Virtual Reality: "That Dragon, Cancer" erscheint für Samsung Gear VR

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Als bei Joel Green im Alter von zwölf Monaten ein Hirntumor festgestellt wird, geben ihm die Ärzte nur noch wenige Monate zu leben. Doch Joel lebt und kämpft weiter, Jahr um Jahr. Seine Eltern entscheiden sich, das Familienschicksal in einem Computerspiel zu verarbeiten. "That Dragon, Cancer" erschien Anfang des Jahres für den PC. Nun wurde eine der Szenen für Samsung Gear VR umgesetzt.

"That Dragon, Cancer" setzt sich aus vierzehn Szenen zusammen, die gemeinsam eine Art begehbares Bilderbuch ergeben. An vielen Stellen ist das Geschehen mit Originaltonaufnahmen der Familie unterlegt, auf denen man das Lachen des Kindes vernimmt.

Nüchtern dargebotene Passagen wechseln sich mit traumähnlichen ab. So brechen in die kalte Wirklichkeit steriler Behandlungsräume und Wartezimmer unvermittelt fantastische Elemente ein, in denen die Innenwelt der Eltern, ihre Hoffnungen und Ängste, manifest werden.

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Viele Bilder gehen einem nicht mehr aus dem Kopf. Etwa das des Vaters, der in der Abenddämmerung zurückgelehnt in einem Sessel sitzend zum Fenster hinausschaut, während das Baby auf seiner Brust schläft. Eine schöne Szene, wäre da nicht der zum Kind hinführende Infusionsschlauch, der sich an den Füßen des Mannes wie eine Schlange zusammenrollt und dessen Flüssigkeit in grellem Giftgrün leuchtet.

Die kostenlose Version für Samsung Gear VR bietet derzeit eine einzelne der insgesamt vierzehn Szenen. Gemeinsam mit den beiden Eltern, dem Kind, dem behandelnden Arzt und der Assistenzärztin verarbeitet man die Nachricht, dass Joel unheilbar erkrankt ist. Sein Satz "Sorry Guys, It's Not Good" ist gleichzeitig auch der Untertitel der kurzen VR-Erfahrung.

Das Gespräch läuft immer wieder ab, wie in einer Zeitschleife. Als Nutzer kann man in die Rolle eines jeden Protagonisten schlüpfen und den entscheidenden Moment aus ihrer Perspektive erleben. Dabei hört man auch ihre Gedanken, die ansonsten unausgesprochen bleiben.

Das Projekt kam dank Solidarität zustande

Ryan Green, Joels Vater, arbeitet bei einem Spielestudio, das von christlichen Ideen und Werten inspirierte Games entwickelt. Dort lernte er den Programmierer Josh Larson kennen, der ihn dazu ermutigte, seine Erlebnisse mit Joel in einem Computerspiel zu verarbeiten.

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Gemeinsam starteten sie mit der Arbeit an "That Dragon, Cancer". Joels Mutter, die von Beruf Schriftstellerin ist, steuerte die Texte bei. Ryan Green nimmt sich zuerst eine dreimonatige Auszeit, dann kündigt er und verschreibt sich gänzlich der Fertigstellung des Spiels.

Die Familie muss ein Darlehen aufnehmen, lebt von Spenden. Per Crowdfunding sammeln die Greens mehr als 100.000 US-Dollar für ihr Projekt. Die Unterstützer, von denen viele ähnliches durchlebten, haben Fotografien, Zeichnungen und Botschaften zu dem Spiel beigesteuert. Diese schmücken nun die Wände der virtuellen Krankenstation.

Man kann nicht gewinnen

Im Frühjahr 2014 verschlimmert sich Joels Gesundheitszustand und am 13. März desselben Jahres stirbt er im Alter von fünf Jahren. Dennoch setzen die Greens die Arbeit an dem Spiel fort und am 12. Januar 2016, Joels siebtem Geburtstag, erscheint es schließlich für PC und Mac.

"That Dragon, Cancer" unterläuft bewusst jede Erwartung, die man an ein Computerspiel stellen kann. Überhaupt erinnern nur wenige Passagen an Szenarien und Mechaniken klassischer Computerspiele. Etwa jene, in welcher man als Joel mit Schild und Schwert den übermächtigen Drachen Krebs bekämpft.

Dieses Spiel im Spiel bereitet kein Vergnügen und man kann es auch nicht gewinnen. In diesem Widerspruch entfaltet "That Dragon, Cancer" seine Effektivität als Kunstwerk: Es beraubt den Computerspieler seiner sicher geglaubten Allmacht und lässt ihn so die Ohnmacht seiner Protagonisten nachempfinden.