HTC Vive: Bildung in der Virtual Reality - vier VR-Apps ausprobiert
Mit Viveport möchte HTC auch jene Apps in den Vordergrund rücken, die sich im Schwerpunkt mit Bildung in virtuellen Welten befassen. Vier der Apps habe ich mir genauer angesehen. Und das Fazit ist durchaus positiv: Noch wird mit sehr geringen Budgets gearbeitet, das merkt man auch, dennoch sind die Resultate brauchbar. Die wichtigste Frage ist, wie man die neue Technologie sinnvoll in den Lehrplan integriert.
Das Lernen mit Hilfe virtueller Umgebungen hat das Potenzial, bewährte Prozesse der Wissensaneignung sinnvoll zu erweitern. Unser Gehirn speichert virtuelle Erlebnisse nicht wie Informationen aus dem Schulbuch, sondern als Erfahrung ab. Und was man selbst erlebt hat, das behält man besonders gut - so die Überzeugung jener Personen, die sich intensiv mit VR-Bildung befassen.
Einer der Fürsprecher dieses neuen Ansatzes ist der US-Schauspieler Kevin Spacey. Er finanziert ein Startup, das bekannte Kunstwerke in einer virtuellen Galerie ausstellt. Der Klassenraum sei seit Menschengedenken der einzige Ort, der sich kein bisschen verändert habe, kritisiert Spacey. Geht es nach dem Schauspieler, sollen Kinder in Zukunft mittels VR-Brillen auf den Boden des Ozeans reisen, um Meereskunde zu betreiben.
___STEADY_PAYWALL___In diesem Sinne:
Mars Odyssey 2033
Anstatt auf den Meeresboden geht es bei Mars Odyseey weit hinaus ins All. Bis auf den Mars, um genau zu sein. Was Techvisionär Elon Musk für 2025 plant, kann man virtuell schon heute erleben. Auf einer fiktiven Marsstation lernt man mehr über den roten Planeten. Highlight ist unter anderem ein raumfüllendes und begehbares Hologramm unseres Sonnensystems.
Hat man das eingehend untersucht und studiert, wird man in einen Raumanzug gesteckt und nimmt in einer Raumsonde Platz. Die transportiert den Nutzer an verschiedene Einsatzorte auf dem roten Planeten. An jedem dieser Orte wartet ein originalgetreu umgesetztes 3D-Modell eines Marsroboters der Nasa, das inspiziert und repariert werden muss.
Die Reparatur wird spielerisch und kindgerecht simuliert: Man schlägt mit einem Hammer gegen ein Rad oder hält ein Schweißgerät vor eine defekte Antenne, um die Mission zu erfüllen. Dabei lernt man mehr über die Geschichte des Roboters, seinen Zweck und die einzelnen Bestandteile - und was man studieren muss, um so ein Gerät bauen zu können.
Das gesamte VR-Erlebnis dauert rund eine halbe Stunde. Das vermittelte Wissen ist zwar recht speziell, hat aber gerade bei jungen Menschen durchaus das Potenzial, Begeisterung für das Thema Raumfahrt oder Konstruktion zu entfachen.
Lifeliqe: Das VR-Museum
Lifeliqe ist HTCs strategischer Partner für das immersive Lernen. Die "visuelle Lernplattform" - so nennt das Unternehmen das eigene Angebot - bietet über 1.000 dreidimensionale Lernmodelle, die gemeinsam mit Lehrenden und Partnern aus der Wissenschaft entwickelt wurden. Die kostenlose Demo, die derzeit bei Viveport verfügbar ist, gibt einen Vorgeschmack auf das, was Wissbegierige erwartet.
Beispielsweise lernt man anhand des 3D-Modells eines Hundes dessen Knochenbau, Organe und Nervensystem kennen. Das Lernmodell besteht aus verschiedenen Schichten, zwischen denen man auf Knopfdruck wechseln kann. Stets hat man dabei die volle Bewegungsfreiheit und kann sich um das 3D-Modell herumbewegen, es aus allen Winkeln begutachten, in es hinein- und hinauszoomen. Das gilt für alle Modelle, vom Wankelmotor bis zum Aufbau der Erdkruste. Auch bekannte Orte wie Stonehenge wurden als 3D-Modell nachgebaut und in das VR-Museum integriert.
