Metaverse: Verschlafen deutsche Unternehmen den Start?
Eine Studie zeigt, dass viele deutsche Manager:innen nicht viel mit der Zukunft des Internets anfangen können. Das Metaverse scheint in vielen Unternehmen eine große Unbekannte zu sein. Woran liegt das?
1992 erzählte Neal Stephenson in seinem Science-Fiction-Roman „Snow Crash“ von seiner Vision Metaverse: Menschen bewegen sich als Avatare in einer digitalen 3D-Welt. Dreißig Jahre später ist das Metaverse in greifbarer Nähe – zumindest macht es den Anschein. Eine Studie gibt Hinweise darauf, dass das Metaverse für Unternehmen außerhalb der XR-Community noch keine wirkliche Relevanz besitzt.
Inhalt
Das Metaverse – unendliche Fragezeichen
Spätestens seit Mark Zuckerbergs Ankündigung zur Namensänderung des Facebook-Konzerns in Meta und dem damit einhergehenden Wandel zum Metaverse-Unternehmen wirkt der Begriff „Metaverse“ allgegenwärtig.
___STEADY_PAYWALL___Immer mehr Medien berichten darüber und viele Konzerne wie L’Oréal oder Louis Vuitton bereiten ihre Marken auf das Metaverse vor. Hierzulande scheinen Unternehmen noch nicht mit dem Metaverse-Hype infiziert worden zu sein.
Die Universität der Bundeswehr in München führte unter der Leitung von Prof. Dr. habil. Philipp A. Rauschnabel eine Studie zum Thema Metaverse in Unternehmen durch. Weniger als neun Prozent aller Befragten sind demnach mit dem Thema Metaverse vertraut.
Metaverse-Technologien wie Virtual Reality, Augmented Reality und Künstliche Intelligenz liegen hingegen in den Bereichen 25 bis 30 Prozent Zustimmung. Mit Blockchains oder NFTs sind die Befragten laut der Umfrage noch weniger vertraut als mit dem Thema Metaverse selbst.
Metaverse in Unternehmen: Die große Unbekannte
Insgesamt wurden 151 Manager und Managerinnen befragt, die im Bereich Marketing in Unternehmen im deutschsprachigen Raum tätig sind. 78 Prozent haben den Begriff schon mal gehört, 21,9 Prozent gaben an, dass ihnen „Metaverse“ unbekannt sei und schieden damit für weitere Fragen zum Thema aus.
Von den verbliebenen Teilnehmer:innen schätzten 82 Prozent den persönlichen Wissensstand zum Metaverse als unterdurchschnittlich ein. 23 Prozent befassen sich überhaupt nicht mit dem Thema, nur zwei Prozent sehr intensiv.
Metaverse: Relevant ja, investieren eher nicht
Auch den Wissensstand in der eigenen Organisation zum Thema schätzen 75 Prozent als sehr gering bis unterdurchschnittlich ein. Auf die Frage „Wie intensiv setzen Sie sich in ihrer Organisation mit dem Thema Metaverse auseinander?“ antworteten 42 Prozent „überhaupt nicht“, 15 Prozent „durchschnittlich“ und nur ein Prozent „sehr intensiv“.
Dennoch stufen etwa die Hälfte der Befragten die Relevanz des Metaverse innerhalb der eigenen Organisation in den nächsten fünf Jahren als durchschnittlich oder höher ein. Auch die Wahrscheinlichkeit der Einbindung von Metaverse-Anwendungen in die eigenen Marketing-Aktivitäten schätzen 45 Prozent als mindestens durchschnittlich hoch.
Bei der Investitionsbereitschaft halten sich die Befragten aber lieber zurück. 41 Prozent stehen Investitionen in Metaverse-Anwendungen neutral gegenüber, 27 Prozent eher negativ, zwölf Prozent sogar sehr negativ.
Wer sich mit dem Metaverse auseinandersetzt, erkennt das Potenzial
Um herauszufinden, wie hoch die Befragten das strategische Potenzial des Metaverse sehen, teilte das Forschungsteam die Gruppe auf Basis des selbst eingeschätzten Wissensstandes in drei Gruppen ein: niedrig, mittel und hoch.
