Photogrammetrie: So wurde die Sixtinische Kapelle digital verewigt
Epic Games hat eines der größten Kunstwerke der Menschheit digital rekonstruiert und für Virtual Reality aufbereitet: Michelangelos monumentales Deckengemälde in der Sixtinischen Kapelle. In einem Blog erzählt der leitende Entwickler Chris Evans, wie das ehrgeizige Projekt umgesetzt wurde.
Der Epic-Mitarbeiter und Michelangelo-Fan nutzte zum einen historische Zeichnungen und Dokumente für die Rekonstruktion. Eine der wichtigsten Quellen war die Arbeit von Paul Letarouilly, einem Architekturhistoriker des 19. Jahrhunderts, der bekannte Orte auf den Millimeter genau nachzeichnete. Seine Schemata werden aktuell auch für die Rekonstruktion von Notre Dame verwendet.
Zum anderen setzte Evans auf Photogrammetrie. Bei diesem Verfahren werden zahlreiche, perspektivisch leicht verschobene Fotografien eines Objekts oder Orts von Algorithmen zu einem detaillierten 3D-Modell zusammengerechnet.
___STEADY_PAYWALL___Chris schrieb ein Python-Skript, das im Internet nach öffentlich zugänglichen Fotos der Sixtinischen Kapelle suchte und fütterte ein Photogrammetrieprogramm mit dem gefundenen Material. Das Resultat überzeugte: Das geistliche Gewölbe wurde bis auf fünf Zentimeter genau rekonstruiert.
Evans griff des Weiteren auf seine private Sammlung hochauflösender Bilder von Michelangelos Werk zurück, die er Kunstbüchern und seltenen Dokumenten entnahm oder von befreundeten Historikern zur Verfügung gestellt bekam.
Da die Fotografien aus zahlreichen Quellen stammten, wichen die Farben teils stark voneinander ab. Das war zu erwarten, schließlich wurde die Sixtinische Kapelle im Laufe der Jahrzehnte immer wieder anders ausgeleuchtet. Evans legte sich deshalb auf eine Farbtemperatur fest und wandte sie auf das gesamte Fotomaterial an.
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Il Divino: Michelangelo’s Sistine Ceiling in VR wurde auf der Siggraph offiziell vorgestellt und soll noch in diesem Jahr kostenlos bei Steam erscheinen. Die Arbeit an der VR-Erfahrung ist damit noch nicht abgeschlossen; Evans will weiteres seltenes Bildmaterial ausfindig machen, um das Resultat der Photogrammetrie noch zu verbessern.
Das Ergebnis ist zwar schon jetzt extrem detailliert, sodass man einzelne Pinselstriche, feine Risse und Unvollkommenheiten im Deckengemälde erkennt.
Für Evans ist das jedoch nicht gut genug. Michelangelo soll gegen Ende seines Werks die Figuren nicht mehr nur vorgezeichnet, sondern deren Umrisse mit einem Messer direkt in den Verputz geritzt haben. Selbst diese Oberflächendetails sollen zukünftig in der VR-Erfahrung sichtbar werden.
Titelbild: Epic Games, Quelle: SistineVR
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