Neue Virtual-Reality-Kamera von Lytro mit Lichtfeldtechnologie

Neue Virtual-Reality-Kamera von Lytro mit Lichtfeldtechnologie

Was aussieht wie ein UFO ist in Wirklichkeit das, worauf viele VR-Filmemacher sehnlichst warten: Eine Lichtfeldkamera, die nicht nur statische Bilder, sondern auch Bewegung filmen kann. Dass die Kamera ausgerechnet vom US-Hersteller Lytro kommt ist keine Überraschung: Die Kalifornier experimentieren schon seit einigen Jahren mit der neuen Technologie und haben bereits einige Fotokameras auf den Markt gebracht, die mit Lichtfeldern arbeiten. Basierend auf diesen Erfahrungen konnte jetzt die 360-Lichtfeld-Videokamera Immerge entwickelt werden.

Lichtfelder sind so etwas wie der heilige Gral der VR-Filmproduktion. Um wirklich vollständig zu durchdringen, wie Lichtfelder funktionieren, muss man zwar fast schon ein abgeschlossenes Physikstudium haben - aber das Ergebnis der Aufnahmen ist aufgrund der Tiefenwirkung und des Detailgrads hervorragend für Virtual Reality geeignet.

In ganz einfachen Worten erklärt: Das Licht einer kompletten Szene wird in einem bestimmten Bereich vollständig erfasst und in Daten übersetzt. Aus diesen Daten kann die Szene dann rekreiert werden. Der Zuschauer kann sich die Szene innerhalb eines gewissen Radius (bei Immerge ist das etwa ein Meter) aus jeder beliebigen Perspektive ansehen, die Schärfe kann je nach Blickwinkel exakt angepasst werden. Die Aufnahme kann vom Zuschauer erkundet werden.

___STEADY_PAYWALL___

Bei VR-Produktionen mit herkömmlichen 360-Kameras hingegen kann man die Szene immer nur aus der Perspektive und vom Standpunkt der Kameralinse aus sehen. Mit der Lichtfeld-Technologie wären VR-Filmemacher also deutlich flexibler, außerdem fällt der aufwendige Stitiching-Prozess, also das Zusammenfügen von einzelnen Videoaufnahmen zu einem 360-Video, bei Lichtfeldaufnahmen weg.

Lytro Immerge - die erste Lichtfeldkamera für Bewegtbildaufnahmen

Die Besonderheit von Lytros Immerge-Kamera ist, dass erstmals richtige Videoaufnahmen und nicht nur statische Szenen gedreht werden können. Lytro löst diese Aufgabe nach eigenen Angaben über hunderte von kleinen Kameras, die mit einem speziellem Sensor arbeiten und in einem flexiblen Ringsystem untergebracht sind. Jede dieser Kameras kann die Bewegungsrichtung und die Position des Lichts in 360° erfassen. Ferngesteuert werden die Aufnahmen mit einer App für Smartphones oder Tablets - man möchte mit seiner Crew ja nicht im Bild auftauchen.

So stellt sich Lytro die Bedienoberfläche für die Lichtfeldkamera vor.

So stellt sich Lytro die Bedienoberfläche für die Lichtfeldvideokamera vor. Quelle: Lytro

Bei einer derartigen Masse an Kameras, die noch dazu in 4K aufnehmen, entstehen enorme Datenmengen - daher liefern die Kalifornier einen passenden Server, der eine Stunde Filmmaterial aufzeichnet, und einen intelligenten Streaming-Algorithmus gleich mit, damit das Video auch in voller Pracht und möglichst ohne Ruckler angesehen werden kann. Bei der Postproduktion sollen gängige Schnittprogramme wie Adobe Premiere oder Final Cut unterstützt werden, auch die Integration von Special Effects ist vorgesehen.

Bezahlen können die Kamera aber nur professionelle Filmstudios, sie soll laut ersten Schätzungen mehrere hunderttausend US-Dollar kosten. Auch Mieten sollen möglich sein - dann für einige tausend US-Dollar pro Tag, sagt CEO Jason Rosenthal gegenüber Wired. Laut Lytro sollen ausgewählte Content-Produzenten schon bald damit anfangen das Kamerasystem zu nutzen und erste Videos zu filmen. Diese sollen dann im ersten Halbjahr 2016 für alle gängigen VR-Brillen wie Oculus Rift, HTC Vive oder Playstation VR zur Verfügung stehen. Mittelfristig sollen auch VR-Lösungen mit schwächerer Hardware wie Google Cardboard oder Gear VR unterstützt werden. Eine erste Demoaufnahme kann man hier ansehen.

logo
  • checkMIXED.de ohne Werbebanner
  • checkZugriff auf mehr als 9.000 Artikel
  • checkKündigung jederzeit online möglich
ab 3,50 € / Monat
logo

[blockquote cite=" Jason Rosenthal, CEO Lytro via RoadtoVR"]Wir glauben, dass VR-Produzenten dank Lichtfeldtechnologie das Versprechen des neuen Mediums einlösen können. Lytro Immerge ist eine komplette Lichtfeld-Lösung, die sowohl Hard- und Software als auch die Services bereitstellt, um Inhalte auf Kinoniveau zu filmen, zu verarbeiten, zu schneiden und wiederzugeben.[/blockquote]

Bereits in den letzten Monaten vermeldeten einige Kamerahersteller, Lichtfeldtechnologie einzusetzen - häufig ist es dabei schwer zu unterscheiden, was Marketing und was Realität ist. So behauptet beispielsweise Jaunt bei der VR-Kamera One "Lichtfeld-basiert" zu filmen; damit ist allerdings nur gemeint, dass in der Postproduktion die Perspektive in einem gewissen Rahmen angepasst werden kann.

Die Kamera an sich funktioniert herkömmlich - mit echten Lichtfeldern wie bei Lytros neuer Kamera, hat das also wenig zu tun. Anderes sieht das beim Unternehmen OTOY aus, das sich in der Tat intensiv mit der Erstellung von Lichtfeldaufnahmen beschäftigt. Die Ergebnisse kann man bereits im Netz bewundern, allerdings handelt es sich dabei bisher nur um statische Aufnahmen.

Tolle Technologie, aber was ist mit dem Inhalt?

Lytros Lichtfeldkamera ist eine technische Lösung für technische Probleme. Aus Perspektive von Geschichtenerzählern, Journalisten und Regisseuren bleiben immer noch eine Reihe an Fragen offen, wie man VR-Filme sinnvoll inszenieren kann oder für welche Art Erzählung sich das neue Medium eignet - und für welche Aufnahmen eine traditionelle Kameraführung besser geeignet ist. Bisher gibt es zwar reichlich 360-Content, aber kaum neue Ideen für das Storytelling. Und ganz pragmatisch: Wo versteckt man künstliches Licht, Tonleute und die Filmcrew? Mehr Infos dazu gibt es in unserem Interview mit 360-Produzent Brandon Zamel.

Übrigens können auch klassische 2D-Produktionen von der Lichtfeldtechnologie profitieren. Dadurch, dass ganze Szenen vollständig erfasst werden, können Kamerafahrten oder Detailaufnahmen in der Postproduktion nachträglich angepasst werden. Theoretisch verringert das den Aufwand von Filmaufnahmen direkt am Set und verschiebt einzelne Arbeitsschritte in die Postproduktion. Insgesamt wären Regisseure beim Schnitt deutlich flexibler, ob das auch dem kreativen Prozess dienlich ist, ist eine andere Frage.

https://vimeo.com/144034085

| VIA: Road to VR
| ALL IMAGES: Lytro