Kommentar: Oculus Rift wurde nie für den Massenmarkt entworfen

Kommentar: Oculus Rift wurde nie für den Massenmarkt entworfen

Nach der Preisangabe von Oculus VR für Oculus Rift hat es offenbar vielen VR-Enthusiasten die Schuhe ausgezogen. Einige Medien spiegeln den entrüsteten Tenor aus der Community dankbar wieder und läuten schon einen ersten Abgesang auf das Thema Virtual Reality ein. Ein beliebtes Argument: Die VR-Brille habe bei einem Preis von rund 700 Euro keine Chance mehr, den Massenmarkt zu erreichen. Dabei hätte die virtuelle Realität den Markt im Sturm nehmen und den Spiele-, Video- und "Chat-Markt" aufmischen sollen, heißt es beispielsweise bei Spiegel-Online.

Die Frage ist nur: Von welchem Massenmarkt ist hier eigentlich die Rede? Und wer hatte diese Erwartungshaltung?

Oculus VR und Facebook ganz sicher nicht. Die beiden Unternehmen positionierten die VR-Brille immer nur als Nischenprodukt, das von Anfang an für einen Nischenmarkt konzipiert wurde. Das ist seit dem Tag klar, an dem die erste Kickstarter-Kampagne von Palmer Luckey 2012 online ging.

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Luckey, Zuckerberg und Co. hatten und haben für die erste Phase der virtuellen Realität nie die Absicht, mehr als eben genau diesen Nischenmarkt zu bedienen. Um dort mehr Erfahrungen zu sammeln, zu forschen und das Produkt so weiterzuentwickeln, dass es wirklich für einen breiten Markt geeignet ist: Ohne teuren High-End-PC, ohne große Brille, ohne Kabel. Palmer Luckey sagte in der Vergangenheit wiederholt, dass er von einem langsamen Markstart für Oculus Rift und Co. ausgehe und mobile VR-Brillen ohnehin das größere Zukunftspotenzial hätten.

Oculus Rift hingegen wurde immer nur exakt als das Produkt positioniert, das es nun auch geworden ist: Eine hochwertige Virtual-Reality-Brille für PC-Spieler, die sich für neue Spielkonzepte interessieren und Menschen, die einen Ausblick auf die mögliche Zukunft des Entertainment wagen wollen.

Aber kann das der ersehnte Massenmarkt sein?

Eine Leserumfrage der Zeitschrift PC Games 'Hardware' im Dezember 2015 zeigt: Nur acht Prozent der 2.000 befragten Spieler haben eine mögliche Kaufabsicht. Und die mündet bekanntlich lange nicht in einen Kauf.

Bei einer eigenen Mini-Untersuchung haben wir 400 Beiträge in einem großen US-Internetforum zum Thema Virtual Reality ausgewertet und die Reaktionen gezählt, die eindeutig kritisch oder eindeutig positiv waren. Das Ergebnis: Das Verhältnis zwischen Kritikern und Enthusiasten fällt 2:1 aus - gegen Virtual Reality. Nur ein kleiner Teil der Nutzer äußerte eine Kaufabsicht. Ein Großteil der Nutzer hatte überhaupt keine Meinung zum neuen Medium.

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Geht man nach den Hardware-Daten der Steam-Plattform, haben gerade mal rund sechs Prozent der dort angemeldeten Spieler die nötige Hardware verbaut, die die Mindestanforderungen für Oculus Rift erfüllen.

Übertragen wir diese Erkenntnisse wohlwollend auf die rund 100 Millionen Nutzer der Plattform Steam, hier dürfte sich die Oculus-Rift-Zielgruppe geschlossen versammeln, bleiben also weltweit rund zehn bis fünfzehn Millionen Nutzer übrig, denen man das Produkt in den kommenden Jahren möglicherweise verkaufen könnte.

Ein Massenmarkt für die VR-Brille existiert demnach zum jetzigen Zeitpunkt nicht - daran hätte auch ein Preis von 400 US-Dollar kaum etwas geändert. Das bestätigt Luckey in einem Interview mit Engadget: "Auch wenn die Brille 400 US-Dollar kosten würde, würde Virtual Reality nicht den Sprung vom Markt für PC-Spiele in den Massenmarkt schaffen, denn es macht kaum keinen Unterschied, ob das Gesamtpaket jetzt 1.500 oder 1.300 US-Dollar kostet. Der Sprung passiert erst, wenn die Preise heruntergehen und die Menschen die PCs für Virtual Reality nutzen können, die sie ohnehin schon daheim haben."

Auch wenn die Enttäuschung in der Community nachvollziehbar ist, verwundert das Ausmaß der Entrüstung. Der Glaube, dass zwischen einem großartigen Siegeszug von Virtual Reality in allen Medienbereichen und einem kompletten Flop der Branche nur 200 US-Dollar liegen könnten, basiert auf einer Fehleinschätzung des Marktpotenzials der Rift-Brille und einem zu kurzen Blick in die Zukunft dieser neuen Medienform.

Denn ob Oculus Rift in den ersten Jahren nun zwei Millionen oder acht Millionen Mal verkauft wird - für die langfristigen Visionen von Zuckerberg, Google und Co. dürfte das nur eine geringfügige Rolle spielen, solange die Forschung im Hintergrund weiterläuft. Denn für die großen Unternehmen ist der Nischenmarkt der PC-Spiele nur ein Sprungbrett, um in eine neue Ära des Visual Computing zu starten. Die dann verfügbaren Geräte könnten in der Tat das Potenzial haben, das Smartphone oder den TV abzulösen - und tatsächlich einen Massenmarkt zu erreichen.

[bctt tweet="#OculusRift wurde nie für einen breiten Markt entworfen."]
| FEATURED IMAGE: Oculus VR