Kommentar zu Vision Pro: Die Entzauberung des VR-Heilands

Kommentar zu Vision Pro: Die Entzauberung des VR-Heilands

Die ersten Tests der Vision Pro zeigen, dass Apple an die gleichen Grenzen stößt wie Meta. Ein Reality Check für die Industrie.

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Als Vision Pro im Juni 2023 endlich enthüllt wurde, schrieb ich einen langen Kommentar zum Gerät. Nach den ersten vollwertigen Tests zur Vision Pro, die uns Headset ohne Apple-Filter näherbringen, folgt nun ein zweiter Kommentar.

Einen dritten und letzten Kommentar werde ich schreiben, sobald ich Vision Pro testen konnte. Das wird noch eine Weile dauern, da ich nicht beabsichtige, mehrere tausend US-Dollar dafür auszugeben oder sogar in die USA zu fliegen, um mir ein Gerät zu besorgen. Aber dazu später mehr.

Was die Tests und Videos zu Vision Pro betrifft: Ich bin immer noch daran, die Flut an Informationen zu verarbeiten. Das sind keine herkömmlichen Tests. Viele sind unfassbar lang, ohne dabei ausschweifend zu sein. Etwa das von The Verge. Knapp 10.000 Worte. Das sind 20 Seiten Text!

Ein neues Computerparadigma …

Ich denke, dass diese Länge gerechtfertigt ist. Schließlich haben wir es hier nicht mit einem Test des x-ten Smartphone oder Laptops zu tun. Vision Pro hat den Anspruch, eine neue Computerplattform einzuführen und bietet in diesem Kontext unzählige Innovationen, die einzeln durchgegangen und besprochen werden müssen: ein räumliches Betriebssystem, die Steuerung via Blick und Hände, die Integration in ein gereiftes App-Ökosystem, das EyeSight-Display und vieles mehr.

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Vision Pro ist, Apples Marketing zum Trotz, im Kern ein VR-Headset, aber es ergibt in meinen Augen dennoch Sinn, von einem räumlichen Computer zu sprechen. Das meistverbreitete VR-Headset am Markt, nämlich Meta Quest, nehme ich primär als Spielkonsole oder Fitnessgerät wahr, mit dem ich nebenbei auch ein wenig im Internet surfen kann. Aber es als Computerersatz zu sehen, würde mir nicht im Traum einfallen. Dafür mangelt es, wie Quest Pro gezeigt hat, an einem guten Betriebssystem und Multitasking, einer Anbindung an bestehende App-Ökosysteme, an der Display-Qualität, an der Rechenleistung.

Vision Pro hat den Anspruch, ein Allzweckcomputer zu sein und ist dadurch nicht nur ein vielschichtigeres und komplexeres Produkt als Meta Quest. Es ist auch eine neue Art Computer, der sich anschickt, den Begriff Computer neu zu definieren. Vor diesem Hintergrund wird verständlicher, weshalb die Tests so umfangreich geworden sind.

… mit vielen Einschränkungen

Am besten gefiel mir der Test von Verge-Chefredaktor Nilay Patel, der ungeschönt die fundamentalen Probleme von VR-Gesichtscomputern offenlegt, die auch mit Vision Pro nicht aus der Welt geschafft sind: dass sich die Geräte schwer und unbequem auf dem Kopf und im Gesicht anfühlen, dass sie den Blick auf die Welt in vielerlei Hinsicht eher einschränken statt erweitern, dass sie von den Mitmenschen isolieren und dass sie zu klotzig sind, um Laptops zu ersetzen.

Das größte Problem von Headsets ist, dass es Headsets sind. Und dieser Umstand belastet Vision Pro wie jedes andere Headset zuvor. Vision Pro ist Apples erster Schritt in die Zukunft der Gesichtscomputer, nicht der iPhone-Moment der VR, nicht der VR-Heiland, den sich so viele Fans der Technologie im Vorfeld der Markteinführung versprachen.

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Das Gerät, so schreibt Patel immer wieder, ist magisch, bis es das nicht mehr ist. Er meint damit die Diskrepanz zwischen einer umwerfenden neuen Technologie und ihrer Kinderkrankheiten, Unzulänglichkeiten und Kompromisse. Vision Pro ist das mit großem Abstand beste VR-Headset, das je gebaut wurde, aber längst nicht gut genug, um die Welt zu erobern.

Ein polarisierendes Produkt

Es muss Patel schwergefallen sein, dem Gerät eine Punktewertung zu geben. Denn Vision Pro ist, so scheint es, unglaublich faszinierend und problembehaftet zugleich, mit wenig Raum dazwischen. Man kann fast nur in Superlativen davon sprechen, ob positiv oder negativ. Zudem gibt es kein anderes Headset, mit dem sich Vision Pro gebührend vergleichen ließe, da Meta Quest, wie zuvor erwähnt, eher Spielkonsole als Allzweckcomputer ist.

Spätestens seit gestern wird der Branche dämmern, dass Vision Pro auch nur ein weiteres Entwicklerkit auf dem langen und ungewissen Pfad der Gesichtscomputer und nicht deren Durchbruch ist. Apple stößt in puncto Formfaktor, Eingabeparadigma, Passthrough-Qualität und Avatare an die gleichen fundamentalen Grenzen wie Meta und ich bezweifle, dass das Unternehmen auch nur eines der grundlegenden Probleme von VR-Headsets gelöst hat, mit Ausnahme der Integration in bestehende App-Ökosysteme, auch wenn Netflix und viele andere Plattformbetreiber das Gerät derzeit boykottieren.

Meta ist nicht aus dem Spiel, im Gegenteil

Ich denke, dass Metas Produkte und Ausrichtung durch Apples Markteintritt im Ansehen steigen werden, und nicht nur, weil sie ein Vielfaches günstiger sind. Der Markt wird sich ausdifferenzieren und die Menschen werden erkennen, in welchen Bereichen Vision Pro glänzt und in welchen Meta Quest. Denn letzteres Headset hat viele Qualitäten.

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Ich bin VR-Enthusiast, aber zu diesem exorbitanten Preis werde ich mir keine Vision Pro kaufen. Dafür kenne ich VR-Headsets und deren Einschränkungen zu gut. Ich glaube, dass VR-Nutzer:innen mit Vision Pro vornehmlich klassische Medien konsumieren werden, aber dass sie, nachdem der Zauber verflogen ist, zu Meta Quest 3 greifen werden, um sich mit den wirklichen coolen Dingen zu beschäftigen, die die Technologie bietet: Spiele und Fitness. Für schwebende 2D-Fenster und Produktivität benötige ich kein Headset, zumindest im derzeitigen Formfaktor.

Dennoch freue ich mich, Vision Pro eines Tages eingehend testen zu können. Ich bin gespannt, wie es sich in meinen Alltag und meine bisherige Headset-Nutzung einfügt. Dann folgt mein dritter und letzter Kommentar.