Rollentausch: VR-Brille lässt Täter häusliche Gewalt als Opfer erfahren
Eine gängige Vermutung lautet, dass der Blick durch die VR-Brille Verständnis für andere Menschen und außergewöhnliche Situationen fördern kann. Spanische Wissenschaftler stellen diese Vermutung im Kontext häuslicher Gewalt auf die Probe.
Biomedizinforscher und Psychologen der Universität Barcelona lassen Männer häusliche Gewalt aus der Perspektive eines weiblichen Opfers erleben. Mit der VR-Brille wird der Proband in einen digitalen Frauenkörper versetzt. Seine Bewegungen werden zusätzlich mit einer Kinect-Kamera erfasst, um das Gefühl der Verkörperung zu verstärken. Laut der Studienleiterin Mavi Sánchez Vives empfindet der VR-Brillenträger den digitalen Körper so als wäre es sein eigener, auch wenn der eigentlich ganz anders aussieht.
Dann beginnt das Experiment: Als digitale Frau steht der Proband in einem virtuellen Hausflur. Ein Mann taucht auf, spricht schnell und aggressiv auf ihn ein. Schaut der Proband in eine andere Richtung, dann schreit der virtuelle Mann: "Schau mich an." Antwortet der Proband, bekommt er den Mund verboten.
___STEADY_PAYWALL___Als Akt physischer Gewalt schmeißt der Angreifer während seines Redeschwalls ein nahe stehendes Telefon auf den Boden. Dann dringt er in die Intimsphäre des Probanden ein, spricht nur wenige Zentimeter vor seinem Gesicht entfernt seine Drohungen aus.
Erhöhte Sensibilität für Emotionen nach dem Rollentausch
In einer Vorabuntersuchung fanden die Forscher heraus, dass gewalttätige Männer Emotionen im Gesicht einer Frau "signifikant schlechter" lesen konnten im Vergleich zu einer Kontrollgruppe. Dieses Defizit führe letztlich zur Gewalt, erklärt Vives.
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Nach dem virtuellen Perspektivwechsel im VR-Experiment sollen die gewalttätigen Männer den ängstlichen Gesichtsausdruck einer Frau besser erkennen können. Für Vives ist das ein Hinweis, dass Virtual Reality die Wahrnehmung von Emotionen beeinflussen kann.
An der Studie nahmen 20 Männer teil, die schon einmal häusliche Gewalt ausübten. Die Kontrollgruppe bestand aus 19 Personen. Die Ergebnisse der Untersuchung wurden in der wissenschaftlichen Fachzeitschrift "Scientific Reports" veröffentlicht.
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