Virtual-Reality-Investor: "Die Zahlen von Analysten sind Bullshit"

Virtual-Reality-Investor:

Ein Ökosystem, von dem viele Virtual-Reality-Entwickler leben können, existiert noch nicht. Das Geld, das die Branche am Leben erhält, kommt nicht vom Kunden, sondern von Investoren. Es ist wie eine ultrakapitalistische Variante des Glücksspiels: Geldgeber versenken hunderttausende US-Dollar in Startups, in der Hoffnung, dass eine der Investitionen ein Vielfaches wert wird und alle Verluste kompensiert.

Richtig viel Glück hatte Greg Castle von "Anorak Ventures". Gemeinsam mit Brendan Iribe, Palmer Luckey und Co. saß er beim Mittagessen im Restaurant und erlebte, wie sich das Startup Oculus VR formte. "Was als Treffen unter Freunden begann, hat eine ganze Industrie hervorgebracht", sagt Castle.

Das Geld, das er dem jungen Unternehmen damals zur Verfügung stellte, vermehrte sich sprunghaft, als Facebook 2014 für drei Milliarden US-Dollar Oculus VR übernahm. Seitdem betreibt Castle in Vollzeit ein eigenes Risikokapitalunternehmen und unterstützt VR-Startups finanziell. Sein Geld steckt in 33 Unternehmen.

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Im Gespräch mit Venturebeat spricht Castle Klartext über den Hype, der die Branche umgibt. Ein guter Teil davon sei die Schuld von Analysten, die absurde Prognosen veröffentlichen würden.

Als Beispiel ist ein Marktbericht von Digi Capital im Gespräch. Laut diesem sollte der Markt für VR und AR 2020 einen Umsatz von 150 Milliarden US-Dollar generieren. Zuletzt wurde diese Prognose auf 108 Milliarden US-Dollar bis 2021 gesenkt. Beispiele wie diese gibt es zuhauf.

"Jeder hat seine Motivationen. Digi Capital muss die eigene Marke verkaufen. Irgendwer muss eine Vorhersage machen. [...] Die Zahlen waren einfach nur verrückt", sagt Castle. Die Insider in der Industrie hätten immer gewusst, dass der Marktstart langsam verlaufen werde und solche Prognosen nur Hype seien.

Castle hat eine sehr konkrete Handlungsempfehlung parat: "Wir als Insider sollten so einen Bullshit nicht verstärken. Wenn wir mit der Presse und mit Menschen außerhalb der Industrie sprechen, sollten wir vorsichtig sein."

Es sei einfach, festzustellen, dass VR die Zukunft sei, aber es würden noch "eine Menge Steine auf der Straße liegen." "Wenn wir solche blöden Zahlen hinausposaunen, dann wird es nur Enttäuschung geben", so Castle.

Laut neusten Schätzungen des Marktforschungsunternehmens Superdata Research setzen sich die Trends von 2016 fort.

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360-Video ist eine Blase, VR keine Spieletechnologie

Sein Investorkollege Tipatat Chennavasin von "The Venture Reality Fund" stellt eine düstere Prognose für das Hypethema 360-Video. Aus seiner Sicht fehlt dem Markt die ökonomische Grundlage, um zu bestehen.

Zwar würde viel Geld hineinfließen, aber niemand sei bereit, für die Produkte zu bezahlen. Bei VR-Spielen sei das anders. Chennavasin bezeichnet 360-Video "als die größte Blase der VR-Branche".

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"Es gibt Hollywood und all diese Leute, die so viel Geld hineinpumpen. Das wird der nächste 3D TV. Kein Kunde kauft irgendwas davon, höchstens Pornos. Wenn es in der Blase keine echten Kunden gibt, die Geld ausgeben, dann platzt sie", sagt Chennavasin. Die Branche bräuchte echte Innovationen, aber diese seien nicht in Sicht.

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Unabhängig vom möglichen Erfolg der Spieleindustrie sei VR keine Gaming- oder Entertainmentplattform, sondern eine neue Computertechnologie. "Es ist toll im Gesundheitswesen, für Unternehmen, es gibt so viele Anwendungsszenarien", sagt Chennavasin.

VR habe das Potenzial, Arbeitsprozesse zu verändern, da die Technologie ein natürliches Interface für die 3D-Kreation biete. "Werkzeuge wie Medium und Tilt Brush sind vielleicht noch nicht für die Produktion geeignet, aber es sind tolle Konzepte."

Soziale Isolation bereitet schlaflose Nächte

Die soziale Isolation unter der VR-Brille, so Castle, würde ihm trotz seines Optimismus schlaflose Nächte bereiten und sei eine generelle Sorge. Menschen seien von Natur aus gerne zusammen, erleben Dinge gemeinsam.

"Wenn wir mal in der Matrix leben, macht es keinen Unterschied. Wir sind alle in VR und es ist cool. Aber davon sind wir weit entfernt", sagt Castle. Er würde darüber nachdenken, ob Menschen wirklich alleine mit einer VR-Brille auf dem Kopf Zuhause sitzen möchten, um virtuell mit Freunden Sport zu schauen, anstatt sich vor dem Fernseher zu versammeln.

Unabhängig von diesen Bedenken geht Castle davon aus, dass sich die Technologie durchsetzen wird. "Die Frage ist nicht ob, sondern wann. Es wird passieren. All die großen Unternehmen investieren gerade."

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| Featured Image: Dean Takahashi, Venturebeat | Source: Venturebat