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Meta Quest, SteamVR & Co: Wie sieht das perfekte XR-Ökosystem aus?

Meta Quest, SteamVR & Co: Wie sieht das perfekte XR-Ökosystem aus?

Der Kampf um die Vorherrschaft bei den XR-Plattformen wird immer mehr zu einem Kampf um das Ökosystem.

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In seiner Kolumne „Gaming In Focus“ befasst sich MIXED-Gastautor Jamie Feltham regelmäßig mit aktuellen Entwicklungen und teilt seine Erfahrungen aus über 10 Jahren in der XR-Branche.

Apple vertreibt ein sehr teures Headset für eine sehr spitze Zielgruppe und stattet visionOS langsam mit neuen Funktionen aus. Bei Google, Samsung und Android XR wird es später in diesem Jahr ähnlich laufen. Meta gibt unterdessen billigere Headsets an ein breiteres Publikum aus, um Horizon OS großflächig zu testen, indem es Kund:innen seine Worlds-App aufdrängt oder etablierte Funktionen wie den Move-Fitness-Tracker entfernt, wenn es sie für nicht mehr nützlich hält.

Keiner dieser Ansätze ist wirklich „perfekt“, wenn es darum geht, eine robuste, zugängliche Plattform mit den gleichen Funktionen und der gleichen Benutzerfreundlichkeit anzubieten, wie es beispielsweise bei Smartphones der Fall ist. Aber wie sieht „perfekt“ bei XR-Plattformen wirklich aus?

Hier ist mein Vorschlag, was ein großartiges VR-Ökosystem bieten könnte, zusammengeschustert aus dem, was auf anderen Plattformen funktioniert, und einigen neuen Ideen.

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Ein robuster, verwaltbarer Knotenpunkt, mit Welten zum Greifen nah

Es gab bisher viele verschiedene Versuche, überzeugende „Homes“ für VR-Brillen zu schaffen, und keines davon ist wirklich gelungen. Oculus Home für Rift bot viele großartige Funktionen, überforderte aber Nutzende, wenn es darum ging, sie alle anzuwenden. Oculus Rooms hatte einige interessante Ideen für kleine Spiele und Co-Viewing, hat es aber nie über Gear VR hinaus geschafft. Und dann gibt es noch SteamVR Home, aber nutzt das eigentlich jemand?

Luxuriöser Raum mit goldenem Lichtkessel, weißen Marmorsäulen, Ritterrüstungen, rotem Mobiliar und kunstvoll gestalteter Decke mit geometrischen Mustern.

Oculus Home hatte einige großartige Ideen für einen XR-Home-Raum, aber es war alles ein wenig überwältigend. | Bild: Meta

In der heutigen Quest Home-Umgebung kann man nicht viel tun, außer in die Ferne zu starren, wo ein paar verschwommene JPEGs einem vorgaukeln, man befinde sich in einer idyllischen Berglandschaft.

Ich würde gerne eine VR/MR-Home-Umgebung sehen, die Interaktivität zurückbringt, sich aber auf wirklich fesselnde Aktivitäten konzentriert, in die man einfach und nahtlos einsteigen kann. Stellt euch lizenzierte Brettspiele vor, die nicht als „App“ gekauft und heruntergeladen werden müssen, sondern direkt auf der Home-Ebene zum sofortigen Losspielen existieren.

Das Potenzial hier ist riesig: Fernseher, Time Crisis-Automaten, Retro-Spielkonsolen, Tischtennis, Airhockey. Das sind Aktivitäten ohne künstliche Fortbewegung, die sowohl in VR als auch in MR funktionieren und – was noch wichtiger ist – die man mit Freunden genießen kann (dazu gleich mehr).

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Anstatt auf nutzergenerierte Welten zu drängen, würden diese Aktivitäten den Entwicklern neue Möglichkeiten bieten, sich mit ihrem Kernangebot zu beschäftigen. Unternehmen wie SEGA könnten VR-Arcade-Automaten verkaufen, während herkömmliche Apps als Kaufanreiz Bonus-Aktivitäten für das virtuelle Zuhause enthalten könnten. Stellt euch vor, ihr kauft Walkabout Mini Golf und schaltet damit einen Miniatur-Golfplatz für euere Home-Umgebung in Mixed Reality frei.

Entscheidend ist, dass das alles in Reichweite ist, sobald man sein Gerät startet. Die Menschen wollen keine weitläufigen Villen für Milliardäre, durch die sie sich ziellos teleportieren müssen. Sie wollen Zugänglichkeit und sofort loslegen können. Aktivitäten müssen nicht in einem immer enger werdenden virtuellen Wohnzimmer fest verankert sein, sondern können über ein Schnellmenü oder – je nach Gusto – über eine sich drehende Wand im Stil eines Geisterhauses einfach umgeschaltet werden, wann und wo man will.

Soziales als Herzstück

In den vergangenen 10 Jahren hat sich immer deutlicher gezeigt, dass der soziale Aspekt das Herzstück der VR ist. Die beliebtesten Apps und Erlebnisse von heute sind diejenigen, die es uns ermöglichen, mit Freunden zu spielen und zusammenzuarbeiten. Und doch hat bisher keines der Betriebssysteme für Headsets diesen Aspekt in den Mittelpunkt ihrer Home-Erlebnisse gerückt.

