Akrobatik in VR: Wie Poledance in Virtual Reality funktioniert

Akrobatik in VR: Wie Poledance in Virtual Reality funktioniert

Pole Dancing hat sich als Fitnesstraining und akrobatischer Tanz etabliert. Eine VR-Künstlerin bringt den Sport nun in die virtuelle Realität.

Pole Dancing wird häufig mit laszivem Räkeln an den Stangen der örtlichen Nachtclubs in Verbindung gebracht. Tatsächlich handelt es sich dabei aber um eine anspruchsvolle Mischung aus Tanz und Akrobatik, die von Frauen und Männern gleichermaßen ausgeübt wird.

Trainingsstudios findet man heute in fast jeder Stadt. Es gibt Pole-Fitness-Kurse, Wettbewerbe auf nationaler und internationaler Ebene und auch in den sozialen Medien finden sich unzählige Creator:innen, die ihre Choreografien teilen.

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Eine von ihnen ist „R00t“, auf TikTok, Twitter und Co., nur bekannt unter ihrem Pseudonym. Sie verleiht ihren Performances einen besonderen Kniff: Sie tanzt in Virtual Reality. Doch wie lässt sich eine so bewegungsintensive Sportart überhaupt in VR umsetzen?

Pole Fitness Workouts in VRChat

VRPD ist eine VR-Pole-Dancing-Community, die sich in der VR-Social-App VRChat und auf Discord zusammenfindet. Statt „traditioneller“ VR-Fitness-Workouts treffen sich die Mitglieder regelmäßig zum Poledance und unterstützen einander bei ihren Übungen.

Regelmäßiges Training ist für Pole Dancer Pflicht. Bis die Bewegungen an der Stange so geschmeidig und elegant aussehen wie bei den Profis, vergehen oft mehrere Jahre harten Trainings. Pole Dancing erfordert ein enormes Maß an Kraft, Koordination, Körperbeherrschung und Schmerzresistenz – denn die Trainingsgeräte sind nicht gerade komfortabel.

Ein Beispiel: Bei der Übung „Shoulder Mount“ stehen Tänzer:innen mit dem Rücken zur Stange, greifen sie oberhalb des Kopfes und ziehen dann den Unterkörper mit den Beinen über den Kopf hoch zur Stange. Die Schulter wird dabei mit aller Kraft gegen die Stange gedrückt.

Root macht VR-Poledance auf TikTok populär

Ein bekanntes Mitglied der VR-Pole-Dance-Gruppe ist die Content-Creator:in R00t. Sie beschäftigt sich seit 2013 mit Virtual Reality und ist seitdem als VR-Künstlerin und 3D-Designerin aktiv.

Auf der Blockchain-basierten VR-Plattform Somnium Space betreibt sie den roots.club, eine soziale VR-Welt für unterrepräsentierte Gruppen, in der sich hauptsächlich weibliche und nicht-binäre Menschen treffen.

Während der Lockdowns in der Pandemie entdeckte R00t ihre Leidenschaft für den Sport, besorgte sich eine eigene Pole für zu Hause und übte mit dem VRPD. In einem Interview mit Daily Beast erzählt sie von den Herausforderungen, die die Sportart in VR mit sich bringt.

Mit Full Body Tracking zum VR-Poledance-Profi

Um die Bewegungen ihres Avatars in VR so realitätsnah wie möglich zu gestalten, verwendet R00t ein Ganzkörper-Tracking-Setup. Das störende Kabel ihrer HTC Vive Pro umgeht sie mit einem Wireless Adapter.

An den Handgelenken sind zwei Valve Index Controller befestigt, um die Hüften ein Gürtel mit Tundra Trackern und an den Fußgelenken zwei Vive Tracker. Vier SteamVR 2.0 Basisstationen sorgen für präzises Tracking.

Optimal ist diese Lösung nicht: „Um ehrlich zu sein, die Tracker, die es gibt, rutschen – sie sind nicht wirklich für weibliche Formen gemacht“, sagt Root. „Seit fast zehn Jahren sage ich immer wieder: 'In ein paar Jahren wird es sicher viel einfacher sein“, sagt sie. „Heute ist es zweifellos viel einfacher, aber es ist immer noch ein hartes Stück Arbeit.“

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Pole Dancing in VR erfordert technische Tricks

Auch das Sportgerät an sich ist nicht unproblematisch. Damit sich die Sportler:innen nicht ernsthaft verletzen, sind die Pole-Stangen in der Regel verchromt. Dadurch ist die Oberfläche durchgehend glatt und ermöglicht weitgehend reibungsfreies Gleiten an der Stange.

Chrom hat jedoch eine Eigenschaft, die für das VR-Tracking mit den SteamVR-Lasern nicht unbedingt förderlich ist: Es reflektiert stark. Die Reflexionen führen zu Trackingfehlern und verursachen Glitches an den VR-Avataren. R00t musste ihr Setup deshalb etwas anpassen und auf eine spezielle silikonbeschichtete Pole umsteigen.

Pole in VR: Wenn der Mensch zur Stange wird

Apropos Stange: Die Pole in der realen Umgebung lässt sich nicht ohne Weiteres in jede VR-Welt übertragen. Die VR-Sportler:innen sehen sie also häufig nicht, wenn sie die VR-Brille tragen.

In VRChat erstellte Welten haben zwar virtuelle Stangen, die User:innen auf die jeweilige physische Pole anpassen können. In anderen Umgebungen muss sich Root mit der Hilfe einer Freundin und einem Trick behelfen: einem stabförmigen Avatar.

Der positioniert sich in der VR-Umgebung an der Stelle, an der in Roots realer Umgebung die Pole angebracht sind, und bleibt für die Dauer der Performance bewegungslos. „Es ist cool, dass wir die Performance zusammen machen können, und sie [Roots Freundin, Anm. d. Red.] ist richtig stolz darauf, so nach dem Motto: Hey, das bin ich! Ich bin die Stange“, scherzt Root.

Poledance in VR: Nichts für VR-Neulinge

Die Kombination von VR und Poledance bringt noch weitere Herausforderungen mit sich: „Es fühlt sich an wie die größte Orientierungslosigkeit, weil man ohnehin schon eine Art Balance zwischen der virtuellen und der realen Welt finden muss“, sagt die VR-Künstlerin.

Außerdem kippe ihr Kopf durch das Gewicht des Headsets nach hinten, etwa bei schnellen Drehungen. Dadurch gerate sie leicht aus dem Gleichgewicht, was zu Schwindel und Motion Sickness führen könne.

Trotz vieler Hürden sind Pole Dancing und die Community ein wichtiger Teil ihres Lebens, den sie ohne Virtual Reality vielleicht nie für sich entdeckt hätte. „Beim Tanzen an der Stange, besonders in der virtuellen Realität, sieht man fast nichts, weil man sich so schnell dreht und so sehr auf den Moment fokussiert ist“, sagt sie. „Es geht nicht mehr um die anderen, sondern nur noch um sich selbst und darum, wie man tanzt.“

Quellen: Root, Daily Beast