HTC Vive & Vive Pro: Wireless-Adapter im Test
Was taugt der neue HTC Wireless Adapter für Vive und Vive Pro? Ich habe ihn getestet und schildere euch meine Eindrücke.
Inhalt
Installationsaufwand
Die Installation läuft in drei Schritten ab: Zuerst baut ihr die PCIe-WiGig-Karte in den Rechner ein und schließt das Antennenkabel an. Der Einbau der Karte ist nicht kompliziert, dürfte aber reichen, um PC-Laien abzuschrecken.
Nach dem Einbau befestigt ihr das Wireless-Modul an der VR-Brille und installiert die Treiber. Dann kann es losgehen. Alle Schritte sind gut verständlich auf HTCs Setup Website dargestellt.
___STEADY_PAYWALL___Die Installation dauert insgesamt rund 15 Minuten und ist etwas einfacher als bei der Wireless-Alternative von Tpcast (Test). Bei der muss zwar keine Karte in den PC eingebaut, dafür aber ein Router konfiguriert und platziert sowie eine Sendebox aufgebaut werden.
Je nachdem ob ihr eine Standard-Vive, einen Deluxe Audio Strap oder eine Vive Pro nutzt, wird der Adapter unterschiedlich an der VR-Brille befestigt. Bei einer Vive Pro müsst ihr ein zusätzliches Befestigungskit für 75 Euro kaufen.
Eine mitgelieferte Powerbank liefert den Strom für das Wireless-Modul. Die Antenne nutzt den Funkstandard IEEE802.11ad und hat eine Bandbreite bis 6,9 Gbit/s. Um die Bandbreite möglichst konstant auszureizen, ist eine direkte Sichtverbindung nötig – das solltet ihr bei der Installation der Antenne bedenken.
Die Wireless-Software muss vor SteamVR gestartet werden. Sie lief bei mir mit jeder getesteten VR-App.
Nutzungskomfort
Ich gehöre zu den Menschen, die sich nicht sonderlich am Kabel der Brillen stören. Dennoch hat sich bei mir schnell ein neues Freiheitsgefühl eingestellt.
Kein Kabel, das überstiegen werden muss, keine Pirouetten drehen, um es zu entwirren. Spiele wie Superhot oder Budget Cuts fühlen sich einfach toll und neu an. Auch Shooter wie Onward oder Pavlov profitieren, da man sich häufig um die eigene Achse dreht.
Selbst bei weniger bewegungsintensiven Spielen wirkt der Adapter positiv: Schon eine leichte Kopfdrehung fühlt sich ohne Kabelzug besser an. Automatisch schaut man öfter über die eigene Schulter.
Akku
Die mitgelieferte Power Bank mit 10.500 mAh hielt bei mir zwischen 2,5 und 3,5 Stunden durch. Sie wird per USB-C geladen und unterstützt Qualcomm Quick Charge 3.0 (QC3.0).
HTC liefert eine Halterung für die Power Bank, die ihr per Clip zum Beispiel an eurer Hosentasche befestigen könnt. Ein schneller Umstieg auf kabelgebundenen Betrieb ist nicht möglich, ohne den Adapter wieder abzunehmen.
Wer längere Sessions einplant, benötigt also einen Ersatzakku. Den könnt ihr für 65 Euro bei HTC erstehen. Den Erfahrungsberichten verschiedener Nutzer zufolge funktioniert jedoch jede QC 3.0 Power Bank. Die sollte den gleichen Formfaktor des Originals haben, damit ihr die Halterung nutzen könnt.
Tragekomfort
Der Adapter sitzt nach der Installation fest auf eurem Kopf. Auch bei schnellen Bewegungen wackelt er kaum.
Das ist zwar gut, führt mich aber auch zum größten Kritikpunkt an HTCs Wireless-Adapter: die hohe Betriebstemperatur.
Schon nach 20 Minuten Betrieb weisen die Log-Dateien von HTC eine Temperatur von über 80 Grad Celsius im Inneren des Adapters aus. Bei langem Betrieb können über 90 Grad erreicht werden. Das Problem: Die Hitze wird nicht nur nach oben, sondern auch nach unten abgegeben. Der Adapter wird spürbar wärmer und Nutzer haben bereits Oberflächen-Temperaturen von bis zu 55 Grad gemessen.
Je nachdem, welches Vive-Modell ihr besitzt, werdet ihr mehr oder weniger direkt der Hitze ausgesetzt: In der Vive-Standardausführung schützt euch nur das dünne Gummiband über dem Kopf. Der Deluxe Audio Strap bietet etwas mehr Schutz, die Temperatur ist jedoch nach einiger Zeit zu spüren.
Das Vive-Pro-Befestigungskit hat ein dickes Schaumpolster, das unter dem Adapter angebracht ist. Hier haben Nutzer noch Temperaturen von bis zu 31 Grad gemessen.
Mich störte die Temperatur mit dem Deluxe Audio Strap und Vive Pro nicht, jedoch habe ich dichtes Haar und es ist Oktober – im Sommer ist die zusätzliche Hitze sicher unangenehm.
