Varjo VR-1 im Test: Premium-VR-Brille mit knackscharfer Sicht
Mit der VR-1-Brille bringt der finnische Hersteller Varjo eine Highend-VR-Brille für Profis auf den Markt. Eine aufwendige Doppel-Display-Konstruktion macht das Bild besonders scharf – und die VR-Brille teuer. Für wen lohnt sich die Investition?
In diesem VR-Brillen-Test erfahrt ihr:
- was die Highend-Brille VR-1 von Varjo kann,
- wie scharf die VR-Sicht wirklich ist
- und für wen sie geeignet ist.
Hinweis: Die VR-Brille (Infos und Vergleich) sowie ein schnelles Notebook mit einer RTX 2080 wurden uns für eine Woche vom Varjo-Vertriebspartner Schenker Technologies zur Verfügung gestellt. Mehr Informationen und die Möglichkeit zu einer Bestellung gibt es auf der Produktseite von Varjo.
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Varjo VR-1: Doppel-Display für Retina-Auflösung
Rund 6.000 Euro (exkl. MwSt.) kostet Varjos VR-1-Brille, hinzu kommt eine obligatorische Pauschale über rund 1.000 Euro (exkl. MwSt.) für Lizenzen und Support. Begründet wird der hohe Preis in erster Linie mit einem speziellen Doppel-Display, das dem menschlichen Auge die maximal mögliche Sehschärfe (20/20) bieten soll.
Zumindest gilt das für die Bildmitte: Dort sitzt das sogenannte Fokus-Display. Der 0,7 Zoll kleine Micro-OLED-Screen deckt mit 1.920 mal 1.080 Bildpunkten pro Auge bei 60 Hz genau den Bereich ab, den der VR-Brillenträger fokussiert, wenn er geradeaus durch die Linsen schaut.
Das periphere Sichtfeld wird vom 3,5 Zoll großen Kontext-Display gefüllt, ebenfalls OLED-Technologie, das im Vergleich zum Fokus-Display mit 1.440 mal 1.600 Bildpunkten pro Auge bei 90 Hz im Verhältnis zur Displaygröße deutlich geringer auflöst.
Das Fokus-Display sitzt nicht etwa physisch auf dem Kontext-Display, sondern wird in dessen Mitte gespiegelt, und bedeckt dort circa 20 Grad des insgesamt knapp 90 Grad weiten Sichtfelds. Es erreicht laut Varjo rund 60 Pixel pro Grad.
Zum Vergleich: HPs Profibrille Reverb schafft rund 19 Pixel pro Grad – die sind allerdings über das gesamte Display gerechnet.
Varjo VR-1: VR-Brille mit Premium-Verarbeitung
Die Verarbeitung der VR-Brille von Varjo ist - dem Preis angemessen - hervorragend. Schon beim Auspacken wird klar: Hier wurde auf die Details geachtet. Die Brille fühlt sich hochwertig an und sieht schick aus. Einziger Nachteil: Die glänzende Vorderseite ist ein Magnet für Fingerabdrücke.
Über zwei Displayport-Kabel wird Varjo VR-1 mit dem PC verbunden. Zwei, da durch das Doppel-Display insgesamt vier Displays – zwei pro Auge – mit Bilddaten versorgt werden müssen. Hinzu kommt ein Stromkabel. Wer insgesamt auf weniger Kabel Wert legt, wird mit der Varjo VR-1 nicht warm, noch dazu da die Kabelage recht dick und schwer ist.
Räumlich erfasst wird VR-1 wie HTC Vive oder Valve Index (Tests) über das Trackingsystem Lighthouse in Kombination mit SteamVR. Wer die Trackingboxen schon an der Wand hängen hat, braucht nur ein paar Minuten, bis die Varjo-Brille startklar ist. Eigene Controller bietet Varjo nicht an, hier kann man die Index- oder Vive-Controller verwenden.
Aufgepasst: VR-1 ist nicht automatisch mit jeder SteamVR-Anwendung kompatibel. Ich konnte die Brille daher nur mit den Varjo-Demos testen.
Varjo bietet eine eigene Software an, mit der VR-Apps für die Varjo-Brille optimiert werden müssen. Der Anpassungsprozess soll laut Schenker Technologies recht einfach sein.
Varjo VR-1 im Test: Knackscharfes Fokus-Display für neue VR-Fernsicht
Als ich die VR-Brille dann endlich aufziehen und die SteamVR-Umgebung betreten kann, fällt mir sofort das kristallklare Bild auf, das ich so mit noch keiner anderen VR-Brille gesehen habe. Speziell der Blick in die Tiefe des Raumes ist ein neues Seherlebnis in VR: Plötzlich erkennt man auch auf Distanz noch zahlreiche Details, die bei anderen Brillen im Pixelmatsch versinken.
Der Vorsprung bei der Bildklarheit ist wirklich beeindruckend: In einer Varjo-Demo fahren zum Beispiel Flugzeuge über ein Rollfeld. Die Schrift auf den Flugzeugen erkenne ich selbst bei weit entfernten Maschinen noch klar.
