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Meta Quest 3S: Der Schwachpunkt sind die Linsen

Meta Quest 3S: Der Schwachpunkt sind die Linsen

Meta bietet mit der Quest 3S eine günstige VR-Brille mit leistungsfähigem Chip, aber veralteten Fresnellinsen an. Mit Blick auf die Zielgruppe vielleicht ein Fehler.

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Kürzlich war ich auf einem Filmfestival in Österreich zu Gast und habe die Gelegenheit genutzt, die Quest 3S Leuten vorzustellen, die noch keine VR-Erfahrung haben, aber grundsätzlich an der Technologie interessiert sind – also genau die Zielgruppe der Quest 3S.

Was mich dabei besonders interessiert hat: Wie beurteilen VR-Neulinge die Qualität der Fresnellinsen?

  • Hinweis: Da wir zum Erscheinungstermin der Quest 3S kein Testgerät zur Verfügung hatten, haben wir uns entschieden, uns etwas Zeit für einen Test zu nehmen und die VR-Brille in verschiedenen Szenarien auszuprobieren. Dieser Artikel stellt also keine wertende Kaufberatung dar. Ein ausführliches Review ist weiter in Arbeit.

Quest 3S ist eigentlich eine Quest 2 Pro

Um den Preis der Quest 3S niedrig halten zu können, hat Meta unter anderem auf die im Flaggschiff Quest 3 verbauten Pancake-Linsen und deren überragend klares Bild verzichtet. Wie erste Teardowns zeigen, sitzt im Inneren der Quest 3S im Grunde eine aufgebohrte Quest 2, inklusive deren Linsen, LC-Display und IPD-Mechanismus.

Die in der Quest 3S verbauten Fresnellinsen haben konstruktionsbedingt einen Sweetspot in der Bildmitte und werden durch die Ringschärfung der Linsen zum Rand hin immer unschärfer. Hinzu kommt die Anfälligkeit für Spiegelungen. Seit ich die Quest 3S benutze, sind mir genau diese Punkte negativ aufgefallen.

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Für mich sind die Fresnellinsen der klare Schwachpunkt der ansonsten grundsoliden VR-Brille. Allerdings gehöre ich auch nicht zur Zielgruppe eines Einsteiger-Headsets und bin bereits höherwertige Linsen gewohnt. Wie die Fresnellinsen bei meinen beiden Testpersonen ankamen, die bisher noch keine VR-Brille aufhatten, erfahrt ihr jetzt.

Szenario 1: Die virtuelle Leinwand

Ich stellte zwei Filmpodcastern – absoluten VR-Neulingen – die Quest 3S in meinem Hotelzimmer vor und wir starteten mit einer virtuellen Leinwand. Die beiden „Testpersonen“ schauten sich eine Episode von Batman: Caped Crusader auf der neuen Amazon Prime Video App für Meta Quest an.

Ein Wohnzimmer mit einem MR-Panel, das die Amazon Prime Video App zeigt.

Mit der Amazon Prime Video-App für Meta Quest könnt ihr eine virtuelle Leinwand frei in der Umgebung platzieren. | Bild: Amazon

Die Einblendung eines virtuellen Bildschirms in die physische Umgebung löste bei beiden Filmfans Begeisterung aus. Kritik an der Auflösung gab es nicht. Schließlich entspricht sie gefühlt in etwa der einer herkömmlichen Kinoleinwand – wenn man durch den Sweetspot blickt.

Bei beiden kam jedoch schnell die Frage nach der Schärfe des Bildes auf und ob es normal sei, dass es oben, unten und an den Seiten so unscharf sei.

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Dass man den Kopf immer mit der Blickrichtung mitbewegen muss, empfanden beide als sehr unintuitiv und unnatürlich. Beim Betrachten von Filmen oder beim Lesen störte sie die ungleichmäßige Bildschärfe sehr.

Szenario 2: Mixed Reality

Auf die virtuelle Leinwand folgte schließlich die erste Mixed-Reality-Erfahrung für die Podcaster. Ich ließ sie nacheinander in die Weltraum-App Astra eintauchen.

Zu Beginn des Spiels findet man eine virtuelle Kiste auf dem Boden, aus der man verschiedene Gegenstände entnehmen und eine Kassette in einen Rekorder einlegen muss. Danach geht es auf die Brücke eines Raumschiffs, das durch große virtuelle Fenster im physischen Raum einen Blick ins Universum bietet.

Eine Frau mit Quest 3 steht in ihrer Wohnung, vor ihr ein virtuelles Raumschiffenster mit Blick auf einen Planeten.

In Astra wird euer Wohnzimmer zu einem Raumschiff und ermöglicht einen Blick in den Weltraum. | Bild: Astrea / AtlasV

Die Steuerung mit den VR-Controllern war kein Problem. Beide öffneten die Kiste intuitiv richtig und nahmen die Gegenstände mühelos heraus. Die Vermischung der beiden Realitäten sorgte wieder für Erstaunen. Aber auch hier trübten die Linsen den Gesamteindruck.

