VR-Pioniere über die Branche: "Der Hype gleicht dem der 90er Jahre"
Nach einem beispiellosen Hype in den 90er Jahren verschwand Virtual Reality schneller als gedacht wieder von der Bildfläche. Zwei VR-Pioniere dieser Zeit sehen Parallelen zwischen damals und heute.
Glaubte man dem Hype, dann hätte 2016 das Jahr der Virtual Reality werden sollen. Oculus, HTC und Sony brachten hochwertige VR-Brillen auf den Markt, die die Technologie aus den Forschungseinrichtungen in die Wohnzimmer katapultieren sollten. Doch spätestens beim Weihnachtsgeschäft zeigte sich, dass auf Seiten der Konsumenten kein überwältigendes Interesse an den Geräten besteht.
Dafür gibt es zahlreiche Gründe, die breit diskutiert werden. Sicher ist, dass Virtual Reality die unrealistisch hohen Erwartungen nicht erfüllen konnte, die von der Presse, von Analysten und Marketingabteilungen in den vergangenen Jahren geweckt wurden. Die VR-Pioniere Jaron Lanier und Ben Delaney haben das alles schon einmal erlebt und fühlen sich an den VR-Hype der 90er Jahre erinnert.
___STEADY_PAYWALL___Die Geschichte wiederholt sich
Jaron Lanier machte den Begriff der Virtual Reality bekannt und gründete mit VPL Mitte der 80er Jahre eines der ersten Unternehmen, das VR-Technologie herstellte und kommerzialisierte. Die Firma entwickelte VR-Brillen, Datenhandschuhe und Ganzkörpertrackinganzüge. 1990 war bereits Schluss und VPL musste Konkurs anmelden.
"Es verblüfft mich, wie viele Gemeinsamkeiten es zwischen Oculus und VPL gibt. So viele kleine Geschichten, Kontroversen, Presseberichte und Legenden, die übereinstimmen. Es müsste sich einmal jemand Zeit nehmen und die Presse der 80er Jahre mit der der letzten paar Jahre vergleichen. Man würde eine große Zahl ähnlicher Schlagzeilen finden", sagt Lanier gegenüber The Verge.
Ungelöste Probleme
Ähnlich äußert sich Ben Delaney, der Herausgeber des "Cyberedge Journals", das in den 90er Jahren zum Sprachrohr der jungen VR-Industrie wurde. "Ich musste schmunzeln, als ich den Hype um Oculus mitverfolgte. Ich hatte den Eindruck, dass man die alten Pressemitteilungen und den Schwachsinn, den die Leute vor zwanzig Jahren erzählten, wieder hervorgeholt und neu aufbereitet hat", sagt Delaney.
"Ich habe diese Ansteckplaketten produziert, auf denen durchgestrichen das Wort 'VR Hype' zu sehen ist. Es war immer schon ein Problem und es hat nie aufgehört. Menschen glauben, dass sie in der Virtual Reality alles tun können, was sie in ihren Träumen tun", sagt Delaney.
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Amüsiert hätte ihn auch, dass Oculus mit einem "außergewöhnlich weiten Sichtfeld von 100 Grad" wirbt. Laut Delaney hatten viele der früheren VR-Brillen ein weiteres Sichtfeld. "Dennoch fühlt es sich immer noch an, als würde man durch ein Rohr schauen. Keines dieser Probleme war gelöst, als ich in diesem Bereich tätig war und soweit ich weiß, sind sie immer noch nicht gelöst."
"VR löst keine Probleme"
Gegenüber VRODO prognostizierte Delaney schon vor dem Marktstart von Rift und Co. - entgegen dem Hype vieler Analysten - dass die Verkaufszahlen von VR-Brillen eher bescheiden ausfallen werden: "Niemand wartet darauf, es löst keine großen Probleme und die Technologie steht der Erfahrung immer noch im Weg."
Für den ausbleibenden Erfolg in den 90ern hatte er einen klaren Sündenbock: "Schlechte Inhalte. Es gab einen klaren Gewinner, die 3D-Spiele, die leider zu 90 Prozent aus Ego-Shootern und anderen sinnlosen Zeitverschwendern bestehen."
Besser, aber nicht gut genug?
Im April 2017, nach dem Launch der drei Highend-Brillen, relativierte Delaney seine Kritik, ohne jedoch von ihr abzurücken: "Die Welten, die heute gebaut werden, sind großartig und die Fortbewegung ist flüssig und glaubwürdig. [...] Ich finde es schade, dass die Industrie im Großen und Ganzen die gleichen Fehler wiederholt, weil die historische Perspektive fehlt."
Enttäuscht zeigt er sich, dass es noch immer keine probate Lösung für eines der größten Probleme virtueller Welten gibt: Die künstliche Fortbewegung. Als Investor würde er sein Geld am ehesten in virtuelle Reisen, immersive Sportübertragungen und AR-Apps stecken.
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