Roman "Unsterblich": Ewiges Leben in der Mischrealität

Roman

Jens Lubbadeh ist freier Journalist und Schriftsteller. Er schreibt über so ziemlich alles aus Wissenschaft, Medizin und Technik. Bei einer Recherche zu Virtual Reality hatte er die Idee zu seinem ersten Roman: "Unsterblich", in dem Tote digital wiedererweckt werden.

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VRODO: Worum geht es in Deinem Buch?

Jens Lubbadeh: Das Buch heißt „Unsterblich“ und es geht um ewiges Leben – nicht in biologischer Form, sondern in digitaler. Die Medizin bemüht sich ja sehr, den Tod aufzuhalten, aber wir sterben noch. Meine Idee war es, dass man in Virtual Reality eine perfekte Simulation eines verstorbenen Menschen wiederbelebt. Das Bewusstsein eines Menschen stirbt, aber eine Kopie der Persönlichkeit lebt fort. Man hinterlässt sich selbst als eine Art Vermächtnis.

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VRODO: Und das gilt für alle Menschen?

Jens Lubbadeh: Ja, insofern man es sich leisten kann. Die Technologie ist im Roman recht teuer. So haben Hinterbliebene die Möglichkeit, mit einem Verstorbenen weiterzuleben. Urenkel können ihre Urgroßeltern kennenlernen und mit ihnen sprechen. Auch berühmte Persönlichkeiten kommen wieder: John F. Kennedy ist wieder US-Präsident, Helmut Schmidt ist Kanzler, Steve Jobs wieder Apple-Chef. Marlene Dietrich spielt im Buch eine wichtige Rolle, viele tote Hollywood-Stars drehen weiter Filme. Das ist die Welt, in der das Buch spielt. Eine Welt, in der wir mit den Verstorbenen zusammenleben.

VRODO: Wie weit spielt denn Dein Buch in der Zukunft?

[blockquote]Wiedergeburt in der virtuellen Mischrealität: 2044 lebt man ewig - aber nur digital[/blockquote]

Jens Lubbadeh: Es spielt im Jahr 2044. Es ist eine Welt, in der virtuelle Realität mit der echten Realität verschmolzen ist. Die Leute brauchen keine Brillen mehr, sondern haben einen Hirnchip, dadurch wird die virtuelle Welt mit der realen verwoben, also im Prinzip eine sehr fortgeschrittene Augmented Reality. Menschen können per Avatar zur Arbeit gehen und das sieht so realistisch aus, dass man sie nicht von echten Personen unterscheiden kann. In dieser vermischten Realität kann man sich auch auf einer Ebene mit den Verstorbenen bewegen. Ich nenne sie im Buch „Die Ewigen“.

VRODO: Und wer hat dieses System erfunden?

Jens Lubbadeh: Es gibt die Firma Immortal, die diese Technologie entwickelt und sich ein Monopol erschaffen hat. Sie kontrolliert die gesamte Mischrealität. Der Protagonist ist ein Versicherungsagent für virtuelle prominente Persönlichkeiten. Wenn Hollywood-Studios Stars wiederbeleben wollen, dann schließen sie Versicherungen ab, dass diese Kopie auch wirklich authentisch und nicht manipuliert oder gefälscht ist. Auch Marlene Dietrich existiert als solch eine Kopie. Eines Tages aber verschwindet sie spurlos, also ihr Ewiger, und der Protagonist muss den Fall aufklären. Dabei kommt er einer größeren Sache auf die Spur. So beginnt der Plot.

VRODO: Hast Du Dich in diesem Kontext mit Transhumanismus befasst? Das scheint im Silicon Valley ja doch eine größere Rolle zu spielen. John Carmack von Oculus VR sagte mal: "Wenn Menschen virtuell glücklich sind, dann sind sie glücklich. Punkt."

Jens Lubbadeh: Ja, mit dem Thema habe ich mich im Zuge meiner Arbeit intensiv beschäftigt. Klar, die sehen in VR nicht nur eine Spielerei, sondern eine Erweiterung der Realität. Ich könnte mir denken, dass die Technik ein gewaltiges Potenzial hat für die Zukunft und wie wir kommunizieren und leben wollen. Das können wir noch gar nicht absehen, was noch alles kommt. Aber es wird uns bald alle betreffen, da Mark Zuckerberg sehr von VR überzeugt ist.

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[blockquote]Die Sehnsucht des Menschen danach, etwas zu hinterlassen, etwas, das nach dem Tod noch da ist, ist sehr stark.[/blockquote]

VRODO: Hat dich der aktuelle VR-Hype inspiriert?

Jens Lubbadeh: Ja. Die Idee zu dem Roman hatte ich 2014 bei einer Recherche für eine Geschichte über Oculus und VR, die ich für das Magazin Technology Review geschrieben habe. Im Zuge dessen habe ich mich auch mit der psychologischen Forschung zu VR befasst. In Stanford forscht Jeremy Bailenson schon seit den 90ern dazu, ob wir uns in der virtuellen Realität so verhalten wie in der realen Welt. Sind wir anders, wenn wir in einem Avatar stecken? Er hat herausgefunden, dass Erfahrungen im virtuellen Raum auf die Realität ausstrahlen. In einem Experiment hat er den Probanden auch erzählt, dass er perfekte digitale Kopien von ihnen erschaffen kann, die unsterblich sind. So hatte ich die Idee zu dieser vermischten Realität.

VRODO: Glaubst Du, dass diese Vision der virtuellen Unsterblichkeit eines Tages (virtuelle) Realität werden könnte?

Jens Lubbadeh: Ja. Es gibt bereits KI-Forscher und Firmen, die genau das planen. Sie wollen anhand aller Daten, die wir erzeugen – Email, Facebook, Twitter, Wearables – digitale Kopien von Verstorbenen erzeugen. Die Sehnsucht des Menschen danach, etwas zu hinterlassen, etwas, das nach dem Tod noch da ist, ist sehr stark. Bisher ließen wir von uns Gemälde malen, Statuen aufstellen, Fotos machen. Vielleicht ist die VR-Simulation eines Menschen der nächste Schritt.

VRODO: Was ist Deine Einschätzung zum aktuellen Stand der Technologie?

Jens Lubbadeh: Ich glaube, im Moment zielt es noch sehr auf den Gaming-Bereich, auch wenn es schon andere spannende Projekte gibt. Dass die Brillen jetzt leichter verfügbar und günstiger sind, macht sie für viele Bereiche interessant. Ich glaube, die Technik ist schon so weit und so gut, dass sie tatsächlich kurz davor steht, den Massenmarkt zu erobern. Im Moment ist es noch zu fummelig, die Kabel nerven und man muss Computerwissen mitbringen. Einfachere Brillen haben weniger Immersionsfähigkeit. Es wäre nicht die erste Technologie, die über den Gaming-Markt den Einstieg schafft. Ich glaube, in fünf bis zehn Jahren kann es so etwas wie ein VR-Facebook geben, wo wir uns virtuell treffen können.

Letzte Aktualisierung am 2024-11-22 / Affiliate Links / Bilder von der Amazon Product Advertising API / Preis inkl. MwSt., zzgl. Versandkosten

Der Roman "Unsterblich" ist ab sofort bei Amazon erhältlich. Auch als Hörbuch. Heyne Verlag, 448 Seiten, 14,99 Euro. Webseite von Jens Lubbadeh.

| Featured Image: Heyne / Lubbadeh