Im nächsten Schritt wurden 13 Thesen vorgelegt, wie das Metaverse den Markt und die Menschen künftig beeinflussen wird. Die Teilnehmenden gaben jeweils ihre Zustimmung oder Ablehnung an.
Aus dem Ergebnis (siehe Screenshot oben) schlussfolgert das Forschungsteam, dass Manager:innen, deren Unternehmen sich bereits mit dem Metaverse beschäftigt haben, dieses tendenziell eher als disruptiv beurteilen.
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Größte Metaverse-Herausforderung ist der Datenschutz
Zu den Herausforderungen für die eigene Organisation in Bezug auf das Metaverse verwendeten die Forscher ebenfalls eine Liste mit Thesen und legten sie Teilnehmer:innen vor. Diese wählten aus, was aus ihrer Sicht zutrifft. Mehrfachnennungen waren möglich.
Mit 68 Prozent Übereinstimmung liegen Datenschutzbedenken vor einem unklaren rechtlichen Rahmen (66 Prozent) und dem Umstand, dass das Metaverse kein Standard in der eigenen Branche sei (60 Prozent).
Zehn Prozent der Befragten sehen das Metaverse selbst als größte Herausforderung und gaben an, dass sie nicht an die Vision glauben. Etwa die Hälfte der Befragten gibt an, dass ihre Zielgruppen noch nicht bereit seien.
Die zentrale Herausforderung, dass es noch kein Metaverse gebe, habe man laut Professor Rauschnabel nicht in die Liste mit aufgenommen, um Unsicherheit zu vermeiden.
Auf seinem Blog zeigt sich Professor Rauschnabel über die Ergebnisse zu den Metaverse-Herausforderungen enttäuscht: „Persönlich finde ich es etwas schade, dass ethische Bedenken in dieser Liste so weit unten stehen. Zumindest mit meinem Hintergrundwissen in diesem Bereich sehe ich hier enorme Probleme auf uns zukommen, beispielsweise durch Mirror Worlds, den Verkauf von NFTs an sensible Zielgruppen wie Kinder, FOMO und so weiter.“
Fazit: Das Metaverse ist außerhalb der Bubble noch nicht angekommen
Insgesamt sei zu erkennen, dass das Metaverse außerhalb der „Bubble“ noch nicht so recht in Unternehmen angekommen sei. „Erst kürzlich haben wir eine große Anzahl an Konsumenten befragt. Dort kannten weniger als 10 Prozent den Begriff. Bei Managern scheint es nicht grundlegend anders zu sein“, so Rauschnabel.
Es sei verwunderlich, dass das Thema im Alltag der meisten Manager noch keine große Rolle spiele, da selbst Tageszeitungen das Metaverse regelmäßig aufgreifen würden. Eine Erklärung sieht Rauschnabel darin, dass viele Metaverse-relevanten Entwicklungen noch in den Kinderschuhen stecken.
„Die Diffussionsraten von VR Devices sind noch immer gering, AR-Brillen weiterhin futuristisch (Ausnahme Enterprise). Kryptowährungen sind auch noch nicht etabliert. Also gibt es durchaus genügend andere Themen, die eine höhere aktuelle Relevanz haben.“
Dennoch ist Rauschnabel überzeugt, dass die Relevanz in absehbarer Zeit steigen wird. „Wahrscheinlich sehr schnell, sodass viele Unternehmen dann den Aufsprung verpassen werden. In etwa so, wie wir das Anfang der 2010er-Jahre bei Social-Media-Marketing gesehen haben. Also Grund genug, diese Studienergebnisse als Motivation zu nehmen, sich damit jetzt zu beschäftigen und nicht erst dann, wenn es alle machen.“
Die gesamte Studie inklusive aller Rahmenbedingungen und Hintergründe findet ihr auf dem Blog von Prof. Dr. Rauschnabel.
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