Oculus Rift: Keine Vorschriften für Entwickler bezüglich Fortbewegung
Für die VR-Spielebranche ist sie noch immer ein Stolperstein, die künstliche Fortbewegung in der virtuellen Realität. Viele Entwickler gehen auf Nummer sicher und schließen Bewegungskonzepte aus, die Spielern den Magen umdrehen könnten. Daran stören sich jene, die keine Probleme mit der VR-Übelkeit haben. Oculus VR macht Entwicklern keine Vorschriften bezüglich der Fortbewegung.
Häufig können sich Spieler nur via Teleport oder in abrupten Einzelbildern in der virtuellen Umgebung fortbewegen. Das stört die Immersion. Eine Reihe von VR-Games - gerade für HTC Vive - werden von Haus aus so entworfen, dass Fortbewegung über weite Distanzen vermieden wird. Die Spielumgebung befindet sich dann in unmittelbarer Reichweite des Spielers, fortbewegen kann man sich mit den eigenen zwei Beinen. Valve, Mitherausgeber der Vive-Brille, ist ein Verfechter dieses Spielprinzips.
Andere Entwickler, wie beispielsweise Ubisoft bei Eagle Flight oder Crytek bei Robinson, bedienen sich ausgeklügelter visueller und spielerischer Konzepte, damit das Spielerlebnis trotz künstlicher Fortbewegung den Magen schont. Was den meisten VR-Spielen jedoch fehlt, sind Optionen für jene Gamer, denen nicht übel wird. Die möchten sämtliche Schutz- und Teleportmechanismen bevorzugt deaktivieren und sich wie vom flachen Monitor gewohnt fortbewegen.
___STEADY_PAYWALL___"Wir wollen Optionen"
Bei Twitter beschwert sich ein VR-Spieler über die fehlenden Wahlmöglichkeiten und richtet sich direkt an Jason Rubin, der die Entwicklung neuer Games für Oculus Rift verantwortet. Er fühle sich zurückgelassen, weil ihm nicht schlecht werde. Aus seiner Sicht sollten Entwickler die Möglichkeit bieten, die Art der Fortbewegung frei auszuwählen.
Rubin entgegnet ihm: "Entwickler können sich frei aussuchen, welche Fortbewegung sie anbieten. Um ein möglichst breites Publikum zu erreichen, fokussieren sich viele auf Komfort. Das Design kann nicht allen Ansprüchen gerecht werden. Es ist kein Schalter."
In der Tat wird der Spielfluss vieler VR-Games für ein bestimmtes Fortbewegungskonzept optimiert. Ein alternatives Bewegungskonzept zu integrieren, bedeutet für Entwickler einen erheblichen Zeit- und damit Kostenaufwand. Jede Art der Fortbewegung muss für ein optimales Spielerlebnis geprüft und auf Fehler untersucht werden. Gerade VR-Entwickler arbeiten jedoch häufig mit sehr kleinen Budgets.
@Manefit24 Devs are free to locomote. For broadest audience many focus on comfort. Design can't always accommodate both. It's not a switch.
— Jason Rubin (@Jason_Rubin) 22. Oktober 2016
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Möchtest Du das Risiko eingehen, dass Dir vielleicht übel wird? Bitte kreuze an: Ja oder Nein
Deutlich schwerer dürfte ein anderer Grund wiegen, den Rubin nicht direkt adressiert: Weder kleine noch große Studios können und wollen das Risiko eingehen, Übelkeit bei Spielern auszulösen. Mit Optionen überfrachtete Anwendungen, von denen einige Übelkeit verhindern und andere fördern können, sind ausschließlich bei einer sehr engen und hochgradig technikaffinen Zielgruppe ein valides Konzept. Verkauft man ein Spiel an 1.000 informierte Nutzer, kann man sich solche Experimente vielleicht erlauben.
Verkauft man das gleiche Spiel jedoch an eine halbe Million Gamer, ein Großteil davon VR-Einsteiger, wäre dieses Vorgehen stark fahrlässig. Selbst wenn nur zehn Prozent der Nutzer der VR-Übelkeit erliegen - sicher wäre der Anteil der Betroffenen deutlich höher - hätte das massive Beschwerden und möglicherweise sogar Klagen wegen Körperverletzung zur Folge.
Das Problem an solchen Wahlmöglichkeiten ist: Ob und wie stark man unter der VR-Übelkeit leidet, weiß man erst, wenn man schon blass um die Nasenspitze wird. Wenn Entwickler das Risiko eingehen, zehntausende Menschen krank zu machen, dann wären die möglichen Imageschäden für die eigene Marke und die gesamte Branche kaum mehr reparabel.
Ein gutes Beispiel dafür sind die bisherigen öffentlichen Demonstrationen von Resident Evil VR. Capcom setzte anfangs auf herkömmliche Fortbewegung, wie man sie vom 2D-Monitor kennt. Die Folge: Den ersten Testern wurde reihenweise übel und das Spiel bekam in der Tech- und Gaming-Presse reichlich negative Schlagzeilen. Die Überschriften schadeten Capcom und der jungen VR-Spielebranche gleichermaßen.
Die Fortbewegung in Resident Evil wurde anschließend komplett überarbeitet und erfüllt jetzt den Goldstandard, um Motion Sickness zu vermeiden. Es ist daher allzu verständlich, wenn VR-Spiele von Anfang an auf Komfort und nicht auf Variabilität optimiert werden, um solche Szenarien in Zukunft auszuschließen.
Möchte die VR-Spielebranche dem selbst formulierten Anspruch gerecht werden und im Mainstream ankommen, wird dies nur mit Lösungen gelingen, die - so wie es Rubin sagt - für ein breites Publikum ein guter Kompromiss sind. Es braucht daher keine zusätzlichen Optionen in den Menüs, sondern einen technologischen Fortschritt, der die VR-Übelkeit grundlegend beseitigt. Bis dahin sind Teleport und Co. die besseren Alternativen zum Beschwerdesturm.
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