Virtual Reality: Ubisofts majestätisches "Eagle Flight" im Test

Virtual Reality: Ubisofts majestätisches

Nur fliegen ist schöner, heißt ein geflügeltes Wort. Umso mehr erstaunt es, dass es kaum Spiele für die virtuelle Realität gibt, die sich bemühen, diese Erfahrung glaubhaft einzufangen. Die Lücke füllt nun Ubisoft mit "Eagle Flight". Wir haben uns in die Lüfte erhoben und das menschenverlassene Paris ausgekundschaftet.

Eagle Flight spielt in einer fernen Zukunft, in der die Menschen aus Paris verschwunden sind und die Natur deren Lebensräume zurückerobert hat. Das Spiel zeichnet jedoch kein düsteres Bild des menschenverlassenen Paris, ganz im Gegenteil: Die Natur hat die Metropole zu einer grünenden Heimat für Tiere aller Art gemacht. Selbst Elefanten, Giraffen und Zebras tummeln sich auf den überwachsenen Straßen, so als wäre man im Herzen Afrikas.

Müheloses Fliegen

Wenn man Eagle Flight zum ersten Mal startet, entlässt einen das Spiel unverzüglich und unvorbereitet wie einen Jungvogel in die berauschende Freiheit des beinahe schwerelosen Fliegens. Dieses fühlt sich ganz natürlich an, denn man steuert allein durch Kopfbewegungen, wie und wohin man fliegt. Möchte man im Flug auf- oder absteigen, so hebt oder senkt man den Kopf. Für seitliche Schwenker neigt man den Kopf leicht nach links oder rechts.

___STEADY_PAYWALL___ [blockquote]Die Steuerung ist nicht nur leicht erlernt, sie erlaubt auch erstaunlich präzise Flugmanöver.[/blockquote]

Das ist ebenso einfach wie raffiniert gelöst, denn auf diese Weise muss man sich nicht um die eigene Achse drehen, um in eine andere Richtung zu fliegen und vermeidet so, dass man das Kabel ungewollt um den Drehstuhl wickelt. Eagle Flight kann man bequem im Sitzen und mit dem Kopf nach vorne gewandt spielen. Später ist es auch möglich, sich unabhängig von der Flugrichtung umzusehen. So kann man dicht über die Dächer von Paris fliegen und dabei zugleich nach unten sehen. Ein majestätisches Gefühl!

Die Steuerung ist nicht nur leicht erlernt, sie erlaubt auch erstaunlich präzise Flugmanöver. Was besonders überrascht, ist die Wendigkeit des Vogels. Traut man sich zu Beginn kaum in die Häuserschluchten der Stadt hinunter, fliegt man eine Stunde später mühelos durch die verwinkelten Gassen von Paris. Mit den Triggertasten des Gamepads lässt sich die Fluggeschwindigkeit erhöhen oder reduzieren, je nachdem, wie sicher man sich fühlt.

Visuelle Kunstgriffe gegen Übelkeit

Dass mir trotz der rasanten Fliegerei auch nach mehreren Stunden nicht schlecht geworden ist, ist auf eine Reihe visueller Kunstgriffe zurückzuführen. Das Sichtfeld ist sowohl oben als auch unten durch Bildelemente künstlich begrenzt. Am unteren Rand ragt der Schnabel ins Bild, am oberen Rand sind einige schwarze Federn zu sehen.

Was in den ersten Sekunden etwas gewöhnungsbedürftig erscheint, hat mehrere Vorteile: Die künstliche Rahmung des Sichtfelds verstärkt den Eindruck, durch die Augen eines Adlers zu blicken und lässt den Spieler die begrenzte Sichtweite der VR-Brille vergessen. Doch vor allem dämmt das Adler-Cockpit die Bewegungsübelkeit ein. Hierbei dürfte insbesondere der Schnabel helfen, der in die Bildmitte hineinragt und dem Auge einen Fixpunkt zur Orientierung bietet.