Ergänzend werden ausgewählte voll-immersive Lernumgebungen angeboten. Das animierte Modell eines Stegosaurus darf man artgerecht in einem steinzeitlichen Urwald bewundern und mit ihm interagieren. Spätestens hier dürfte das klassische "Was ist was"-Buch im Vergleich alt aussehen.
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Zwar ist Lifeliqe streng genommen keine Lernanwendung, da das pädagogische Konzept fehlt. Aber das Potenzial der lehrreichen 3D-Modelle erschließt sich innerhalb der ersten Sekunden. Es wird Aufgabe des Bildungssystems sein, die Möglichkeiten neuer Technologien wie Virtual Reality sinnvoll in den Unterricht zu integrieren.
Stonehenge VR
Der Titel lässt es bereits erahnen: Stonehenge VR lässt einen das britische Weltkulturerbe bewundern. Visuell ist die Anwendung eindrucksvoll inszeniert. Die Atmosphäre ist deutlich mystischer als beim touristisch geprägten Original.
Eine Sprecherin erzählt mehr zur Herkunft der Megalith-Steine und wie diese transportiert, bearbeitet und aufgestellt wurden. Dabei inspiziert man Monument aus verschiedenen Perspektiven. Zum Teil werden die Informationen auf der Tonspur durch passende Animationen verdeutlicht. Die rudimentäre Interaktion mit der Umgebung verleiht dem VR-Erlebnis ab und an eine spielerische Note, die allerdings nie vom eigentlichen Inhalt ablenkt.
Auch zu kulturellen Bräuchen vor Ort wird der virtuelle Besucher informiert, beispielsweise die Sonnenwendfeier, bei der sich tausende Menschen aus aller Welt an dem Monument treffen und feiern. Bei Sonnenaufgang fällt das Sonnenlicht besonders eindrucksvoll auf die riesigen Steine. In der Realität ist das ein Event mit vielen Touristen, Betrunkenen und der einen oder anderen Festnahme - virtuell darf man den Moment für sich alleine genießen.
Ersetzt der virtuelle Ausflug das reale Erlebnis? Nein, dafür fehlen zu viele Elemente, die unsere Sinne ansprechen. Man kann die Erde nicht anfassen, die Luft nicht riechen und spürt den Wind nicht in den Haaren. Das sind wichtige Informationen im Kontext eines Ortes, die unser Erinnerungsvermögen stimulieren und die in der Virtual Reality noch nicht reproduzierbar sind.
Nichtsdestotrotz: Der VR-Trip ist allemal eindrucksvoller und einprägsamer als Bilder in einem Schulbuch. Und längst nicht jedes Kind besitzt die Möglichkeit, andere Länder zu besuchen. Gerade dann kann die Virtual-Reality-Bildung bestehende Lernkonzepte sinnvoll erweitern.
Engage VR
Die Entwickler von Engage VR wählen einen etwas anderen Ansatz als er bei Mars 2033 oder Stonehenge VR erprobt wird. Es gibt klassischen Frontalunterricht, der mit virtuellen Objekten erweitert wird. Der Unterrichtende wird als Avatar in der virtuellen Welt abgebildet, seine Bewegungen können dabei über ein Trackingsystem übertragen werden. Besonderen Wert legen die Macher der Anwendung auf eine überzeugende Gestik. Ziel ist es, dass Lehrer und Schüler das Gefühl einer physischen Präsenz wie im echten Klassenraum erleben.
Warum dann nicht direkt im realen Klassenraum bleiben? Nun, der Unterricht mit Engage VR ist nicht mehr auf die vier Wände des Klassenzimmers beschränkt. Auf Knopfdruck können Lehrer und Schüler an alle denkbaren Orte reisen, passend zum Lernstoff.
Der Erdkundeunterricht über Afrika findet dann in einer Savanne statt, in der eine Elefantenfamilie durch das Bild wandert. Oder man lernt auf dem Meeresboden über Haie. Die App wird mit zahlreichen vorgefertigten 3D-Objekten und Umgebungen ausgeliefert, damit auch Laien solche Bildunsgreisen gestalten können. Engage VR soll eine Art Powerpoint für das Lernen mit und in der Virtual Reality werden.
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