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Kommentar: Der VR-Industrie droht eine alte Gefahr

Kommentar: Der VR-Industrie droht eine alte Gefahr

Der VR-Markt sieht sich mit einer alten Bedrohung konfrontiert: der Fragmentierung in unterschiedliche Plattformen, Eingabemethoden und Spielarten.

Meta Quest ist seit Jahren die führende VR-Plattform mit Millionen von Nutzern. Für Studios und Entwickelnde, die in diesem ein profitables Geschäft aufbauen möchten, gibt es keinen Weg am Quest Store vorbei.

Doch 2024 drängen neue, ernst zu nehmende Bewerber auf den Markt, die Metas Vorherrschaft herausfordern.

Apple baut mit Vision Pro eine komplett neue VR-Plattform auf, die auf dem räumlichen Betriebssystem VisionOS beruht. Bis Ende des Jahres dürften Google und Samsung dazustoßen und ein drittes Ökosystem für autarke Headsets begründen, das auf Android XR beruht, einem ebenfalls neuen, für VR und AR optimierten Betriebssystem.

Meta Quest basiert ebenfalls auf einer stark modifizierten Version von Android, aber inwiefern die Plattformen kompatibel miteinander sein werden, ist unklar. Google und Meta konnten sich jedenfalls nicht auf eine engere Zusammenarbeit einigen.

VR-Plattformen 2025: Die Qual der Wahl

Eines ist klar: Die Gemengelage für Entwickelnde und Verbraucher wird in den nächsten fünf Jahren komplexer, als sie es in den vergangenen fünf Jahren war, in denen Meta Quest dominierte.

2025 könnten ein halbes Dutzend Headset-Plattformen zur Auswahl stehen, mit stark schwankendem Portierungsaufwand und unterschiedlichem App-Angebot: Meta Quest, Pico OS, VisionOS, Android XR, SteamVR und Playstation VR 2. Der Industriestandard OpenXR erstreckt sich auf die Hälfte dieser Plattformen, wobei noch unklar ist, inwiefern ihm Android XR verpflichtet sein wird.

Es ist unwahrscheinlich, dass Entwickelnde ihre Inhalte für all diese Plattformen herausbringen werden, der Aufwand wäre schlicht zu groß. Die Verbraucher werden sich demnach für eine Plattform entscheiden und dabei unweigerlich auf bestimmte Inhalte verzichten müssen.

VR-Controller oder Hand-Tracking?

Eine weitere Fragmentierung droht auf Ebene der Eingabemethode. VR-Studios entwickeln seit knapp zehn Jahren für Controller und haben eine Designsprache entwickelt, die für diese Art der Eingabe optimiert ist.

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Mit Apples Fokus auf Hand- und Blicksteuerung wird dieses Paradigma grundsätzlich infrage gestellt. Viele Spiele, die für Controller entwickelt wurden, lassen sich nicht ohne Weiteres mit Hand-Tracking umsetzen und eine wichtige Komponente dieser Spiel- und Nutzungserfahrung, die Haptik, geht dabei völlig verloren.

Spiele und Apps müssen für Hand- und Blicksteuerung von Grund auf neu gedacht werden. Ein beträchtlicher Teil des in der letzten Dekade aufgebauten Wissens wäre somit verloren. In der VR-Gemeinschaft scheiden sich die Geister darüber, wohin diese Entwicklung führt.

Virtual Reality oder Mixed Reality?

Innerhalb der führenden Quest-Plattform selbst droht ebenfalls eine Fragmentierung. Meta treibt mit Mixed Reality eine neue Spielart der Technologie voran, die sich von Virtual Reality dadurch unterscheidet, dass sie die physische Umgebung ins Erlebnis einbezieht. Virtual Reality und Mixed Reality schließen sich nicht gegenseitig aus, und Mixed Reality könnte den VR-Markt erweitern, anstatt ihn zu fragmentieren. Aber die Technologie ist noch relativ neu und unerprobt und man wird abwarten müssen, wie Verbraucher darauf reagieren.

Für Entwickelnde kann diese Wahl ein konkretes Dilemma darstellen: Soll man die (meist knappen) Ressourcen auf die etablierte Virtual Reality setzen, etwas Neues in Mixed Reality versuchen oder beide Technologien gleichzeitig nutzen? Die Wahl der Technologie hat weitreichende Folgen und kann über Gedeih und Verderb eines Studios entscheiden. Manche alteingesessene Studios wie Fast Travel Games haben die Entscheidung bereits für sich getroffen, wohl wissend, dass die Industrie eine riskante Phase der Selbstdefinition durchläuft.

Ich habe die Herausforderungen, die auf Virtual Reality zukommen, in diesem Artikel nur angeschnitten, aber man sieht ohne Weiteres, dass sich der Markt in den nächsten fünf Jahren in zahlreiche Richtungen entwickeln kann, die eher zu dessen Fragmentierung als dessen Vergrößerung beitragen.

Meine Prognose ist, dass sich zwei Plattformen als Gewinner herauskristallisieren werden. Denn mehr kann der ohnehin kleine VR-Markt nicht verkraften.