[blockquote]Ein Tunnelblick und der virtuelle Schnabel helfen gegen VR-Übelkeit.[/blockquote]

Schwenkt man während des Fliegens stark nach links oder rechts, wird das Sichtfeld künstlich eingeengt, sodass ein Tunnelblick entsteht. Den kennt unser Gehirn auch aus der Realität, wenn wir uns sehr schnell fortbewegen, und ist so weniger irritiert. Jason Rubin, Chef der Oculus Studios, adelte im März die Entwickler von Ubisoft mit einem Lob bei Twitter: "Diese Methode ist extrem effektiv. Applaus an das Team von Ubisoft."

Gut zu erkennen: Das Sichtfeld wird bei einer Linkskurve von links eingeschränkt. Der Effekt ist in der VR-Brille viel subtiler, als er auf dem Screenshot wirkt.

Gut zu erkennen: Das Sichtfeld wird bei einer Linkskurve von links eingeschränkt. Unten sieht man den Schnabel. Der Effekt ist in der VR-Brille viel subtiler, als er auf dem Screenshot wirkt. Bild: Screenshot

Es scheint ganz so, als hätte sich Ubisoft neuere Erkenntnisse aus der Forschung zunutze gemacht. Wissenschaftler haben entdeckt, dass das Aufkommen von Übelkeit in Simulationen dadurch abgeschwächt werden kann, dass man das Sichtfeld verengt oder eine virtuelle Nase einfügt. Von Oculus wird das Komfortlevel des Spiels als angenehm eingestuft. Bei einem Preis von 39,99 Euro würde Ubisoft gut daran tun, eine Probeversion von Eagle Flight anzubieten.

Ebenso gelungen wie der optische Stil und die Tricks gegen Motion Sickness ist der grandiose klassische Soundtrack. Er untermalt die Fliegerei stets stimmungsvoll und leidenschaftlich und trägt einen großen Teil zur tollen Atmosphäre von Eagle Flight bei.

Oculus Rift: Ubisofts "Eagle Flight" im Test

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Offene Welt voller Herausforderungen

Eagle Flight bietet drei Spielmodi: "Freier Flug", "Story-Modus" und "Online-Spiel". Wählt man den freien Flug, kann man das virtuelle Paris fernab von Spielzielen und unbehelligt von menschlichen und KI-gesteuerten Gegnern erkunden. Die Stadt ist in fünf Bezirke aufgeteilt, in deren Zentrum bekannte Wahrzeichen stehen: der Eiffelturm, die Basilika Sacré-Cœur, das Panthéon, Notre-Dame und der Louvre. Die VR-Variante von Paris kommt seinem realen Vorbild stellenweise sehr nahe. So konnte ich bei Flügen einige Orte ausmachen, die mir von meinem letzten Besuch in Erinnerung geblieben sind.

Im Story-Modus ist die offene Welt, wie man es von Ubisoft-Spielen kennt, mit sammelbaren Objekten, Herausforderungen und Story-Missionen übersät. Diese werden durch Plaketten symbolisiert, die an festgelegten Punkten über den Dächern schweben. Man startet sie, indem man durch sie hindurchfliegt. Die Plaketten unterscheiden sich durch ihre Farben und Piktogramme, sodass man schon von weitem erkennen kann, was einen erwartet.

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Die Atmosphäre im VR-Paris ist grandios. Wer sich auskennt. entdeckt sogar Straßenzüge wieder. Bild: Ubisoft

Die Atmosphäre im VR-Paris ist grandios. Wer sich auskennt, entdeckt sogar Straßenzüge wieder. Bild: Ubisoft

So gibt es unter anderem Flugparcours, bei denen man durch Kreise oder U-Bahnschächte und die Pariser Katakomben fliegen muss. Bei anderen Missionen darf man Artgenossen eskortieren und vor den Angriffen anderer Vögel schützen oder Luftschlachten mit Dutzenden anderen Flugtieren schlagen. Abhängig davon, wie schnell man eine Herausforderung meistert, kann man bis zu drei Sterne pro Mission erwerben. Hat man genug Sterne gesammelt, werden neue Herausforderungen freigeschaltet.

