Playstation VR: Verschollen im Dschungel - Robinson: The Journey im Test
Crytek ist eines der wenigen großen Spielestudios, das sich bereits früh in die Virtual Reality wagt. Nach The Climb ist mit Robinson: The Journey der zweite VR-Titel der deutschen Spieleschmiede erschienen. Wir klären, ob sich die Reise zum Planeten der Dinosaurier lohnt.
Eine Legion von Raumfahrern befinden sich auf einer seit Jahrzehnten dauernden, wichtigen Mission: Sie müssen einen grünen Planeten namens Tyson III erreichen und darauf eine Kolonie der Menschen errichten. Doch bei der Landevorbereitung geht etwas schief und der gewaltige Raumschiffkomplex stürzt ab. Im Spiel schlüpft man in die Rolle eines 12-jährigen Jungen namens Robin, der dank einer Rettungskapsel sicher auf dem urzeitlichen Planeten landen kann.
Erste Schritte
Bei Spielbeginn befindet sich Robin schon seit gut einem Jahr auf Tyson III. Der Junge hat sich mittlerweile notdürftig auf dem Planeten eingerichtet. Am Anfang erforscht man das detaillierte Innere der Rettungskapsel und deren unmittelbare Umgebung. Zu den ersten Aufgaben gehört es, das Lager in Schwung zu bringen und für Energie zu sorgen, indem man eine blockierte Wasserturbine zum Laufen bringt und ein Windrad repariert.
___STEADY_PAYWALL___Zwei Begleiter folgen einem auf Schritt und Tritt: Ein freischwebender, kugelförmiger Roboter namens HIGS und ein adoptiertes T-Rex-Baby namens Laika. Die Gefährten könnten unterschiedlicher nicht sein. Während die von Existenzängsten geplagte KI stets bedachtsam vorgehen möchte und Robin wiederholt vor den Gefahren der Wildnis warnt, prescht der Dinosaurier, von jugendlicher Neugier und seinen natürlichen Instinkten angetrieben, eroberungslustig vor.
Ein nützliches Werkzeug
Im weiteren Verlauf des Spiels dringt man Schritt für Schritt in umliegende Gebiete vor und sucht dabei nach den Überresten anderer HIGS-Roboter. Mit diesen Expeditionen verbindet sich die Hoffnung, andere Überlebende und die Ursache für den Absturz des Raumschiffs zu finden. Mit einem Werkzeug, das dem Playstation Move Controller zum Verwechseln ähnlich sieht, kann man Gegenstände aufheben, rotieren oder wegschleudern.
[blockquote]Robinson verzichtet weitgehend auf bewährte Spielmechaniken und legt stattdessen den Schwerpunkt auf das Erforschen der Umgebung[/blockquote]Mit dem Werkzeug kann man darüber hinaus die Fauna des Planeten analysieren. Diese bietet von Glühwürmchen bis zu haushohen Langhälsen eine breite Vielfalt von Tieren. Wird ein solches Lebewesen gescannt, erscheinen an dessen Körper weiße und rote Punkte, die genetische Informationseinheiten symbolisieren. Crytek nimmt das als Anlass für eines von mehreren Minispielen: Mit Kopfbewegungen steuert man einen Laserstrahl und muss die weißen Punkte abfahren, die roten hingegen vermeiden. Gelingt das, erscheint das Tier in einer Datenbank.
Schauen statt schießen
Die Fauna von Tyson III auf diese Weise zu analysieren macht Spaß, bietet aber keine spielerischen Vorteile. Das passt in das Gesamtkonzept von Robinson, das auf bewährte Spielmechaniken weitgehend verzichtet und stattdessen den Schwerpunkt auf das Erforschen der Umgebung legt. Wie in einem "Laufsimulator" üblich, bewegt man sich nur sehr langsam fort. Auch rennen kann man nicht.
