VR-Film "Bloodless" zeigt Gewalt mit anderen Mitteln

VR-Film

Der VR-Film "Bloodless" gewann bei den Internationalen Filmfestspielen von Venedig einen Preis in der Kategorie "Beste VR-Geschichte". In dem Film thematisiert die südkoreanische Regisseurin Gina Kim einen Mordfall aus dem Jahr 1992, der das ganze Land in Aufruhr versetzte und ein gesellschaftliches Problem in den Mittelpunkt rückte, das bis heute ungelöst ist.

Seit dem Ende des Koreakriegs ist die Anzahl US-Militärbasen im südlichen Teil der Halbinsel stetig gewachsen. Heute bedecken die militärischen Stützpunkte knapp 18 Prozent der bewohnbaren Fläche des Landes. Am Rande dieser Camps sind knapp hundert Dörfer entstanden, in denen die Prostitution blüht. In diesem rechtlichen Niemandsland kommt es immer wieder zu Gewalt gegenüber Frauen.

So auch im Dorf Dungducheon vor knapp 25 Jahren. In den Morgenstunden des 28. Oktober 1992 findet der Hausbesitzer den brutal verstümmelten Körper der jungen Kellnerin Yoon Geum Yi. Zwei Tage später verhaftet die örtliche Polizei den Hauptverdächtigen, einen US-amerikanischen Soldaten aus dem nahegelegenen Militärcamp mit Namen Kenneth Lee Markle.

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Als der Mann den US-Militärbehörden übergeben wird, kommt es zu Massenprotesten unter der koreanischen Bevölkerung. Die Einheimischen fordern, dass der Soldat vor ein koreanisches Gericht gestellt wird. Die Behörden geben unter dem Druck nach und schließlich wird Markle von der koreanischen Jurisdiktion schuldig gesprochen und zu 15 Jahren Haft verurteilt.

Die Südkoreanerin Gina Kim war damals Kunststudentin an der Staatlichen Universität Seoul und beteiligte sich an den Protesten. Die von der Sensationspresse veröffentlichten Bilder der grausam misshandelten Frau verfolgen Kim bis heute. Während 25 Jahren suchte die Filmkünstlerin vergeblich nach einer Möglichkeit, das Ereignis filmisch zu verarbeiten.

Die Orte sprechen für sich selbst

Kim wollte den Mordfall in einem Film thematisieren, ohne die stattgefundene Gewalt zu verherrlichen. Die Filmemacherin glaubt, dass Filme stets beschönigen, was sie zeigen, selbst dann, wenn sie nackte Gewalt darstellen. Das Verbrechen zu zeigen, würde für Kim bedeuten, ihm erneut eine Bühne zu geben.

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Für die Künstlerin war deshalb klar, dass sie die Gewalt und den Körper der getöteten Frau nicht zeigen darf. Schließlich bot ihr Virtual Reality einen Ausweg aus dieser künstlerischen Sackgasse. Mit diesem Medium, so Kim, ist der Zuschauer kein passiver Betrachter mehr, der ein Geschehen aus sicherer Distanz betrachten kann.

In Bloodless zeigt Kim keine Gewalt, stattdessen versetzt sie den Zuschauer in das umliegende Dorf Dongducheon und an den Tatort, so wie er heute aussieht. Sie tut das kommentarlos, sodass die Orte in der Stille für sich selbst sprechen können.

Durch das nüchterne, unmittelbare Erleben der tristen Schauplätze will Kim einen neuen Zugang zur Tragödie schaffen. Was hier passiert ist und immer noch passiert, wird nicht explizit gezeigt, sondern ist der Vorstellungskraft des Zuschauers überlassen und entfaltet dadurch eine noch größere Wirkung.

Wann und für welche VR-Plattformen Bloodless verfügbar sein wird, ist nicht bekannt.

| Featured Image: Gina Kim| Source: The Korea Herald