Anstatt sich an dystopischen Romanen zu orientieren, sollten sich die Plattformen ein Beispiel an den Apps nehmen, die in der heutigen XR-Landschaft florieren.

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In einer VR-Umgebung drehen die Avatare ein buntes Glücksrad. Die Spieler, vertreten durch ihre Avatare, befinden sich in einem virtuellen Raum mit moderner Einrichtung und einer grünen Terrasse.

Oculus Rooms hatte einige großartige Ideen für kleine soziale Aktivitäten, von denen wir eine Menge lernen können. Ist es an der Zeit, sie wieder einzuführen? | Bild: Meta

Nehmen wir an, ihr seid in eurer Home-Umgebung und übt Tischtennis oder sammelt Highscores bei House of the Dead. Dann „klopft“ jemand aus eurer Freundesliste an. Ihr öffnet das Schnellmenü und lässt ihn herein. Euer Gast kann sofort zu Spieler 2 in einem Tischtennis-Match werden oder sich den anderen Controller für House of the Dead schnappen. Es spielt keine Rolle, dass eure Freunde diese Features in ihrem Home nicht besitzen – sie müssen sie nur separat kaufen, wenn sie sie dort spielen wollen.

Der soziale Aspekt zieht sich durch die gesamte Plattform. Wenn ihr doch einmal eine spezielle App starten wollt – manche Erlebnisse sind einfach zu groß für ein VR-Zuhause – startet ihr direkt von der Home-Oberfläche aus in das gewünschte Level oder den gewünschten Modus. Wollt ihr das 2.000-Teile-Monster in Puzzling Places aufspüren? Wählt es im Home-Menü aus und stürzt euch direkt hinein. Ihr seid fertig mit Rätseln und habt Lust auf eine Runde Golf? Ruft das Overlay-Menü auf, wählt den gewünschten Walkabout-Kurs aus einem Schnellstart-Abschnitt aus und geht nahtlos rüber.

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Jede App müsste diese Funktionen unterstützen, um das gesamte Ökosystem so kohärent wie möglich zu gestalten. Keine zersplitterten Ebenen mehr, die das Auffinden der einzelnen Lobbys zu einem Albtraum machen, und keine verworrenen Freundessysteme, die über das einfache Hinzufügen eines Benutzernamens zu eurer Liste hinausgehen. Das bedeutet natürlich eine enge Zusammenarbeit mit einem Handvoll vertrauenswürdiger Partner, um die Vision der Plattform, vor allem in ihren Anfängen, wirklich zu vermitteln.

App-Kategorisierung und Kuratierung

Manche argumentieren, dass jedes neue Headset mit Metas überwältigender Bibliothek an Spielen und Anwendungen mithalten muss, um auf dem Markt konkurrenzfähig zu sein. Dieser Ansatz ist jedoch kostspielig, zeitaufwendig und hat sich für Unternehmen wie Pico bisher nicht bewährt.

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Ein Blick in einen virtuellen Spieleladen mit einer Wunschliste vor der atemberaubenden Kulisse der Nordlichter. Die Benutzeroberfläche zeigt verschiedene VR-Spiele wie Virtual Virtual Reality 2 und Ultrawings 2 in einer futuristischen Designumgebung.

Store Curation ist derzeit eines der heißesten Themen im Bereich XR. | Bild: Meta

Ich würde stattdessen argumentieren, dass ein neues Ökosystem vielleicht 20 bis 30 Key-Apps identifizieren und enger mit diesen Entwicklern zusammenarbeiten muss, um ihre Spiele auf einer viel besser durchdachten Basis auf die Plattform zu bringen. Das bedeutet eine Version von Walkabout Mini Golf, mit der man von der Home-Umgebung aus nahtlos in ein bestimmtes Level mit Freunden einsteigen kann, um dann nach einer Runde mühelos zu einer Partie Eleven Table Tennis zu wechseln.

Mein Vorschlag für einen XR-Store ist einer, der sich auf diese Konnektivität konzentriert und gleichzeitig erfahrenen Nutzenden viele Möglichkeiten bietet, tiefer zu gehen. Wenn ihr also gern Gorilla Tag spielt und die verrückte Intensität liebt, die diese App mit sich bringt, gibt es eine entsprechende Kategorie für euch. Wenn ihr ein traditionellere Gamer seid, die das Spektakel von AAA-Titeln lieben und mehr Zeit in strukturierten Geschichten als im Mehrspielermodus verbringen möchtet, gibt es auch für euch eine Kategorie. Und wenn ihr ein Headset für Workouts, produktives Arbeiten oder einfach nur zum Filmeanschauen mit Freunden verwenden möchtet, gibt es auch dafür eine Kategorie.