[blockquote]Dank Cryteks Bemühungen empfinde ich die VR-spezifischen Einschränkungen bei der Fortbewegung kaum mehr als störend[/blockquote]Das hat allerdings nicht nur ästhetische Gründe. Crytek dämmt damit das Risiko ein, das Spielern bei der künstlichen Fortbewegung schlecht wird. Gespielt wird nämlich allein per Gamepad. Eine Option für den Teleport gibt es nicht.
Öffnet man das Optionsmenü des Spiels, so sieht man, dass Crytek eine ganze Reihe von Einstellungen für die künstliche Fortbewegung anbietet. Hier sind insbesondere die Drehung und das seitliche Gehen berücksichtigt.
Leider wird im Menü nicht erklärt, was die einzelnen Einstellungen bewirken, sodass man diese zuerst durchprobieren muss. Die Standard-Einstellungen sind für empfindliche Mägen optimiert. Wer sich mehr zumuten kann, dem ist es freigestellt, weniger restriktive Einstellungen vorzunehmen. Dann bewegt man sich seitlich mit derselben Geschwindigkeit wie geradeaus und Drehungen um die eigene Achse vollziehen sich fließend und nicht mehr in Sprüngen von 30-Grad.
Angenehme Fortbewegung trotz Einschränkungen
Diese Art von Drehung sieht man mittlerweile in vielen VR-Spielen, die auf das Gamepad setzen. Ein Beispiel wäre "Here They Lie", das ebenfalls exklusiv für Playstation VR erschienen ist. Das Horrorspiel simuliert beim Drehen ein Augenblinzeln, sodass das Bild für einen Moment dunkel wird. Robinson verzichtet auf diesen Effekt, um eine schnellere Drehung zu ermöglichen. Schlecht wurde mir dennoch nicht.
Dank dieser Feinjustierung bewege ich mich in Robinson weitaus fließender und natürlicher als in vergleichbaren VR-Spielen. Überhaupt scheint Crytek viel Zeit in die Optimierung der künstlichen Fortbewegung gesteckt zu haben, sodass ich deren VR-spezifische Einschränkungen kaum mehr als störend empfunden habe. Das ist eine beachtliche Leistung.
[blockquote]Was man in Robinson zu sehen bekommt, stellt so ziemlich alles in den Schatten, was man bisher durch eine Virtual-Reality-Brille gesehen hat[/blockquote]In Robinson bewegt man sich nicht nur zu Fuß, sondern muss auch klettern. Wer The Climb gespielt hat, dem wird die Klettermechanik bekannt vorkommen. Crytek hat diese für Robinson entwickelt und daraus später ein eigenständiges Spiel gemacht.
Anders als in The Climb wurde auf Ermüdungseffekte verzichtet, sodass man sich auch mit einer Hand zeitlich unbegrenzt an einem Vorsprung festhalten kann. Das macht die Kletterei etwas einfacher. Leider muss man sich auch in Robinson zum Teil weit mit dem Oberkörper vornüber beugen, um mit den virtuellen Händen eine bestimmte Stelle zu erreichen.
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Grafisch setzt Crytek Maßstäbe
Wenig überraschend ist, dass Robinson bei der Grafik auftrumpft. Wirkt das erste Gebiet um die Rettungskapsel herum noch etwas karg und detailarm, beeindrucken die späteren Landschaften durch ihre geschwungenen, organischen Formen und eine überquellende Fülle an Details. Was man auf Tyson III zu sehen bekommt, stellt so ziemlich alles in den Schatten, was man bisher durch eine Virtual-Reality-Brille gesehen hat - Oculus Rift und HTC Vive eingeschlossen.
Vergegenwärtigt man sich, auf welcher Hardware das Spiel läuft, so kann man sagen, dass Crytek hier wahre Wunder bewirkt hat. Einen Preis hat der hohe Detailgrad dennoch: Das Spiel läuft mit einer merklich tiefen Auflösung unter 1080p.
