von einem Personal Viewer inspiriert war, scheiterte.

Sony HMZ-T3W

Sony HMZ-T3W | Bild: Sony / KWP

Sony SmartEyeGlass

Sony SmartEyeGlass | Bild: Sony / KWP

Ein neuer Sommer der VR - und Sony ist mit dabei

Damals wurde die Welle der Begeisterung und Vorfreude für die VR-Technologie durch die Veröffentlichung von Science-Fiction-Romanen wie "Ready Player One" angeheizt. Wieder waren kleine Start-ups mit der Entwicklung eigener VR-Brillen beschäftigt, aber diesmal wollte Sony eine führende Rolle spielen, anstatt nur an der Seitenlinie zu stehen.

Unter der Leitung von Sony Computer Entertainment wurde ein gemeinsames Forschungs- und Entwicklungsteam mit Sitz im Vereinigten Königreich und in Japan gebildet, da die VR-Technologie die Spieleplattform des Unternehmens unterstützen sollte.

Zwischen 2010 und 2013 wurden in den F&E-Zentren in Japan und Europa zahlreiche Prototypen entwickelt, die als Frankenstein-Iterationen dessen galten, was für ein VR-System zur Unterstützung von Konsolen erforderlich ist.

Ein System, das auch den umstrittenen (aber profitablen) Peripherie-Tracker "EyeToy" für Playstation-Konsolen integrieren sollte, war ein Kompromiss, um einen möglichst niedrigen, marktfähigen Preis zu erreichen.

Sony VR Test Article 1

Sony VR Test 1 | Bild: Sony / KWP

Sony VR Test Article 2

Sony VR Test 2 | Bild: Sony / KWP

Sony Playstation VR Prototype v1

Sony Playstation VR Prototyp v1 | Bild: Sony / KWP

2014 wurden ausgewählten Medienvertretern und Spieleherstellern erste Testmuster des mittlerweile "Sony Project Morpheus" genannten Prototyps vorgestellt. Und während der Ruf nach VR immer lauter wurde, positionierte sich Sony für die Veröffentlichung der endgültigen Playstation VR im Jahr 2016. Dabei handelte es sich nicht nur um eine VR-Brille, sondern um eine umfassende Geschäftsinitiative mit eigener Spielebibliothek.

Von Morpheus zu PSVR 2

Das innovative und in vielerlei Hinsicht einzigartige System trug die Handschrift seines illustren Vorgängers. Viele der gewonnenen Erkenntnisse in Bezug auf Komfort, Passform, Ergonomie und einzigartige anthropometrische Aspekte sind in das endgültige System eingeflossen.

Nach Angaben des Unternehmens soll PSVR 1 bis 2019 weltweit rund 5 Millionen Mal verkauft worden sein. Zum Vergleich: Im gleichen Zeitraum wurden rund 104 Millionen Playstation 4-Konsolen verkauft. Allerdings ließ Sony PSVR 1 am Ende seines Lebenszyklus auslaufen und schaffte lange Zeit keine Klarheit über einen möglichen Nachfolger - der dann aber doch angekündigt wurde.

Sony Project Morpheus Prototype- A

Sony Project Morpheus Prototyp - A | Bild: Sony

Sony PlayStation VR

Sony PlayStation VR | Bild: Sony

Sony konzentriert seine gesamte VR-Entwicklung in einer eigenen japanischen Abteilung und schließt und löst die ursprünglichen britischen Teams auf. Der Fokus liegt nun auf der Entwicklung einer eigenen VR-Brille, ohne Kompromisse beim Tracking.

Das neue Design beinhaltet Inside-Out-Tracking und eine neue OLED-Linsenkonfiguration. Sony ist ständig auf der Suche nach der besten Leistung und hat 2021 sogar einen Prototyp mit 4K-Displays vorgestellt.

Die tatsächliche Lösung wird jedoch eine handlichere Version mit einem 2000 x 2040 OLED-Bildschirm, einem größeren Formfaktor und dem Einsatz innovativer Technologien wie Eyetracking und haptischem Feedback in Headsets und Controllern sein. All dies und ein einzelnes Kabel, das die Nutzung im Vergleich zum Vorgängermodell erheblich vereinfacht.

Sony PlayStation VR 2

Sony PlayStation VR 2 | Bild: Sony / KWP

Im Jahr 2023 erschien mit der Playstation VR 2 die zweite VR-Brille von Sony auf dem internationalen Spielemarkt. Das System kann auf fast 16 verschiedene Produkte zurückblicken, die zu dieser Veröffentlichung beigetragen haben.

Ursprünglich in den 1990er-Jahren als "Personal Viewer" für Videos konzipiert, hat sich das Display-Headset heute zu einer vollwertigen VR-Brille für Virtual-Reality-Welten entwickelt. Die Markteinführung des PSVR 2 enthält viele Elemente, die eindeutig auf den ursprünglichen "Sony Visortron" von vor etwa dreißig Jahren zurückgehen. Es bleibt abzuwarten, ob sich diese unglaubliche Investition in Forschung und Entwicklung über einen so langen Zeitraum in der breiten Masse durchsetzen wird.

Wenn ihr mehr über die Entwicklung von VR außerhalb von Sony erfahren möchtet, schaut in unsere umfassende Geschichte der virtuellen Realität.

Anmerkung - Der Autor dankt allen, die ihn bei der Erstellung dieses Beitrags unterstützt haben. Bitte beachtet, dass es sich bei den angegebenen Daten in vielen Fällen um die Jahre der japanischen Markteinführung handelt, obwohl auch einige westliche Daten enthalten sein können. Es ist auch möglich, dass Prototypen in begrenzter Stückzahl oder Sonderserien ausgelassen wurden.

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