Einer der beiden Probanden klagte sogar über leichte Übelkeit, die laut ihm auftrat, als er eine Weile nach vorn gebeugt mit dem Kopf nach unten in der Kiste kramte und das Bild nicht gleichmäßig scharf war.

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Szenario 3: Virtual Reality

Als dritte und letzte Anwendung präsentierte ich den beiden Virtual Reality und schickte sie in einen Canyon in The Climb 2. In der völlig immersiven Umgebung spielte die Unschärfe zu den Rändern hin plötzlich keine Rolle mehr.

Ein Blick aus der Ego-Perspektive eines Kletterers in einem Canyon im VR-Spiel The Climb 2.

In The Climb 2 klettert ihr in Canyons, Städten oder skandinavischen Gebirgen. | Bild: Crytec

Beide wurden von der virtuellen Umgebung überwältigt und völlig in sie hineingezogen. Auch das Klettern meisterten beide intuitiv. Auf VR-Anwendungen mit künstlicher Bewegung habe ich verzichtet, da ich das Risiko von Motion Sickness unbedingt vermeiden wollte.

Fazit zur Quest 3S von zwei VR-Neulingen

Unter dem Strich waren die beiden VR-Neulinge von Meta Quest 3S begeistert. Sowohl Mixed Reality als auch Virtual Reality empfanden sie als überwältigend, an Auflösung und Bildschärfe im Sweetspot hatten sie nichts auszusetzen. Die Quest 3S und ihre Funktionen fanden sie sehr spannend und konnten sich vorstellen, selbst ein Headset zu kaufen. Allerdings würden beide eine VR-Brille mit durchgehend klaren Linsen bevorzugen – auch gegen einen Aufpreis.

Interessant ist jedoch, dass die Unschärfe in einer voll-immmersiven Umgebung keine Rolle mehr spielte. In VR beklagte sich keiner der beiden Testpersonen mehr über mangelnde Bildklarheit. Es scheint also eine Frage der Umgebungsreize zu sein. Sind diese ausreichend vorhanden, wird die Unschärfe zu den Rändern hin – zumindest vorübergehend – zur Nebensache.

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Bemängelt wurde übrigens auch der unbequeme Sitz. Der Standard-Headstrap drückt die VR-Brille vorn ins Gesicht und sorgt so für unangenehme Druckstellen – das übliche Problem bei Quest-Headsets, das sich aber durch den Kauf von Zubehör wie Head Straps oder Gesichtseinlagen schnell beheben lässt.

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Meine Meinung: Fresnellinsen sind nicht einsteigerfreundlich

Wie befürchtet, erwies sich die mangelnde Edge-to-Edge-Clarity der Linsen als größter Kritikpunkt. Wer nicht an VR-Brillen mit Fresnellinsen gewöhnt ist, muss den Kopf unnatürlich bewegen, um sich umzuschauen, anstatt einfach den Blick schweifen zu lassen. Beide Tester empfanden das als sehr unangenehm.

Meta möchte mit einem günstigen Einsteiger-Gerät mit vielen tollen Features neue Kund:innen gewinnen, die langfristig im Ökosystem bleiben und dort ihr Geld ausgeben. Meiner Meinung nach gelingt das allerdings nicht mit Kompromissen in der Bildqualität. Nicht umsonst hat die Meta Quest 3 mit ihren hervorragenden Pancake-Linsen bislang die höchste Bindungsrate aller Meta-VR-Brillen.

Heutzutage sind die meisten Menschen daran gewöhnt, auf Bildschirme mit hohen Auflösungen zu schauen. Ein klares, scharfes Bild ist Standard beim Medienkonsum. Ein Mangel daran könnte auch bei der Quest 3S dazu führen, dass sie nach dem ersten Wow-Effekt schnell wieder als Staubfänger im Regal landet.

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Die mangelnde Klarheit zu den Rändern hin und die Reduzierung der Bildschärfe auf einen Sweetspot habe ich schon immer als großes Problem bei VR-Brillen empfunden – egal ob bei Quest 2 oder Playstation VR 2. Bei Sonys VR-Brille waren die Linsen neben dem mangelnden Komfort einer der Hauptgründe, warum ich das Headset nicht mehr nutzen wollte.

Für mich war damals beim Umstieg von Quest 2 auf Quest 3 nicht die Grafik oder die Auflösung der große Gamechanger, sondern die durchgängige Schärfe des Bildes – auch, wenn das Headset mal ein wenig verrutscht. Ich glaube deshalb, dass eine abgespeckte S-Version mit Pancake-Linsen die bessere Variante wäre, um nachhaltig eine größere VR-Nutzerbasis aufzubauen – auch, wenn das vielleicht erst in der vierten Quest-Generation möglich ist.