Crytek kaschiert dies mit einer speziellen Kantenglättung, die sich wie ein Filter über die Welt legt, sodass diese unscharf und verwaschen wirkt. Außerdem wird, um Rechenleistung zu sparen, die Bildperipherie in einer geringeren Auflösung berechnet. Beim Spielen fällt das jedoch kaum auf. Auf der neuen Playstation Pro sieht Robinson wesentlich schöner aus, läuft mit einer höheren Auflösung und mehr Details.
Was muss ich tun, wo geht es lang?
Große Schwächen zeigt Robinson hingegen beim Spieldesign. Immer wieder gerät man in Situationen, in denen man schlicht nicht weiß, wie man zum Ziel kommt oder was das Spiel von einem erwartet. So kommt der Spielfluss etliche Male zum Erliegen. Manchmal sucht man dreißig Minuten, manchmal eine ganze Stunde nach der Lösung des Problems.
Das passiert schon zu Beginn des Spiels, als man Laika auffordern muss, durch Brüllen zwei Dinosaurier zu verscheuchen. Man ruft den jungen T-Rex herbei, doch dieser steht nur vor den Dinos und tut nichts dergleichen. Über die Lösung des Problems stolpert man zufällig: Man muss den Begleiter an eine ganz bestimmte, von HIGS markierte Stelle rufen, damit er Laut gibt. Das ist nur ein Beispiel von vielen.
Eine weitere Schwäche von Robinson ist das Leveldesign. Wirft man einen Blick auf die Weltkarte, so sieht man mehrere große Areale, die durch schmale Passagen miteinander verbunden sind. Dieser Grundriss weckt die Erwartung, dass man sich innerhalb der einzelnen Gebiete frei bewegen kann. Beim Spielen wird man jedoch nie das Gefühl los, an einer kurzen Leine geführt zu werden.
[blockquote]Die Begleiter haben wenig Charakter und wachsen dem Spieler nicht ans Herz[/blockquote]Das trifft besonders auf das Dschungelareal zu, das sehr weitläufig wirkt, in Wirklichkeit aber aus einer geringen Zahl verschlungener Pfade besteht. Versucht man vom Weg abzukommen, rennt man gegen unsichtbare Wände oder stürzt in den Tod. Da man viel klettern und sich an Lianen über Abgründe hangeln muss, verliert man zudem schnell den Überblick. HIGS, der als fliegender Roboter ein perfekter Lotse wäre, schaut nur zu, wie man sich im Kreis bewegt oder immer wieder in derselben Sackgasse landet.
Viel Potenzial verschenkt Crytek auch bei der Story. Die Begleiter zeigen zu wenig Charakter, um dem Spieler ans Herz zu wachsen. Sie können die Handlung nicht tragen, weil die Beziehung zu Robin kaum ausgearbeitet wird. Spielerisch steuern die Begleiter ebenso wenig bei. HIGS kommt gelegentlich in einem simplen Minispiel zum Einsatz, in welchem man Elektrizität auf Stromleitungen verteilen muss und Laika erschreckt an vordefinierten Stellen andere Dinosaurier, um den Weg frei zu machen. Das war es schon.
Fazit
Robinson: The Journey ist ein Spiel, das aus lauter vielversprechenden Elementen besteht, die wegen gravierender Schwächen im Spiel- und Leveldesign jedoch nie zusammenfinden. Das ist umso bedauerlicher, da es sich um Probleme handelt, die in erster Linie nicht auf VR zurückzuführen sind. So steht sich das Spiel am Ende selbst im Weg.
Wer ein Faible für Laufsimulatoren hat, Dinosaurier liebt und viel, viel Geduld mitbringt, dem kann Robinson ans Herz gelegt werden. Allen anderen empfehle ich, noch etwas zu warten, bis das Spiel preiswerter wird.
Letzte Aktualisierung am 2024-11-24 / Affiliate Links / Bilder von der Amazon Product Advertising API / Preis inkl. MwSt., zzgl. Versandkosten
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