Dass ich alles, was ich lesen und sehen will, einfach gut lesen und sehen kann, ist ein neues VR-Gefühl. Nur mit ganz viel Mühe lassen sich am Horizont noch einzelne Pixel erkennen.
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Varjo VR-1: Bildschärfe mit deutlicher Abstufung
Der Nachteil des knackscharfen Fokus-Displays: Der Übergang zum Kontext-Display ist deutlich sichtbar. Schnell wünsche ich mir die hohe Schärfe des Fokus-Displays im gesamten Sichtfeld, und nicht nur in der Bildmitte.
Zugegeben, dort ist die Schärfe besonders wichtig und das Doppel-Display bringt die schnelle RTX 2080 Grafikkarte im Notebook schon ins Schwitzen. Dieselbe Pixeldichte auf einem großen Display würde wahrscheinlich schon einen kleinen Supercomputer erfordern.
Der Bildunterschied zwischen Fokus- und Kontext-Display beschränkt sich nicht allein auf die Bildschärfe: Die Distanz zu virtuellen Objekten ist auf den beiden Displays nicht exakt gleich eingestellt. Im Fokus-Display wirkt alles einen Tick näher.
Das fällt besonders auf, wenn ein Objekt von der Bildmitte nach außen ragt. Im folgenden Video könnt ihr den Übergang zwischen Fokus- und Kontext-Display sehen.
Praktisch: Der optimale Augenabstand wird im Bereich 61 bis 73 mm automatisch durch das integrierte Eye-Tracking-System vermessen und korrekt eingestellt. Gerade in Unternehmen, wenn die Brille von mehreren Personen benutzt wird, erleichtert das die Einrichtung. Das Eye-Tracking-System dürfte außerdem bei der ein oder anderen Anwendung von Vorteil sein, wenn zum Beispiel Blickanalyse gefragt ist.
Test-Fazit zur Varjo VR-1: Vor allem für Unternehmen entwickelt
Gedacht ist Varjo VR-1 für den Einsatz in Unternehmen, beispielsweise für die Beurteilung von Designs und 3D-Modellen in der Automobilindustrie oder Architektur. In diesen Bereichen spielt die Brille ihre Stärken aus, immer dann, wenn selbst feinste Details wie einzelne Holzfasern oder Stickmuster auf Möbeln noch detailliert sichtbar sein sollen.
Die enorme Weitsicht, die hohe Textschärfe und der tolle Detailgrad machen VR-1 zur besten Brille für VR-Designer, die sich auf das Wesentliche fokussieren, sodass sie sich nicht etwa an der geringeren Auflösung im peripheren Sichtfeld und dem deutlich sichtbaren Übergang stören.
Weniger geeignet ist Varjo für VR-Training oder VR-Spiele, da die beiden Display-Ebenen und das vergleichsweise enge Sichtfeld die Immersion stören. Dadurch verliert die VR-Simulation – trotz hoher Schärfe – etwas an Überzeugungskraft. Vielleicht kann Varjo zumindest beim Display-Übergang noch Verbesserungen per Software-Update nachreichen.
So oder so: Varjo VR-1 macht abseits des aktuellen Mehrwerts für die Industrie Lust auf die VR-Zukunft. Die Finnen-Brille zeigt, dass bei gängiger VR-Technologie optisch noch viel Luft nach oben ist, insbesondere dann, wenn sich die beeindruckende Auflösung des Fokus-Displays eines Tages über das gesamte Sichtfeld erstreckt. Bis dahin ist’s aber noch ein weiter Weg, allein wegen der notwendigen hohen Rechenleistung.
Laut Schenker kommt die VR-Brille bei deutschen Unternehmen sehr gut an, es liegen Bestellungen im zweistelligen Bereich vor. Konkurrenzbrillen mit größerem Formfaktor schneiden im Vergleich schlechter ab.
Varjo VR-1: Datenblatt
[table]Gewicht | 605 Gramm + Kopfband |
Fokus-Display | 0,7 Zoll x2, Micro-OLED |
1.920 x 1.080 Pixel | |
60 Hz | |
Kontext-Display | 3,5 Zoll x2, OLED |
1.440 x 1.600 Pixel | |
90 Hz | |
Optik | Indivduelles Dual-Linsen-Design |
Sichtfeld | 87 Grad |
Eye-Tracking | 100 Hz Stereo Eye-Tracking |
IPD | 61 bis 73 mm |
automatische Einstellung per Eye-Tracking | |
Tracking | SteamVR 1.0 & 2.0 |
ART Tracking | |
Controller | SteamVR-Controller (nicht enthalten) |
Verbindung | 1 x USB-C, 1 x USB-A |
2 x DisplayPort | |
Kabellänge | 10 Meter |
Preis | VR-Brille: rd. 6.000 Euro exkl. MwSt. |
Service & Support: rd. 1.000 Euro exkl. MwSt. |
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