Nutzer setzen daher vereinzelt auf hitzeabweisende Goldfolien, Schaumstoff und andere Improvisationen, um sich der Hitze nicht allzu direkt auszusetzen. Wie der erfahrene Hardware-Hersteller HTC bei einem 345-Euro-Gerät (Vive Pro: 420 Euro), das man noch dazu direkt auf dem Kopf trägt, so eine Hitzeentwicklung übersehen oder ignorieren kann, verstehe ich nicht.
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Bildqualität & Latenz
Mein Testsystem besteht aus einer GTX 1080, 16 Gig Ram und einem Intel i7-6700K @4.00GHz.
Die Bildqualität lässt durch die kabellose Übertragung des Adapters kaum nach. Nur in sehr anspruchsvollen Szenen kann es vereinzelt zu Artefakten und einem Schmiereffekt kommen.
Das Bild selbst wirkt ein wenig weichgezeichnet – ein Nebeneffekt des eingesetzten Kompressionsalgorithmus. Mich hat das jedoch nicht gestört, teilweise gefiel mir das kabellose Bild sogar etwas besser als mit Kabel. Eine zusätzliche Latenz konnte ich nicht erfühlen.
Nutzer älterer CPUs berichten von Kompressionsproblemen und vereinzelt einem kurzen Abbruch des Signals in grafisch anspruchsvollen Spielen. Wer also Titel wie Creed oder Seeking Dawn spielen möchte, benötigt einen schnellen Prozessor.
HTC selbst gibt als Mindestvoraussetzung Intels Core i5-4590 und AMDs FX 8350 an.
Spiele-Benchmark: Wie viel Performance braucht Wireless-VR?
Ich habe exemplarisch die Leistung zweier Titel (Skyrim VR und Fallout 4 VR) verglichen. Beide Spiele liefen jeweils in der nativen Auflösung der VR-Brille.
Mein stark gemoddetes Skyrim VR lief mit Vive und Vive Pro problemlos mit 85 bis 90 Bildern pro Sekunde (FPS). Auffällig ist jedoch die hohe CPU-Auslastung: Durch den Einsatz des Adapters verdoppelte sich diese von circa 32 Prozent auf bis zu 65 Prozent. Da meine CPU noch genug Spiel nach oben hat, wirkt sich das jedoch nicht auf Bildqualität oder die Bildwiederholrate aus.
Ein anderes Bild zeichnet das CPU-hungrige Fallout 4 VR. Dort steigt die CPU-Auslastung in Diamond City von circa 75 Prozent auf 85 Prozent. Die CPU-Frametimes springen auf der Standard-Vive von 11 bis 13 ms auf bis zu 18 ms. Die Bilder pro Sekunde fallen daher von 70 auf 63 und die Reprojection Ratio steigt zügig auf über 30 Prozent.
Auf der Vive Pro läuft Fallout 4 VR mit und ohne Adapter nur noch mit 45 FPS (Asynchronous Reprojection ist aktiv). Auch hier liegt die CPU-Auslastung bei 85 Prozent. Aufgrund der generell niedrigen FPS und hohen CPU-Frametimes ist eine negative Auswirkung des Wireless-Adapter hier nicht mehr sinnvoll messbar.
Durch den Einsatz des neuen Motion Smoothing der SteamVR Beta fällt die CPU-Auslastung bei Fallout 4 VR auf 65 bis 75 Prozent. Motion Smoothing könnte daher eine gute Alternative sein, um auch mit Wireless-Adapter ein etwas flüssigeres Spielerlebnis zu ermöglichen.
Dennoch: Ihr braucht eine aktuelle CPU, um mit dem Wireless-Adapter auch in anspruchsvolleren Titeln eine hohe Bildwiederholrate zu halten.
Hinweis: Der Vive-Pro-Adapter hat offenbar Probleme mit AMDs Ryzen-Prozessoren. In HTCs Viveport-Forum beklagen sich zahlreiche Nutzer über PC-Abstürze und fordern eine Software-Aktualisierung.
Fazit: Drahtlos-VR macht Spaß, ist aber heiß und teuer
Der HTC Wireless-Adapter ist die bisher beste Lösung für kabelloses PC-VR. Die neue Freiheit macht Spaß, gerade Spiele mit viel Bewegung entdeckt man neu.
Befreit vom Kabelzwang, steigt die VR-Immersion deutlich: Wer sich ohne Stolperfalle und Kopfzug in einer Roomscale-Erfahrung bewegt, vergisst die Außenwelt schneller.
Wer bereit ist, den hohen Preis zu zahlen und einen leistungsstarken PC hat, steht nur noch vor einem Problem: der Hitzeentwicklung. Noch ist unklar, ob HTC hier eventuell per Firmware-Update nachbessern kann.
Vive-Pro-Besitzer sollten generell weniger Probleme mit der Hitze haben. Alle anderen müssen es wohl mit sich und ihrer Kopfhaut ausmachen, ob sie es als störend empfinden – und notfalls basteln. Wer damit leben kann und das Kabel endlich loswerden will, liegt mit dem Vive-Adapter richtig.
Allen anderen empfehle ich, noch abzuwarten, ob HTC sich zur Hitzeentwicklung äußert und ob es sich um ein verbreitetes Problem handelt.
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