Dürftige Story-Missionen

Neben diesen Herausforderungen gibt es 23 Story-Missionen, die man der Reihe nach absolviert und deren Schwierigkeitsgrad kontinuierlich zunimmt. Diese Missionen führen den Spieler Stück für Stück an die Lebensart der Raubvögel heran, indem sie ihn in das Federkleid eines frisch geborenen Adlers schlüpfen lassen, der in gleicher Weise wie der Spieler erst noch lernen muss, wie man fliegt, jagt und balzt.

So schaltet man nach und nach neue Fähigkeiten frei: Etwa eine Kreischwelle, ein akustisches Geschoss, mit dem man feindliche Flugtiere gezielt vom Himmel holen kann, oder ein Echoschild, das feindliche Angriffe absorbiert. Diese Fähigkeiten werden gegen verfeindete Flugtiere wie Krähen, Fledermäuse, Geier und Falken eingesetzt, welche den Pariser Luftraum kontrollieren. Die feindlichen Territorien können in den Story-Missionen erobert werden, wodurch man die Kontrolle über die Bezirke übernimmt und Zugriff auf bezirksspezifische Herausforderungen erhält.

[blockquote]Ubisoft will das Rad nicht neu erfinden und versucht stattdessen, bewährte Spielkonzepte in die virtuelle Realität zu überführen.[/blockquote]

Die Geschichte wird nicht nur durch Story-Missionen, sondern gelegentlich auch von animierten Zwischensequenzen in 360-Grad vorangetrieben. Sie erstreckt sich über fünf Kapitel und beginnt mit der Geburt des Adlers. Man merkt der Story deutlich an, dass sie nicht im Vordergrund des Spiels steht, sondern vornehmlich dazu dient, den Spieler in die Fähigkeiten und die unterschiedlichen Herausforderungen eines Vogellebens einzuführen.

Intensive Online-Partien

Der dritte Modus ist das wettbewerbsorientierte Online-Spiel. Dieses bietet derzeit nur einen Modus, in welchem zwei Teams und maximal acht Spieler gegeneinander antreten. Die Teams müssen eine zufällig auf der Spielkarte platzierte Hasenbeute fangen und in das eigene Nest tragen.

Was das Online-Spiel besonders spannend und abwechslungsreich macht, sind die verschiedenen Rollen, die man in einem fliegenden Wechsel übernimmt: So kann man als Verteidiger auftreten, der gegnerische Spieler abwehrt, man kann den Träger der Beute eskortieren und vor feindlichen Angriffen schützen oder man kann selbst versuchen, die Beute ins Nest zu tragen. Wer gut fliegt und die verwinkelten Straßen von Paris so gut kennt wie seine Westentasche, hat einen immensen Vorteil.

Leider hatte ich den Eindruck, dass die Motion Sickness bei einer solch intensiven Spielerfahrung eher auftritt als im Einzelspielermodus.

Fazit

Eagle Flight ist Ubisofts erster und zaghafter Versuch, in ein noch unerforschtes Gebiet vorzustoßen. Das Studio will das Rad nicht neu erfinden und versucht stattdessen, bewährte Spielkonzepte in die virtuelle Realität zu überführen. Im Stile eines Assassin's Creed der Lüfte setzt es auf eine offene Welt mit zahlreichen Missionen und ergänzt Elemente einer Flugsimulation. Das funktioniert erstaunlich gut. So gut sogar, dass Eagle Flight eines der wenigen Spiele ist, die zu einem stundenlangen Verweilen in der virtuellen Realität einladen. Damit ist fürs Erste schon viel geleistet. Eagle Flight ist ein Spiel geworden, das nicht hoch hinaus will, aber punktgenau landet.

Eagle Flight ist für Oculus Rift, HTC Vive und Playstation VR verfügbar. Der Preis beträgt 39,99 Euro. Mehr Informationen zum Spiel sind auf der offiziellen Seite zu finden.

| Featured Image: Ubisoft