Und so sieht das aus:

  • Schlüsselwelten: Dies ist die Einsteigerkategorie für neue Nutzer mit Apps und Spielen, die die Stärken von XR am besten repräsentieren. Sie sind meist sozial, immer bequem und für neue Nutzende leicht zu verstehen. Hier findet ihr auch kein Gorilla Tag – eine App, bei der Vielen beim ersten Mal in der VR schlecht werden könnte. Hier findet ihr vielleicht Walkabout, Eleven: Table Tennis, Rec Room und andere.
  • Spielhalle: Die Spielhalle ist der Ort, an dem die Dinge ein wenig lockerer werden. Hier spielt ihr mit Freunden intensivere Spiele und Apps. In dieser Kategorie finden sich Gorilla Tag, Animal Company und Yeeps – Spiele, die neue Benutzer nicht sofort ausprobieren sollten, die aber viele jüngere VR-Fans magisch anziehen, sobald sie das Headset hochgefahren haben.
  • Abenteuer: Eine sorgfältig kuratierte Auswahl an AAA-Spielen. Dabei handelt es sich um große, erfüllende IPs wie Star Wars: Vader Immortal und The Walking Dead: Saints & Sinners sowie um große Neuerscheinungen von Studios wie Vertigo Games und nDreams. Diese Apps achten auf Komfort, liefern zumindest überzeugende Komfortoptionen und bieten eine Mischung aus Multiplayer- und Einzelspieler-Erlebnissen, die die meisten Leute sofort spielen können.
  • Spielplatz: Das „App-Labor“ dieses Ökosystems. Hier werden experimentelle Apps und Spiele von kleinen Teams, Studenten und anderen entwickelt, die das Potenzial haben, in die kuratiertenen Kategorien aufgenommen zu werden, wenn es einen Präzedenzfall gibt. Spielende in der Arcade-Kategorie können hier auch zwischen zwei Gorilla-Tag-Sessions Zeit verbringen. Diejenigen Entwickler, die bei Abenteuer oder Schlüsselwelten landen wollen, können hier Early Access-Versionen ihrer Apps einstellen. Entscheidend ist, dass dieser Bereich nicht versteckt ist, sondern in einer eigenen Kategorie für alle, die wissen, wie man sich im Store bewegt, sichtbar ist.
  • Office, Gym & Theater: Diese eher selbsterklärenden Kategorien sind für die verschiedenen Arten von Apps gedacht, die in den letzten 10 Jahren entstanden sind. Gym ist der Knotenpunkt für all die verschiedenen Workout-Apps, die sich wirklich in das Ökosystem eingegraben haben, Office konzentriert sich auf Produktivität und Theater bietet VoD-Plattformen und passivere VR-Erlebnisse.

Im Laufe der Zeit, wenn euer Gerät lernt, mit welchen Arten von Apps ihr euch am liebsten beschäftigt, werdet ihr feststellen, dass die Kuratierung euch zu euren meistgenutzten Kategorien drängt. Beim Onboarding für neue Nutzende würde der anfängliche Schwerpunkt jedoch auf Schlüsselwelten liegen, um sicherzustellen, dass die erste VR-Erfahrung gut ist. Erfahrene Nutzer:innen könnten dies bei der Einrichtung ausschließen und direkt zu Gorilla Tag oder Ghosts of Tabor wechseln.

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Insgesamt betrachte ich einen solchen Ansatz als eine Art „Reset“ für XR. Er baut auf den Erfahrungen der letzten zehn Jahre auf und ermutigt die Entwickler, ihre soziale Integration zu vertiefen, ohne Gefahr zu laufen, von einem potenziellen, von den Nutzern geschaffenen Metaverse am fernen Horizont abgehängt zu werden. Darüber hinaus werden die traditionellen Apps und Spiele für ältere Bevölkerungsgruppen nicht vernachlässigt und der Grundstein für andere Kategorien gelegt, die in den kommenden Jahren ein wachsendes Publikum haben werden.

Wenn andere milliardenschwere Unternehmen XR ausprobieren wollen, können sie gerne meine Ideen klauen. Lizenzgebühren wären zwar nett, aber ich wäre schon glücklich, wenn es einfach jemand früher als später richtig macht.

Was haltet ihr von Jamies Ideen? Diskutiert mit uns auf InstagramFacebook oder Bluesky und teilt eure Meinung in den Kommentaren.

Für Feedback, Themenvorschläge oder andere Ideen schickt uns bitte eine E-Mail an hallo@mixed.de oder hüpft auf unseren Discord-Server.

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Jamie Feltham verfügt über mehr als 10 Jahre Erfahrung in der VR-Branche. Er berichtete zunächst über die Branche für eine Reihe von Publikationen, darunter UploadVR, wo er den UploadVR Showcase ins Leben rief. Nachdem er sich um die Entwicklung von HTC Vive und die globale PR und das Marketing von Fast Travel Games gekümmert hatte, gründete Jamie den VR Games Showcase, das erste digitale Schaufenster für Ankündigungen und Updates von VR-Spielen. Sie können @VRGamesShowcase auf YouTube folgen, um sich auf die nächsten VRGS-Events vorzubereiten. Jamie kann unter jamie@thevrshowcase.com erreicht werden.